[215] a) Das Krönungs- und Ordensfest.

Das Krönungs- und Ordensfest, welches zum Andenken an die Erwerbung der Königskrone (18. Januar 1701) gefeiert wird, ist, wie es heutzutage noch besteht, eine Stiftung Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm III; sie stammt aus dem Jahre 1810, aus einer Zeit, wo das Vaterland, aus tausend Wunden blutend, darnieder lag. Der König hatte in den Zeiten der tiefsten Demüthigung und Noth wohl erkannt, wie sein Volk mit ihm duldete und litt, aber auch welche Kraft und welche Stütze es ihm in der Zukunft zu werden versprach; es drängte ihn, sei nen Gefühlen der Anerkennung, der Dankbarkeit, einen entsprechenden Ausdruck zu geben, und so schuf er dieses Fest als ein Gedächtniss und eine Ehre jedes Verdienstes, das der Einzelne, mochte er auf der höchsten oder niedrigsten Rangstufe des Staates und der Gesellschaft stehen, in glänzender That oder in fortgesetztem stillen Wirken sich erworben hatte. Der König zog an diesem Tage, dem höchsten Festtage der Preussischen Monarchie, sein Volk an seinen Hof; das alte Ceremoniel wurde durchbrochen und so damals schon der erste Gedanke zu einer Repräsentation des Volkes ins Werk gesetzt. Mit wenigen Unterbrechungen ist dieses Fest, das man in seiner eigentümlichen Art an keinem Hofe irgend eines Souveräns wiederfindet, vom Stiftungstage an alljährlich gefeiert worden; nur in den Jahren 1813, 1814, 1815 und 1870 hat es ausfallen müssen.[215]

Das Krönungs- und Ordensfest wird, wenn der 18. Januar auf einen Sonntag fällt, an diesem Tage gefeiert. Ist dies nicht der Fall, so entscheidet die Mitte der Woche. Fällt der 18. Januar auf einen Donnerstag, Freitag oder Sonnabend, so pflegt das Fest auf den Sonntag nachher, fällt er auf einen Montag, Dienstag oder Mittwoch, so pflegt es auf den Sonntag vorher verlegt zu werden.

Das in Beilage 1 mitgetheilte Ceremoniel bei der Feier des Krönungs- und Ordens-Festes am 23. Januar 1876 kann als maassgebendes Beispiel für diese Feste dienen, da der Hergang bei denselben principiell stets derselbe ist, und unwesentliche Abweichungen davon nur in dringenden Fällen vorgekommen sind, z.B. wenn das Krönungs- und Ordensfest zusammen mit dem Feste des hohen Ordens vom Schwarzen Adler gefeiert werden musste, ferner wenn das Diner fortfiel, wie z.B.: aus Veranlassung des am 14. December 1873 erfolgten Ablebens Ihrer Majestät der Hochseligen Königin Elisabeth bei dem Krönungs- und Ordensfest am 18. Januar 1874 und bei dem aus Veranlassung des am 18. Januar 1877 erfolgten Ablebens Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Carl von Preussen auf den 11. Februar ej. a. verlegten Krönungs- und Ordensfeste.

Die Beilage 2: »Feier des Krönungs- und Ordensfestes am 23. Januar 1876« bringt eine Ordnung der Hauptmomente des Festes mit Zeitangabe, sowie die Bestimmungen wegen der Vorfahrt und Abfahrt und wegen des Anzuges.

Im Uebrigen wird hier noch auf Abschnitt VI. dieses Werkes, in welchem die bei diesen Festen im Rittersaale stattfindende Cour besprochen ist, ferner auf Abschnitt IV., welcher sich über die Ordnung in der Capelle und über die Vertheilung der Plätze in derselben bei solchen Anlässen verbreitet, sowie auf Abschnitt V., welcher in Beilage 3 das Placement an der Tafel im Weissen Saale des Königlichen Schlosses zu Berlin bei dem Krönungs- und Ordensfeste am 18. Januar 1873 enthält, verwiesen.

In Bezug auf die Tafel muss noch erwähnt werden, dass der erste Prinz des Königlichen Hauses, also gegenwärtig Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, stets den Toast auf die neuen Ritter und Inhaber ausbringt, und dass zum Andenken an das erste Ordensfest, dem noch die Königin Luise anwohnte, seitdem immer vor den Plätzen der Allerhöchsten und der Höchsten Herrschaften Palmen aufgesteckt[216] sind, welche nach Aufhebung der Tafel den Hohen Frauen von den Pagen nachgetragen zu werden pflegen.

Die Einladungen zu den Krönungs- und Ordenfesten gehen von der Königlichen General-Ordens-Commission aus, während die Ausführung der Ceremonie nicht allein dieser Commission, sondern ganz besonders dem Ober-Ceremonienmeister obliegt, selbst wenn er nicht Mitglied derselben sein sollte.


Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 215-217.
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