Beilage 9.

[52] Reglement

zum

Leichenbegängnisse Ihrer Königlichen Hoheit der Hochseligen Prinzessin Gemahlin des Prinzen Wilhelm von Preussen, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, im Dom zu Berlin am 18. April 1846.

1.


Die Zeit der feierlichen Beisetzung ist auf den 18ten April Morgens um 91/2 Uhr bestimmt.

Die Ausstellung der Hohen Leiche en parade findet nicht statt.


2.


Am genannten Tage wird des Morgens zwischen 8 und 9 Uhr in sämmtlichen Kirchen der Stadt in drei Pulsen jedesmal 10 Minuten lang geläutet.

Bei dem ersten Läuten versammeln sich die zum Leichenbegängnisse bestimmten Personen, und der Leichenwagen rückt, unter einer Escorte von einem Offizier und 30 Mann, von dem Königlichen Marstall auf den innern Schlosshof; die Prinzliche Hofdienerschaft und Offizianten gehen vor dem Leichenwagen her, und vier der letzteren halten die Zipfel des Leichentuches.


3.


Gleichzeitig stellen sich die Ober-Hofmeisterin der Hochseligen Prinzessin, Frau Generalin von Lestocq Excellenz, die beiden Hofdamen, Fräulein von Kalb und von Arnim, der Hofmarschall von Rochow und der dienstthuende Kammerherr Graf von der Gröben in dem Thronzimmer an das Kopfende des Sarges, die Damen mit herabhangenden Kappen, die Herren mit Marschallstäben in der Hand, mit den Hüten auf dem Kopf und herabhangenden Flören.

Neben dem Sarge befinden sich auf Tabourets rechts die Prinzliche Krone, links der Luisen-, der Kaiserlich Russische St. Katharinen- und der Königlich Bayerische Theresien-Orden.

Die Kammerfrauen der Hochseligen Prinzessin, auch mit herabgelassenen Kappen, stellen sich zu beiden Seiten des Sarges und unten an denselben die beiden Leibpagen.

Zwei Kammerdiener stehen inwendig an der Thür.

4.


Die zum Tragen des Sarges bestimmten Königlichen Kammerherren versammeln sich in dem grünen Zimmer vor dem Thronzimmer, woselbst sich die[53] beiden Stabsoffiziere befinden, welche die Ehrenwache haben. Die Hofchargen Sr. Majestät des Königs und die Damen des Luisenordens versammeln sich in dem nächst, dem Garde-du-corps-Saale befindlichen Zimmer.

Die Offizianten und die Dienerschaft der Hochseligen Prinzessin bleiben in dem Garde-du-corps-Saal, wo sich die wachthabenden 12 Unteroffiziere befinden.


5.


Die zum Leichenbegängnisse eingeladenen Personen versammeln sich in den hinter dem Pfeilersaal belegenen Zimmern König Friedrich Wilhelm's II., indem sie bei dem Portal No. 4. vorfahren.

Die Königlichen und Prinzlichen Dienerschaften, Offizianten und Pagen, welche den Zug eröffnen sollen, stellen sich mit ihren Marschällen auf dem inneren Schlosshofe in der Ordnung auf, welche sie im Zuge einnehmen.


6.


Die Hohen Leidtragenden und die andern Hohen Herrschaften und deren Gefolge versammeln sich im Pfeiler- und im Spiegelsaale.

Nachdem von dem Ober-Hofprediger Ehrenberg eine kurze Rede am Sarge gehalten worden, wird das Zeichen zum Vorrücken des Zuges gegeben. Die Glocken der Domkirche beginnen zu läuten und nach ihnen die der anderen Kirchen der Stadt, und wird das Läuten fortgesetzt, bis der ganze Zug in die Kirche eingetreten ist.


7.


Wenn der Leichenwagen in das Portal No. 5. gerückt ist, heben die Königlichen Kammerherren den Sarg auf, tragen ihn unter Vortritt des Hofmarschalls von Rochow und des Kammerherrn Grafen v.d. Gröben hinab und setzen ihn auf den Leichenwagen.

Ihre Excellenz die Frau Ober-Hofmeisterin, die beiden Hofdamen, ingleichen die Kammerfrauen, die Leibpagen, die Offizianten und die Dienerschaft der verewigten Prinzessin folgen dem Sarge nach.

8.


Der Zug setzt sich in folgender Ordnung in Bewegung:

1. Eine halbe Escadron Garde-du-Corps.

2. Ein Königlicher Hof-Fourier.

3. Die Dienerschaften, Offizianten und Pagen der anwesenden fremden und der Königlichen Prinzen, von den Hofstaats-Secretairen als Marschällen geführt, paarweise.

4. Die Hof-Dienerschaft Sr. Majestät des Königs, so wie

5. Die Offizianten des Königlichen Hofstaates, von Marschällen geführt.

6. Die Pagen Sr. Majestät des Königs und Ihrer Majestät der Königin, geführt von ihrem Gouverneur, als Marschall.

7. Die Dienerschaft, die Offizianten und die Pagen der Hohen Leidtragenden, ebenfalls von Marschällen geführt.

Sämmtliche Personen mit von den Hüten hangenden Flören.

