114

[100] Elsaß/Rothau, 1. Sept. 14. Herbst!


Liebe, habe heute die erste Wache abgehalten, mit 18 Posten; es war sehr stimmungsvoll, wunderbar herbstliche Sternennacht. Wie ist das alles anders als dieser langweilige Garnisondienst! Der schwarze Kaffee in der Feldflasche tut mit jetzt gute Dienste. Ich spare ihn so lange als möglich. Die Gegend ist arg von Schlachten mitgenommen, die Bevölkerung äußerst scheu; ich habe keinen Zweifel, daß sie sehr franzosenfreundlich ist. Ich möchte hier nicht leben. Gefahren sehe ich aber keine; es ist offenbar alles sehr eingeschüchtert. Voraussichtliche Richtung Sâles; wir warten aber noch auf Befehle. Ich fühle mich so vollkommen wohl, daß mir von den kommenden Strapazen nicht Angst ist. Zu essen gibt es nur Kommißbrot aus Feldbäckereien. Ich verlange mir auch nichts anderes u. spare meinen eisernen Bestand, den ich noch in München gekauft, auf viel spätere Zeiten; wer weiß, wohin wir noch geschoben werden; ich hoffe immer noch auf Belfort, über Épinal. Gruß Euch beiden, Niedmanns, Lina, mit einem Kuß Euer Fz.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 100.
Lizenz:
Kategorien: