B.

Rang der Gemahlin des Botschafters.

[55] Die Gemahlin des Botschafters hat den Rang nach der Ober-Hofmeisterin Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin.

Bei Hoffesten erscheint sie, wie der Botschafter, an der Spitze des diplomatischen Corps.

Nachdem die Gemahlin des Botschafters Ihren Majestäten und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses vorgestellt worden ist, hat sie, mit Ausnahme der Ober-Hofmeisterin Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, von allen bei Hofe erscheinenden Damen des Landes den ersten Besuch zu erwarten.

Die Gemahlin des ersten verheiratheten Botschafters ist Doyenne des diplomatischen Corps.
[55]

Zu vorstehendem Reglement, von welchem das Königliche Ober-Ceremonienmeister-Amt zur Erleichterung des amtlichen Verkehrs auch eine französische Uebersetzung hat drucken lassen, ist nur zu bemerken, dass am Kaiserlich Russischen Hofe der Rang der Gemahlin des Botschafters noch schärfer präcisirt ist. In dem betreffenden Russischen Reglement, betitelt:

Étiquette observée à la Cour Impériale de Russie pour l'introduction de LL. EEx. MM. les Ambassadeurs auprès de Leurs Majestés Impériales l'Empereur et l'Impératrice.

heisst es nämlich:

»Mme l'ambassadrice fait la premiere visite à Mme la grande maîtresse ou, en son absence, à Mme la maîtresse de la Cour. A cet effet, elle lui fait demander le jour et l'heure où elle peut la recevoir.«

und später an einer anderen Stelle:

»Toutes les fois que Mme l'ambassadrice se rend à la Cour, Sa Majesté l'Impératrice la reçoit sans aucune cérémonie et à l'égal des dames du pays; le caractère représentatif n'étant affecté qu'à la personne des ambassadeurs et non à celles de leurs épouses.«

»Dans les cérémonies publiques, Mme les ambassadrices ont la première place après Mme la grande maîtresse de la Cour.«

Ausser den ständigen Botschaftern, welche von ihren Souverainen zur Wahrnehmung des diplomatischen Verkehrs an das hiesige Hoflager entsandt werden, erscheinen daselbst auch mitunter bei besonders hervorragenden Veranlassungen, wie z.B. bei der im October 1861 zu Königsberg stattgehabten Krönung Seiner Majestät des Königs und Ihrer Majestät der Königin, Botschafter in ausserordentlicher Mission. Von näheren Erörterungen hierüber kann jedoch abgesehen werden, da der Empfang der Botschafter in ausserordentlicher Mission und die gegen dieselben zu beobachtende Etiquette jedesmal ausdrücklich befohlen wird, im Wesentlichen auch mit dem diesfälligen Verhalten bei den ständigen Botschaftern übereinstimmt. Dagegen dürfte hier der Ort sein, noch solcher grösseren fremden Gesandschaften zu gedenken, welche eines einmaligen besonderen Zweckes wegen vorübergehend am hiesigen Hoflager erscheinen, wie z.B. die Japanesische Gesandtschaft, welche am 21. Juli 1862 im hiesigen Königlichen Schlosse empfangen wurde. Das Ceremoniel, welches[56] für diesen Empfang Allerhöchst befohlen war, wird in der Beilage A. mitgetheilt. Bei Aufstellung dieses Ceremoniels waren die Anordnungen verglichen worden, welche König Friedrich II. für den Empfang der Gesandtschaft des Chans der Europäischen Tataren, Kerim Geray, im Jahre 1761, so wie der Türkischen Gesandtschaft im Jahre 1763 erlassen hatte. Diese Anordnungen waren von dem damaligen stellvertretenden Ober-Ceremonienmeister, Freiherrn von Pöllnitz, welcher, wie Preuss in seiner Lebensgeschichte Friedrichs des Grossen (Berlin 1833, 2. Band pag. 435) sagt, damals der einzige Mann am Preussischen Hofe war, der noch etwas vom Ceremoniel verstand, nach dem Muster der in den Beilagen B. und C. mitgetheilten, in Lünigs Theatrum Ceremoniale, Leipzig 1719, Theil I. pag. 694 und 695 abgedruckten beiden Beispiele aus älterer Zeit projectirt worden.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 55-57.
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