Beilage 5.

[193] Der Krönungszug

nach der

Schlosskirche zu Königsberg am 18. Januar 1701.

(Abgedruckt aus Lünig's Theatrum ceremoniale historico-politicum, Leipzig 1719 und 1720, Band II. S. 101 und 102.)


Nun solte die Procession zur Kirche, nebst der Salbung erfolgen: die sonst insgemein vor der Crönung herzugehen pfleget. Dia Kirche, so man hierzu bestimmet, war, wie erwehnet, die Schloss-Kirche, die, ungeachtet dass sie den Lutherischen zu ihren Versammlungen dienet, dennoch theils ihrer Beqvemligkeit und Nähe, theils auch dieses sonderbahren Umstandes wegen gewehlet worden: Dass Se. Majest. schon ehmals die Heilige Tauffe darinnen empfangen. Wo sie geistlich gesalbet, wolten sie auch leiblich gesalbet seyn; ausser dass sie zugleich die verlangte Eintracht mit der Lutherischen Gemeine dadurch zu beweisen gesuchet, und zu dem Ende nicht allein einen Lutherischen Hof-Prediger zu Dero Salbung mit zugezogen; Sondern auch in der besagten Kirche, weit gefehlt, den Altar samt seinem Creutze, wie man besorget, wegnehmen zu lassen; solchen vielmehr mit neuen Zierathen und einem gantz silbernem Creutze für das Künfftige beschencket; ja dem Lutherischen Gottesdienst in dieser Kirche, die gantze Zeit ihrer Anwesenheit über, mehrentheils beygewohnet.

Die Salbung aber mit einer desto grösseren Würdigkeit zu vollbringen, so hatten sie die alleröbersten von Ihrer Geistlichkeit durch absonderliche Rescripte darzu beruffen: nehmlich Dero ersten Reformirten Ober-Hof-Prediger und Consistorial-Rath, Herrn Benjamin Ursinum, und Dero Lutherschen Ober-Hof-Prediger und Consistorial-Rath, Hrn. Doct. von Sanden: die beyde zusammen, wie es bey Königen bräuchlich, die Salbung als Bischöffe; jener als consecrirender, dieser aber als assistirender Bischoff, verrichten solten. Denn ob gleich der Nahme Bischoff bey 'der Evangelischen Geistlichkeit in Teutschland, aus bekannten Ursachen, meistens ausser Gebrauch gekommen: So war es dennoch Sr. Majestät, da es Dero Salbungs-Ceremonie erforderte, um so viel leichter, Ihren Ober-Hof-Predigern den Nahmen Bischoff beyzulegen; als eines Theils alle Ober-Hof-Prediger, Superintendenten und Inspectores, die in Sr. Majestät Landen und bey den Evangelischen zu finden, schon ohne diss, beydes dem Amt und Nahmen nach, eben dasjenige sind und heissen, was der Griechische Nahme Bischoff mit sich bringet: nehmlich Aufseher und Vorsteher der ihnen anvertrauten Gemeinden; Und andern Theils, wenn solches nicht wäre, Se. Majestät ja unstreitig, krafft Ihrer vollkommenen Ober-Gewalt im Welt- und Geistlichen, nach dem Beyspiel anderer, und sonderlich aller Evangelischen Könige, gantz von neuen Bischöffe bestellen und einsetzen können: massen doch die Könige mit Ihren oben beschlossenen Cronen nichts anders anzeigen, denn dass Sie in denenselben alle Macht, und nebst der Weltlichen Herrschafft, zugleich die Geistliche mit eingeschlossen, halten.[194]

Das ungestüme Gewitter, welches die gantze Nacht biss an den Morgen mit Schnee und Hagel gewütet, klährte sich gegen die Stunde des Kirch-Ganges vollkommen auf, und weilen Ihre Majestäten solchen zu Fuss anstellen wolten: So hatte man einen sehr breiten Weg, von dem Königlichen Pallaste biss zur Kirche, mit Brettern belegen und mit rothem Tuche beschlagen lassen. Von beyden Seiten hielten die Guardes zu Pferd und zu Fuss: Die Guardes du Corps, unter dem Obristen und Cammer-Herrn von Grote zur Rechten; und die Guarde zu Fuss, unter dem Obristen Lieutenant von Borck zur Lincken; Da im Gegentheil die hundert Schweitzer auf dem mit Tuch beschlagenen Wege stunden, in zweyen Linien, und mit ihren gantz neu gekleideten Ober-Officirern; welche, wie etwan diejenigen in Franckreich bey den Crönungen, in weissem Atlass und silbernem Moor auf Alt- Fränckisch angethan giengen: mit aufgeschnittenen Wämsern, spitzen Hosen und kurtzen Mänteln, voller Gold und silbernen Kanten; und sich dadurch sowohl, als auch mit ihren Rosen auf den spitzen Sammet-Hüten und ausgeschnittenen Spanger-Schuhen; mit ihren seidenen Perl-farbenen Strümpffen und den gefaltenen runden Schweitzer-Krausen nicht ein geringes Ansehen machten. Zugeschweigen der andern ausser dem Schlosse vertheilten Troupen: eines Bataillons der Holsteinischen auf dem befrohrnem Schloss-Teiche, eines Bataillons der Donauschen auf dem Stall-Platze, und des Schlippenbachischen Regimentes zu Pferde, auf dem Stein-Dam; die nebst den zwey und dreyssig hinter dem Schlosse gepflantzten Canonen, die hernachmahlige Salven und Freuden-Schüsse von den Wallen der Vestung und der Städte, zusamt den Guardes verstärcken solten.

