1.

[3] O Psittich, der der Liebe

Geheimnisse bespricht,'

An Zuckernahrung fehle

Es deinem Schnabel nicht!

Dein Haupt sei ewig grünend,

Dein Herz von Lust erfüllt.

Denn von des Freundes Flaume

Bist du ein schönes Bild!

Ein Wort, ein unverstand'nes,

Sprachst du zur Zecherschaar;

O mach' um Gotteswillen

Doch dieses Räthsel klar!

Begiess mit Rosenwasser

Aus deinem Glase mich,

Du Glück, das freundlich wachet.

Denn schlafbetäubt bin ich.

Was stimmte denn der Sänger

Für holde Weisen an.

Dass selbst der Fromme tanzet

Mit dem berauschten Mann?

Es schüttete der Schenke

Mohn in den Weinpocal,

Der alsbald allen Zechern

So Kopf als Turban stahl.

Kein Lebenswasser schenket

Man einem Īskěndēr:

Durch Kraft und Gold erreichet

Man dieses nimmermehr.[3]

Der Menschen bare Münze

Ist Weisheit zwar; doch sie

Ist werthlos vor der Liebe

Erhab'ner Alchimie.

Komm und vernimm die Lage

Des Mann's, der schmerzlich litt:

Er theilt in wenig Worten

Viel Sinniges dir mit.

Zum Glaubensfeinde wurde

Ein Götze China's mir:

Herr, Herz und Glauben geb' ich

In Schutz und Obhut dir.

Mach' nicht des Rausches Räthsel

Den Nüchternen bekannt:

Verlange keine Seele

Von Bildern an der Wand.

Durch eines hohen König's

Siegreiche Fahne nur

Prangt hoch Hafis als Banner,

Auf des Gesanges Flur.

Er zeigt sich seinen Dienern

Als hulderfüllten Herrn,

O Herr, drum halte immer

Von ihm das Unglück fern!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 3-5.
Lizenz:
Kategorien: