Beilage 15.

Allerhöchst befohlene

[141] Ordnung der Feierlichkeiten

bei der

am 18. April 1873 von Wittenberg her stattfindenden Einholung und dem Tags darauf in Berlin erfolgenden solennen Einzuge Ihrer Hoheit der Prinzessin Maria von Sachsen-Altenburg, Durchlauchtigsten Braut Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preussen.

Freitag, den 18. April 1873, wird Ihre Hoheit die Prinzessin Maria, Tochter Seiner Hoheit des regierenden Herzogs von Sachsen-Altenburg, Herzogin zu Sachsen, Durchlauchtigste Braut Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht von Preussen, in Begleitung des Herzoglich Sachsen-Altenburgischen Bevollmächtigten, Staatsministers von Gerstenberg-Zech, von Altenburg kommend, bei Wittenberg gegen 12 Uhr Mittags die Preussische Landesgrenze betreten, um Sich in dem von Seiner Majestät dem Kaiser und Könige Höchstderselben entgegengesandten Königlichen Eisenbahn-Salonwagen per Extrazug nach Berlin, und von dort in Königlicher Equipage nach dem Königlichen Schlosse Bellevue zu begeben.

In Wittenberg erwarten Ihre Hoheit, der Wirkliche Geheime Rath, Ober-Ceremonienmeister Graf von Stillfried und die Königlichen Kammerherren Graf von Kleist-Tychow und von Usedom, welche Höchstderselben während der Dauer der Vermählungs-Feierlichkeiten zur Aufwartung zugetheilt sind und die Durchlauchtigste Prinzessin Braut im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs empfangen. Dieser Empfang findet auf dem Bahnhofe zu Wittenberg statt, woselbst sich auch der neue Hofstaat Ihrer Hoheit, welcher Höchstderselben durch den Ober-Ceremonienmeister Grafen von Stillfried vorgestellt wird, sowie der General-Lieutenant von Schachtmeyer, in Vertretung des commandirenden Generals des IV. Armee-Corps, und der Ober-Präsident der Provinz Sachsen, Staats-Minister Freiherr von Patow, welche die Durchlauchtigste Prinzessin Braut auf der Weiterreise bis nach Jüterbogk begleiten, ferner das Officier-Corps und die Spitzen der Behörden von Wittenberg, eingefunden haben.

Sowohl bei der Ankunft, als bei der Abreise Ihrer Hoheit, werden daselbst die Kanonen um die Festung einmal abgefeuert.

In Jüterbogk, an der Grenze der Provinz Brandenburg, woselbst, wie auch in Lucken valde, festlicher Empfang Seitens der Behörden stattfindet, wird die Durchlauchtigste Prinzessin Braut von dem General-Lieutenant von Gross gen von Schwarzhoff, in Vertretung des commandirenden Generals des III. Armee-Corps, sowie von dem Ober-Präsidenten der Provinz[142] Brandenburg, Wirklichem Geheimen Rath von Jagow, bewillkommnet, welche, nachdem der General-Lieutenant von Schachtmeyer und der Ober-Präsident, Staats-Minister Freiherr von Patow sich bei Ihrer Hoheit verabschiedet haben, Höchstderselben das Weitergeleit bis Berlin geben.

In Berlin wird die Durchlauchtigste Prinzessin Braut auf dem Potsdamer Bahnhofe von dem Ober-Stallmeister Grafen von Pückler, dem Commandanten von Berlin, General der Infanterie von Schwartzkoppen und dem Polizei-Präsidenten von Berlin, von Madai, empfangen; Ersterer geleitet Ihre Hoheit zu der für Höchstdieselbe in Bereitschaft gehaltenen Equipage. Ihre Hoheit begiebt Sich sofort und nur in Begleitung des Herzoglich Sachsen-Altenburgischen Bevollmächtigten, Staatsministers von Gerstenberg-Zech, Höchstihres Gefolges und des Höchstderselben zugetheilten Dienstes nach dem Königlichen Schlosse Bellevue, wo Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen und die Prinzessinnen des Königlichen Hauses, sowie die Höchsten Gäste, die Hohe Braut erwarten. Höchstdieselbe wird um 3 Uhr in Bellevue eintreffen. Die Obersten Hof-, die Ober-Hof- und die Hofchargen, der Minister des Königlichen Hauses, die General-Adjutanten, die Generale à la suite und die Flügel-Adjutanten, sowie der Geheime Cabinetsrath Seiner Majestät des Kaisers und Königs, haben sich daselbst schon eine halbe Stunde vorher zu versammeln.

