Judas der schlimme Hund verräth, verschwend't, verschächert, vergibt, verkauft, verwirft, vertändlet, verhandlet den guldenen Jesum um Silber.

[165] An einem Mittwoch haben die vornehmsten Priester zu Jerusalem, benanntlich diejenigen, welche vorhero schon das hohe Priesterthum versehen, einen gesamten Rath gehalten, wie sie doch Jesum durch eine Arglist und geheimen Schlich möchten gefangen nehmen; dann sie stunden in Sorgen, er möcht' ihnen mehrmal entgehen, wie sie es schon öfters erfahren. Zu dem wollten sie nit öffentlich die Händ an ihn legen, aus Forcht, daß ein Aufruhr unter dem Volk möcht entstehen, als welches dem Herrn über alle Massen zugethan war, indem ihn die meisten für einen großen Propheten gehalten. Es wär auch etwan nit leer abgangen, dafern sie ihn öffentlich hätten ergriffen, daß nicht etliche mit Wehr und Waffen den Herrn geschützt hätten; auch hätten vielleicht mehr als der Malchus allein eins für die Ohren bekommen. Wie[165] nun besagte Priesterschaft mit Beiziehung anderer Schriftgelehrten und auch des weltlichen Magistrats und hoher Richterstell sich untereinander berathschlagten, da hat sich der saubere Iscarioth lassen ansagen, welcher dann mit aller Höflichkeit eingelassen worden, allwo er auf Verheißung eines Recompens in Geld nach dero gnädigen Discretion sich freiwillig anerboten, Jesum in ihre Händ zu überliefern, und zwar ohne einige Ungelegenheit oder bevorstehenden Aufruhr. O Schelm, wegen des Gelds!

Allhier laß dir gefallen, mein günstiger Leser, einer gar seinen Comödie beizuwohnen, in welcher das große Vermögen des verruchten Gelds sattsam entworfen wird. Die vornehmste und Principal-Person auf diesem Theatro ist Praenobilis Dominus Aurelius Goldecker, natus Argentinensis, der vertritt die Person des Mammons oder Geld-Gotts; der andere ist Perillus Dominus Justinus à Rechtberg, natus Veronensis, dieser hat die Person der Gerechtigkeit. Justinus als die Gerechtigkeit will, daß Alles soll recht und löblich in der Welt hergehen vermög göttlicher und menschlicher Satzungen, und hat derenthalben einen scharfen Kampf und Gezank;[166] Aurelius aber oder das Geld vergleicht Alles in der Güte. Erstlich steigt ein kleiner Knab auf das Theatrum, fällt vor dem Geld nieder, und singt eine Litanei nit mit heller, sondern mehr mit höllischer Stimm, folgenden Lauts:


Silber Eleison,

Gold Eleison,

Silber erhöre uns,

Gold erhöre uns!

Gold Vater der Getümmel, erbarm dich unser!

Gold Tröster der Welt, erbarm dich unser!

Gold allmächtiges, erbarm dich unser! etc.


Apage, schreit Justinus auf, und versetzt dem losen Schelm eine solche Maulschell, daß ihn der Teufel über das Theatrum hinunter geführt. Was, sagt Justinus, sollt das Geld oder Gold allmächtig seyn? Ja, ja, antwort Aurelius oder der Mammon, und es stehe zu probiren! Nachdem sie sich beede niedergesetzt, da erschien auf dem Theatro ein junger Mopsus, welcher dann bald gefragt wurde, wer er sey. Ich, sagt er, hab gestudirt das Blaue vom Himmel, bin allzeit auf der ersten Bank bei der Thür gesessen, mein Vater heiße Hanns Lümmel, mein Name ist Ferdinand Lümmel, sonst von Stroh-Hofen gebürtig etc. Was dann sein Anbringen sey oder Verlangen, ist die Frag. Worauf er utcumque bescheiden geantwortet: er sey resolvirt, sein[167] Stückl Brod zu verbessern, und halt' derentwegen an um ein O vitium! um eine ehrliche Scharsche. Es kann nicht seyn, sagt Justinus die Gerechtigkeit, dann zu einem Amt müssen taugliche Leut erkießen werden.

Wie die Herren Bäume einen Reichstag gehalten, und darauf nach genugsamer Bedachtsamkeit zu der Wahl geschritten, einen König zu erwählen, ist endlich mit einhelligen Stimmen die Dornstaude erwählt worden. Mit Gunst, ihr Herren Bäume, daß ich mich unterfange einzureden, warum habe ihr zu solcher Hohheit nit den Oelbaum erkiesen? Ist es doch geschehen, aber er hat wiederum resignirt, und hat nit übel gethan, dann ein Oelbaum geht mit Schmiralien um, und ein solcher taugt nit für eine Obrigkeit. Warum habt ihr nicht den Feigenbaum erwählt? Ist es doch auch geschehen, aber er hat es nie angenommen, hat zwar gar recht hierinfalls gehandelt, dann er immer zu süß ist, und ein solcher taugt nicht vor eine Obrigkeit, weil diese auch zuweilen ein sauers Gesicht machen muß. Warum habt ihr nit erwählt den Weinstock? Ist es doch ebenfalls geschehen, aber er hat sich dessen geweigert, und hat gar wohl und bescheid gethan, dann ein Weinsüchtiger und Vollsaufer taugt nicht vor eine Obrigkeit. Jetzt fällt es mir ein, und glaube dessenthalben, daß ihr die Dornstaude habt erwähle, welche auch diese Hohheit angenommen, weil selbige voller Spitzen; dann wahrhaftig zu Aemtern und Dignitäten[168] sollen sein spitzfindige Leut, nit knoperte Trämmel, verständige Leut, nit ungeschliffene Knäffel, qualificirte Leut, nit plumpe Herbst-Lümmel genommen werden.

Herunter mit dir, und sein geschwind! hat es geheißen beim Zachäo »festinans!« Unser Herr hat gesehen, daß dieser kleine Masculus in der Höhe war, der doch voller Partiten und Interesse gesteckt. Dieß solle noch allezeit emsig beobachtet werden, daß man keinem in die Höhe helfe, noch daroben lasse, der da kleine Talenta, kleine Erfahrenheit und große Schelm-Stuck hat!

Joseph in Egypten ist also durch die göttliche Gnad in den Welt-Ehren gestiegen, daß in dem weiten und breiten Königreich Egypten Alles durch ihn wurde regiert; alle hohen, stattlichen Aemter und Officia bei Hof und anderwärts konnte er vergeben, weil er denn der Einige beim Brett gesessen. Warum daß er seinen Brüdern nit geholfen? etwann den Bruder Ruben zum Oberst-Kuchelmeister gemacht, da hätt man vielleicht den Safran erspart; der Simeon hätt ja getaugt für das Controllör-Amt? der Isachar, so verdolmetscht wird asinus fortis, hätte ja können Stallmeister seyn? dem Bruder Nephtali wär die Obrist-Jägermeisterei nicht übel angestanden, massen sein Herr Vater Jacob solches im Geist vorgesehen, da er gesagt hat: Nephtali, cervus emissus etc.; der Bruder Gad[169] konnt ja Hof Kriegs-Rath seyn, Gad accintus praeliabitur etc.. Auf solche Weis' wären seine Herren Brüder gar wohl accomodirt worden? Nichts, nichts, nichts, sagt Joseph, sollen dergleichen meine Brüder haben, dann sie seynd noch plumpe Phantasten, wissen nichts und können noch nichts, als die Schaf hüten, sie taugen nit, dessentwegen mag und soll und muß und will ich sie nit promoviren!

Anno 1647 haben die Studenten, und forderist die Juristen, zu Avignon in Frankreich bei Faßnacht-Zeit einen Esel zum Doctor gekrönt. Erstlich saß der Esel aus einem gar herrlichen Wagen, so von 6 andern starken Eseln gezogen wurde. Dieser graue Candidatus hatte vor seiner ein überaus großes ausgebreites Buch auf einem Pultbrett, worin er stets mit unbeschreiblich großen Brillen geschaut; neben seiner saß in philosophischem Aufzug der Plato und Aristoteles als hochweise Promotores dieses arcadischen Herrn; wurde also, in Begleitung von 2000 zu Pferd vermäscherirten Studenten, worunter ein großer Adel, durch die vornehmsten Gassen der Seadt, mit allerseits ungestümmem Gelächter, herum geführt, und endlich in Gegenwart hochfürstlicher Personen auf einem hohen Theatro oder Bühn solenniter zu einem Doctor inaugurirt, welches Ihro Gestreng, dem neuen Doctor und clarissimo nec non Eselio über alle Massen wohlgefallen.[170] Es hat diese Esels-Promotion über 3000 Gulden gekost. O Gott, was sagen die Armen hierzu!

Allhier dieser angestellte Faßnachts-Possen war allein dahin angesehen, daß sie wollten durch solche Promotion zu verstehen geben, wie närrisch, thöricht, ungereimt, schändlich, schädlich, schimpflich es sey, wann man Esel- und Stroh-Köpf promovirt. Darum Rachel gar wohl gehandelt, wie sie aufs Stroh, worunter Götzen-Bilder waren, gesessen; dann auf einen solchen Kopf gehört kein anderer Hut. – Es schickt sich also nit, sagt Justinus zu diesem, ungeschickten Flegelium, daß er zu einem Amt solle kommen wegen seiner allzugroßen Ungeschicklichkeit.

Der syrische König Benedad hat mit großer Kriegs-Macht Samariam umgeben, und dermassen hart und eng belagert, daß die äußerste Hungersnoth darin entstanden, und eine große Anzahl der Menschen wegen Abgang leiblicher Nahrung darin verdorben; die Theurung ist dergestalt gewachsen, daß ein Esels-Kopf um 30 Silberling verkauft worden. O wohl elende Zeiten, allwo die Esels-Köpf so viel gelten! Es ist kein schlimmerer Zustand in einem Land, in einer Stadt, in einer Republik, in einem Kloster etc., als wann die Eselsköpf in großem Werth seyn, wann Idioten den obern Sitz haben, und die groben Blöck beim Bret sitzen!

Der große aufgeblasene Lümmel Goliath ist mit Lanzen und Harnisch über und über bedeckt gewesen, derentwegen hat er den kleinen David gespöttlet, und ihn vor einen Hunds-Buben gehalten; aber David klein von Person, groß von Kuraschi, zielt, wirft, trifft den eisenen Maulaffen also an die Stirn, daß[171] er gleich niedergesunken und in das Gras gebissen, der lang genug ein Unkraut gewesen. Du fragst aber, wie es habe können geschehen, daß Goliath ganz beharnischt sey vom Kieselstein verletzt worden? Es antworten die mehresten Lehrer, daß gedachter großer und ungeheuere Bengel sey zwar völlig am ganzen Leib verpanzert gewesen, ausgenommen vornher an der Stirn, allwo ihn nachmalens der David getroffen. Dergleichen große Hansen, Hahn im Korb, Gimpel im Salz-Faß gibt es noch mehr, welche in allem, mit allem, an allem versehen, außer am Hirn und Stirn haben sie nichts, dort ist es leer, dort ist es de sede vacante. Derentwegen soll man diese auf keine Weis zu Aemtern promoviren, noch in die Höhe helfen.

Abraham im alten Testament gibt es gar deutlich an die Hand, was man soll halten im neuen Testament. Dann als er seinen liebsten Sohn Isaak auf dem hohen Berg wollte Gott aufopfern, hat er den Knechten befohlen: exspectate hic cum asino »sie sollen mit dem Esel herunter des Bergs warten;« und gar recht, dann ja die ungeschickten Esel nit in die Höhe gehören! Was nit Witz und Spitz hat, wo nur leer und nit Lehr ist, wann Amen und stramen beisammen ist: bleib herunten! zu was dient ein Knopf in der Höhe, wo nicht über sich ein Spitz gehet? Spitzfindige und Gelehrte sollen in allweg den Vorzug haben.

In dem Fall hat ein ewiges Lob verdient Petrus,[172] König in Lusitania. Dieser hat bei männiglich den Namen eines Gerechten. Deßwegen er also glücklich regiert, daß, ob schon damal alle umliegenden Königreiche in Kriegsflammen steckten, sein Königreich gleichwohl in gewünschtem Frieden und Freuden lebte. Dieser pflegte zu sagen, daß ein Land müsse zwei Füß haben, einer aber muß so groß seyn, als der andere, sonsten thut es hinken: ein Fuß sey, das Böse strafen, der andere, das Gute belohnen. Solches hielt er auf das genaueste, ja er war so ernsthaft, daß er stets an seinem Gürtel eine Geißel hangen hatte, zu zeigen seine Justiz. Er besuchte zum öftern das Königreich, und so man ihm einen Schuldigen oder Bösewicht vorgestellt, hat er sich, aus lauter Eifer der Gerechtigkeit, nit enthalten können, daß er ihn nit selbst mit eigner Hand abgestrafet; er war aber hinwieder dergestalten liberal und freigebig gegen die Wohlmeritirten, daß er in allweg suchte, dieselbigen mit Gnaden, mit Gutthaten, mit Promotion, mit Aemtern zu belohnen. Er hatte einst befohlen, man soll ihm die Gürtel weiter lassen, damit er desto füglicher und besser könne die Händ ausstrecken, denen Wohlmeritirten zu spendiren. Wo aber solches nit beobachtet wird, ist alles Unheil zu besorgen.

Was Schäden von denen Erdbeben herrühren, ist schon der ganzen Welt bekannt. Anno Christi 343 ist die ganze, große, weite, schöne, reiche Stadt Neocesarea durch ein Erdbeben versunken. Anno 753 ist durch die Erdbeben das ganze Land Mesopotamia dergestalten[173] erschüttlet worden, daß die Erd dreimal in der Länge zerspalten; item, unter dem Bonifacio IX, römischen Papst, ist ein solches Erdbeben durch ganz Italia entstanden, daß hiervon die mehresten Gebäu umgestürzt und zu Boden gefallen, so gar hat sich der Papst aus Forcht, er möchte von dem Gemäuer überschüttet werden, zu Reate in dem Dominicaner Kloster mitten auf einer Wiese zur größten Winterszeit in einem von Brettern zusammen geschlagenen Hüttl müssen aufhalten. Anno 1509 ist zu Constantinopel ein solches Erdbeben entstanden, daß fast alles zerschmettert, und über die 13000 Menschen umkommen. Anno 1590 den 7. September ist zu Wien ein solches Erdbeben gewest, daß die Kirche samt dem Altar, bei unser Frau zum Schotten, mitten von einander zerspalten, ein Thurm beim rothen Thurm umgefallen, worvon 7 Personen zu todt geschlagen worden, und wurde dazumal kein Haus gefunden, welches nit schadhaft war.

Nun ist eine Frag, woher solcher Gewalt oder Erdbebungen herrühren? Die Philosophi seynd der einhelligen Aussag, daß, wann sich eine Lust in die Erde verschießt und verschließt, so suche sie nachmals auf alle Weis' einen Ausgang; dann die Luft, als ein so hohes Element, schamt sich, daß die Erd, als ein schlechtes, niederiges, kothiges und besudeltes Element, soll ober ihr herrschen; sie schamt sich dessen, dahero sie auf allweg einen Ausgang sucht, und so sie keinen sind't, rotte sie sich zusammen, und braucht eine solche Gewalt, daß sich die ganze Erde beweget, zerspaltet, und so großer Schaden zugefügt wird. Was! sagt die Luft, ich bin ein so wackers, so subtiles und herrliches Element,[174] und die Erd, eine so schlechte Sach, soll ober meiner seyn? das thue ich nicht!

Wann man manchesmal die Meriten und Verdienste nit anschaut, sondern etwann einem forthilft, hinauf hilft, der plump und plumbeus ist, und muß ein wackerer, ansehnlicher, wohlverständiger Kerl unten bleiben: das erbittert das Gemüth, schmerzt das Herz, verwirrt den Verstand, zwingt den Will dahin, daß ein desperates Vorhaben erwacht, worvon nachmals erfolgt, daß keiner mehr in einem Reich, in einem Land, in einer Republik, in einem Kloster, in einer Gemein Lust und Lieb hat, etwas Gutes zu thun. Wann man sicht, daß der besser fortkommt, welcher die Fenster einschlägt, als der sie einsetzt, daß der ehender promovirt wird, der die Zech bezahlt, als der sie wacht, daß der mehr gilt, welcher abbricht, und nicht der aufbaut; wann man wahrnimmt, daß ein Esau dem Jacob, eine Lia der Rachel, ein Ismael dem Isaak, ein Kain dem Abel, ein Judas dem Peter, vorgezogen wird: wer hat Lust nachgehends, sich wohl und gut und ehrlich und treu zu halten?

Martinus Schenkius, ein ansehnlicher Hauptmann unter der spanischen Armee, hat sich sehr tapfer und ruhmwürdig gehalten in dem Krieg wider die Holländer, hat seinen Heldenmuth erzeigt in der Schlacht bei Herdenberg, in Eroberung Prädä und vieler anderer Orten. Nachdem er aber gesehen, daß ihm Schlechte und Unerfahrne seynd vorgesetzt worden, und man seine[175] stattliche Dienst so wenig betrachtet, hat es ihm dergestalten verschmacht, daß er zu den Holländern übergangen, und nachmals den größten Schaden den Spaniern zugefügt. Dergleichen Beispiel und Exempel wären in einer großen Menge beizutragen, wo allemal die unbelohnte Treu in eine Untreu ausbrochen.

