41.

Wird das Haar dir zu berühren

Nochmals meiner Hand erlaubt,

Schlage ich mit deinem Schlägel

Manches ballengleiche Haupt.

Als mein langes Leben hab' ich

Stets dein Lockenhaar erkannt:

Doch von diesem langen Leben

Liegt kein Haar in meiner Hand.

Gibt den Machtbefehl der Ruhe

Heute Nacht, o Kerze, mir,

Denn im Herzensfeuer schmilz' ich,

Einer Kerze gleich, vor dir!

Übergeb' ich einst, gleich Flaschen,

Laut auflachend, meinen Geist,

Sollen Jene für mich beten

Die man deine Trunknen heisst.

Ein Gebet von mir, Beflecktem,

Kann kein wahrhaft frommes sein;

Darum schmelze ich und brenne

Tret' ich in die Schenke ein.

Lässt in Tempeln und in Schenken

Sich dein Wahngebilde schau'n,

Mach' ich zu Altar und Zither

Deine beiden Augenbrau'n.

Wenn einst Nachts mir deine Wange

Meine Einsamkeit erhellt,

Hebt mein Haupt sich, wie der Morgen,

Hoch empor in alle Welt.

Löblich wird auf diesem Wege

Meinem Thun ein End' gemacht,

Wenn die Liebe zu Ăjāsen

Mich um meinen Kopf gebracht.

Wem, Hafis, soll ich des Herzens

Gram vertrau'n, da heut zu Tag

Mir als innigster Vertrauter

Nur der Becher taugen mag?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 311-313.
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