III. Grössere Tafeln, an welchen die Königliche Hofdienerschaft den Dienst des Servirens verrichtet

[14] Die Tafeln, an welchen die Königliche Hofdienerschaft den Dienst des Servirens verrichtet, sind die am häufigsten vorkommenden. Auch an ihnen nehmen ausser den Allerhöchsten und den Höchsten Herrschaften noch andere Personen Platz. Diese[14] Tafeln gehen aus den allerverschiedensten Motiven hervor und finden nicht allein im hiesigen Königlichen Schlosse, sondern überhaupt an allen Orten statt, an denen Ihre Majestäten Sich aufzuhalten geruhen. Nur die Tafeln im Königlichen Schlosse haben immer einen offiziellen Charakter, und es werden zu denselben ausschliesslich courfähige Personen eingeladen. Solche Tafeln sind die fünf Tafeln, welche am Abend der Vermählung Königlicher Prinzen und Prinzessinnen ausser der Ceremonientafel aufgestellt sind, die Dejeûners dînatoires, welche am folgenden Tage unmittelbar nach dem Kirchgange bei dem Hohen Neuvermählten Paare stattfinden, die alljährlich im Frühjahr und Herbste wiederkehrenden Paradediners und sonstige Militairdiners, wie z.B. diejenigen, durch welche der Einzug der aus dem Felde siegreich heimkehrenden Truppen gefeiert wird, die Diners aus Veranlassung von Grundsteinlegungen und Denkmalsenthüllungen, die Marschallstafeln, welche bei vielen Gelegenheiten, wenn die Allerhöchsten und die Höchsten Herrschaften en famille speisen, in besonderen Räumen gegeben werden, z.B. die Marschallstafel, welche alljährlich am Allerhöchsten Geburtsfeste Seiner Majestät des Königs im Königlichen Schlosse gegeben wird, während die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, so wie die hier anwesenden Hohen Gäste bei Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen in Höchstdessen Palais en famille speisen, ein Familiendiner, welches, beiläufig erwähnt, gewissermaassen eine historische Bedeutung gewonnen hat, da demselbem fast alle regierenden Herren der zum Deutschen Reiche gehörigen Staaten beiwohnen u.a.m.

Ein Bild des Placements an diesen Tafeln geben die Beilagen 7. 8. 9.

Die Tafeln, welche nicht im Königlichen Schlosse zu Berlin abgehalten werden, haben zumeist keine strenge offizielle Tendenz, und es können an denselben daher auch Personen Theil nehmen, denen die Courfähigkeit nicht beiwohnt, wie z.B. Gelehrte, Künstler etc. Einen solchen mehr privaten Charakter haben die Tafeln bei Seiner Majestät dem Könige im Königlichen Palais, welche daselbst je nach der Zahl der Gäste im Stuck-, im blauen oder im runden Saale stattfinden, die Tafeln in Babelsberg und ebenso die Tafeln bei Ihrer Majestät der Königin im Königlichen Schlosse zu Coblenz.[15]

Nur zu den Tafeln, welche am Abend der Vermählung eines Königlichen Prinzen oder einer Königlichen Prinzessin stattfinden, ladet der Ober-Ceremonienmeister ein, die Einladung zu allen andern Tafeln erfolgt durch das Königliche Hofmarschall-Amt. Das Placement an den Ceremonien- und den Galatafeln, so wie an den sub No. III. gedachten Tafeln, insofern diese letzteren im Königlichen Schlosse zu Berlin gegeben werden, bewirkt der Ober-Ceremonienmeister, an allen andern Tafeln, namentlich an allen Tafeln im Königlichen Palais, der Ober-Hof und Hausmarschall resp. der Hof-Marschall.

Es ist schon oben erwähnt worden, dass die Zahl der am Königlichen Hofe empfangenen Personen sich von Jahr zu Jahr vermehrt. Dieser Umstand hat veranlasst, dass bei Hofbällen im Königlichen Schlosse, zu denen eine sehr zahlreiche Gesellschaft, 1500–2000 Personen, eingeladen, und bei welchen alle Eingeladenen gespeist werden, die Bewirthung derselben des mangelnden Raumes wegen nicht an Tafeln, sondern an Buffets erfolgt, welche in verschiedenen Zimmern aufgestellt sind. An diesen Buffets erscheinen die Eingeladenen nicht pêle-mêle, sondern nach Rang-Kategorien geschieden. Diese ursprünglich durch die Ungunst der Verhältnisse hervorgerufene Art der Bewirthung erfreut sich trotz der Sonderung nach jenen Rang-Kategorien doch, weil sie eine grosse Ungezwungenheit der Bewegung gestattet, eines von Jahr zu Jahr immer mehr zunehmenden Beifalls, so dass dieselbe nicht allein von denjenigen Personen, welche in der Stadt ein Haus machen, für grössere Gesellschaften jetzt stets gewählt wird, sondern auch sogar schon bei einer Vermählung am Königlichen Hofe, nämlich bei der Vermählung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preussen mit Ihrer Hoheit der Prinzessin Maria von Sachsen-Altenburg, angewendet worden ist, wo die Eingeladenen am Abende nicht an den herkömmlichen fünf Tafeln, sondern statt dessen an Buffets gespeist worden sind, während allerdings die Allerhöchsten und die Höchsten Herrschaften das Souper an der Ceremonientafel im Rittersaale einnahmen. Es war deshalb nothwendig, hier auch der Buffets Erwähnung zu thun.

Aus älterer Zeit giebt Beilage 10 eine aus Lünig's Theatrum Ceremoniale Tom II. Pag. 107 abgedruckte interessante Beschreibung des Krönungs-Mahls zu Königsberg am 18. Januar 1701.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 14-16.
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