Die beyden Himmel, für König und Königin, wurden so lang auf dem Platze von zwantzig jungen Grafen und Edelleuten gehalten, biss die zwantzig zum Tragen verordnete Personen von Hofe sich einfanden: bey dem Himmel des Königes, der Hr. General-Kriegs-Commissarius Graf von Döhnhof, der Hr. General-Lieutenant du Hamel, der Hr. General-Lieutenant von Gröben, und der Hr. Ober-Jäger-Meister von Pannewitz zu den vier Schnüren: und zu den sechs Stangen, der Hr. Cam mer-Herr Graf von Blumenthal, der Cammer-Herr von Bären, der Cammer-Herr von Tettau der jüngere, der Cammer-Herr Graf von Solms, der Cammer-Herr von Flemming, und der General-Major Graf von Truchses. Bey dem Himmel der Königin zu den vier Schnüren, der Hr. General-Major de la Cave, der Hr. Geheimte Rath von Osten, der Hr. Cantzler von Bolswing, und der Obriste Graf von Döhnhoff; zu den sechs Stangen aber die Titular-Cammer-Herrn von Creutz, von Ostau und von Eichstädt, nebst den Obristen von Canitz, von Bredau und von Wobser: denen hernachmals, in der Kirche, die zwantzig junge Grafen und Edelleute die beyden Himmel zum Halten wieder abnahmen.

Gegen zehn Uhr, da sich alles zur Procession angeschicket, ward durch eine auf dem Schloss-Thurm ausgesteckte Fahne, das Zeichen zum Geläut gegeben; worauf alle Glocken zu Schloss und in der Stadt zu läuten anfiengen, und der erste Herold, der Cammer-Fourier Holtzendorff die versammlete Corpora, in der von Sr. Majestät selbst anbefohlenen Ordnung, ablesen musste; in welcher auch alle durchgehends mit entblössten Häuptern, nur die Guardes ausgenommen, nach einander abzogen, und zur Kirche giengen:


1. Zween Herolde mit ihren gecrönten Stäben und in ihren Wapen-Röcken.

2. Alle Königl. Laqveyen und Pagen, in ihren reichen Libereyen.[195]

3. Ein Königlicher Paucker, vor welchem die silberne Heer-Paucken getragen wurden, mit den neuen gantz von Gold gewürckten Paucken-Fahnen, und dem darauf brodirten Reichs-Wapen.

4. Zwölff Königliche Trompeter, mit dergleichen von Gold gewürckten Fähnleins an ihren silbernen Trompeten, und die mit dem nachfolgenden Chor im Blasen, währender der Prozession, abwechselten.

5. Der Hof-Marschall und der Oberschenck mit ihren Marschalls-Stäben in der Hand.

6. Darauf die Collegia:

die Amts-Cammer,

die Cantzeley,

die Kriegs-Cammer,

das Hof-Hals-Gericht,

das Consistorium,

die Deputirten von der Universität,

die Herren Hof-Gerichts-Räthe, alle mit einander in blauen Sammte gekleidet, wie die vier Herren Ober-Räthe; nur dass dieser ihre Kleider zum Unterscheid, mit sehr reichen güldenen Posamenten besetzet waren.

Das Tribunal,

Die Deputirten der sämtlichen Stände: nehmlich der Städte, Ritterschafft und des Herren-Standes.

7. Die Hof-Leute und Hrn. Ministri, unter denen sich auch die beyden würcklichen Hrn. Geheimte Räthe, der von Fuchs und der von Schmettau befanden.

8. Wieder zwey Herolde,

9. Wieder ein Paucker mit silbern Heer-Paucken und

10. Zwölff Königliche Trompeter mit silbernen Trompeten und dergleichen Fähnleins, als wie die vorige.

11. Die beyden Hrn. Ober-Marschälle mit gantz silbernen Marschalls-Stäben, und oben an der Spitze mit dem gecrönten Reichs-Adler.

