Der Buchstabe Dschim.

Alle Schönen zu besteuern

Kömmt mit vollem Recht dir zu,

Denn auf ihren Häuptern allen

Strahlest, eine Krone, du!

Turkistan geräth in Flammen

Durch dein trunk'nes Augenpaar:

Steuern zollen Hind und China

Deinem krausen Lockenhaar.

Heller als des Tages Wange

Glänzt dein weisses Angesicht,

Und so schwarz wie deine Locke

Ist der Nächte längste nicht.

Kann in Wahrheit je gesunden

Ich von dieser Krankheit Schmerz.

Wenn nicht du mir Arzeneien

Freundlich reichest für mein Herz?

Deinem engen Munde danket

Chiser's Quelle den Bestand,

Und Ägyptens harter Zucker

Weichet deiner Lippe Rand.

Wesshalb brichst du, theure Seele,

Mit dem Herzen, felsenhart,

Dieses Herz, das gleich dem Glase

Leicht gebrechlich ist und zart?

Wie doch schlangest du ein Härchen

Um die Lende, zart und fein,

Und enthülltest deine Glieder,

Glänzend weiss wie Elfenbein?[283]

Deines Mundes Flaum ist Chiser,

Und sein Quell dein Lippenpaar,

Und dein Wuchs gleicht der Zipresse,

Und die Lende einem Haar.

Einen König, der dir gleiche

Wünscht Hafis sich für und für;

Läg' er doch, als niederer Sclave,

Stets im Staube deiner Thür!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 1, S. 281-285.
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