Um 4 Uhr dîner en famille bei Seiner Hoheit dem Herzog und Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin und Marschallstafel für die Gefolge der Höchsten Gäste und die zum Ehrendienste berufenen Personen.

Am folgenden Tage, Sonnabend den 19. April, als am Tage der Vermählungsfeier, wird die Durchlauchtigste Prinzessin Braut von dem Königlichen Schlosse Bellevue aus Ihren Einzug in Berlin halten. Höchstdieselbe verlässt das gedachte Schloss, unter Begleitung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, und umgeben von Höchstihrem Gefolge und einer militairischen Ehren-Escorte, um 111/2 Uhr Mittags.


Dies geschieht in folgender Ordnung:

1. vorauf reitet ein Zug des 1. Garde-Dragoner-Re giments;

diesem folgen, von zwei Piqueuren geführt:

2. ein sechsspänniger Wagen mit den Cavalieren Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin;

3. ein sechsspänniger Wagen mit den Cavalieren Ihrer Hoheit der Prinzessin Braut und mit den Höchstderselben zum Empfange entgegengesandten Königlichen Kammerherren, Grafen von Kleist-Tychow und von Usedom;

4. ein sechsspänniger Wagen mit dem von des Kaisers und Königs Majestät zur Aufwartung Ihrer Hoheit während der Vermählungs-Feierlichkeiten bestimmten Ober-Ceremonienmeister Grafen von Stillfried und dem Herzoglich Sachsen-Altenburgischen Bevollmächtigten, Staats- Minister von Gerstenberg-Zech;

5. eine Compagnie der Gardes du Corps mit den Trompetern an der Spitze;

6. der grosse Königliche Staatswagen, mit acht Pferden bespannt, in welchem die Durchlauchtigste Prinzessin Braut mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin, und zwar zur Rechten[143] Höchstderselben, den Fond einnimmt, die Ober-Hofmeisterin Ihrer Hoheit, Gräfin von Keyserling, aber rückwärts sitzt.

Auf der rechten Seite des achtspännigen Königlichen Wagens, welcher sich, wie der ganze Zug, im Schritt bewegt, reitet der Ober-Stallmeister Graf von Pückler, auf der linken Seite dieses Wagens der Commandeur der denselben begleitenden Escadron der Gardes du Corps. Beide reiten unmittelbar neben dem Wagen.

Auf den Tritten des Wagens stehen Königliche Pagen; zwei Königliche Stallmeister reiten demselben voraus.

7. eine Compagnie der Gardes du Corps;

8. ein sechsspänniger Wagen mit den Damen Ihrer Hoheit der Prinzessin Braut;

9. ein sechsspänniger Wagen mit den Damen Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin;

10. ein Zug des 1. Garde-Dragoner-Regiments.


Am Brandenburger Thore, ausserhalb der Stadt, empfangen der Commandant der hiesigen Residenz, General der Infanterie von Schwartzkoppen, und der Polizei-Präsident von Madai die Durchlauchtigste Prinzessin Braut und schliessen sich von dort der Erstere rechts, der Letztere links an die bereits am Wagen reitenden vorgenannten Personen dergestalt an, dass die freie Aussicht aus den Fenstern des Wagens so wenig wie möglich beschränkt wird.

Sobald die Durchlauchtigste Prinzessin Braut in das Thor hineinfährt, werden dreimal 24 Kanonenschüsse abgefeuert.

Vom Brandenburger Thore aus bewegt der vorbeschriebene Zug sich auf der rechten Seite der Linden entlang nach dem Königlichen Schlosse und durch Portal No. 5 bis nach der Wendeltreppe. Die militairische Ehren-Escorte reitet durch den Schlosshof, auf welchem der Wendeltreppe gegenüber eine Compagnie des 2. Garde-Regiments zu Fuss mit der Fahne als Wache steht, hindurch und marschirt durch Portal No. 1 ab.

Am Fusse der Wendeltreppe, innerhalb des Vestibüls, in welchem eine Gala-Wache paradirt, empfangen Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, der Hohe Bräutigam und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen des Königlichen Hauses, unter Vortritt der Hof-, der Ober-Hof- und der Obersten Hofchargen, die Durchlauchtigste Prinzessin Braut und geleiten Höchstdieselbe hinauf. Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz bietet der Hohen Braut, Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin den Arm.


Inzwischen haben sich schon um 111/2 Uhr versammelt:

die General-Adjutanten, die Generale à la suite und die Flügel-Adjutanten Seiner Majestät des Kaisers und Königs, der Geheime Cabinets-Rath, sowie die Prinzlichen Hofstaaten und Gefolge: in der ersten Parade-Vorkammer;

die General-Lieutenants und die Wirklichen Geheimen Räthe: in der zweiten Parade-Vorkammer;

der Reichskanzler, die General-Feldmarschälle, der Minister-Präsident, die Generale der Infanterie und Cavallerie, die hier anwesenden Ritter des hohen Ordens vom Schwarzen Adler, sowie die Staats-Minister und der Minister des Königlichen Hauses: im Königszimmer;[144]

die Damen Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin und Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen des Königlichen Hauses: in der Rothen (drap d'or-) Kammer.


An der Thür des Schweizersaales, in welchem die Schloss-Garde-Compagnie aufgestellt ist, wird Ihre Hoheit die Prinzessin Braut von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen des Königlichen Hauses empfangen und sodann durch die Parade-Vorkammern, das Königszimmer und die Rothe (drap d'or-) Kammer nach der Brandenburgischen Kammer geleitet, woselbst Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten und die Höchsten Gäste die Durchlauchtigste Prinzessin Braut erwarten.

Sobald Seine Majestät der Kaiser und König Aller höchst-Sich mit Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, dem Hohen Vater der Prinzessin Braut und dem Durchlauchtigsten Brautpaare, gefolgt von dem Oberst-Kämmerer Grafen von Redern, dem Minister des Königlichen Hauses, Staats-Minister Freiherrn von Schleinitz, dem Herzoglich Sachsen-Altenburgischen Bevollmächtigten, Staats-Minister von Gerstenberg-Zech, und dem Geheimen Ober-Regierungs-Rath und vortragenden Rath im Ministerium des Königlichen Hauses von Löper, zur Vollziehung der Ehepacten nach dem Kurfürstenzimmer begeben, ziehen Ihre Majestät die Kaiserin und Königin und die Höchsten Herrschaften Sich zurück. Zugleich entfernen sich die in den vorgedachten Gemächern versammelten Personen, und es erwarten nur der Hofstaat Seiner Majestät des Kaisers und Königs, sowie das Gefolge der bei der Vollziehung der Ehepacten anwesenden Höchsten Herrschaften die Rückkunft Allerhöchst- und Höchstderselben.

Die Hof-, die Ober-Hof- und die Obersten Hofchargen treten Seiner Majestät dem Kaiser und Könige vor, wenn Allerhöchstdieselben die Durchlauchtigste Prinzessin Braut nach den für Ihre Hoheit in Bereitschaft gesetzten Appartements, den Königskammern, geleiten.

Dîner en retraite.


Auf Seiner Kaiserlichen und Königlichen Majestät Allergnädigsten Specialbefehl.


Berlin, den 16. April 1873.


Der Ober-Ceremonienmeister:

Graf von Stillfried.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 141-145.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Serapionsbrüder

Die Serapionsbrüder

Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

746 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon