11.

Was thue ich, o wandelnde Zipresse,

Mit Rosenbeet und Rose, ohne dich?

Was tändle ich mit Hyacinthenlocken,

Was thu' mit liliengleichen Wangen ich?

Ach, weil der Übelwoller mich getadelt,

Erblickte ich dein holdes Antlitz nicht:

Was thue ich? Ich habe ja mit nichten,

Dem Spiegel gleich, ein stählernes Gesicht.

Zieh' hin, du Rathertheiler, und betrachte

Die Trinker nicht mit der Verachtung Blick!

Was thue ich? Der mächtige Gebieter

Der dieses thut, er heisset: das Geschick.

Wenn aus dem Hinterhalt, dem unsichtbaren,

Die Eifersucht als Blitzstrahl auf mich fährt,

Was thue ich? Nur du hast zu gebieten:

Hat meine Garbe doch der Brand verzehrt.

Da es dem Türkenkönig so gefallen,

Und er mich tief in einen Brunnen warf,

Was thue ich, wenn Tēhěmtěn's Erbarmen

Mir nicht die Hand zur Hilfe reichen darf?

Will mir das Feuer, das auf Sina lodert,

Mit einer Fackel nicht zur Seite steh'n,

Was thue ich, der ich im nächt'gen Dunkel

Mir nicht zu rathen weiss im Thal Eĭmēn?

Hafis, den hohen Paradiesesgarten

Betrachte ich als mein ererbtes Haus:

Was thu' ich denn und suche zur Behausung

Mir diese öde, wüste Stätte aus?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 235-237.
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