8. Die Damen des Kapitels und die anderen hier anwesenden Damen des Luisen-Ordens, geführt von zwei Mitgliedern der Königlichen General- Ordens-Kommission als Marschällen.

9. Die Obersten und Oberen Hof-Chargen Sr. Majestät des Königs, in ihrer Ordnung, als Marschälle.[54]

10. Der Hof-Marschall von Rochow und der Kammerherr Graf von der Gröben, als Marschälle, unmittelbar vor dem Leichenwagen.

11. Der mit acht Pferden bespannte Leichenwagen; die Pferde werden von acht Königlichen Stallmeistern in der Gala-Uniform geführt; die Königlichen Kammerherren, welche den Sarg getragen haben, gehen neben dem Leichenwagen her; die vier ältesten derselben fassen die Zipfel des Leichentuches. Die Dienerschaft, die Offizianten und die Leib-Pagen der Hochseligen Prinzessin gehen zur Seite.

12. Dicht hinter dem Leichenwagen gehen Ihre Excellenz die Frau Ober-Hofmeisterin von Lestocq und die beiden Hofdamen der Hochseligen Prinzessin, Fräulein von Kalb und von Arnim. Die Kammerfrauen gehen in einiger Entfernung zur Seite.

13. Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm und Seine Königliche Hoheit der Prinz Adalbert.

Höchstdero Adjutantur.

14. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Bayern und Seine Grossherzogliche Hoheit der Prinz Carl von Hessen und bei Rhein, als Hohe Leidtragende.

Höchstdero Suite.

15. Seine Königliche Hoheit der Prinz von Preussen und Seine Königliche Hoheit der Prinz Carl.

Höchstdero Adjutantur.

16. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht, Seine Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg und Seine Hoheit der Prinz Georg von Mecklenburg.

Höchstdero Adjutantur.

17. Die Generale der Infanterie und der Kavallerie, die General-Lieutenants und die Staatsminister, die wirklichen Geheimen Räthe mit dem Excellenz-Prädikat, die General-Majore und die Königlichen Kammerherren paarweise. Eine halbe Escadron Garde-du-Corps schliesst den Zug.


9.


Von den dazu kommandirten Truppen der Garnison wird ein Spalier vom Schlosse bis zur Domkirche gezogen, und werden bei dem Vorbeifahren der Hohen Leiche die Honneurs gemacht.


10.


Sobald der Zug an dem Dom angekommen ist, bleibt der Königliche Hoffourier an der Thür stehen, die sämmtlichen Dienerschaften, die Offizianten und die Pagen werden von den Marschällen an die angewiesenen Plätze im hinteren Raume der Kirche geführt.


11.


Wenn die Hohe Leiche vor dem Domportal angelangt ist, heben die Königlichen Kammerherren den Sarg ab und tragen ihn in die Kirche auf die vor dem Altar errichtete Estrade, worauf der Leichenwagen über die Friedrichsbrücke nach dem Königlichen Marstall abfährt.

Der Hofmarschall von Rochow, der Kammerherr Graf von der Gröben, Ihre Excellenz die Frau Oberhofmeisterin, die beiden Hofdamen, die Leibpagen, die Kammerfrauen der verewigten Prinzessin begleiten den Sarg, und stellen sich auf der Estrade in der oben zu 3. angegebenen Ordnung auf.[55] Die Offizianten und die Dienerschaft der Hochseligen Prinzessin stellen sich ebenfalls hinten auf der Estrade auf.


12.


Sobald der Sarg in die Kirche getragen wird, beginnt der Dom-Chor ein Lied zu singen, die Hof- und Domprediger und die übrigen Mitglieder des Dom-Kirchenkollegii, der Ober-Hofprediger Ehrenberg an ihrer Spitze, gehen dem Sarge entgegen, empfangen ihn an dem inneren Eingang der Kirche und gehen unmittelbar vor demselben her bis an die Estrade.


13.


Seine Majestät der König, Ihre Majestät die Königin, Ihre Königlichen Hoheiten die Kronprinzessin von Bayern und die Prinzessin Carl von Hessen und bei Rhein, die Königlichen Prinzessinnen, wie auch die Hohen Leidtragenden und die anderen Königlichen und fremder Prinzen, welche an dem Zuge Theil genommen haben, werden Ihren Platz dem Altar gegenüber vor der Estrade nehmen.

Die Obersten und Oberen Hofchargen, die Damen des Luisenordens, die Suiten und die anderen eingeladenen Personen rangiren sich hinter den Höchsten Herrschaften.


14.


Die Beisetzung geschieht nach der Kirchen-Agende. Nach der von einem der Hof- und Dom-Prediger gehaltenen Rede wird das Lied: Jesus meine Zuversicht, gesungen; hierauf fährt die Orgel mit der Musik fort, bis die Höchsten Herrschaften und der Zug den Dom wieder verlassen haben.


15.


Nach Beendigung des Gottesdienstes in der Kirche wird wiederum mit den Glocken aller Kirchen in der Stadt eine halbe Stunde lang geläutet.


Berlin, den 16ten April 1846.


A.v. Rochow.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 52-56.
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