Messels Pläne zu den Neubauten auf der Museumsinsel

[190] In Berlin erwartete mich bei meiner Rückkehr die Mitarbeit an Messels Plänen zu den Neubauten auf der Museumsinsel.[190] Im Anfang des Jahres hatte ich eine Denkschrift über die notwendigen Erweiterungs- und Neubauten bei den Königlichen Museen ausgearbeitet, die im Februar dem Landtag unterbreitet war und fast allseitig günstig aufgenommen wurde. Da sie seither in allen wesentlichen Punkten als Richtschnur gedient hat, lasse ich sie im Anhang (Seite 239) folgen.

Dies Programm hatte ich nach Rücksprache mit den Direktoren der einzelnen Sammlungen aufgestellt; die künstlerische Gestaltung überließ ich Messel, dem ich nur die Anordnungen in bezug auf Raumbedürfnisse, Größe und Beleuchtung der Sammlungsräume usw. als Richtschnur gab. Anfangs wollte er schier verzweifeln, auf dem ungünstigen, von der Stadtbahn begrenzten und entstellten Bauplatz Neubauten zu errichten, die sich den verschiedenartigen, ohne Zusammenhang errichteten älteren Museen nicht nur günstig anschlössen, sondern sie womöglich zusammenschlössen und beherrschten. Er versuchte zunächst einen Komplex kleinerer Bauten, die auch in ihrem Äußeren, ähnlich wie Gabriel Seidls National-Museum in München, den Charakter der Kunstwerke, die sie aufzunehmen hatten, aussprechen sollten. Es mißlang ihm, so oft er es versuchte; er sah ein, daß er auf diesem Wege nicht zum Ziele kommen würde. Mehrere Monate waren darüber hingegangen; schon hielt er die Aufgabe an diesem Platze für unlösbar, als sich ihm die Lösung auf einem ganz neuen Wege darbot. Nach wenigen Wochen konnte er mir die Pläne fast fertig vorlegen, nach denen heute die Neubauten ausgeführt werden. Messel hatte versucht, durch die Gestaltung der drei verlangten Bauten für die deutsche Kunst, für die Antike und für die vorderasiatische Kunst, wie durch ihren Baustil ihren Anschluß an die älteren Museen auf der Insel zu finden und für diese planlos hingewürfelten Bauten einen Mittelpunkt zu bilden, der sie zu einer einheitlichen Baugruppe zusammenschließen sollte. Dies ist ihm in ungeahnter Weise gelungen. In dem Komplex von Bauten, die sich um das Forum lagern und in dem mächtigen Pergamonmuseum ihren Mittelpunkt haben, hat er den gesamten Bauten der Museumsinsel ein[191] ragendes Zentrum geschaffen und hat den verschiedenartigen, aber sämtlich von der Antike abgeleiteten Fassaden von Schinkel, Stüler, Strack und Ihne durch seinen an die antikisierenden Berliner monumentalen Zopfbauten sich anschließenden Stil den bisher fehlenden Zusam menhang und in gewissem Sinne auch Zusammenklang zu geben gewußt.

Der erste geniale Entwurf brauchte nur wenige Änderungen zu erhalten, zumal die genauere Durchbildung der Räume im Innern noch eingehenden Besprechungen vorbehalten bleiben konnte. Am 22. August waren sämtliche Zeichnungen fertig, und schon am folgenden Tage durften wir sie dem Kaiser in Wilhelmshöhe vorlegen. Sie fanden seine uneingeschränkte Billigung und Bewunderung, so daß sie unverändert dem Landtag vorgelegt werden konnten. Auch hier erfuhren sie eine sehr wohlwollende Beurteilung, aber die Ausführung wurde auf Verlangen des Finanzministers wegen der hohen Kosten in drei Abschnitten bewilligt, – eine Maßregel, durch die sich die Kosten, wie sich später herausstellte, um verschiedene Millionen erhöhten.

Im Frühjahr 1908 hätte Messel den Bau beginnen können, da lähmte den schon seit Jahren mit einem Herzleiden behafteten rastlosen Arbeiter ein Schlaganfall. Er suchte Erholung im Süden, war aber so schwach, daß er an seinen Bau kaum denken konnte. Ein Jahr später machte ein anderer Anfall seinem Leben zu früh ein Ende, zu früh vor allem für seine Museumsbauten. Denn obgleich ihre Ausführung noch im Laufe des Jahres 1909 in die Hände seines intimsten Freundes, des Stadtbaurats Ludwig Hoff mann, gelegt wurde, begann seitdem eine Leidenszeit für die Bauten, die nicht nur ihre Ausführung weit über Gebühr auszudehnen drohte, sondern auch eine Abschwächung der großartigen Formen des Entwurfs befürchten ließ.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 190-192.
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