10.

Gibt es frohere Gedanken

Als an Becher und an Wein?

Und durch sie möcht' ich ergründen

Was das Ende werde sein?

Soll das Herz noch lang sich grämen

Weil die Tage schnell vergeh'n?

Mögen Herz und Tage schwinden!

Doch was wird wohl dann gescheh'n?

Trinke Wein, nicht Gram, und höre

Auf den Rath des Gauklers nicht;

Soll man auf die Worte achten

Die der nied're Pöbel spricht?

Sag' dem kraftberaubten Vogel:

»Gräme selbst dich über dich!«

»Wird, wer Netze aufgerichtet,

Deiner je erbarmen sich?«

Klug ist's, wenn du nach Gewünschtem

Strebest mit der Mühe Hand:

Dass dann Ungewünschtes folge,

Ist dir nur zu wohl bekannt.

Gestern las der Greis der Schenke

Uns dies Räthsel vor; – im Glas

War es deutlich eingegraben –:

»Welches Ende nimmt wohl das?«

Mittels Pauke, Lied und Harfe

Ward Hafis durch mich verführt:

Welcher Lohn mir, dem Verruf'nen,

Für dies Treiben wohl gebührt?

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 429-431.
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