1.

[141] Es hat dein holder Reiz die Welt,

So lang und breit sie ist, umfangen;

Die Himmelssonne schaut beschämt

Des Erdenmondes schöne Wangen.

Das Anschau'n deiner Reize ist

Der Völker nöthigste Verrichtung,

Der Anblick deines Angesicht's

Der Engel heiligste Verpflichtung.

Des vierten Himmels Sonne borgt

Ihr Licht von deiner Wangen Schimmer;

Der siebenten der Erden gleich,

Drückt eine Schuldenlast sie immer.

Die Seele, die sich Ihm nicht weiht,

Bleibt ew'gem Tode Preis gegeben;

Der Leib der nicht Sein Sclave wird,

Verdient verstümmelt nur zu leben.

Zu küssen Seines Fusses Staub,

Wird es wohl jemals dir gelingen?

Der Wind nur mag Ihm, o Hafis,

Der Sehnsucht Kunde überbringen!

Quelle:
Diwan des großen lyrischen Dichters Hafis. 3 Bände, Wien 1858, Band 2, S. 141.
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