18.

Vierzig Jahre und darüber

Prahle ich mit stolzem Sinn

Dass ich von des alten Wirthes

Dienern der Geringste bin.

Durch des alten Weinverkäufers

Segensvolle Huld geschah's,

Dass von glänzend reinem Weine

Niemals leer sich fand mein Glas.

Hoch in Würde durch die Liebe,

Glücklich durch der Zecher Schaar,

Sitz' ich auf dem Ehrenplatze

In den Schenken immerdar.

Gib doch, weil ich Hefe trinke,

Keiner üblen Meinung Raum!

Denn befleckt ist meine Kutte,

Aber rein bewahrt mein Saum.

Herr! Da ich ein edler Falke

Auf der Hand des Kaisers bin,

Wesshalb trieb man mir die Sehnsucht

Nach dem Neste aus dem Sinn?

Schade ist es, lebt ein Sprosser,

Ähnlich mir, auf dieser Flur:

Trotz der süssen Zunge muss ich,

Gleich der Lilie, schweigen nur.

Persiens Luft und Wasser nähret

Wunderbar gar manchen Fant;

Wer begleitet mich? Ich schaffe

Mein Gezelt aus diesem Land.

Leerst du unter'm Mönchsgewande

Länger noch das Glas, Hafis,

Lüft' ich deiner Thaten Schleier

Bei des Meisters Fest gewiss,

Tūrănschāh's, des Hochbeglückten,

Dessen Huld auf eine Art

Sich gesteigert, dass zum Ringe

Sie an meinem Halse ward.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 253-255.
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