13.

Einen Rath will ich dir geben,

Hör' ihn an und rechte nicht,

Treu befolgend was in Liebe

Der Ermahner zu dir spricht:

»Drücke Küsse auf die Wange,

Die im Jugendreize strahlt;

Lauert doch die Welt, die alte,

In des Lebens Hinterhalt.«

Um ein Korn verkauft die Liebe

Was das Weltenpaar bescheert:

Dieses ist gar schlechte Waare,

Jene hat gar hohen Werth.

Einen traulichen Genossen

Und Gesänge wünscht mein Herz.

Um im Basse und Soprane

Auszudrücken meinen Schmerz.

Keinen Wein will ich mehr trinken,

Keine Sünde mehr begeh'n.

Wenn das Schicksal meinem Vorsatz

Günstig will zur Seite steh'n.

Hundert Male hab' ich reuig

Aus der Hand gesetzt das Glas,

Doch das Augenspiel des Schenken

Währt ja ohne Unterlass.

Wenn der Liebling vierzehn Jahre

Und zwei Jahre zählt der Wein,

Gnügt ihr Umgang mir statt Allem,

Was mir böte Gross und Klein.

Als das ew'ge Loos geworden,

Ist es ohne mich gescheh'n:

Nun, so schmäle nicht, wenn Manches

Nicht nach Wunsche sollte geh'n.[37]

Schenke! Moschuswein gleich Tulpen

Giess mir nun in den Pocal,

Dass mir nimmer aus dem Sinne

Schwinde des Geliebten Maal!

Sagt' ich dir, o Herz, nicht immer:

Hüte dich vor Seinem Haar?

Kettet man an diese Ringe

Doch den flücht'gen Wind sogar.

Bring' den Becher voll von hellen

Perlen und Rubinen mir,

Und der Neider mag erbleichen,

Weil mir hold ist der Wesir.

Wer vermag mein Herz zu halten,

Das so ängstlich ist und bang?

Sagt den Leuten, dass ein Toller

Seiner Kettenhaft entsprang.

Lieder, die Chodscha gesungen

Und Selmān, wer preist sie hier?

Klingt Hafisens Lied doch besser,

Als die Verse des Săhīr.

Sprich, Hafis, bei diesem Feste

Nimmer von der Reue Heil,

Schenken mit den Bogenbrauen

Treffen sonst dich mit dem Pfeil!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 35-39.
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