Sey ihm wie ihm woll, des verlornen Sohns Bruder ist es so gar nit vor übel zu halte«n, daß er so stark gemurrt wider seinen Herrn Vater, um weil er dem schlimmen Bürschl, so all sein Hab und Gut mit Andln und Kandln verschwend't, eine stattliche Mahlzeit gehalten, ihm aber, der sich Tag und Nacht gefrett, nit einmal ein Brätl sey vergunnt worden. Wer will auf solche Weis' sich wohlhalten? Wann die Knöpf mehr gelten, als die Rosen, wann der Rauch werther ist, als das Feuer, wann die Stauden höher geschätzt werden, als die Bäume, wann die Karren mehr seynd, als die Wägen, wer sollt sich dessen nit beklagen?

Es soll allerseits hergehen, wie auf einer Geige: auf dieser werden vielerlei Saiten gespannt, grobe, subtile und mittlere. Welche aber aus diesen ist die erste, und welche die letzte? Antwort: die subtile Seite ist die allererste, diese geht voran, die grobe gehört auf die letzt. Mit den Sitten soll man umgehen, wie mit den Saiten: grobe und ungeschlachte Sitten soll man jederzeit nachsetzen, die subtilen aber voran, und soll Kunst viel mehr wägen, als Gunst. Ein Land,[176] eine Republik ein Stadt, eine Gemein soll beschaffen seyn, wie jene Matron, welche Joannes gesehen in der Apocalypsis. Diese war bekleidet mit der Sonne, zwölf Stern ober ihrem Haupt, und der Mondschein unter den Füssen. Durch die Stern werden bedeut' die hocherleuchten Männer, deßwegen seynd solche in der Höhe; durch den Mond wird vorgebildet ein ungeschickter und plumper Phantast, stultus ut luna mutatur, daher solcher hinunter gehört.

Weil du dann, bekannter Mopse, sagt Justinus, nichts gestudirt, und dein Kopf einem Kraut-Topf gleichet, weil du nur gradirt zu Padden und nicht zu Padua, weil du nur Doctor bist worden zu Narrbona, und nicht zu Lisabona, weil du mit dem Nescio alle Fragstuck solvirest, und nit salvirest, und dein Verstand so glatt florirt, wie das Florentiner-Gebirg; ist also dein Bescheid: Es kann nit seyn!

Hierauf erhebt sich von seinem Sessel der Aurelius oder Mammon, und wischt mit einem Beutel Geld heraus, streicht dem Monsieur Justino solchen zwei mal um das Maul, und steckt ihm nachmals solchen in seinen Sack, worauf alsobald Justinus mit andern Worten aufgezogen, nemlich: Es kann gar wohl [177] seyn, und es soll seyn; dann ob schon dieser Mensch wenig gestudirt, so zeigt er doch ein stattliches Cerebell, er wird ansehnlich vor das Amt taugen, (besser geredt, das Amt wird für ihn taugen). O vermaledeites Geld! nun gilt Pluto mehr als Plato, nun machen Batzen auch einen Pazzo zum Doctor, nun promoviren die Aurei auch einen auritum asinum zu Dignitäten, nun helfen die Thaler einem auf den Berg, nun gilt Argentum mehr als Argumentum, nun muß man nit allein, wie die Israeliten, ein guldenes Kalb verehren, sondern auch einen solchen guldenen Ochsen-Kopf, nun machen die Groschen einen zu einem Großen, nun helfen Munera zu Munia. O verfluchtes Geld!

Geld macht Affekt in der Welt, Geld macht Effekt in der Welt, Geld macht Insekt in der Welt, Geld macht Defekt in der Welt, Geld macht Profekt in der Welt, und Geld macht Präfekt in der Welt.[178] Hast Geld, so kommst fort; hast keins, so bleib dort: hast Geld, so setz dich nieder; hast keins, so bin ich dir zuwider. Du verdammtes Geld, auf solche Weis' machest du Stolones zu Salomones.

Es waren einsmals etliche Competenten zu einem guten und wohlerträglichen Amt berufen. Damit man aber möcht' erkennen, welcher aus ihnen der witzigste und hierzu der tauglichste wäre, ist ein Examen von drei gelehrten Männern angestellt worden, welche einem jeden in der Stille und in das Ohr eine Frag aus dem Jure Civili vorgetragen, mit dem Verheiß, wer es zum besten solviren werde, dem soll das vacirende Amt verliehen seyn. Einer aus den Competenten war ein unverständiger Knospinianus und Haupt-Idiot, welcher gar nicht wußte, ob Zachäus und Zacharias zweierlei Namen seyen, und glaubte, Epiphania sey des Herodis Saug-Ammel gewest: er wußte so gar nit, an was vor einen Tag dasselbige Jahr der Charfreitag falle. Solchem Mopso gab ein Examinator ein Fragstuck in die Ohren, aus welches aber der Phantast nit geantwortet, sondern hinwieder ganz beherzt dem Examinatori ohne weiteres Nachsinnen mit diesen Worten begegnet, auch ganz in das Ohr: Herr[179] seyd auf meiner Seite, und helft mir dießmal fort, mit 100 Thalern will ich mich per par einstellen! Wahrhaftig, schreit der Examinator auf, nit ohne sondere Verwunderung, wahrhaftig, dieser hat die Question auf das allervollkommenste mit wenig Worten nach allem Contento solvirt! (aber solvere heißt auch bezahlen) ist demnach billig, daß er allen Andern soll vorgezogen werden. O vermaledeites Geld, du vermagst Alles in der Welt, derenthalben man dir noch den Titul gibt, allmächtiges Gold!

Mammon, ziemlich stolz und übermüthig wegen der Oberhand, setzt sich wiederum nieder. Darauf steigt ein sehr wohlbekleid'ter Forestier und junger Gentil-Homo auf das Theatrum. Dieser tragt best Hut nur auf halbem Kopf, spreizet die Ellenbogen heraus, als wollt er helfen dem Atlas die Welt-Kugel tragen. Justinus fragt gleich, wer er sey? Ich, gab er zur Antwort, reis' in die Länder etwas zu sehen und zu erfahren, damit man mir nit möge schimpflich vorwerfen, ich sey über meines Vaters Zaun nit gestiegen; ich bin in meinem Vaterland nit in geringem Ansehen, alle meine Freundschaft stehet in hochfürstlicher Amts-Verwaltung, mein Nam' ist Joannes Adamus Nichardus Sallustius von Pflug-Eck etc. Was er dann begehre? fragt ferners Justinus. Der läßt sich verlauten, als möcht er gar gern mit dieser jungen Tochter in Bekanntschaft kommen, und dero lieben Ansprach und werthe Gesellschaft genießen etc. Es kann nicht seyn, war der Bescheid, Gott behüt's,[180] es soll gar nit seyn, die Ehr eines jungen Mädels ist über Alles!

Jakob und Esau zankten miteinander, wer unter ihnen soll den Vorgang haben, die Aposteln wörtlen mit einander, wer unter ihnen soll Major heißen; aber mit dem Jungfraustand braucht es kein weitläufiges Wortwechslen noch Disputirens, er geht ohnedas allen anderen vor.

Der Ehestand ist ein Acker, der Wittibstand ist ein Garten, der Jungfraustand ist ein Paradies.

Der Ehestand ist ein Blei, der Wittibstand ist ein Silber, der Jungfraustand ist ein Gold.

Der Ehestand ist ein Stern, der Wittibstand ist der Mond, der Jungfraustand ist die Sonn.

Der Ehestand ist ein Dorf, der Wittibstand ist ein Markt, der Jungfraustand ist eine Stadt.

Der Ehestand ist ein Wasser, der Wittibstand ist ein Bier, der Jungfraustand ist ein Wein.

Der Ehestand ist ein Türkis, der Wittibstand ist ein Rubin, der Jungfraustand ist ein Diamant.

Der Ehestand ist eine Leinwath, der Wittibstand ist ein Taffet, der Jungfraustand ist ein Atlaß.

Der Ehestand ist menschlich, der Wittibstand ist heilig, der Jungfraustand ist englisch.

Der Ehestand ist gut, der Wittibstand ist besser, der Jungfraustand ist der beste.

2. Mos. 25. Kap. hat der allmächtige Gott[181] dem Mosi befohlen, er soll in dem Tempel einen guldenen Leuchter verfertigen, mit dem Geding, daß die ausgestreckten Arme, worauf die Kerzen stecken, sollen geformirt seyn, wie die Lilien, »lilia ex ipso procedentia« etc., dardurch zu zeigen, daß nichts mehr oder schöner in der allgemeinen Kirche leuchte und scheine, als der Jungfraustand, welcher durch die silberweißen Lilien entwarfen wird; derentwegen unter den 12. zwölf Himmels-Zeichen auch der Löw gleich vor der Jungfrau, damit er, weil von diesem Thier glaubwürdig gesagt wird, als schlafe es mit offnen Augen, eine wachtsame Schildwacht abgebe dieses so kostbaren Schatzes der Jungfrauschaf.

Die Jungfrauen seynd lobwürdig, und dannoch nix zu achten, sie seynd ehrwürdig, und dannoch seynd sie nix werth, sie seynd preiswürdig, und dannoch seynd sie nix nutz. Verstehe mich aber recht: nix ist ein lateinisch Wort, und heißt auf deutsch ein Schnee. Gleichwie nun der gebenedeite Jesus auf dem hohen Berg Thabor mit einem glorreichen Kleid geprangt, welches gefärbt war wie der weiße Schnee, »vestimenta ejus facta sunt alba sicut nix,« also kann eine junge Tochter mit keiner bessern Tracht aufziehen, als mit dem weißen Habit der jungfräulichen Ehren, welche forderist von dem höchsten Gott mit so großen Gnaden privilegirt.

Der Gürtel des h. Colomani hat auf den heutigen Tag noch diese wunderseltsame und von dem Allmächtigen ertheilte Eigenschaft, daß er dem allerdickesten und feististen Leib, dafern solcher noch mit jungfräulicher Zierde begabt, nie zu eng, sondern kann[182] sich einer gar leicht mit demselben umgürten; bei welchen aber die Lilien der jungfräulichen Ehr verwelket, so er auch so mager und dürr soll seyn, fast wie ein Ladstecken, so würde ihm doch besagter Gürtel zu eng seyn.

In dem berühmten Herzogthum Bayren ist ein gnadenreiches Gottes-Haus, Aethal genannt, allwo die Bildnuß der Mutter Gottes von purem Silber zu sehen, von dero ganz glaubwürdig erzählt wird, daß auch der stärkeste Mensch selbiges Bild nicht könne in die Höhe heben, solches aber eine reine Jungfrau, ob schon schwach und klein, gar leicht zuwegen bringe.

Daß Gott der Allmächtige den jungen Raben in ihrem Nest so gnädig ist, und sie, als dazumal arme, verlassene Weisl, so wunderbarlich ernährt, wundert mich so stark nit, massen diese jungen Galgen-Vögel zur selben Zeit noch weiße Federn tragen als eine jungfräuliche Liverei, auch dazumalen noch nichts um das stinkende Aas wissen, wie es eigentlich den Jungfrauen gebührt, derenthalben sie der allmächtige Gott also respectiret.

Die h. Jungfrau Paula, ins gemein Barbata genannt, wie sie gar zu heftig von einem Jüngling, wegen ihrer so schönen und wohlgeschaffenen Gestalt wurde geplagt, und ihr fast auf eine unsinnige Weis' nachgestellt, hat ihr Zuflucht genommen in die Kirche, allwo sie vor einem Crucifix-Bild solche große Bedrängnuß mit eifrigen Thränen beklagt, welcher dann[183] unter währendem Gebet ein solcher ungeformter Bart gewachsen, daß sie dem gröbesten Holzhacker gleich sah, welches dem geilen Jüngling all seinen Muth benommen, und Paula durch diesen Bart sicherer, als Paulus durch seinen Korb der Gefahr entrunnen. In solchem Werth ist bei dem Höchsten die Jungfrauschaft, daß er sie mehrmalen ganz wunderbarlich zu retten pflegt.

Kein Vogel soll geiler und verliebter seyn, als die Tauben, sagt Albertus Magnus, wie das stete und fast immerwährende Schnabelwetzen unter ihnen; dahero columba so viel, colens lumbos heißet; auch wird der Triumph-Wagen der saubern Venus mit zwei Tauben bespannt gemahlt, wessenthalben Gott im alten Testament ordentlich verboten, man solle ihm keine Tauben opfern, wohl aber pullos columbarum, »junge Tauben,« welche noch im Nest sitzen, und nichts wissen um das Schnäblen und Liebkosen, also ist der Ausspruch Theodoreti zum 3. B. Mos. Frage 1. welches eine gar deutliche Zeugnuß ist, wie Gott der Herr den Jungfraustand so hoch halte.

Im ganzen Königreich Spanien war Maria Coronel Gestalt und Schönheit halber die allerauserlesneste, wessentwegen sie von Petro, König zu Castel, aufs äußerist augefochten worden, und fast nit mehr möglich scheinte, ihm zu entrinnen. Das letzte Mittel war dieß, daß sie die Kloster-Jungfrauen daselbst inständig gebeten, sie sollen sie in eine Grube[184] ihres Gartens verbergen und mit Erd verhüllen, bis unterdessen die ungezaumte Hitz dieses Königs nach lasse. – Welches dann auch also geschehen; und wie gleich hierauf der vergaffte Monarch in den Garten geloffen, etwann derentwegen in der Geheim verständiget, hat er im wenigisten nit können wahrnehmen, noch finden, wo doch gedachte schönste Helena muß verborgen seyn, massen durch göttliche Schickung augenblicklich aus der Erde, wormit sie in etwas bedeckt war, der schönste grüne Petersil in der Menge heraus gewachsen.

Wie Christus der Herr nach Bethania kommen, so seynd ihm zwei Schwestern entgegen gangen mit nassen Augen, mit schwarzem Flor, mit traurigen Gesichtern, mit aufstoßenden Seufzern, mit weßen Tüchlen in Handen, mit halb gebrochenen Worten den Herrn angeredt: O Domine, o Herr, wann du halt wärest da gewesen, so hätten wir unsern lieben Brudern nie verloren! Der gütigste Heiland läßt ihm alsobald das Grab zeigen, mit der tröstlichen Zusag, er wolle ihn von den Todten erwecken. So bald solches die adeliche Jungfrau Martha (dazumal hat mans noch nicht Fräule genennt) vernommen, sagt sie geschwind darauf: Jam faetet, »pfui, mein Herr, er stinkt schon!« Schau, schau, so kann das Jungfrau-Zimmer nichts übels riechen, wohl ein heikliches Nasen-Geschirr! Aber in der Wahrheit soll eine jede ehrsame Jungfrau also gesitt' und gesinnt seyn; wann sie einen üppigen Menschen vermerkt, der nach Bocks-Balsam schmeckt: pfui, soll sie sagen, jam faetet, er stinkt wie Holofernes, er mufft wie der Ammon,[185] er böckelt wie der Abimelech, er brändlet wie Herodes; dessentwegen ist nit sicher, nahe bei ihm zu seyn, es ist nicht zu trauen; dann die Jungfrauschaft, weil sie in höchstem Preis und Werth gehalten wird, und allein von dem Himmel das stattliche Privilegium hat, daß sie dem schneeweißen Lamm Gottes auf dem Fuß nachtritt, erfordert allemal, daß man heiklich mit ihr umgehe.

Die h. Jungfrau Gertraud wird jederzeit, als eine Aebtissinn, mit einem Stab entworfen, an welchem etliche Mäus' auskriechen. Die Ursach dessen such' der Leser in der Lebens-Beschreibung erstbenannter Heiligen; dießmal ist das schon genug, daß die Bildnuß besagter h. Gertraud niemalen ohne Mäus' vorgestellt wird. Das müssen die Jungfrauen wohl in Obacht nehmen, wann sie Gern-traut heißen, und so unbehutsam fast Allen gern trauen, daß sie von Mäusen genug, und zwar von großen, lecken, frechen, freien, Mäus-Köpfen, des Jakobs frische Tochter, um Bericht! Dessenthalben soll eine Jungfrau seyn, wie eine Duck-Antel: so bald solches der Leut ansichtig wird, so duckt es sich unter das Wasser, und verbirgt sich. Die Jungfrauen sollen die Männer lieb haben: – holla, versteht mich recht! die strohenen und von Fetzen zusammen geschoppten Männer, welche die Bauren zu Abtreibung der Vögel in den Aeckern und Gärten aufrichten, – also sollt ihr einiges Absehen dahin gestellt seyn, wie sie[186] lose und mehrmal unverschamte Erz-Vögel mögen abtreiben.

