16.

Wesshalb sollt' ich mich nicht sehnen

Bald das eig'ne Land zu schauen,

Wesshalb nicht zum Staube werden

In des eig'nen Freundes Gauen?

Unvermögend zu ertragen

Fremdlingsleiden und Beschwerden,

Will, die eig'ne Stadt betretend,

Ich mein eig'ner Kaiser werden.

In's Geheimniss des Genusses

Und der Liebe will ich dringen,

Und mich als ein treuer Diener

Nur dem eig'nen Herrn verdingen.

Ungewiss ist unser Leben:

Darum kann nur Ein's mir frommen:

Vor dem eig'nen Bild zu weilen

Wenn mein Todestag gekommen.

Weil von Liebe und vom Zechen

Ich bisher nicht konnte lassen,

Will ich künftighin mit meinen

Eig'nen Thaten mich befassen.

Heisst des Glückes fester Schlummer

Und ein tolles Thun mich klagen,

Will ich, was ich heimlich leide,

Meinem eig'nen Ich nur sagen.

Wirst, Hafis, die ew'ge Gnade

Du zur Führerin nicht nehmen,

Will ich bis in ew'ge Zeiten

Vor dem eig'nen Ich mich schämen.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 249-251.
Lizenz:
Kategorien: