Verkauf der Sammlungen Hainauer und Oppenheim

[184] Eine zweite wichtige Angelegenheit, die damals in Wilhelmshöhe zur Sprache kam, war der eigentliche Grund, weshalb ich hinbefohlen war. Der Kaiser hatte den Verkauf der Sammlung Hainauer an die internationale Kunsthändlerfirma Duveen Bros. erfahren und sich höchst mißliebig darüber geäußert; er wollte jetzt das Nähere von mir hören. Ich erzählte ihm, daß Duveens im Juni, als sie von meiner Abwesenheit auf Reisen erfuhren, nach Berlin gefahren seien und dort Frau Hainauer, der die Sammlung ein zu kostbarer Besitz gewesen sei, ein Gebot von vier Millionen Mark gemacht hätten – das Dreifache von dem, was ihr bisher selbst von den bedeutendsten Händlern geboten war. Sie habe geantwortet, daß sie sich telegraphisch mit mir in Verbindung setzen wolle, da sie mir versprochen habe, nie ohne meine Zustimmung zu verkaufen. Duveens hätten aber erklärt, sie zögen ihr Gebot in dem Augenblick zurück, wo sie mir Nachricht davon gäbe. So hätte sie schließlich sehr contre cœur nachgegeben und erst nach dem Abschluß mir ihr Bedauern telegraphisch nach London mitteilen können. Übrigens hätten sowohl Frau Hainauer wie Duveens verschiedene für unsere Sammlungen wert volle Stücke den Museen geschenkt. Der Kaiser blieb aber dabei, daß der Verkauf ins Ausland abscheulich sei.

Gleichzeitig war die Antiquitätensammlung des Baron Albert Oppenheim in Köln an P. Morgan verkauft worden. Der Kaiser meinte, daß die Sammlungen, welche die reichen Berliner mit[184] meiner Hilfe billig hatten zusammenbringen können, auch zur Verfügung der Museen sein müßten, wenn sie einmal abgegeben werden sollten. Dächten die Besitzer nicht so vornehm, so müßte sofort ein Ausfuhrgesetz gemacht werden. Obgleich der Reichskanzler sich zu einer solchen Vorlage bereit erklärte und im Notfalle selbst sofort auf dem Verwaltungswege ein vorläufiges Verbot erlassen wollte, bat ich den Kaiser, doch im Interesse unserer Museen zunächst davon abzusehen. Noch wären wir nicht so reich an Kunstschätzen, daß wir nicht vom Auslande mehr einführen könnten als von Deutschland voraussichtlich ausgeführt würde. Auch würden in dem Augenblick, in dem Deutschland ein Ausfuhrverbot erließe, England und Frankreich nachfolgen und dann überall die Grenzen gegen uns abgesperrt sein. Der Kaiser erkannte dies an, erklärte aber, daß ein Ausfuhrgesetz sofort erlassen werden müsse, wenn Frankreich oder England ein solches machen würde.

Bald nach diesem Besuch kam ich im Spätherbst noch einmal in offiziellem Auftrag nach Kassel. Der Finanzminister wollte zu dem Antrag eines Neubaues für das Landesmuseum in Kassel Stellung nehmen und ersuchte uns um Verhandlungen an Ort und Stelle. Unterwegs machte er mir die angenehme Mitteilung, daß er infolge des günstigen Finanzabschlusses den Museen im nächsten Jahre ein Extraordinarium von einer Million Mark bewilligen könne.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 184-185.
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