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[128] 7.I.15

Abends.


Liebste, endlich kann ich Dir den großen Artikel II [Aufzeichnungen und Schriften Nr. 28, d. Hrsg.] schicken; ich bin in seiner Beurteilung ebenso unsicher als seinerzeit beim I. Er birgt jedenfalls sehr viel, meinem Gefühl nach an manchen Stellen zu viel, und doch wußte ich's nicht zu ändern. Ich kann im Felde nicht anders schreiben, weitläufiger und begründeter. Er ist in unruhiger Zeit geschrieben und für sie gedacht. Der gute Wille wird aus ihm schon lernen können; mich hat er jedenfalls im Denken unendlich weiter gebracht und gefördert, und Dir wird er, glaube ich, auch vieles sagen. Ohne den Krieg wären diese Gedanken alle nicht ›denk‹bar, z.T. noch gar nicht vorhanden. Schreib mir offen, wie Du ihn findest, ebenso Wolfskehl und Klee. ... Heute brauste den ganzen Tag ein furchtbarer Sturm in der Luft, aber es ist immer wie im März. Kuß und Gruß Dein Fz. M.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 128.
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