Beilage 19.

[159] Beschreibung

der

im Jahre 1729 stattgehabten Vermählung des Markgrafen Carl Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Anspach mit der Prinzessin Friederica Luise, zweiten Tochter König Friedrich Wilhelm's I.

(Abgedruckt aus der Europäischen Fama, Theil 322 de 1729 pag. 825.)


Die Vermählung des Herrn Marckgrafen von Brandenburg-Anspach Herrn Carl Friedrich Wilhelms mit der zweyten Königlich Preussischen Printzessin Friederica Louisa Königl. Hoheit ist, nachdem sie seit einiger Zeit im Werck gewesen, und verschiedene Hinderungen gefunden gehabt, endlich vollzogen worden.

Am 19. Mai langte der Herr Marckgraf mit grossem Comitat zu Potsdam an, und ward von dem König von Preussen und dem Kron-Printzen in Begleitung verschiedener Generals, auf 2 Stunden weit eingeholet, und solenniter empfangen, so auch nachdem in dem Königlichen Schlosse von der Königin und dem gantzen Königl. Hause geschehen. Bald darauf ward an 2 Tafeln gespeiset, an deren einer der König, die Königin, der Kron-Printz, der Marckgraf von Anspach und die anwesenden Generals- und Staabs-Officiers, an der andern aber die übrigen vornehmen Officiers sassen.

Am 20. passirte des Königs hochansehnliches Leib-Regiment in Beysein aller in Potsdam anwesenden hohen Personen die Revue. Darauf wurde des Nachmittags offne Tafel gehalten, und selbiger Tag mit einem Ball geendigt.

Am 22. ward auf Königl. Befehl von den Kantzeln kund gethan, wasmassen unlängst durch Gottes Hohe Fügniss die Verlöbniss der andern Königl. Printzessin Friederica Louisa Königl. Hoheit mit dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Carl Friedrich Wilhelm, Marckgrafen zu Brandenburg-Anspach, geschehen, welche hohe Mariage nächster Tage durch priesterliche Copulation vollzogen werden würde. Abends darauf kamen Ihre Majestäten von Potsdam nach Berlin. Die Königin, die Printzessin Braut, und der Marckgraf sassen zusammen in einem Wagen, und wurden von dem König in eigner Person empfangen. Die offt wiederhohlte Abfeuerung derer Canonen rings um die Stadt, und zu dem Ende im Lustgarten gepflantzten vielen Stücke erweckten bey männiglich ein Verlangen, diese höchst und hohe Personen zu sehen, daher der Zulauff unbeschreiblich gross, und die Freude allgemein gewesen.

Am 30. Mai, welcher zu denen Vermählungs-Ceremonien bestimmt war, versammelte sich der Hof in grosser Anzahl auf dem Schloss in des Höchstseeligen Königs Zimmer. Der Marckgraf und die Printzessin begaben sich in[160] prächtiger Kleidung dahin, wobey man insonderheit die Krone, so die Printzessin getragen, welches eben dieselbe gewesen, mit welcher die verstorbne Königin gecrönt worden, und in welcher unter andern einer der grössten Brillants in Europa wahrgenommen worden, bewundert hat.

Also fort nach Priesterlicher Einseegnung wurden 50 um das Schloss herum gepflantzte Canonen 3 mahl abgefeuert, und die Neuvermählten empfingen darauf von denen Hof-Bedienten und Officiers, ingleichen von denen fremden Ministers die Glückwünschungs-Complimente.

Es ward an 12 Tafeln gespeist, deren jede mit 40 Couverts besetzt war. An des Königs Tafel sass niemand als die Printzen und Printzessinnen vom Königl. Hause, der Fürst von Anhalt-Dessau, der Printz von Anhalt, Leopold, und der Printz George von Hessen-Cassel.

Nach eingenommner Mahlzeit tantzte man den Fackeltantz, bei welchem während der Zeit, da die Printzessin mit dem Könige, mit denen Printzen vom Königl. Hause und sodenn mit denen fremden Printzen unter Trompeten und Paucken-Schall tantzte, die Feld-Marschalle von Wartensleben, der General der Artillerie Graf Finck von Finckenstein, die General-Lieutenants von Grumbkow, von Borck, von Gersdorf, von Blanckensee, von Löben; die General-Majors von Truchsess, Schulenburg, von Dönhof, von Bodenbruck, von Dockum und Linger, und die Obersten Sido und Kalckstein, jeder 2 Wachs-Kertzen trugen. Der Marckgraf tantzte mit der Königin und denen Printzessinnen vom Königl. Hause. Man hat angemerckt, dass die beyden Feld-Marschalle, ohngeachtet ihrer beyder Alter zusammen 160. Jahr ausmacht, dennoch ihre Gänge anderthalb Stunden hinter einander vollendet, ohne dass sie davon ermüdet geschienen.

Hierauf wurden die Neuvermählten ausgekleidet, da denn, als die Printzessin ihr Strumpfand fallen lassen, solches von dem König zuschnitten wurde, der die Stücken an die vornehmsten Herrn des Hofs und an die fremden Ministros austheilte, und den Minister des Königs von Polen ersuchte, seinem Herrn, weleher ohnfehlbar an diesem Vergnügen theil nahm, ein Stück davon zu senden. Des Tags darauf war Rastag.

Am 1. Juni wurden die Neuvermählten von dem Hofe und von denen fremden Ministern complimentirt, und am Abend war Ball in der grossen Galerie; worauf man an einer Tafel, so die Anfangs-Buchstaben von der Frau Marckgräfin von Anspach vorstellte, ingleichen an verschiedenen andern Tafeln speiste.

Am 2. Jun. ward abermahl in dem sogenannten Polnischen Saale, welcher von ungemeiner Grösse ist, und zu der Zeit da der König von Polen sich in Berlin befunden, ausgebauet worden Ball, und wiederum ein prächtiges Abend-Essen an einer grossen figurirten Tafel, so mit 300. Couverts besetzt war. Die Frau Marckgräfin erschien bey dieser Gelegenheit in grosser Pracht, indem sie den Anspachischen Schmuck, welchen die verwittwete Frau Marckgräfin ihr zugesendet gehabt, angelegt.

Am 3. begab man sich nach Charlottenburg, wo man in der schönen Orangerie tantzte, und Abends bey Lampen nach der Scheibe schoss, wobey der König vor die Gewinner 4 Preisse von Silberwerck austheilen liess.

Am 4. Jun. war die Vermählung des Herrn Grafen von Viereck, mit der Gräfin Maria Amalia von Finckenstein der Königin von Preussen Hof-Dame, zu Charlottenburg, bey welchen beyde Königl. Majestäten sich gegenwärtig befanden.

Hierauf reiste der Hof wieder nach Berlin.[161]

Am 6. Jun. tractirte der Herr Graf von Finckenstein den König und den Marckgrafen von Anspach aufs prächtigste zu Belveder.

Nachdem hierauf der König an seinem gewöhnlichen Vergnügen, nehmlich der Musterung verschiedner Regimenter, auch seinen Herrn Schwieger-Sohn theil nehmen lassen, reiste derselbe, weil indessen Nachricht eingelauffen, dass die verwittwete Frau Marckgräfin sich unpass befände, mit seiner Gemahlin unter einer Escorte von Gensd'armes und offtmahliger Abfeuerung derer Canonen von Berlin nach seinen Landen ab.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 159-162.
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