Majolus schreibt von einem wunderseltsamen Baum in dem pudefetanischen Reich, welcher insgemein genennt wird der Jungfrau-Baum: was meint ihr aber, hat der Baum für eine Eigenschaft? vielleicht kann man aus diesem Holz nichts anderst schnitzlen, als Löffel? Ei das nit, dann Löfflen schickt sich nit vor die Jungfrauen. Vielleicht tragt er eine Rinden, wie die Birken-Bäume, daß man darauf kann Buhl-Briefel schreiben? Das noch weniger; dann solche Kanzlei gehört nit für die Jungfrauen. Vielleicht, wann man aus diesem Holz ein Thür-Geschwell macht, hat es die Wirkung, daß jede, so keine gerechte Jungfrau ist, muß den Fuß brechen? Ei wohl nit, das wär grob, o Gott, wie viel traf' man krumme Menscher an! Vielleicht, wann man aus diesem Holz Zahnstüree macht, so wässern ihnen die Zähn nach dem Heirathen? Auch dieß nit; sondern in der Provinz Pudefetania wächst ein solcher Baum, wie auch Petra Sancta davon schreibt, daß, wann man denselben nur will anrühren, so zuckt er die Näst zu sich, und so man von demselben wieder abweiche, so streckt er seine Näst ganz frei aus wie zuvor; derentwegen wird er genennt Arbor pudoris, der Jungfrau-Baum oder schamhafte Baum.

Auf solche Art, und gar nicht anderst, sollen die Jungfrauen genaturt und beschaffen seyn, wann sie wollen den kostbaren und englischen Schatz der Jungfrauschaft erhalten, welcher so heiklich als ein Spiegel, der von geringstem Athem (ich sag nicht Adam) verdunklet[187] wird, so heiklich, wie ein Licht, so vom geringsten Windblaser (ich sag nicht Blasio) ausgelöscht wird, so heiklich wie ein Schnee, der von einer lichten Sonne (ich sag nicht Sohn) zerschmelzt wird; dahero nicht gar ungereimt einer Jungfrau zu rathen, daß sie eine Hunds-Art (ei pfui!) soll an sich nehmen, dann ein Hund pflegt bei nächtlicher Weil auch den Mond anzubellen: also soll sie auch einen Mann anschnarchen und sauer ansehen.

Eine Jungfrau thät sehr weislich, wann sie auch eine närrische Natur an sich nähme; dann Levinus Lemnius schreibt Thl. 1, Bl. 3, daß er habe einen hypochondrischen Phantasien gekennt, der sich gänzlich die Einbildung gemacht, als sey er von lauter Glas zusammen gesügt, wessenthalben er im Gehen und Stehen sehr behutsam umgangen, und konnte man ihn auf keine Weis' noch Gewalt dahin verhalten, daß er sich sollte niedersetzen, weil er sich heftigist geforchten, es möchte Trümmer geben. Eine solche Einbildung wär nit übel bei den jungen Töchtern, wann sie sein öfters die eigne Schwachheit vor Augen stellten, und sich dem gebrechlichen Glas nicht ungleich schätzten; dann Glück und Glas wie bald wird eine Jungfrau zu was? Gleichwie nun der Allmächtige in Erschaffung der Welt alsobald das Licht von der Finsternuß geschieden, »divisit lucem à tenebris,« also ist auch nichts rathsamers, als daß auch Lucia à tenebrionibus soll abgesondert seyn.[188]

Die Jungfrauen seynd noch allemal in großten Ehren gehalten worden, auch hat man sie schier angebetet, wie die Götzen-Bilder. Es wäre aber einsfalls nit gar unfüglich, wann sie sich wie die Götzen-Bilder stellten; dann von ihnen sagt die h. Bibel, aures habent et non audient, oculos habent et non videbunt, manus et non palpabunt etc., »sie haben Ohren und hören nit, sie haben Augen und sehen nit, sie haben Händ und fühlens nit, etc. O Pater, sagt eine schnaderische Jungfrau, eure Meinung ist sehr wurmstichig; dann er muß vor gewiß halten, daß manche Jungfrau; zur Gesellschaft geht, und wieder darvon, als wie die Sonnenstrahlen durch eine Mistlacke, worvon sie im wenigisten beunreiniget wird!r Con licenza, meine junge Gosckangula, so seyd ihr ganz und gar beschaffen, wie der Altar im alten Testament, auf dem durch göttlichen Befehl das Feuer stets mußte brennen, da doch derselbe Altar von lauter Holz war, und gleichwohl durch ein Wunderwerk vom Feuer nie verletzt worden: die Ursach war: weil besagtes Holz aus dem Paradies gewesen, wessentwegen es vom Feuer keinen Schaden können leiden. Also seyd ihr auch eine Jungfrau aus dem Paradies; ich glaub aber ehunder von Paris, und so man nach Plinii Aussag die Einhorn nicht anderst fangen kann, als in dem Schoß einer ganz gerechten Jungfrau, so würde vermuthlich mit euch gar eine schlechte Jagd angestellt werden: ist demnach weit besser, wann die Jungfrauen heiklich seynd; dann heiklich und heilig seynd zwei Bluts-Verwandte.[189]

Allen Jungfrauen zu einer rechten Nachfolg hat die übergebenedeite Mutter Gottes Maria, als sie eilfertig, nie langsam, sondern ganz hurtig über das Gebirg gangen, in dem Haus Zachariä ihre liebste Maim oder Bas' freundlichist gegrüßt. Es steht aber an keinem Ort registrirt, daß sie ihren Vettern Zachariam hätte auch bewillkommt, woran sich alle rechtschaffenen Jungfrauen sollen spieglen, wie behutsam ihr Wandel seyn solle!

Was der verruchte Iscarioth den jüdischen Schörganten und Lotters-Knechten eingerathen, als er zu ihnen gesagt, tenete eum, et ducite cautè, »greift ihn an und führt ihn behutsam: das sollen auch alle Jungfrauen insgemein sich lassen gesagt seyn! cautè, fein behutsam geht mit euerer Ehr um, cautè, behutsam in Augen und Ohren, wann ihr wollt bleiben auserkoren; behutsam im Gehen und Stehen, wann ihrs nit wollt übersehen; cautè, behutsam in allen Dingen, wann ihr wollt die Ehr darvon bringen!

Salomon war so reich, daß er so viel Silber als Stein zu Jerusalem hatte; gleichwohl ist dieser Schatz weit minder zu achten, als die silberweiße Jungfrauschaft. Dahero so viel tapfere Gemüther und heroische Herzen auf das äußerste sich bemühet, mit allen erdenklichen Mittlen gedachtes Kleinod zu erhalten.

Surius schreibt von zwei adelichen Töchtern im Fürstenthum Lombardia, wie solche ehrliebenden Kinder in dem Einfall der barbarischen Völker zu Schirmung ihrer jungfräulichen Zierde folgende Arglist ersonnen: Benanntlich hat eine jede aus ihnen ganz junge und geropfte Hühnlein in den blossen Busen verborgen, allwo[190] sie nach und nach durch die Wärme also zur Fäule gegriffen, daß sie nachgehends einen unglaublichen Gestank verursacht. Indem nun die barbarischen Kriegs-Knecht diese so edlen schönen Töchter ergafft, haben sie nit änderst verhofft, als gehören diese Leut' und Beut' für sie. Nachdem sie aber den üblen Gestank vermerkt, so hat ihnen, pfui Teufel! der Magen also rebelliret, daß sie alsobald von ihrem gottlosen Vorhaben abgewichen, aus Argwohn eines anderen Zustands. Und also haben diese englischen Creaturen durch solchen Gestank den Geruch ihrer unversehrten Lilien erhalten, und war solches ein sehr heiliger Betrug, und lobwürdigste Falschheit, allwo durch so kleine Hühnl, so große Galgen-Vögel vertrieben, und durch faules Fleisch so frische Schelmen überwunden waren.

Die nicomedische Jungfrau Eurasia hat gleichfalls einen geilsüchtigen Gesellen stattlich hinter das Licht geführt, indem sie in der Verfolgung Diocletiani durch tyrannischen Befehl in das gemeine Huren-Haus mit höchster Bedrängnuß geführt war, auch unverzüglich einer ihr auf dem Fuß nachgefolgt, hat sie solchen mit ganz freundlichen Worten und höflichen Gebehrden demüthigst ersucht, er woll ihrer doch verschonen, und dafern er sie dießfalls ihrer Bitt' wohl gewähr machen, so versprech sie ihm hingegen eine Sach zu offenbaren, wordurch er sich dergestalten könne fest und gefroren machen, daß er vom Stechen und Hauen in allen Begebenheiten werde frei und unverletzt bleiben; und damit er glaube, daß solches nit in leeren Worten bestehe, also will sie solches durch die Prob wirklich darthun. Schmiert darauf mit einem Pel ihren schneeweißen[191] Hals. Herr, sprach sie, nun probirt es, und schlagt mich aus allen Kräften mit dem Schwert, alsdann werdet ihr mit Verwunderung erfahren die Wirkung dieses Oels! Solchem so treuherzigen Einrathen dieser englischen Eurasiä hat der verbuhlte Lümmel einen so starken Glauben geben, daß er unverweilt das Schwert gezuckt, und also den zarten Hals wieder seine Hoffnung noch Meinung ab geschlagen, wodurch er betrogen, Eurasia aber, als eine Märtyrinn und Jungfrau in Himmel geflogen. Nicephor. Callistus B. 7 K. 13. Diese lobwürdigiste Jungfrau ist noch mit besserm Oel versehen gewest, als die 5 Weisen, welche mit so höflichen Komplementen mit dem himmlischen Bräutigam zu dem hochzeitlichen Fest-Tag seynd einbegleit' worden.

Ungefähr vor 6 Jahren in Oesterreich hat es sich ober Wien zugetragen, daß ein ehrliches Bauern-Mädl auf dem Feld in Arbeit begriffen, von einem daselbst unweit einquartirten Reiter mit aller Macht angefochten worden. Weil nun diese arme Haut die Unmöglichkeit sah, solchem frechen Gesellen Widerstand zu thun, also hat sie ebenfalls einen Vorthl ersonnen, nemlich: sie zeigte sich nit gar ungeneigt seinem Willen, jedoch bat sie höflich, er woll ihr zuvor, weil er gut gestiefelt, jenseits des Bachs ihre anderen Kleider herüber hohlen, unterdessen woll sie schon das Pferd ganz sicher beim Zaum halten. Wie nun der verliebte Narr durch den Bach hindurch gewaten, erstehet die ehrliche Bauern-Tochter ihren Vorthl, erhebt sich auf das Pferd und sprengt mit schnellem Lauf (die Sporn hat sie dem Phantasten hinterlassen) dem nächst-gelegenen Marktfleck[192] zu, allwo sie bei den Herren Ober-Offizieren nit allein ein großes Gelächter, sondern auch bei männiglich ein großes Lob erhalten; der gestiefelte Monsieur aber bei seiner Ankunft in einen dreitägigen Aufzug mit dem spanischen Mantel angekleid't worden, in welchem hölzernen Galla-Kleid er forderist von den jungen Töchtern desselben Orts gespöttlet und ausgehöhnt worden, daß er aus einem Reiter ein Bärenhäuter worden und nunmehr müsse seine Liebesbrunst mit diesem Holz löschen, auch seine große Schand mit diesem, obschon großen Mantel, nit können vermantlen.

Alle dergleichen ehrliebenden Töchter verdienen das Lob, uud unsterblichen Preis, daß man solche Thaten mit Gold solle beschreiben und der nachkommenden Welt zu einem lobwürdigsten Beispiel vortragen, weilen sie sowohl den großen Werth der theuren Jungfrauschaft erwogen, und jenen Spruch aus dem Evangelio ganz stattlich gehalten: Margaritas nolite projicere ante porcos (porcus per anagramma procus).

Indem nun obberührte so heftige Ursachen Justinus wohl zu Gemüth geführt, und auch beinebens sehr bedachtsam durchblättert die Schriften der heiligen Lehrer, worinnen so herrliches Lob der Jungfrauschaft zugemessen wird, und von Augustino in serm. de summo bono, von Hieronymo apud Ludovic. de Ponte tom. 3. von Damasceno lib. 4 ortho. sid. c. 25. von Cypriano in lib. 5. de Pudicit. von Uthanasio lib. de Virg. von Bernardo in Epist. von Ambrosio de Virg. von Isidoro lib. 2 de sum. von Gregorio in Marcum mit so wohl ersonnen Preis-Namen das jungfräuliche Kleinod hervor gestrichen wird,[193] also blieb Justinus bei seiner wohlgefaßten Meinung, und gab diesem frechen Forastier die gänzliche Abweisung: Es kann nit seyn!

Ueber diese so unverhoffte Schluß-Red stunde mehrmal der Mammon, oder das Geld auf, ließ im wenigsten ein entrüstes Angesicht hierüber spühren, sondern lächelte, und wie man insgemein zu reden pflegt, schmutzte mit halbem Maul, und brach endlich in diese Red' aus: wie nehmlich die Israeliten und muthwilligen Hebräer durch den Aaron ein guldenes Kalb für einen Gott haben aufrichten lassen, und als Moses von dem Berg mit den steinen Tafeln, worauf durch göttliche Hand die 10 Gebote geschrieben, langsam herab gestiegen, und sich nicht genugsam über das angehörige Geschrei und Juchitzen seines Volks verwundert; so bald er aber das guldene Kalb ersehen, hab er mit größtem Unwillen die Tafeln zur Erd' geworfen, und also der Erste gewest, welcher die 10 Gebot gebrochen. Auf solche Weis', sagt Mammon, seye unnöthig einen weitern Streit anzuheben, sondern wann er auch werde Gold zeigen, alsobald werden die Leut' die 10 Gebote brechen. Zieht demnach mit einem Duzend schönen Dukaten hervor, drukts der Jungfrau in die Hand, und ein paar alte Bärn-Thaler der alten Kupplerinn, worauf ohne fernere Widerred', das Fiat erfolget: Es kann seyn!

O verfluchtes Geld! verruchtes Geld! du gesamtes Geld, verdammtes Geld, was Uebel machst du in der Welt! Bei uns Deutschen pflegt man insgemein, wegen der Farb, die Dukaten rothe Fuchsen zu nennen, gleichwie nun die Füchs des Samsons, deren dreihundert[194] in der Zahl, einen sehr großen Schaden den philistäischen Feldern zugefügt! nicht weniger Schaden verursachen obbenannte rothe Füchs der katholischen Kirche. O wie, wie manche Ehren-Blühte, von dero der himmlische Bräutigam spricht: »flores apparuerunt in terra nostra,« verwüsten diese schlimme Gesellen.

In dem französischen Wappen-Schild waren vor diesem drei Kröten zu sehen, nunmehr aber seynd diese in schöne weisse Lilien verkehrt worden; aber leider, dermal ereignet sich gar oft das Widerspiel, indem aus Lilien Kröten werden, aus ehrlichen Jungfrauen leichtfertige und unverschämte Kröten, durch das teuflische Geld und verruchten Mammon.

Der berühmteste und größte Fluß in der Welt soll seyn der Ganges, sonst in h. Schrift Physon genannt, welcher gar seinen Ursprung aus dem Paradies nimmt, und mit seinem wunderbreiten Strom das niederste Indien berührt. Von diesem Fluß bezeugt die göttliche Schrift, daß er das beste und feineste Gold führe, und derenthalben von den angränzenden Ländern der Goldfluß benamset wird; in diesem Fluß aber solle, wie verlautet, sehr gefährlich seyn zu schiffen, und höre man daselbst von öfterm Schiffbruch und Untergang.

Bei jetziger schmutzigen, nichtsnutzigen Welt ist kein gefährlicherer Fluß, als der Goldfluß, worin auch so manche ehrliche Tochter, auch manche wohlgeschaffene Frau einen schädlichen Schiffbruch leidet, und wäre manche keine Metz, wann die Müntz nit wär, es wäre manche kein Scortum, wann Scutum nit wär, es wäre manche keine Putana, wann putum aurum nit[195] wär. Es wäre manche keine leichtfertige Donna, wann die Dona nit wären; es wäre manche keine Lose, wann die Laschi nit wäre; es wäre bei mancher kein unehrlicher Genitivus, wann der Dativus nit wär, ich sag es Deutsch, es wäre manche keine Huesten, wann das Geld nit wär.

O maledicta terra! sagt der erzürnte Gott nach dem Fall des Adam. O vermaledeite Erde, sag ich auch zu Silber und Gold, massen es auch nichts anderst ist, als eine gefärbte, und von der Sonne ausgekochte Erde. Gar recht hat der apocalypsische Engel und göttliche Chronist Johannes in seinen Offenbarungen, neben andern geheimniß-reichen Gesichtern, auch die babylonische Hur über und über mit Gold gesehen, dann meistens dergleichen Kothfinken, und garstige Schlepp-Säck von Gold, und durch Gold verführet werden, daß ich also glauben muß, interitus komme her von Interesse.

Von dem liederlichen Gesellen registrirt das Evangelium, welcher das Seinige schlimm und schlemmerisch durchgejagt, daß er seine meiste Substanz und Baarschaft im Geld bei solchen wilden Grundschüppeln habe anworden. Vivendo luxuriose dilapidavit substantiam suam: aus welchem unschwer abzunehmen, daß dazumal solche ungerathene Töchter durch das Geld und Schankungen in den verruchten Wandel gerathen. O teuflisch Geld, was richtst du nicht in der Welt!

Marci am 4. wird geschrieben, wie daß ein arbeitsamer Ackersmann einen gar guten Saamen habe ausgesäet, dessen aber wenigster Theil aufgangen, und Frucht gebracht, dann ein Theil ist gefallen auf einen[196] Felsen und Steiner, wessenthalben er aus Mangel der Feuchtigkeit hat müssen verderben, ein anderer Theil ist gefallen unter die Dörner, von denen er ersticket, der dritte Theil des guten Samens ist gefallen auf den Weg, und diesen haben die Vögel aufgefressen und verzehrt. Nun möcht ich gern wissen, was diese vor Vögel seynd gewest? Spatzen oder Finken, oder Zeißl, oder Stiglitz, oder Amerling, oder Gimpel? das Evangelium erläutert nit, was es für eine seyn gewesen.

Ich aber weiß gewisse Vögel, die nennt man Galgen-Vögel, solche verzehren manchen guten Samen; die Jungfrauen in ihrem gebührenden Titul führen den Namen ehrsam und tugendsam, das ist gar ein ehrlicher, herrlicher Sam, aber diesen Ehrsam verzehren und fressen gar oft auf die Galgen-Vögel, solche seynd die Raben; die besten ungarischen Dukaten werden Räbler genennt, weil auf solcher Gold-Münz ein Rab geprägt ist, diese Galgen-Vögel schaden den ehrsamen Jungfrauen mehr, als die Greiffen in Afrika, die Harpiä in Indien, die Geier in Norwegen. Die Gold-Käfer seynd den schönen Rosen nicht allein schädlich, sondern auch mancher Rosina und Resl, und gleichwie manches Castell durch Geld erobert wird, also auch manche Castitas; und purgiren die vergoldeten Pillen so stark, daß sie auch die Ehr und gute Gewissen von einem treiben.

Aber was thut ihr so unbesonnene Adams-Töchter? ihr scheltet und schimpft und spottet den Esan aus, und weil er pro coctione ruffa, um ein Linsen-Koch die Primogenitur und hochachtbare Majorat[197] verschwendet, und ihr bedenkt es so wenig, daß ihr das beste Kleinod, den schönsten Namen, die größte Ehre, die Gnade Gottes, das Seelen-Heil so muthwillig pro ruffo metallo vertändelt, und um Gold einen Gott verlasset. O wohl thorrechte Menscher! daß euch so gar nit einfällt das wehmüthige Nescio, welches Gott den thorrechten Jungfrauen geben, was für einen Bescheid werden erst die thorrechten Huesten haben?

Jonathas, ein königlicher Prinz, hat einst vor dem gesamten Volk Israel, weil er wider das Gebot gehandlet, um ein wenig Honig sollen sterben, ganz wehmüthig aufgeschrien: gustans, gustavi paululum mellis, et ecce morior! »ich hab, o wehe mir! ich hab nur ein wenig Honig geschleckt, und gleichsam nur obenhin gekostet, jetzt kostet es mich das Leben, deßwegen muß ich sterben, o wehe!«

Wann ihr saubere Früchtl und unerzogene Töchterl sollet hören, wie eine Rodope aus Thracien, eine Asparia aus Milet, eine Phrynis aus Boetien, eine Antigona aus Macedonien, eine Gonoria aus der Normandie, eine Varia aus Phönicien, eine Rosimunda aus Engelland, viel tausend aus Venedig, massen das Carmen also lautet:


Urbe cur in Veneta Scortorum millia tot sunt?

In promptu causa est, est Venus orta mari.


Viel tausend und tausend andere, die bereits schon in der Höll, in dem höllischen Feuer, in der feurigen Ewigkeit liegen und leiden und lamentiren: vae nobis! etc. Ein wenig Honig haben wir gekostet, und jetzt müssen wir sterben, und ewig! merkts ihr Fetzen,[198] die Haar von Ohren, damit ihr's recht könnt vernehmen, ewig, ewig, ewig, wann ihr dieses fein werdet wohl zu Gemüth führen, so werdet ihr bald einen Feierabend machen eurem liederlichen Wandel, und nicht also thorrecht um ein geringes Metall, um einen zergänglichen Gewinn, um ein verruchtes Geld das ewige Heil verscherzen: und wann doch der Gedanke von der Ewigkeit in euerem Herzen so gar kein Winkele findet, so soll euch wenigst von dem wüsten Gewerb abhalten der zeitliche Spott und unwiederbringliche Verlust der jungfräulichen Ehre.

Habt ihr dann nie gehört, wie auf eine Zeit der Wind, der gute Name, und die Jungfrauschaft, diese drei in einer angenehmen Gesellschaft seynd zusammen kommen, und nachdem sie eine ziemliche Weil' in beliebiger Ansprach beieinander zugebracht, hat sich sodann eins von dem andern höflichst beurlaubet, der Wind war dießfalls der Allererste, welcher seine Abreis' genommen; behüt euch Gott, meine lieben Mitkameraden, sprach er, beliebts Gott, so will ich innerhalb zwei Tagen wieder ankommen; a Dio, viel Glück auf den Weg, mein Herr Blasi, sagen die anderen, der Herr verbleib fein gesund und wohlauf. Kurz hierauf wollten sich auch die zwei, benanntlich der gute Nam', und die Jungfrauschaft voneinander scheiden, und nachdem sie einander freundlichst die Händ' geboten, Gott behüt dich, sagt der gute Nam', meine auserwählte Jungfrauschaft, wer weiß, wann wir mehr einander sehen, dann so ich einmal von einem Ort weiche, so kehr ich so bald nicht mehr dahin, ja gar selten. Ach, seufzet die Jungfrauschaft, und sprach:[199] mein werthester Freund Honori, auf solche Weis' werd ich deiner nimmermehr ansichtig werden, dann gleichwie vorgibst, daß du so bald nicht mehr die Wiederkehr nehmest zum selben Ort, welches du einmal verlassest; also wann ich einmal hinweg gehe, so komm ich ewig nit mehr zurück, so behüt halt noch einmal der liebe Gott, sagt mit ganz kleiner und heller Stimm' die Jungfrauschaft, und wischt beinebens mit dem Tüchel die nassen Augen.

Aus solchem Gedicht ist unschwer abzunehmen, wie hart man den verlornen ehrlichen Namen wieder erstatte, und wie unmöglich sey, die einmal verscherzte jungfräuliche Ehr' wieder zu ersetzen.

Nach diesem so wunderlichen Wortfechten, allwo gleichwohl die Bictori auf Seiten des Mammons ausgeschlagen, setzten sich beede wiederum nieder, worauf gleich ein wackerer Kerl, ungefähr im 25. Jahr seines Alters, auf das Theatrum oder Bühn hinauf gestiegen, und nach beederseits abgelegtem freundlichen Willkomm und gehörigen Komplementen fangt er selbst freimüthig an zu reden, und ohne weitläufige Umstände beklagt er sich mächtig, wie daß ihn sein erlebter Herr Vater kurzum suche zu verheirathen mit einer, welche voller Bosheit und Untugenden stecke, und noch dazu einer übelgeschaffnen Leibsgestalt, was noch mehr, eines ziemlichen Alters, und bereits auf einer Seiten 31 Jahr habe, auf der andern auch so viel. Kaum daß er solche Reden vollend't, stieg diese auserlesene Madama, durch Beihilf einer krummen Naderin, auf das Theatrum; Herr Justinus hat sich nit wenig entfärbt ob diesem so ungeformten Abentheuer, indem sie[200] nit allein so mager, und zaundürr war, daß einem möcht einfallen, ihre Mutter habe sich an einem Ladstecken ersehen, auch das Gesicht allbereits zusammen geschnurft, wie beim spaten Herbst die vom Reif gebrennten Schlehen, will geschweigen die übrigen Leibs-Mängel, massen der hohe einseitige Rücken ihr die Retroquardi also verschanzt, daß die Brust-Gewehr vor allem feindlichen Einfall sicher scheinte. Nachdem sich Justinus in etwas erholt, fangt er an mit lauter Stimm zu schreien: es kann nit seyn, es kann nit seyn, daß dieser so wohl geschaffene und so gut genaturte Kerl soll diese Mißgeburt heirathen.

Dann erstlich muß man wissen, daß die schöne Gestalt nit den untersten Sitz habe unter den Gaben Gottes, also bezeugt es der h. Vater August. Auch wird glaubwürdig von unterschiedlichen Seribenten dargethan, daß die übergebenedeite Jungfrau Maria sey einer wunderschönen und ausbündigen Gestalt gewesen, wie es Nicephorus Callistus mit deutlichen Worten sattsam beschrieben. Massen die tugendliebenden Gemüther viel gewünschter in einem wohlgestalten Leib logieren, als in einem ungestalten Krippel, so hat auch der Allmächtige eine sondere Schönheit ganz reichlich gespendirt dem verwaisten Juden-Mädel Esther, daß ihr solche Gestalt nachmals zur Kron und Seepter beförderlich gewest. Die heroische Seel' und das tapfere Weiberherz der Judith wollt ebenmäßig nit mit einer zerschlampten und übelgestalten Menschenhaut verhüllt seyn, sondern hinter dem Vorhang eines so edlen, schönen Gesichts verhüllter stehen.

Dem Job, nach so mannigfaltigen Anstößen,[201] überhäufigen Drangsalen und unbeschreiblichen Wehtagen konnte und wußte Gott kein bessers Pflaster auf die versetzten Wunden zu legen, als daß er ihm drei Töchter geben, dero hübsche Gestalt alle Weibsbilder-Schönheit auf dem ganzen Erdboden überstiegen. Wer wird es dem Jakob, diesem Mann Gottes, und vom Himmel so reich gesegneten Patriarchen für ungut halten, daß er seine Augen geworfen auf die schöne Rachel, und einen Unwillen und Mißfallen geschöpft an der triefaugenden Lia. Des Moses Schwester hat nit wenig gemurret, ja als eine Schand und Spott allerseits ausgerufen, daß er die schwarze Mohrinn Sephora zu einem Weib genommen; pfui Teufel, sagte sie etwann, wie hat sich mein Bruder an diesem wilden und schwarzen Leder vergafft, und einen solchen schwarzen Ruß-Kübel hat mögen heirathen, wie hat er ihm doch diesen Himmel lassen gefallen, der mit so finsteren Wolken überzogen, ich muß schier glauben, ihre Mutter hab sie das erstemal in Dinte gebadet; pfui, wann ich sollt ein so wackerer Mann seyn, wie mein Bruder, wie wollt ich mir weit eine schönere ausklauben, und eine solche Kohlenbrennerinn unterweil auf die Bleich geben.

Die schöne Gestalt eines Weibs ist gleichwol ein weisses Mehl Elisäi, welches den bittern Kraut-Topf des Ehestands versüsset, und ist dem Abraham unter so vielen Widerwärtigkeiten nit eine kleine Linderung gewest seiner Kummernuß, die so edle Gestalt der Sara, welche in dem 90. Jahr ihres Alters, noch das Prädicat einer schönen Dama konnte anhören.

Jenem Kavalier und vornehmen Edelmann Namens[202] Eugenio aus Irrland, ist nit vor übel zu halten, daß er so inständig bei dem h. Patritio hat angehalten um eine schöne Gestalt, dann es war dieser eines sehr ungeschaffenen Gesichts, es waren ihm die Augen ganz uneinig, und eines gegen Mittag, das andere gegen Mitternacht gerichtet, daß er also auf einmal zwei Bücher konnte lesen: die Nase stund in dem Angesicht, wie ein ungeformter Markstein auf einem Bauern-Grund, die Wangen waren grob, wie eine durchgebrochene Arbeit, und wilde Filagran, daß auch eine geschabene Schwein-Haut gegen dieselben für schön mußte erkennt werden; dessenthalben schmerzete es gedachten Kavalier nit wenig, daß ihm hierinfalls die Natur eine so mißgönnende Stief-Mutter abgeben; dahero stets und immerdar bei dem h. Patritio eifrigst angehalten, er wolle doch, mittelst seines so viel vermögenden Gebets, zu festerer Bekräftigung des Glaubens, ein sauberes Angesicht zu wegen bringen. Patritius durch so inständiges und schier überlästiges Bitten bewogen, fragt mehr gedachten Edelmann, was er dann für eine Gestalt möchte wünschen? worauf der gute Herr seufzend geantwortet, er möchte halt so schön seyn, wie sein britanischer Diaconus (dann wohl zu merken, daß dieser Geistliche eines wunderschönen Angesichts gewesen) Patritius befiehlt alsobald, diese zwei sollen in einem Bett unter einem Duchet oder Decken schlafen, unterdessen hat der h. Mann sein eifriges Gebet zu Gott verricht, und siehe Wunder! als diese zu Morgens frühe aufgestanden, und einer dem andern einen guten Tag gewunschen, konnten sich beede nit genugsam verwundern, und sagte einer zum andern, bist du ich, oder bin[203] ich du? dann alle beede, so gleich in der Gestalt, als wären sie in einem Model gegossen, und war der geringste Unterschied nit, außer, daß der Diacon eine Platte auf dem Kopf, der Kavalier Eugen aber keine.

Nit viel ungleich wird von dem David registrirt, daß er einen solchen ungeformten, großkopfeten und übelgestalten Sohn habe erzeugt, daß der ganze königliche Hof in Argwohn gestanden, es sey eine wahrhafte Copei von dem groben Flegelanten dem Nabal, bis endlich der David durch vieles Bitten und Beten dem Sohn von Gott eine schöne Gestalt zu wegen gebracht.

Ist also gar recht, daß dieser so schöne Jüngling, sagt Justinus, mit diesem Larven-Gesicht nicht will sich verehelichen; dann obschon von den Weibern wird ausgeben, als seyen dieselben von Natur säuberer als die Männer, massen dero Ursprung und Herkommen ist von einem weißen Bein; der Männer aber von einem unflätigen Leim. Dahero so ein Manns-Bild auch hundertmal nacheinander die Händ waschet, wird das Wasser jedesmal trüb werden; dafern aber ein Weibs-Bild die Händ' nur zweimal waschet, bleibt nachmals das Wasser in seiner Reinigkeit. Aber von dieser wilden Mufti, und deut' auf die Alte, Justinus mit den Fingern, so man auch in den Papier-Stampf soll schicken, hätt' man nichts saubers zu hoffen.

Die Apostel sahen einst unsern Herrn für ein Gespenst an, putabant, esse phantasma, aber es ist sich dessen so hart nit zu verwundern, dannes war dunkel und finster; aber diesen Widhopf siehet[204] einer beim hellichten Tag für eine Nacht-Eul an, pfui, es kann nit seyn! es soll nit seyn! sagt dieser junge wackere Kerl, lieber will ich zu Hamburg in das Zuchthaus, lieber will ich auf Venedig, und eine hölzerne Schreib-Feder in die Hand nehmen, nachmals ein Passaport über das Meer schreiben nach Levante, als diese heirathen.

Daß an dem Wagen Ezechiels ein Adler und ein Ochs nacheinander gezogen, gebet noch hin, daß aber ich neben einem solchen Unthier soll das schwere Joch des Ehestands ziehen, gefällt mir unmöglich, lieber will ich zu Wien beim weißen Engel, als beim schwarzen Bären einkehren; was aber das schlimmste, so ist sie noch dazu voller Untugenden, und sauft wie der Teufel. Holla! so kanns gar nit seyn!

Heli, der Hohepriester, hat dazumal einen sträflichen Argwohn gehabt von der Anna, wie er sie im Tempel angetroffen; dann weil sie die Lefzen stets bewegt ohne einige Stimm, hat er ganz unbesonnen das Urthl geschöpft, als habe sie einen guten vidimirten Rausch, usquequo ebria es! hierinfalls war der heiligen und gutherzigen Frau eine große Unbild zugefügt, massen sie im wenigsten einen Wein gekost, noch was anders, was da trunken machet, sondern sie betete allein dazumal mit dem Herzen.

Mein lieber hochwürdiger Heli, dieser dein Argwohn ist gar übel gegründet, dann du sollst wissen, wann die Weiber berauscht seyn, und zu scharfe Krüg führen, daß sie nicht stillschweigen, wie diese Frau Mutter des Samuel, sondern sie schreien und lassen sich hören mehr, als ein Uhrausrufer oder Nachtwächter.[205] Der October-Monat sperrt den Fröschen die Gosche; aber der October-Saft eröffnet den Weibern die Mäuler. Wie die Samaritanerinn beim Brunnen war, hat unser liebster Heiland mit ihr eine trostreiche Ansprach gehalten; so lang die Weiber beim Wasser seynd, so ist noch gut mit ihnen zu reden, wann sie sich aber beim Wein einfinden, der Kukuk red't mit ihnen.