12. Der Hr. Cantzler von Creutz mit dem Reichs-Siegel, solches auf einem Carmesin-Sammeten Pulster tragend.

13. Der Hr. Land-Hof-Meister von Perband mit dem Reichs-Apffel, solchen ebenfalls auf einem Carmesin Sammeten Pulster tragend; und welcher Himmelblau emailliret, und mit Diamanten und Rubinen, als wie der Scepter, versetzet war.

14 Der Hr. Ober-Burggraf mit dem blossen Reichs- Schwerdt.

15. Seine Königl. Hoheit der Cron-Printz in einem Güldenstück mit Borderie; und hinter Ihm Seitwerts zur Lincken, Sein Ober-Hof-Meister, der Hr. Graf von Dohna.

16. Seine Majestät der König, mit der Crone auf dem Haupt, den Scepter in der Hand, und unter einem Carmesin-Sammtenen Himmel: welcher äusserlich, um den Crantz herum, eine massiv güldene Campane mit breiten güldenen Tressen, auf den vier Ecken vier güldene Adlers mit aufgeschürtzten dicken güldenen Cordons und Qvasten, und inwendig noch eine güldene starcke Franse samt einem Boden von Güldenstück hatte: mit darin gewürckten Adlern und Cronen, und von obbenannten zehn Personen, an vier güldenen Schnüren, und sechs mit Sammet und güldener Tresse bewundenen Stangen getragen. Die hundert Schweitzer giengen, wie sie stunden, in zweyen Linien von[196] beyden Seiten, mit fliegender Fahne und klingendem Spiel, mit welchem sie auch in die Kirche hereinkamen. Ihre Officirer giengen vor Sr. Majestät her, gleichfalls in zweyen Linien, und zwischen diesen giengen diejenigen mit den Insignien, und Se. Königl. Hoheit der Cronprintz. Neben dem Himmel, Seiner Majestät zur Rechten, gieng der Commendant der Guardes du Corps, der Hr. General-Major und Cammer-Herr von Tettau, als erster Capitain der Guardes, und zur Lincken gieng der Hr. Obriste du Rosey, Capitain der Schweitzer-Guarde, in gleicher Tracht mit seinen Officirern; nur dass auf seinem Kleide, anstatt des silbernen Moors ein Silberstück, und anstatt der gold und silbernen Kanten, lauter Gold gebrähmet war. Hinter Sr. Majestät gieng der Hr. Ober-Cämmerer, mit den beyden Cammer-Herrn, die ihm den Schweiff des Königl. Mantels tragen halffen, und hinter diesen gieng der Herr Feld-Marschall, Graf von Barfuss, als Connestabel oder Reichs-Feld-Herr.

17. Zween Guardes du Corps, die Seitwerts ab, an den beyden hinter Ecken des Himmels giengen, und zwischen ihnen

18. der Hr. Graf von Dohna, von Reicherts- Walde, mit dem Reichs-Bannier von Silberstück, nach der Farbe des Wapen-Feldes, und mit güldenen Fransen und dem gantzen Reichs- Wapen.

19. Seine Durchl. der Hertzog von Holstein, von Sr. Majestät vorordnet die Svite der Königin zu führen.

20. Ihre Majestät die Königin mit ihrer Crone auf dem Haupt, von Ihren Hoheiten den beyden Hrn. Marggrafen geführet, und unter einem eben dergleichen Himmel, als wie derjenige des Königes. Neben Ihr zur Lincken gieng Ihr Ober-Hof-Meister, der Hr. von Bülau; hinter Ihr giengen die Hertzogin von Holstein, und die beyden Frauen Ober-Hof-Meisterinnen mit der Schleppe des Königlichen Mantels, und hinter diesen folgte der Hof-Juncker von Mirop, mit der Schleppe der Hertzogin.

21. Zween Guardes du Corps, an den Hinter-Ecken des Königl. Himmels.

22. Die Printzessin von Holstein, von der Königin Cammer-Juncker dem Hrn. von Gromkau geführet; dahingegen Ihre Hoheit die Hertzogin von Curland nebst ihrem Printzen und gantzen Hofe, (als die allererst von der Reise gekommen) der Procession nicht beywohnen konten; sondern nur selbiger, wie auch der Salbungs-Ceremonie, in Ihrer Majestäten Stuhl auf dem grossen Chor, in der Kirchen zusahen.

23. Der Königin Frauenzimmer, und endlich,

24. Das Adeliche Frauenzimmer aus der Stadt.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 193-197.
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