67.

Auf des Auges Werkstatt malte

Dich mir hold die Phantasie,

Und von einem Bild, dir ähnlich,

Hört' ich nie und schaut' es nie.

Als ich Herr zu werden hoffte,

Sucht' ich deine Knechtschaft mir;

Als ich Lust zu herrschen fühlte,

Wählte ich den Dienst bei dir.

Mit dem Nordwind um die Wette

Dich verfolgend, kam ich doch

Bis zum Staube der Zipresse

Deines Wuchses nimmer noch.

An des Lebens Tag verzweifeln

Hiess mich deiner Locken Nacht,

Und dem Herzenswunsch entsagen

Deines Mundes Herrschermacht.

Nur dein schwarzes Auge klag' ich

Und den schönen Nacken an,

Wenn ich, gleich dem scheuen Rehe

Fliehen muss vor Jedermann.

Wie viel Tropfen schon entlockte

Mir dein Quell, so süss und rein,

Und wie täuschte dein Rubin mich,

Der da Handel treibt mit Wein!

Und wie viele Wimpernpfeile

Schoss'st du auf mein wundes Herz,

Und wie trug nach deinem Gaue

Ich so viele Lasten Schmerz!

Bringe mir vom Gau des Freundes

Nur ein Stäubchen, Morgenluft!

Hoffnung gab dem blut'gen Herzen

Immer jener Erde Duft.[377]

Wie an Knospen glitt ein Lüftchen

Seines Gau's an mir vorbei,

Und des armen Herzens Hülle

Riss bei seinem Duft entzwei.

Bei dem Staube deiner Füsse

Und Hafisen's Augenlicht!

Ohne deine Wange strahlte

Meines Auges Fackel nicht.

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 375-379.
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