52.

Ein Fětwā des Wirth's besitz' ich,

Und ein Wort, ein altes, spricht:

»Dort nur ist der Wein verboten

Wo's an einem Freund gebricht.«

Ich zerreisse diesen Mantel,

Denn er hüllt nur Falschheit ein:

Umgang mit Nichtgleichgesinnten

Ist dem Geiste Höllenpein.

Dass mit Hefe mich besprenge

Des Geliebten Lippenpaar,

Weile ich am Schenkenthore

Schon durch manches lange Jahr.

Weil mein alter Dienst Ihm etwa

Schon aus der Erinn'rung schwand,

So erinn're, Morgenlüftchen,

Ihn an's alte Freundschaftsband!

Sollte, selbst nach hundert Jahren,

Meinen Staub dein Duft umweh'n,

Würde mein Gebein, mein morsches,

Tanzend wieder aufersteh'n.

Hundert Hoffnungen mir gebend

Stahl mein Herz der Herzensdieb:

Doch gewiss hält sein Versprechen

Wem ein edler Sinn verblieb.

Ängstige dich nicht! o Knospe,

Schmachtest du in Banden auch,

Denn dir werden Hilfe bringen

Morgenluft und Abendhauch.

Sorge auf ganz ander'n Wegen

Für dein Wohlergeh'n, o Herz,

Denn des Arztes Mittel heilen

Nimmer des Verliebten Schmerz.[339]

Strebe nach des Wissens Perle:

Trägst nach Jenseits sie mit dir:

Doch mit Gold und Silber wurden

Andere betheiligt hier.

Unzerreissbar sind die Netze

Wenn's an Gottes Huld gebricht,

Denn den steinbeworf'nen Satan

Überwält'gen Menschen nicht.

Fehlt, Hafis, dir Gold und Silber,

Danke Gott für dein Geschick:

Rechtlichkeit und Sängergaben

Sind sie nicht das höchste Glück?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 337-341.
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