Petrus hat es dazumal gar gut vermeint, wie er bei dem gähen Sturm und ungestümen Anfall des hebräischen Lottergefinds so beherzt vom Leder gezogen, und den Malchum, als einen meisten Rädelführer zwischen die Ohren gehaut, so bald ihm aber der Herr und Heiland geschafft, er soll einstecken, hat er solchen Befehl unverweilt vollzogen; aber die berauschten Weiber-Gefecht lassen sich so bald nicht stillen, dann weil ihr Degen die Zung, das Maul aber die Scheid, so wird es auch auf hundertmal wiederholten Befehl kaum zum Einstecken und Maul halten kommen. O wehe eines solchen armen Manns!

Tobias der ältere, als ein gerechter, gottesfürchtiger und gewissenhafter Mann, kommt einsmals nach Haus, und höret einen Geis-Bock gemekitzen, welches ihm dann sehr fremd vorkommen, daß dergleichen Thier in seiner armen Wirthschaft sich einfindet, dahero geschwind, zu Versicherung seines Gewissens, nachgefragt, obs nit etwann eine gestohlene Geis seye? O lieber Tobias! da hast du wohl einen Bock geschossen, so bald sein Weib das vernommen, was, sagt sie, gestohlen? haltest du mich für eine solche? ei mein schöner, sauberer, blinder Hiesl! jetzt schlagt deine Heiligkeit heraus,[206] es ist dir nit genug, daß du mich um das Meinige gebracht mit deinem verschwenderischen spendiren, ja wohl Almosen geben? es ist nicht genug, daß du eine ganze Zeit nie zu Haus, und dich um die Wirthschaft nichts annimmst, unterdessen einen Beccamorti und schlechten Todtengräber abgibst, daß ich dich mit meiner Hand-Arbeit muß erhalten, und als ich sonst, wie eine gnädige Frau, und gut vom Adel hätt standmäßig mich erhalten können, muß anjetzo eigentlich eine gemeine Strickerinn und Naderinn abgeben, damit ich nur ein wenig Brod ins Haus schaffe, uneracht alles dieß willst mich noch für eine Diebinn halten? was ich? wer ich? du bist mir wohl, du, du, du etc. Ach Gott, sagte hierüber seufzend der Tobias, laß mich doch sterben, und nimm mich zu dir. Expedit enim mihi magis mori, quam vivere. Der König Sennacherib hat mir meine Güter confiscirt, patientia! die Schwalben haben mich um das Gesicht gebracht, patientia! die Armuth ist mir über den Hals kommen, patientia! die Nachbarschaft hat mich verfolgt, patientia! hab alles mit Geduld übertragen, aber bei einem bösen Weib seyn, das kommt mich schier zu hart an, mein Gott! lieber sterben, als dergestalt leben.

Hat nun Tobias, als ein vollkommener Mann, ein heiliger Patriarch, welcher nach dem Job der Sanftmüthigste, das Ungestümme eines bösen und zänkischen Weibs so hart übertragen, wie soll es dann einen andern armen Tropfen ankommen? O Gott! wie hart ein solcher Ketten-Hund! wie ungestümm eine solche Haus-Posaune! wie teuflisch eine solche Tafel-Musik! wie verdrießlich eine solche Feuer-Glocke! wie schmerzlich[207] eine solche Ehe-Geisel! wie verrucht ein solcher Haus-Blasbalg! wie betrügt solche Stuben-Trummel! wie unleidiglich solcher Kammer-Echo! wie macht einem so bang eine solche höllische Beiszang! Expedit mori, quam vivere.

Es ist in der Wahrheit jenem Mann kein Fehler auszustellen, welcher sein zänkisches Weib auf eine sinnreiche Weise zu recht gebracht, diese hieß Lampert, weil er Lambl fromm, ihr Name aber war Cunegund à Cunis, oder Wiegen, also genannt, wie folgsam zu vernehmen. Bevor er sich mit dieser in eheliche Vermählung eingelassen, ist er von etlichen Treumeinenden gewarnet worden, er wolle ihm doch selbst keine solche schwere Last auf den Rücken bürden, dann von ihr die gemeine Red sey, als hab sie einmal einen Goggl-Hahn geschlukt, der ihr nun allzeit aus dem Hals krähe, und muß sie allemal das letzte Kyrie eleison haben: uneracht dieser prophetischen Ermahnung, hat er besagte Cunegund gleichwohl geheirath, kaum aber daß etliche Tag verfloßen, kam ihr gutes Mundstuk schon an Tag, und fangte sie an dergestalten den Fagot zu blasen, murmure, turbine, grandine, fulgure, perstrepit illa, daß er geglaubt, es seye alle Tag bei ihr ein Donnerstag, gemach sagt er, meine Cunegund dem ist nit also, es wird auf solchen Schlag kein gutes hausen erfolgen, wann du allemal das letzte Wort willst haben, und so gar in deiner Musik kein Pausen machen, was? setzt sie hinwider? dem ist also, es muß also seyn, es soll nit anderst seyn, es kan nit anderst seyn; O Gott! sagt der Mann, es ist immer schad, meine Cunegund, daß du kein Trompeter bist[208] worden, du hättest einen hübschen langen Athem gehabt zum Clarin aushalten; was, Clarin? daß dich der etc. schweig, schweig, schweig, ich dir schweigen? dir schweigen? wann auch des Kaisers Nero sein Henker hinter meiner stund, so wollt' ich nit schweigen. Lappische Kundl, er hat nit Ner geheißen, sondern Narr, was? du bist mir wohl selbst ein solcher, schweig, ich dir schweigen? wann auch der Kaiser Heliogabel mir schaffen sollt, so wollt ich nit schweigen. Kinderische Kundl, er hat nit Heliogabel, sondern Hexengabel geheißen, ich eine Hex? sagt sie, fahr du zum Belzebub, ich bin keine Ausfahrerinn, schweig, sagt er, und gieng also auf die Seite, und sinnet sehr bedachtsam nach, wie doch solchem Uebel wäre abzuhelfen, fallt ihm letzlich ein, daß, wann die Kinder nit wollen schweigen, sie durch das wiegen können besänftiget werden, läßt demnach eine große, weite, lange, breite, tiefe, feste, starke, hübsche, gefürneiste Wiegen verfertigen, mit aller nothwendigen Zugehör, und als sie mehrmalen den gewöhnlichen Morgen-Ruf angefangen, sprach er zu ihr: meine Cunegund, ich siehe schon, wo der Fehler steckt, du bist nit genug in deiner Kindheit gewiegt worden, dessenthalben kannst du so gar nit schweigen, dahero wohl vonnöthen, daß du länger die Wiegen kostest, Holla! alsobald waren da zwei baumstarke Menscher hierzu bestellt, welche die ungestümme Cunegund zur Erde niedergeworfen, Händ und Füß gebunden, auch wie ein Kindl eingefäschter in die große Wiegen gelegt, mit einem starken Wiegen-Band wohl verwahrt, er aber, der verständige Mann, nahm das Wiegen-Band selbst in die Hände, und fieng an sanft zu wiegen, die aber[209] schrie noch mehr, Schelm, Dich, Mörder, Umbringer, Satan, Henker, Püffel, Galgen-Schwengl, Bestia, dieser wiegt immer fort, und singt noch darzu, schweig mein Kundl, schweig; ich kauf dir bald ein Mieder-Zeug, schweig mein Kundl, schweig; sie schwört, sie flucht, sie schilt, sie schreit, sie kürrt, sie gront, sie klagt, sie heult, sie donnert, sie wünscht ihm vier und zwanzig tausend Teufel und einen halben auf den Rücken, er, ungehindert dieß, wiegt noch allezeit stärker, singend aja pupeja, willst schweigen, sonst gib ich dir Kundl eine Feigen; In Summa, vierthalb Tag war sie in diesem Wiegen-Arrest vorhaft, und wurde ihr, wie einem Kind gepflogen, endlich läßt sie ihren Mann zu sich rufen; O mein Mann, sagt sie, O mein Engel, ich bitt, ich bitt, laß mich doch los, Himmel und Erden sollen Zeugen seyn, daß ich hinfüran allzeit werde schweigen. Zu verwundern ist gewest, wie nachmahls diese Cunegund so sanftmüthige Sitten angezogen, und im geringsten nicht mehr ihren Mann, weder mit einem Wort, noch weniger mit Werken beleidiget, sondern in allweg ihn, als das Haupt (ihr Ehe-Weiber, laßt euch dieß eine Haupt-Lehre seyn, so wird euch der Kopf nie weh thun) bettermassen gehalten und verehrt.

Der Prophet Ezechiel, aus göttlichem Geheiß, verfügt sich einmal auf ein flaches und ebenes Feld hinaus, worauf eine große Menge der dürren Todten-Beiner gelegen, welchen er mit ernsthaften Worten befohlen, sie sollen, aus Anschafung des Allerhöchsten, wieder leben, welches sie dann ganz schleunig vollzogen, und ein jedes zerstörtes Bein zu seinem Glied sich verfügt, unumquodque ad juncturam suam, es ist der Fuß nit zum Kopf, sondern zu den Knie-Scheiben[210] gerucket, die Hüft hat sich nit zum Schulter-Blatt gesellet, sondern ein jedes an sein Ort, wohin es gehörig, ad juncturam suam. Also soll sein auch ein jeder Mensch bleiben, wer er ist, es soll das Weib bleiben, wer sie ist, nemlich unterworfen ihrem Mann, ad juncturam suam, nit für ein Haupt sich aufwerfen, noch weniger sich über dasselbe erheben, sondern sich an des Abrahams stattlicher, und mit allen Tugenden wohlgeschaffener Ehegemahlinn Sara spieglen, als welche den Abraham nit anderst genennt als ihren Herrn, Dominus meus. Wie ungereimt steht es, wann ein Haupt soll von einer Rippe regiert oder geherrscht werden. Dasselbe Gebot, welches Gott im alten Testament gesetzt, hat noch auch bei diesen Zeiten seine Kraft, non induetur mulier veste virili, das Weib soll keine Manns-Kleider anlegen, und sich der Hosen nit anmassen, sonst kann es nit anderst seyn, als daß die liebe Einigkeit und erwünschte Fried muß Schaden leiden.

Aus dem Evangelio ist es sattsam bekannt, daß das tobende und wüthende Meer, auf dem Befehl des Herrn, habe stillgeschwiegen, und sich in Ruhestand begeben, welches nit ein kleines Wunderwerk, daß billig andere hierüber stutzten, und Fug gehabt zu fragen, quis est hic, quia venti, et mare obediunt ei, »wer muß doch dieser seyn, dem die Sturmwind und das Meer den Gehorsam leisten,« Mare, Mare, etc. Maria, Marina, Margaretha etc., soll nit also wüthen und toben; sondern stillschweigen, ja wohl still schweigen! so ist aldann sich so fast nicht zu verwundern, wann man das Still mit dem Stiehl muß zu wegen bringen,[211] verstehe Besen-Stiehl, und was solche Zang und Zung verwirkt, der Buckel büssen muß, solches Uebel aber rührt meistens daher, wann sich die Weiber und Weinbeer so wohl vergleichen, wann Kandl und Kundl gute Gespielen seynd, wann Sauphia und Sophia beisammen sitzen, wann die Frau Bibiana den Herrn Calixtum zum buhlen hat, und ist also zwischen der Mühl und Müllnerinn dieser Unterschied, daß die Mühl vom Wasser bewegt wird, und kleppert, die Müllnerinn aber vom Wein.

Höchst wäre zu wünschen, daß ein jeder Ehestand mit jenem Wunder übereins stimmte, welches sich mit obgedachtem großen Propheten Ezechiel zugetragen, der aus göttlichem Befehl zwei Hölzer in die Hand genommen, und auf eines geschrieben: Des Judä, und der Kinder Israel seine Mit-Verwandte. Und auf das andere: Des Josephs, des Baums Ephraim, und des ganzen Haus Israel seine Mit-Verwandten etc. Sobald er nun solche zwei Hölzer zusammen gehalten, ist alsobald wunderbarlich eines daraus worden. O wie wohlständig und ersprießlich wäre es zwischen den Eheleuten, wann sie zwei, der Mann und das Weib, stets Eins wären, und in unzertrennter Einigkeit miteinander lebten, nach dem Beispiel des Noe mit seiner Frau, von dem die göttliche Schrift also registrirt: Nachdem der Sündfluß, und das große Gewässer hundert und fünfzig Tag stund ob der Erden, und dieselbe gänzlich bedeckte, recordatus est Deus Noë cunctorumque animantium etc., alsdann gedachte Gott an den Noe und an alle Thiere, und alles Vieh, so da war mit ihm in[212] der Arche; über diese Wort verwundert sich der hl. Ambrosius, in Erwägung, daß Gott allein gedenkt an Noe, und an alle Thier, nit aber an des Noe sein Weib? soll dann ein muthwilliges Roß, ein fauler Esel, ein karger Fuchs, ein gefräßiger Wolf, ein geiler Stier, ein bissiiger Hund, ein furchtsamer Hirsch, ein stolzer Widder, ein stinkender Bock, eine falsche Katze, ein hochtrapender Gockl-Hahn, ein läppischer Affe, ein einfältiger Gimpel, eine barokische Nacht-Eule, eine geschwätzige Schwalbe, ein diebischer Spatz, höher zu achten, mehr zu ehren und besser zu bedenken seyn, als eine fromme, liebe, wakere Frau? ei das nit, warum hat dann der Allmächtige alleinig an Noe gedenkt, und an alle Thier, allwo von der Frau die mindeste Meldung nit geschieht? es beantwortet seine eigene Frag obberührter heiliger Lehrer, sprechend, daß unter dem Namen Noe Gott auch des Noe seine Ehefrau verstanden, dann diese zwei waren ganz Eins miteinander, wo eins, war das andere auch, was Noe wollt, das wollt auch seine Frau, was dem Noe beliebte, daß war auch der Frau recht, erant duo, in carne una.

Aber ein Weib, welches zu stark octoberisch, zinnoberisch ist, das wird auch wollen postoberisch seyn, und vor allen blasen, ein Weib, die zu sehr kellnerisch und muskatellerisch ist, die wird auch dabei bellerisch seyn, ein Weib, die zu viel weinisch und rheinisch ist, die wird auch greinisch seyn, wovon dann die werthe Einigkeit vertrieben wird, die rechte Lieb verrieben wird, die wahre Treu verschrieben wird, und nachmalens mehr im Haus Weh, als ein Winter Schnee, und ein Frühling Klee, was ist von einem solchen Weib zu halten? welche vor[213] etlich Jahren eine gar andächtige Kirchfahrt angestellt, unterwegs aber in dem Wirthshaus dergestalten mit der Wein-Kandl duellirt, daß ihr der obere Stock ganz aus den Schliessen kommen, und alles mit ihr um und um gangen, wessenthalben sie in Mitte der Kirche sich an dem Opfer-Stock angehalten und ganz seufzend aufgeschrien: O mein h. Altar! ich bins nit werth, ich bins gar nit werth; es ist ja zu viel für mich alte Huesten, die Ehr, die du mir erweisest, gebührt mir armen Tröpfinn wohl nit, wie muß ich das wieder verschulden? als sie aber von den nächst Anwesenden dessenthalben befragt wurde, massen sie sich alle über diese Worte nit wenig verwundert, gab sie diese Antwort: meine lieben Leut, ich hab wollen, aus Andacht und Schuldigkeit, um den Altar herum gehen, und jetzt geht er um mich herum, es ist ja gar zu viel. Einer solchen konnt man wohl jene Grabschrift machen:


Hier liegt die alte Anna,

Welche die Küchl verbrennt in der Pfanna,

Saufte sich alle Tag voll in Brandwein:

Der Heuker mag bei einem solchen Weib seyn.


Justinus, nach so viel angebrachten Beweisen, meistens aber wegen großer Ungestalt, und forderist wegen des weinsüchtigen Magens dieses Weibs, und anderer ihrer Untugenden, blieb ganz fest auf seiner bishero wohlgegründeten Meinung und Aussag: es könn' mit einem Wort nit seyn, daß dieser so ehrliche Gesell mit solcher Megära sich soll verheirathen.

Der Geld-Gott Mammon zeigte schier einen kleinen Verdruß über so bissige Reden und höhnische Wort,[214] gleichwohl zu zeigen, daß er mit weniger Gewalt ein ganzes Gebäu zu Boden fällen könne, hat er dem Kerl einen Beutel voll Dukaten dergestalten an die Brust geschlagen, daß er durch dieses guldene mea culpa gleich Reu und Leid erzeigt über seinen begangenen Fehler, und also ohne ferners Bedenken, weil diese bei stattlichen Mitteln ihr das Jawort ertheilt: Gelt mein Schatz, wir werden einander inniglich lieben.

