37.

Meine eig'ne Hand, die kurze,

Lastet schwer auf mir,

D'rum erröth' ich vor den schlanken

Hochgestalten hier.

Fasst kein Freund mit Kettenhaaren

Meine Hand, o dann

Heb' das Haupt ich in die Höhe

Wie ein toller Mann.

Frag' mein Auge, willst du wissen

Was der Himmel macht,

Denn des Nachts zähl' ich die Sterne

Bis der Tag erwacht.

Dankbar küsse ich des Bechers

Vollgefüllten Rand,

Denn mit des Geschickes Räthsel

Macht er mich bekannt.

Meinem eig'nen Arme bin ich

Minder dankbar nicht,

Weil zur Peinigung der Menschen

Mir's an Kraft gebricht.

Wenn ich für die Weinverkäufer

Fromme Wünsche sprach,

Komm' ich nur – was ist es weiter? –

Schuld'gem Danke nach.

Mich vom Boden aufzuheben

Bist du nicht gewillt,

Wenn mir auch statt jeder Thräne

Eine Perl' entquillt.

Trink' ich Blut auf diesem Felde,

O so schilt mich nicht!

Denn tatar'schen Moschusrehen

Geb' ich Unterricht.

Ein berauschtes Haupt besitz' ich,

Gleich Hafisen, zwar,

Doch auf jenes Hohen Gnade

Hoff' ich immerdar.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 303-305.
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