11.

Weisst du wohl was Glück man nenne?

Das Gesicht des Freundes schau'n;

Lieber, als ein König heissen,

Bettler sein in seinen Gau'n!

Seine Seele aufzugeben

Fällt dem Menschen leicht; allein

Trennung von den Seelenfreunden

Kann nur schwer erduldbar sein.

Herzbeklommen; gleich der Knospe,

Eil' ich in den Garten fort,

Und das Hemd des guten Rufes

Will ich mir zerreissen dort;

Will bald, wie der West, der Rose

Das Verborg'ne machen kund,

Bald des Liebesspiel's Geheimniss

Hören aus des Sprossers Mund.

Drück' erst auf des Freundes Lippe

Einen Kuss, wenn du's vermagst,

Weil du sonst im Schmerz der Reue

Hand und Lippe dir zernag'st.

Nütze die gesell'gen Freuden,

Denn wir bleiben vom Moment

Wo wir dieses Haus verlassen

Von einander stets getrennt.

Aus Mănssūr's, des Königs, Sinne

Schwand Hafis, behauptest du;

Führ', o Herr, des Bettlers Pflege

Wieder seinem Sinne zu!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 431-433.
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