O du verruchtes Geld! wohl recht fangt das Wort Geld und Gold von dem Buchstaben G an, welcher Buchstab eine Verwunderung in sich hat, G, was richt das Geld nit? G, was thut das Geld nicht? G, was vermag das Geld nicht? Jetzt ist gar leicht zu wissen, warum mit der Leicht des verstorbenen Sohns der Wittib zu Naim eine so große Menge Volk gangen, und ihn zum Grab begleitet; multitudo copiosa, sie war eine reiche und sehr wohlbegüterte Wittib, zwar schon bei Jahren, massen dieser verstorbene Sohn schon vogtbar war, weil so viel Geld vorhanden bei dieser Wittib, deßwegen haben sich gar viel bei der Leicht eingefunden, viel Kammer-Diener, viel Sekretäre, viel Aufwärter, viel Hofmeister, viel junge Advokaten, multitudo copiosa, ein jeder wollt aufwarten, ein jeder wollt der nächste beim Brett seyn, ein jeder wollt bei der gestrengen Frau in Gnaden stehen, und sie heirathen, nit aus Lieb, dann sie war nit mehr schön, nit aus Affekt, dann sie war eine Wittib, nur wegen des Gelds, wann sie schon nit schwarze Augen hat, wann sie nur steif schwarze Pfenning hat, wann sie schon[215] nicht rothe Wangen hat, wann sie nur rothe Fuchsen hat, wann sie schon nit eine weiße Haut, wann sie nur weiße Thaler hat, wann sie schon nit eine schöne Goschen hat, wann sie nur gute Groschen hat, wann sie schon nicht gut ist, wann sie nur Güter hat. O verruchtes Geld! dahero kommt es manchesmal, daß ein solcher mit seiner Manna Anna nit verlieb nimmt, sondern nach egyptischem Zwiebel trachtet, dieß ist die Ursach, daß man nachgehends an eigenen Speisen einen Grausen hat, und mit dem Jonathas den wilden Honig schlecket, da rührt es her, daß eine Dienstmagd Agar wird höflicher gehalten, als eine Sara. O verruchtes Geld!

Wie dem Isaak hat sollen die Rebekka vermählt werden, hat man die Sache nit gleich durch einen Bausch über die Knie abgebrochen, ob man schon häufiges Silber und Gold auf Seiten des Isaaks zeigte, sondern man hat vorhero den Willen der Rebekka wollen erfahren, ob sie diesen reichen Herrn wolle haben, laßt uns die Jungfrau rufen, sagten die lieben Eltern, und nach ihrem Willen fragen, als nun Rebekka gerufen war, und kam, da fragte man sie, willst du mit diesem Mann reisen?

Bei diesen unsern Zeiten fragen die geldsüchtigen Eltern die Töchter nit viel mehr, ob sie diesen und diesen wollen haben, sondern es heißt, du mußt ihn haben, wann er schon alt, was schadet es, die alten Weine hitzen besser, als die neuen, er hat wacker Geld, er ist bei stattlichen Mitteln, wann er schon einäugig ist, du Närrin, wirst schon mehrere Batzen[216] sehen, wann er schon bucklet ist, was benimmts, du wirst gleichwohl gut sitzen, wann er schon den Sattel auf dem Rücken trägt, wann er schon ganz kupferig im Gesicht, was irrts du Krot, goldgelb im Beutel ist wohl besser, als leibfarb im Gesicht; muß also eine manche junge Tochter wider ihren Willen, wider ihre Neigung einen reichen Batzenhafner heirathen, nur wegen des verruchten Gelds, daß hernach dem guldenen Limmel, dem silbernen Phantasten, dem reichen Narren eine solche Amalthea (ein Cornucopi) spendirt, daß er des Uris seine Barocca aufsetzt, daß er den Durandum auf der Stirn trägt, daß ihm fremde Hahnen auf seinem Mist kratzen, ist Ursache der verteufelte Mammon, das verfluchte Geld, auri sacra fames.

Die Apostel unter der Zeit, als der Herr Jesus mit dem Weib bei dem Brunnen eine heilsame Ansprach gehalten, gehen in Samariam hinein, und kauften um baares Geld die nothwendige Nahrung und gehörigen Victualien, ob welchem sich zu verwundern, daß die Samaritaner mit diesen Hebräern einige Gemeinschaft hatten, dann ihre Gebot legten ihnen stark ob, daß sie mit dem hebräischen Gesind und Unflath (wie sie es nennten) nichts zu thun hätten; aber wo man Geld siehet, da siehet man kein Gebot mehr, wo man Geld greift, da vergreift man sich leicht wider alle Satzungen, wo man Geld zählt, da zählt man die zehen Gebot nicht. O verdammtes Geld! so verderbest du ja alles in der Welt. Quid vultis mihi dare?

Kaum daß dieser wackere Kerl mit seiner[217] abgeschabenen Braut das Theatrum verlassen, stiege mit wohlregulirtem Schritt und halb spanischem Gang herauf ein Herr, allem Ansehen nach ein Edelmann, nach seiner aber gar eine feine Wittib, eines mittlern Alters, mit einer Schöff-Haube auf dem Kopf, und weil sie gar eines traurigen Gesichts war, konnte man schier vermuthen, als hab sie einen Schiffbruch ihrer Güter gelitten. Hochgeehrter Herr Vetter Justine, sagte der Edelmann, und klagte, wie daß er immerzu durch der Wittib vielfältiges Anklagen beunruhiget werde, er habe doch gänzlich bei sich geschlossen, dero angemaßte Schuld auf keine Weise zu bezahlen, die Wittib hingegen konnte vor Weinen kaum, und wurden dero Wort von den anstoßenden Seufzern also abgebrochen, daß man sie schwerlich konnte verstehen, aus allem aber hat man allein deutlich vernommen, daß sie das Wort Justiz und Gerechtigkeit mit sonderm Nachdruck ausgesprochen und wiederholt, welches dem Justino dermassen zu Herzen gangen, daß es neben Erwiederung weniger Complementen gedachten Monsieur sein Anbringen rund abgeschlagen, es kann nit seyn, dann die Justiz muß vor allem aufs möglichst erhalten, Wittib und Waisen, bei dero gerechten Anforderungen bestermassen geschützt werden, und muß man hierin nit ansehen die Person, sondern mitten durchgehen.

Nachdem die Philistäer die Archen des Herrn oder den h. Bunds-Kasten wieder zurück gegeben, haben sie solchen auf einen Karren geladen, darein zwei Kühe, welche zu Haus saugende Kälber hatten, eingespannt, und also ohne Fuhrmann, nach einige Handhab[218] oder Antrieb eines Menschen gen Bethsames fortgeschickt, mit dem Beding, daß, wann die besagten Kühe würden weder auf die rechte noch linke Seite sich wenden, sondern, mitten durchgehen, so werde es Glück bedeuten.

Wann man bei Tribunalien und Gerichten auch solchergestalten wird mitten durchgehen, und sich nit lenken auf die rechte Seite noch auf die linke, einem nit aufhelfen, weil er reich ist, dem andern nit abhelfen, weil er arm ist, einen nit befördern, weil er ein Schwager ist, den andern nit verstoßen, weil er ein Schwacher ist, dem andern nicht zulegen, weil er hochgeachtet ist, dem Barthlmä nit ablegen, weil er verachtet ist, nec ad dexteram, nec ad sinistram, sondern mitten durch, ohne Unterschied der Personen, den Bürger sowohl anhören, als den Burggrafen, den Sammel nit vorziehen dem Zwilch, die Waisen gleich halten den Weisen; auf solche Art thut man Gott preisen, und da ist Glück und Wohlstand zu hoffen.

Es kommen auf eine Zeit etliche hebräische Gesellen zu Christo dem Herrn in Tempel, und führten mit aller Gewalt ein Weib mit ihnen, es muß allem Anse hen nach nur eine gemeine Huesten seyn gewest, dann die Vornehmen darf man nit anklagen; diese Erz-Schalken fangen an mit vielen Umständen den saubern Handel zu erzählen, wie daß sie diesen frechen Schleppsack in flagranti ertappt (wo ist dann der saubere Buhler geblieben? O ihr Schelmen! entweder hat er euch müssen in Beutel blasen, oder er ist euer Vetter oder Anverwandter gewest) nun glauben sie, weil er anderst ein solcher ausgeschriener Prophet, er[219] werde seine Meinung hierin beitragen, wie man mit dieser Fettel soll verfahren, massen er von sich selbst ausgeben, er seye nit kommen, die Gesetz Mosis zu brechen, sondern zu rächen, die Gebot nit zu verhüllen, sondern zu erfüllen, weilen dann die mosaischen Verordnungen dahin ergehen, daß die Ehebrecher sollen versteiniget werden, so möchten sie gern dießfalls sein Urthl vernehmen, weil sie dann Christum den Herrn zu einem Richter erkiesen, inclinabat se, also hat er sich ganz tief geneigt, und auf die Erd geschrieben, zu einer Lehr und Beispiel und Nachfolg aller Tribunalien merkt es wohl, ihr Herren Consiliarii, Räth, Richter und vorgesetzte Urthlsprecher, wann man bei euch mit ganz gründlichen Beweisen einen anklagt. Er hat ihm gewaltthätig das Seinige genommen etc., er woll die rechtmäßige Schuld nicht bezahlen etc., er sey ihm in einer Sach höchst schädlich etc., inclinate vos, neigt euch zu der Erden, schaut die Person nit an, welche beklagt wird, sondern nur allein die gerechte Sach, man muß die Person nit ansehen, ob's eine vom Adel oder von der Nadel ist, ob's ein Edelmann oder ein Bettelmann, ob's ein Verwalter oder ein Anhalter, ob's ein Schreiber oder ein Treiber ist, ob's ein Führer oder ein Musquetierer ist, ob's ein Bekannter oder Verwandter ist, ihr müßt nicht ansehen, ob's Reichenau oder Bettelheim, ob's von Hochburg oder Niederalteich, ob's aus Mähren oder Bayren, ob's ein Landsmann oder ein Schanzmann, ob's ein Großer oder ein Bloßer ist, nec ad dexteram, nec ad sinistram.

Es wird für gewiß und wahr geschrieben, daß[220] in einer vornehmen Stadt ein solcher löblicher Brauch gewest, daß auf dem Rathhaus eine öffentliche Glocke gehängt, wer nun selbige geleutet, war so viel, als hätte er ein schriftliches Anbringen übergeben, und die Justiz begehrt. Einmal kommt ein zaundürrer, alter und ritziger Schimmel daher, welcher sich ungefähr an der Mauer des Rathhauses gerieben, und zugleich den Strick besagter Glocke ertappt, und also dieselbe gezogen, daß sie sehr laut gesprochen; die hochweisen Rathsherrn und Richter fragen alsobald, wer die Glocke berührt, und wie man ihnen des armen Schimmels seltsames Riebeisen erzählt, schaffen sie gleich, man soll emsige Nachfrag thun, wem das Roß zugehöre, dem sie auch gesinnt waren, die Gerechtigkeit zu administriren, dafern auch dem Roß soll eine Unbild zugefügt seyn worden; und weil man unschwer darhinter kommen, daß ein gewisser Herr besagten Schimmel wegen seines Alters, als ein nunmehr unbrauchbares Thier, habe von sich getrieben, wessenthalben solcher dermalen ohne Herrn, und folgsam ohne nothwendige Unterhaltung da und dort ein verdorrtes Grassuche; auf solches ist alsobald gedachtem Herrn ernstlich, und unter Pöhnfall großer Straf, auferlegt worden, dem Schimmel wegen so langwierig treugeleisten Diensten und Arbeit als einem Provisoner mit gehöriger Nahrung auf Lebenszeit die Unterhaltung zu schaffen. Wann dieser Schimmel hätt' reden können, wie des Propheten Balaams Eselin, hätt' er ungezweifelt solchen Richtern ein großes Lob nachgesprochen, um weil sie die liebe Justiz also weislich handhaben und befördern.[221]

O Gott! wann arme Wittiben würden also geschützt bei den Gerichten, wie dieses vernunftlose Thier, so würde der erzürnte Gott nit mancher Stadt, in der Stadt nit manchem Statthalter, in der Statthaltung nit manchen Gerichten zuschreien: usquequo judicatis iniquitatem et facies peccatorum sumitis. Wie oft, leider! siehet man, hört man, greift man, daß arme Wittwen durch langwieriges Rechten an Bettelstab und in die äußerste Armuth gerathen, da doch ihnen in kurzen Tagen hätte können Ausricht geschehen. Von meinem h. Vater Augustino wird glaubwürdig geschrieben, daß er einmal einen Baum oder Traum, so zum Kirchen-Gebäu oder Dachstuhl zu kurz war, mit seinem Gebet habe länger gemacht, das war ein Wunderwerk, aber wann man bei den Tribunalien ein kurzes Recht lang macht, und in viele Jahr ausdehnt, das ist kein Wunderwerk, sondern ein Plunderwerk, wehe solchen Richtern!

Unser lieber Heiland hatte zwei hochwichtige Geschäfte auf dem bittern Kreuz-Baum zu vollziehen, benanntlich seine allerliebste Mutter zu versorgen, nachmals dem rechten Schächer auf sein mündliches Anbringen einen Bescheid zu ertheilen, hat aber ehevor des bekehrten und reuevollen Mörders Sach und bittliche Ansuch befördert, nachmals erst seine liebste Mutter unter den Schutz Johannis befohlen: Hodie mecum eris in paradiso, deinde dicit Discipulo, ecce mater tua. So weiß man auch, daß, wie er zu Jerusalem als ein 12jähriger Knab verloren, und bei den Vettern, Befreundten und Anverwandten ist gesucht nit aber gefunden worden; deßgleichen hat[222] er das höchste Amt des römischen Papstthums nit anvertraut Johanni seinem nächsten Vetter, der beinebens in großen Gnaden stund, sondern dem Petro. Allen Obrigkeiten, forderist denen Richtern zu einer Lehr und Unterricht, wie daß sie kein Absehen sollen haben auf Bruderschaften, Vetterschaften, Schwagerschaften und Freundschaften, sondern nur blos auf die Gerechtigkeit. Einer armen Wittib ein so willfähriges Ohr geben, als einem Anverwandten, ihre gerechte Sach und Anforderung so gut beschleunigen, als eines Bluts-Verwandten, dero Anbringen in so guten und reifen Berathschlag ziehen, als eines nächsten Befreundten, und was sich recht und dem Gewissen gemäß befindet, fest und unbeweglich dasselbe schützen und handhaben, den verlassenen Wittiben mit keinem Fug noch gewaltthätiger Freiheit eine Unbild lassen zufügen; in Erwägung, daß nichts die dicken Wolken also stürme, den harten Himmel also durchdringe, als die Zähren und Thränen einer bedrängten Wittib, massen die nassen Augen der Wittib zu Nain das Herz des Herrn Jesu also erweicht, daß er ohne Verzug dieselbe mit der Urständ ihres Sohns wieder getröstet.

Wie behutsam und mit was zartem Gewissen man mit den armen Wittiben solle verfahren, ist dessen ein seltsames Beispiel zu ersehen an einem ungläubigen Fürsten. In Persien befand sich ein junger Fürst, Namens Quiffera, sehr mächtig an Geld und Gut; dieser war Vorhabens, einen so prächtigen Pallast, dergleichen in der Welt nit zu finden, aufzubauen, weil nun ein großer Platz dazu gehörte, wurden dessenthalben sehr viel Häuser abgebrochen, und[223] unterschiedliche Gärten mit zugezogen, welches auch die Unterthanen alle gar gern geschehen ließen, weil ihnen dafür baares Geld ausgezahlt wurde. Eine alte Wittib aber konnte durchaus nit dazu gebracht werden, daß sie ihr Häusl dazu verkaufte, Ursach, weil sie darin geboren und erzogen, auch folgsam darinnen sterben wollte. Wollt es ihr (sagt sie) der Fürst nehmen, so könnt sie nit wider Gewalt; der Fürst begehrte dem Weib die Hütte mit Gewalt nit zu nehmen, und doch gleichwohl aber von dem Bau nit abstehen, sondern setzte das Werk dergestalten fort, daß das Haus in dem Pallast mit eingeschlossen wurde. Nach Verfertigung dieses so herrlichen Werks trug sich zu, daß einsmals fremde Gesandte nach Hof kommen, welchen der Bau gezeiget und auch von ihnen gelobt wurde, doch sagten sie daneben, das Häusl schände den ganzen Pallast, und stehe gar ungereimt in einem so herrlichen Pallast ein so geringes altes Weiber-Nest, worauf der Fürst geantwortet: mit nichten kann dieses vorgerupft werden, sondern ich halte diesen so schlechten Wittib-Sitz für die schönste Zierde des ganzen Schlosses, dann aus diesem ist zu sehen und abzunehmen, daß ich Recht und Gerechtigkeit lieb habe und meinen Unterthanen keine Gewalt zufüge.

Es wäre zu wünschen, daß zu unsern Zeiten viel christliche Fürsten und große Herrn von diesem Mahometaner lerneten die armen Wittiben zu ehren, dieselbe, als Gottes Aug-Apfel bestermassen zu schützen, dero verlassene Einsamkeit auf mögliche Weis zu trösten, aber leider! erfährt man oft das Widerspiel. Der hl. Petrus hat nit allein zu Joppen viel weinende Wittwen[224] gesehen um die verstorbene Tabitha herum stehen, sondern es find't sich eine unzählbare Menge noch heutiges Tags betrübter Wittwen, wo nit zu Joppen, wenigist allenthalben in schlechten Joppen und Küttlen, daß sie kaum den Leib bedecken können, aus Ursachen, weil man bei Tribunalien und Gerichten, in Ansehung eines und andern großen Herrn oder Anverwandten ihnen nit an die Hand gangen, sondern viel mehr der lieben Gerechtigkeit einen Respect-Mantel angelegt, welches Kleid ihr doch teuflisch übel ansteht.

Dießfalls hat niemand ruhmwürdiger die Justiz und Gerechtigkeit vollzogen, als der italienische Kriegsfürst Theodosius, welcher auf öffentlicher Gasse einer bedrängten Wittib flehentliches Anrufen gehört, auch dero so lang geführtes Recht inner zwei Tagen zu gewünschtem Ende gebracht, die Richter aber, welche bishero so saumseelig gewesen, mit dem Schwerdt hinrichten lassen.

Sagt also Justinus: Vetter hin, Vetter her, es geschieht nimmermehr, daß ich der armen Wittib nicht soll beifallen. Vetter hin, Vetter her, es fället meinem Gewissen gar zu schwer, wann ich in Ansehung der Freundschaft sollt die Justiz schmälern, Vetter hin, Vetter her, es wär wider Gottes Ehr und Lehr, so ich dießfalls nit sollte mitten durchgehen; In Summa, Herr Vetter, sein Verlangen und Anbringen ist dieß und dieß, aber es kann nit seyn!

Der Mammon oder Geld-Gott reispert sich hierüber, und gedacht den vetterischen Zwiespalt geschwind in einen gütlichen Vergleich zu bringen, wann schon der Vetter hin sey abgewiesen, so werde doch der [225] Vetter her (verstehe gieb her, schenk her) das Feld erhalten, dessentwegen alsobald mit einem gestrikten Beutel heraus (o wie viel werden durch solche Strick gefangen), und dem Justino in die Hand gedruckt mit einem solchen Nachdruck, daß er dem Justino just recht kommen, als welcher gleich mit andern Satten aufgezogen, dero Klang der armen Wittib nit die Füß hupfend gemacht, sondern das Herz, welches vor Leid und Schmerzen hätte mögen zerspringen. Mit einem Wort, es kann seyn und es soll auch seyn, sagt Justinus, daß man nit gleich einem jeden weiten Kürbes-Maul soll glauben, dann wohl öfter alter Weiber Aufforderung ohne Grund stehen, es brauche die Sach eine reifere Bewegung und Nachsuch, dann was nit rechte Füße hat, soll man nicht gleich über die Knie biegen etc. O verfluchtes Geld!

Wie der h. Pantaleon hat sollen enthauptet werden hat sich der Degen oder das Schwerdt, wie ein Wachs gebogen. O Wunder! Wie die h. Cäcilia hat sollen sterben, ist der Degen so weich worden, daß er dreimal wie ein Hadern, um den Hals gefallen. Wie der h. Thyrsus mit einer eisernen Säg' hat sollen mitten entzwei geschnitten werden, hat sich die Säg' nit härter als Baumwolle gezeigt. O Wunder! Der h. Franziscus, der h. Georgius, der h. Jacobus Nisibita, die h. Euphemia, die h. Barbara, die h. Leocadia, der h. Eliphus, der h. Romualdus, der h. Wolfgangus und viel andere mehr haben die harten Steine weich gemacht. O Wunder! Aber das verfluchte Geld, der verdammte Mammon kann auch den in fester Meinung und gerechtem Urthl erharten Richter[226] dergestalten erweichen, daß er von dem Manna zu dem Zwibel, von dem Jacob zu dem Esau, von der Esther zu dem Vasthi, von dem Mardochäo zu dem Ammon, von dem Abel zu dem Kain, ja gar von Christo zu dem gottlosen Barrabbä Seiten weicht, und das Ungerechte für gerecht ausleget. O! O! O! verruchtes Geld!

Petrus und Johannes, beede h. Apostel giengen auf eine Zeit in Tempel hinab nach Jerusalem ihr gewöhnliches Gebet allda zu verrichten, gleich aber bei der Kirchen-Thür treffen sie einen armen Tropfen an, der ganz elend und erkrummt, mit seiner bettlerischen Rhetorik und beweglicher Wohlredenheit gar schön um ein Almosen angehalten. Petrus schüttlet den Kopf, Johannes deut mit der Hand, es sey nichts da, allein sagt Petrus, damit dir gleichwohl geholfen werde, weil ich weder Silber noch Gold habe, so stehe du im Namen Jesu auf und wandere, auf solche Wort ist der arme Schlucker frisch und gesund aufgestanden; das war ein groß Wunder, einen Krummen gerade zu machenn. O hl. Petre! wie oft und aber oft geschieht dieses Wunder bei Tribunalien und Gerichten, ja es ist dieses Wunderwerk gar nit mehr rar oder seltsam, allein auf besondere Manier, du hast den Krummen gerad gemacht mit dem Namen Jesu; in nomine Jesu, aber da macht man aus einer krummen Sache eine gerade mit Geld. Argento et auro, qùod est mihi.

Wie Christus der Herr von Todten sieghaft auferstanden, da seynd die Soldaten, so bei dem Grab die Wacht gehabt, mit gleichen Füssen in die Stadt hinein geloffen, auweh! auweh! Ihr Hochwürden und Gnaden, was ist dann? sagten die Hohenpriester: eine[227] schlechte Post, es ist halt gleichwohl geschehen, was dieser Mensch von Nazareth hat ausgeben, er werde am dritten Tag wieder auferstehen, wahrhaftig dem ist also, ihr werdet des Teufels Händel haben, denkt an uns, wann das wird ruchbar werden unter dem Volk, dann ihr seyd Ursache, daß er also schmerzlich ist hingerichtet worden, es wird sauber heraus kommen. Auf solches Vernehmen lassen die Hohenpriester alsobald zum Rath ansagen, wie dann solche ganz schleunig sich eingefunden, und war ihnen gar nit wohl bei solcher Sach, einer sagte, wann das das Volk und der Pöbel wird erfahren, so schneiden sie uns Nasen und Ohren ab, das wären Schelmstüke. Ein anderer sagt, wird das den Weibern zu Jerusalem kundbar, weil sie ohne das, wie ihr Mit-Collegen selbst gesehen, mit ihm ein großes Mitleiden gehabt, so krazen sie uns die Augen aus, da werden wir erst ohne Augen sehen, was wir gethan: Der dritte sagt, ich fürcht lauter, wann solches die Frau des Pilati wird vernehmen, dann sie ohne das ihn mit Gewalt gesucht durchzuhelfen, so werden wir alle vom Dienst gestossen, sie wird nicht Ruhe geben, bis sie zu wegen bringt. Dann


Wasser-Güß und Feuers-Brunst,

Teufels-Banner und Heren-Kunst,

Weiber-Zorn und Löwen-Brüllen,

Seynd wohl einmal hart zu stillen.


Der vierte sagt, unsere kühlen Anschläge haben einen heißen Handel geschmied't, wo wir denselben angreiffen, so brennen wir uns. Alle und allesammt spürten handgreiflich, daß sie einen krummen Handel hatten; wie ist dann zu helfen? was zu thun? daß ein krummer[228] Handel gerad werde? Pecuniam copiosam dederunt militibus, sie haben den Soldaten steif gespendirt, sie gaben den Kriegs-Knechten viel Geld, worauf diese alsobald angefangen zu schwören, der Teufel soll sie hinführen, die Luft soll sie ersticken, der Donner solls erschlagen, die Erd solls verschluken, wanns nicht wahr sey, daß die Jünger bei nächtlicher Weil ihn haben gestohlen, das heißt das Krumme gerad gemacht. Der Reichthum, Geld oder Gut, werden bei den Lateinern genennt Facultates, das ist so viel, als facilitates, dann dem Geld ist alles leicht zu thun, das Krumme gerad machen, die Berg eben machen, das Schwarze weiß machen, pecuniae obediunt omnia.

Wie unser gebenedeiter Heiland auf eine Zeit einer großen Menge Volk geprediget, bereits aber wahrgenommen, daß die meisten aus ihnen matt und kraftlos, aus Mangel der Speise und Nahrung, also hat er sich zu dem Philipp gewend't, mein Philipp, wo werden wir Brod nehmen? Es giebt hier sehr unterschiedliche Ursachen, welche die h. Väter heftig beibringen, warum der liebste Herr nur den Philipp habe gefragt? warum nit den Peter, den Andreas, den Johannes, mit denen er sondere Freundschaft und Vertraulichkeit gepflogen? warum nicht den Judas? den man schier Amts halber hätte sollen Rath fragen? dann er des ganzen Collegii Einkaufer und folgsam in dergleichen Sachen eine mehrere Erfahrenheit bei ihm, als bei andern? warum gleich den Philipp? dessen, wie oben gedacht, giebt es unterschiedliche Ursachen und Auslegungen, ich laß es in allen heiligen Verständnüssen bewenden, und sag allein, daß auch bei der Zeit, bei der Welt, bei diesem[229] Lauf, in aller beifallender Noth kein besserer zu fragen, als der Philipp, wer will etwas haben, der geh zum Philipp, wer will zu einem Amt kommen, zum Philipp, wer will frei seyn von Straf und Züchtigungen, zum Philipp, wer will, daß er sein Recht gewinne, zum Philipp, wer bei allen Tribunalien will wohl daran seyn, zum Philipp; verstehe mich recht, ein Duzend Philipps-Thaler bringen dir ein Duzend Favor, 30 Philipps-Thaler schaffen dir 30 Affecten, 50 Philipps Thaler machen dir 50 Patrone, hundert Philipps-Thaler machen gleichsam aus einer unmöglichen Sache, eine mögliche. O Teufels-Geld!

Eine adeliche Frau hatte ein bolonensisches Hündel sehr lieb, also zwar, daß sie gewunschen, ihr Hündel möchte nach seinem Tod bei dem Hund in Himmel, welcher die größte Sonnen-Hitz dem Erdboden spendirt, seinen Sitz haben. Rachdem solches durch einen groben Kettenbeisser ungefähr sehr stark verwundet worden, und also wegen dieses zugefügten Schadens hat müssen das Leben lassen, war die adeliche Frau sehr sorgfältig, wie sie doch möchte das liebste Bellerl ehrlich zur Erden bestatten, dahero in eigener Person den Herrn Burgermeister selbigen Orts heftigst ersucht, er wolle doch erstgedachtes ihr liebes Hündel lassen in den mittlern Platz des Rath-Hauses, bei den schönen marmorsteinernen Säulen begraben: ei sagt hierüber der Burgermeister, das laßt sich auf keine Weis' thun, es kann nit seyn, wann es auch der Hund wäre, welcher dem h. Rocho einen Kostherrn abgeben, so konnt man dieß nicht zulassen, ein solches vernunftloses Thier gehöre zum Meister Puffenberger, und seye seine gebührende[230] Begräbniß auf den Raben-Gestädten, es würde seinem Namen ein übler Nachklang erwachsen, dafern er solche Ungebühr sollte zulassen; O Herr Burgermeister, sagte sie, wann er das Hündel hätte gekannt, er würde weit anderst sich lassen verlauten, dann es solche stattliche Gaben an sich gehabt, daß es auch eine Supernumerari-Stelle in dem Magistrat hätte verdient; was? sagt er, das seynd Hunds-Possen, es kann nit seyn, solls nicht seyn können? sagt sie hinwider, indem doch das liebste Närrl so bescheid war, daß es auch kurz vor seinem Tod, in Beiseyn zweier wackern Fleischhacker-Hunde, ein Testament aufgerichtet, auch des Herrn Burgermeisters mit 30 Thaler eingedenk gewest; soll dem also seyn? nit anderst, wann es eine solche Beschaffenheit hat, sagt der Burgermeister, so kanns seyn, gar wohl, pecuniae obediunt omnia, das Geld richtet alles in der Welt.

Eliezer, des Abrahams Bedienter, reist aus, dem Isaak um eine Braut umzusehen, kommt zu dem Haus des Laban, seine Jungfrau Schwester, die Rebekka zu begehren, kaum daß er daselbst angelangt, ist er mit allen höflichen Ehrbeweisungen empfangen worden, incredere benedicte Domini, »herein mein gesegneter des Herrn,« herein, willkomm, hat es geheissen zu tausendmal, niedergesessen, tragts auf, schenkts ein, warts auf, ich erfreue mich des Herrn guter Gesundheit, geschieht mir heute die größte Gnade, das Glück hätt ich mir nit eingebildet, der Herr laß ihms schmecken, was ist meines Herrn sein Anbringen? nit bitten, nur geschafft, ist alles zu Diensten, er ist Patron di Casa; ich, sagt der Eliezer, sollt und wollt die Jungfrau[231] Schwester meinem Herrn Isaak als eine Braut haben, Rebekka, fragte Laban, willst ihn haben? Ja, potz tausend Element, wie sagen die Menscher so geschwind Ja, da war der ganze Heirath-Schluß beisammen, amen boun viaggio. Nach vielen Jahren kommt Jacob, der Rebekka Sohn auch zu dem Laban, auch um eine Braut, und zwar um seine schöne Rachel; aber da ist man sparsam mit den Complementen umgangen, der Willkomm war gar schlecht, das Fiat und Jawort im Arrest, endlich mit harter Mühe ist die Verwilligung geschehen, doch mit dem Beding, daß er sieben Jahre soll dienen, nach verflossenen sieben Jahren muß er er noch andere sieben Jahre dazu dienen, in allem 14 Jahr (das ist zu viel um ein Weib), warum daß des Eliezer sein Begehren so geschwind hat statt gefunden? und des Jacobs seine Bitt so große Beschwerniß gelitten? frag nicht lang, such nicht lang, forsch nicht lang, beim Eliezer hat man frisch Silber und Gold gesehen, prolatis vasis argenteis et aureis etc., beim Jacob aber eine pure Armuth, in baculo meo transivi Jordan, ein knopertes Hand-Pferd von einer Haselnuß-Stauden, und weiter hatte Jacob nichts. Darum heißt es, hast was, so setz dich nieder, hast nichts, so bin ich dir zuwider; wer giebt Gut, Geld, Gaben, der kann alles haben.

Jener saubere Richter wollte zwischen zwei streittigen Parteien kein Urthl sprechen, bis rechtmässige Zeugen vorhanden, und der alsdann den besten Zeugen werde haben, dem solle das Recht zugesprochen werden, einer aus diesen hat der Frau Richterinn (Titl Ihr Gestreng) einen schönen und theueren Mieder-Zeug[232] demüthigst offerirt, die Sach war gewonnen, dieser Zeug hat durchgedrungen, wer halt gut will bauen, muß mehrer Gibs, als Stein brauchen.


Rebus in humanis Regina pecunia nauta est,

Navigat infelix, qui caret hujus ope.


Ein Advocat, fast wie jener, dem der Teufel die Zung abgebissen, hatte an sein Haus einen Mohren, oder Afrikaner malen lassen, dessen geheime Verständniß fast niemand ergründen können, bis endlich ein witziger Kopf die rechte Bedeutung ersonnen, und gesagt, daß ein Mohr oder Afrikaner in lateinischer Sprach Affer genennet werde, welches Wort auch so viel heißt, als bring her, wordurch er wollte an Tag geben, daß sein Haus nur offen stehe demjenigen, welcher was hergeben, herbringen, herschaffen thue, auri sacra fames. O Gold, dir ist jedermann hold.

Die arme bedrängte Wittib mußte also ohne einigen Trost, ja mit unsäglicher Herzens-Wehmuth von der Bühne oder Theatro abtreten, und weiß der liebe Gott, ob ihr nicht solche große Unbilligkeit den Lebens-Faden abgeschnitten. O Gott! o Gott! wo man Wittwen und Waisen so wenig Schutz haltet, kann Gottes Geißel nit ausbleiben; es hat Gott nit allein erhört das Weinen des armen verlassenen Ismael in der Wüste, sondern auch die Zäher der armen verlassenen Waiseln gehen schnurgerad vor das Angesicht Gottes. Kaum daß die Wittib abgewichen, war ein großes Getümmel und hartes Getös von eisernen Ketten, und sahe man bald von zwei Schörganten daher schleppen einen ungefähr dreißigjährigen Kerl, welcher mit niedergeschlagenen Augen daher gangen, daß ein jeder leicht[233] vermuthet hat, er sey von guter Schelm-Art. Nachdem ihn Justinus mit allem Ernst befragt, warum er an so starken Ketten und eisernen Bändern gefesselt sey, gab er ganz unverschamt die Antwort, daß er zwar aus Noth habe dem Herrn Pfarrer zu Frommdorf eingebrochen, als er wegen eines Kreuzgangs abwesend war, und ihm alles Geld hinweg genommen; es habe ihn aber nit wenig verdrossen, daß so viel kleine Münz darunter gewesen, welche vermuthlich der Bauren Opfer-Pfenning waren. Was? sagt Justinus, was? du das? schau, zeichnet anbei mit der Kreide einen Galgen auf die Tafel; schau, sagt er, dieß ist dein Lohn, den tragst davon, daß man den Dieb an lichten Galgen hänget, Justiz und Gerechtigkeit muß geschehen. Der h. Justus ist ein Martyrer, der h. Justinus ist ein Martyrer, der h. Justinianus ist ein Martyrer, die h. Justina ist eine Martyrinn, aber die Justiz ist und muß und soll keine Martyrinn seyn.

