Ernennung R. Schoenes zum Generaldirektor

[182] Als ich Mitte April nach Berlin zurückkam, war eben die Ernennung Schoenes zum Generaldirektor erfolgt. Kaiser Wilhelm hatte lange seine Zustimmung dazu verweigert, da er den jahrelangen Streit zwischen seinem alten Schützling Graf Usedom und dem Minister von Falk auf Schoenes Streben nach dessen Stellung zurückführte. Auch wünschte er auf diesem Posten einen Kavalier von künstlerischem Sinn zu sehen. Er hatte ihn daher Graf Wilhelm Pourtalès angeboten, der aber ablehnte, da ihm jede Verwaltungstätigkeit unsympathisch war. Die Erfahrung eines Menschenalters hat gezeigt, daß Kaiser Wilhelm die richtige Empfindung hatte. Sowohl Richard Schoene wie ich mußten zur Erkenntnis kommen, daß die Stellung des Generaldirektors der Berliner Museen einen Mann verlangt, der schon durch seine Geburt dem Hof und besonders dem König nahesteht und dadurch wie durch sein Ansehen und Vermögen dem vorgesetzten Kultusminister sowohl als dem Finanzminister gegenüber seine Ansichten und Entschließungen mit Erfolg geltend zu machen und durchzusetzen imstande ist. Freilich müßte ein solcher Mann neben künstlerischem Sinn und hervorragendem Verwaltungstalent zugleich den nötigen Respekt vor der Selbständigkeit der Abteilungsdirektoren und ihrer Sachkenntnis haben und sich als ihren Vertreter gegenüber den vorgesetzten Behörden betrachten. Graf Usedom sowohl als sein Vorgänger Herr von Olfers hatten darauf gar keine Rücksicht genommen, hatten autokratisch nach eigenem Gutdünken zu entscheiden gesucht und die Direktoren höchstens als Organe zu ihrer Unterstützung und zur Ausführung ihrer Befehle angesehen und behandelt.[182]

Schoene besaß künstlerischen Sinn in ungewöhnlichem Grade und in gleichem Maße die wissenschaftliche Vorbildung, war ein trefflicher, fleißiger und gewissenhafter Verwaltungsbeamter und von größter, ja sogar von zu großer Rücksicht den Einzeldirektoren gegenüber. Aber, wie er dem alten Kaiser Wilhelm geradezu unsympathisch war, so konnte er auch zu Kaiser Wilhelm II. nie rechte Fühlung gewinnen. Als einfacher vortragender Rat im Kultusministerium hatte er zwar hier, solange er die Kunstabteilung selbständig leitete, die nötige Stütze am Minister, aber nach Übertragung derselben an Althoff und Friedrich Schmidt fehlte auch dieser Halt. Im Finanzministerium hing aber die Zustimmung zu seinen Anträgen immer mehr vom Interesse dieses oder jenes Rats oder des Ministers als von seiner Autorität ab. Ich selbst habe später ähnliche Erfahrungen machen müssen.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 1. Band. Berlin 1930, S. 182-183.
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