Heilig, herrlich, heilsam, himmlisch seynd die Indulgentien und Abläß, welche Gott mehrmalen mit vielen Wunderzeichen bestätiget, massen in der Kirche S. Mariä de Angelis, insgemein Portiuncula genannt, 7 Bischöf den Ablaß verkündiget, einer nach dem andern hinauf gestiegen, und nur wollen auf 10 Jahr die Iudulgenzen ausrufen, gleichwohl alle wider ihren Willen das Widerspiel geredt und mit Francisco übereins gestimmt. Schatzreich, schutzreich, lobreich, liebreich seynd die Indulgenzen. Der heiligmäßige Mann Berchtoldus aus dem Orden St. Francisci hat auf eine Zeit anstatt des Allmosen einem armen Weib auf einem Papier 10 Jahr Ablaß geschenkt, welche er zu[234] Rom erhalten, und ihr anbei befohlen, sie soll einem reichen Handelsmann diese geben, und davor so viel Gold fordern, als dieses Papier im Gewicht hat, der reiche Rabbiner, neben vielem Hohn und Gelächter, legt das Papier auf eine Wagschale, auf die andere einen Dukaten, welcher aber Gewicht halber dem Papier nit gleichte, bis er endlich einen nach dem andern in großer Anzahl mit höchster Verwunderung auf die Wag gelegt, bis das Gewicht ist gleich worden, und just die arme Haut so viel erhalten, als ihr dazumal nothwendig war.

Zu suchen, zu halten, zu verehren, zu preisen seynd die heiligen Indulgenzen. Als ein Priester, mit Namen Firmus, eine große Menge Volk gesehen nach Aquilum in Abrutio reisen, daselbst in der Kirche St. Mariä Collemario den vollkommenen Ablaß zu gewinnen, hat er solche Andacht nur ausgelacht und gesagt, so wenig sey daselbst ein Ablaß, so wenig als der Pfeil, den er in Willens abzuschießen, in dem Stein werde stecken bleiben; worauf er den Bogen gedruckt und der Pfeil ganz tief in den Stein, als in einen Laib Brod eingedrungen, welches den frechen Priester zur Reu und Buß veranlaßt, der nachmals solchen Stein samt dem Pfeil dahin gebracht, allwo er noch zu sehen.

Ein Schatten von Gott, eine Gab vom Himmel, eine Portion von den Verdiensten des Leidens Christi, eine Gewalt von der römischen Kirche seynd die Indulgenzen. Die selige Clara de Agolantibus hat zu Arimini einen vollkommenen Ablaß auf einen gewissen Festtag erhalten, dahero ist öfter geschehen,[235] daß den Tag vor dieser Solennität die Glocken sich selber geläutet.

Es seynd Gott eine Glorie, den Heiligen eine Freud, den Teufeln ein Schrecken, den Sündern eine Hülf, den Seelen im Fegfeuer eine Erlösung die heiligen Indulgenzen. Nachdem der h. Bernardus eine bewegliche Predigt gehalten von den Indulgenzen, welche Papst Eugenius ertheilt, hat er gleich hernach solche Lehr mit Gesundmachung 20 Kranker bestätiget.

Diese Indulgentien seynd heilig und aber heilig, und über heilig, entgegen aber seynd andere Indulgentien, welche der Lucifer und mit ihm alle Teufel geschmidt haben, diese seynd nimiae indulgentiae superiorum, das große Nachsehen der Uebertretung, der große Nachlaß der Straf, das zu weichmüthige Schwerdt zucken, die zu gesparsame Züchtigung bei den Obrigkeiten. Fragst du etwann, welche im Königreich die besten König seyen, im Land die besten Landrichter, in der Republik die besten Regenten, in der Gemein die besten Obrigkeiten, in Klöstern die besten Vorsteher? welche? etwann die Wölf heißen? nein; die Lampert heißen? nein; die Leonhard heißen? die Columban heißen? nein; die Aquilin heißen? nein; seynd zwar Namen, die etwas von Thieren haben, sondern wisse, die besten Obrigkeiten seynd, die Ernst heißen, die Severin heißen, die Hartmanni heißen, diese seynd die besten, welche mit allem Ernst das Böse strafen.

Der Hahn krähet nit allein, sondern er schlagt auch mit Flügeln, der Samaritan hat nit allein Oel in die Wunden gossen, sondern auch Wein, der da[236] beißt. In der Arche des Bunds war nit allein das süße Manna, sondern auch die Ruthen Mosis; Christus der Herr hat nit allein jedermann viel Gutes erwiesen, sondern er hat auch die Rabbiner zum Tempel hinaus gepeitscht; der h. Paulus hat nit allein befohlen, in aller Lieb und Sanftmuth mit den Leuten umzugehen, sogar seine Kinder nennend, sondern er hat auch bestätiget, daß die Kretenser grobe Schliffel, verlogene Gesellen, faule Bärnhäuter und üble Bestien seyn, Cretenses semper mendaces, malae Bestiae, ventres pigri etc., also wird nothwendig erfordert, bei den Gerichten die strafende Justiz, sonst kann die Clementia ein Dementia genannt werden.

Auf dem hölzernen Reichs-Tag, sagt die h. Schrift, haben unter andern auch die Herren Bäume ein Ansuch gethan bei dem Oelbaum, ihm durch einhellige Wahl die Kron anerboten, Deo gratias, sagt hinwieder der Oelbaum, meinem herrlichen Stamm, bedank mich höflichst, daß ihr gleichwohl so große Neigung zu meiner Wenigkeit traget, es steht mir nach Möglichkeit zu vergelten, um euch und euere Kinder, Stauden und Belzer, allein resignire ich wieder auf alle Weis', dann ich bin theils klein von Person, schwach in Gliedern, zum andern bin ich gar zu süß und weichherzig und lind, wie die ganze Welt wohl weiß. Eine Obrigkeit aber muß scharf und ernsthaft seyn. Nunquid possum deserere pinguedinem meam?

Wie Petrus den Malchum zwischen die Ohren gehaut, hat der Herr ihm einen kleinen Verweis geben,[237] auch beinebens befohlen, er soll einstecken; meistens darum, weil Petrus schon ein Geistlicher war, dem Standes halber nit gebührt, mit Degen und Waffen umzugehen, wann er aber wär ein Lands-Fürst oder Richter gewest, bin gar sicher, daß ihm der liebste Heiland nit hätt befohlen, er soll einstecken, sondern vielmehr das Schwert ausziehen, weil nichts nothwendigeres, als das Schwert in Händen halten, das Böse zu strafen.

In den ersten Jahren regierte der König Saul mit solchem Lob, daß im ganzen Land Israel kein Aufruhr, sein Zwiespalt, keine Zertrennung unter den Eheleuten, unter den Burgern, unter den Bauren, sondern Fried beim ersten, Freud beim andern, Frommheit beim dritten anzutreffen; das Land stund in Sicherheit, die Städte in Einigkeit, die Felder in Fruchtbarkeit, alles im Wohlstand, Ruhestand, Glückstand, derentwegen, weil im ganzen Königreich kein Degen, kein Säbel, kein Spieß, kein Dolch, keine Hellebarden, kein Rappier, kein Piquen, kein Springstock zu finden war, als allein in der Hand des Königs war das Schwert. Non est inventus ensis, ant lancea in manu totius populi, excepto Saul. Wann allerseits die Waffen verborgen, die Degen verhüllt, die Gewehr verdeckt, so muß doch immerzu das Schwert in des Richters Hand schimmern, zur Furcht der Missethäter.

Der Achab hat derentwegen so stark eingebüßt und bei dem Allerhöchsten in Ungnad kommen, weil er einem das Leben geschenkt, der sonst den Tod verwirkt, quia dim sit virum dignum morte. Den[238] König Saul hat Gott von der Regierung gestoßen, und ihm mit Grimmen den Scepter aus Handen gerissen, um weilen er gütig und barmherzig gewest, wo er hätt sollen strafen, und einen Ernst brauchen.

Einen solchen hat erzeigt in seiner Regierung Petrus König in Portugal, unter welchem das Königreich also aufgenommen, daß, wo andere mit Kriegs-Empörungen und schweren Bedrängnussen überhäuft waren, dieses alleinig in gewünschtem Wohlstand sich befunden, die Ursach dessen war die genaue Justiz, und forderist der scharfe Ernst, welchen König Peter in Abstrafung der Mißhandlung gebraucht; dieser war so eifrig hierin, daß er an seiner Gürtel stets einen Strick getragen, zum Zeichen der Justiz, und konnt er sich mehrmalen nit enthalten, daß er nit gewaltthätige Händ dem Uebelthäter selbst angelegt. Einem Vornehmen aus seinen Hof-Kavalieren, weil er erfahren, daß er mit einer andern Frau in unziemender Lieb stunde, hat er lassen einen solchen Possen reißen, welchen allhier die Feder aus Ehrbarkeit vertuscht; wann auch ein Strick hätte hundert Gulden gekostet, so wär es ihm nicht zu theuer gewest vor ein Hals-Band eines Diebs. Als einmal ein Sohn seinen Vater geschlagen, ruft er alsobald die Mutter zu sich, beschwört dieselbe hart, er könn es nit glauben, sprach er, daß dieses Kind sey nit von einem andern empfangen, und als sie solches ohne weitern Zwang bekannt, hat er alsobald denselbigen Thäter, ob er schon eine privilegirte Person war, lassen erwürgen. Solche scharfe Justiz und großen Ernst im Strafen hat Gott ihm stattlich belohnt, dann als er nach dem Tod schon[239] lang auf der Bühn kalt gelegen, und bereits die kostbaren Specereien beigebracht worden, womit man den Körper ausschoppt, damit er von der Fäule nicht so bald möge ergriffen werden, ist er mit jedermänniglicher Verwunderung wieder lebendig worden, und alsobald einen Priester lassen zu sich rufen, dem er eine vorhin verschwiegene Sünd ganz bußfertig gebeicht, nachmals, als er genugsam bekennt, daß ihm solche Gnad wegen seiner Justiz und Fürbitt des h. Bartholomäi von Gott sey ertheilt worden, wieder selig entschlafen.

Wohl recht hat einmal ein Prediger, gleich als er auf die Kanzel gestiegen, angefangen zu juchitzen, und fast wie die berauschten Bauern pflegen zu schreien, ju, ju, ju, ju; wahr ist es zwar, sagt er, daß ein Prediger, weil er von Christo Sal terrae, ein Salz der Erde, benamset wird, nit solle, weder in Reden noch in Gebehrden abgeschmackt seyn, aber er könn es nicht lassen, und schrie mehrmal ju, ju, ju; es ist nit ohne, sagt er, daß, gleichwie die Arche des Bunds ein-und auswendig verguldt war, also gezieme es sich, daß ein Prediger nit allein einwendig eines guten Gewissens sey, sondern auch äußerlich eines unsträflichen Wandels, aber er könn es dannoch nit lassen, und schrie noch heftiger als zuvor ju, ju, ju, ju; endlich sagt er: ju, ju, Justitia und Gerechtigkeit, diese ist der Triumphwagen, auf dem der Welt Wohlstand prangt, ju, ju, Justitia ist diejenige Saul, auf welcher Kron und Scepter sicher stehen, ju, ju, Justitia ist diejenige Salbe, womit alles geschmiert, damit es sicher gehe.[240]

Josue, der tapfere Kriegsfürst, hat stattliche Victori und Sieg immerzu gehabt, in seinem Krieg nichts als Glück und Stern erfahren, weil nemlich die Hand Gottes mit ihm, und wo solche ist, kann Menschen-Faust nit geforchten werden. Josue hat sogar mit dem Posaunen-Schall die starken Mauern der festen Stadt Jericho zu Boden geworfen, wie er aber vor das kleine Städtl Hai geruckt, da ist er auf das Stroh kommen; bei Hai, da hat es geheißen: ai, ai, kein Glück mehr, gute Stöß dafür hat er und die Seinigen davon getragen; Gott war nit mehr bei ihm, mit ihm, so lang, und so viel, bis er einen Dieb, benanntlich den Acham, zur billigen Straf gezogen, so bald man diesem den Rest (sonst gebührt ihm Restis) geben, aversus est furor Domini ab eis, alsobald ist der Zorn Gottes von ihnen gewichen. Ju,. ju, Justitia erhalt das Land, stärkt eine Stadt, reiniget einen Markt, verbessert eine Gemein, reut aus das Unkraut, gefallt Gott, erfreut die Engel, verdrüßt die Teufel, ergötzt den Himmel, erquickt die Erde, vereiniget die Menschen, beglückt die Gewerbe, befördert den Frieden, und macht alles gut.

Sophronius schreibt, daß etliche Schiff nach Konstantinopel, nach Alexandria und andere Oerter mit glücklichen Seglen ganz schleunig fortgefahren, ein einiges Schiff aber konnte nit, auch bei aller angewendter Mühe und Arbeit, fortrucken, sondern bliebe stets an einem Ort ganz halsstärrig in die fünfzehn Tag lang, und konnte man dieses so unglückseligen Arrests rechte Ursach nit ergründen, bis endlich ein frommer Ordens-Mann, welcher in besagtem Schiff[241] sein Gebet verricht, die Stimm vom Himmel gehört: mitte foras Mariam, et bene navigabilis, wirf die Mariam hinaus, alsdann wirst du glücklich schiffen. Es war eine in dem Schiff mit Namen Maria, gar ein lasterhaftes Weibs-Bild; so bald man diese in ein kleines Nebel-Schiffel gesetzt, welches mit ihr von Stund an versunken, ist gleich das große Schiff mit allem erwünschten Wind fortgeseglet.

Meine fromme Stadt N., meine volkreiche Stadt N., meine feste Stadt N., dir fallt ein Unglück über das andere auf den Hals, dich züchtiget Gott bald mit der, bald mit dieser Ruthe, willst du die Ursach wissen? mitte foras meretrices, et benè navigabis, keie die leichtfertigen Weiber hinaus, laß die ärgerlichen Schleppsäck ausstreichen, sodann wird es besser hergehen, das üble muß man strafen, sonst ist Gottes Straf zu fürchten. Der Prophet Michäas hat der Stadt Jerusalem die Wahrheit unter die Nase gerieben, als er ohne Scheu aufgeschrien: Nunc vastaberis filia Latronis etc., anjetzo wirst du zerstört werden, weil du den gerechten Jesum aus Kreuz genaglet, und den Bösewicht Barabbam los gelassen, diese so große Unbild bringt dir den Untergang.

Ein Prophet bin ich nit, aber gleichwohl die Wahrheit einem Land, einer Stadt, einer Republik, sing ich auf gleichem Thon, vastaberis, wann man bei dir die Tauben arrestirt, und die Raben privilegirt, vastaberis, wann du die kleinen Dieb aufhängest, und den großen Dieben alles anhängest, vastaberis, wann du die kleine Huesten ausstreichest, und die vornehme hervor streichest, vastaberis, wann du[242] der Armen ihre Verbrechen aufsiehest, und den Reichen ihre Missethat nachsiehest, vastaberis, wann bei dir das Schwert der Justiz rostig ist, so wird bei dir das Glück in schlechtem Glanz stehen, wann bei dir der Galgen leer stehet, so wird das Land voll mit Dieb seyn, wann bei dir die Keichen und Gefängnuß offen stehen, so wird bei dir Glück und Segen hinten stehen. Ju, ju, Justitia muß geschehen und soll geschehen, sagt Justinus, dieser gottvergessene, ehrvergessene und lehrvergessene Dieb muß gehängt werden; gemach, gemach, sagt Mammon, Herr Justin hätt wohl getaugt für einen Essig, es hätt' ihm an der Schärfe nichts gemanglet, gedacht beinebens, gleichwie man die Apothecker-Pillen kann vergolden, also woll er auch diesen schlimmen Vogel, der des Herrn Pfarrer Geld-Kasten purgiret, vergolden, schiebt dahero dem Justino einen Beutel Geld in Sack, worauf das Wetter gleich nachgelassen, und Herr Justin eine goldene Sanftmuth an sich gezogen; es ist wohl wahr, sagt er, mit Menschen-Blut muß man sparsam umgehen, und ist dem Mosi das Schlagen in Felsen nit wohl aufgenommen worden, auch daß man Gott viele Schlacht-Opfer in Galgalis habe geschenkt, sey im alten Testament geschehen. Man könne mit dem quasi flagello, womit der Herr und Heiland im Tempel einen Ernst erwiesen, auch etwas ausrichten, ja weil des Diebs sein Bruder sich so wohl bei Syclos in Ungarn verhalten, so könn er auch stricklos abgehen, hiemit zu einer Warnung, und bei künftiger großer Straf-Bedrohung soll er 14 Tag im Stadt-Graben arbeiten, jedoch dem Profosen seine[243] gebührende Discretion sey vorbehalten, welcher saubere Unteroffizier, auf Anerbietung 6 Thaler, den henkermäßigen Dieb mit sich in seine ganz ehrliche Wohnung geführt, daselbst den Arrest mit Taback-Pfeifen und Wein-Kandel in aller Strenge vollbracht. O verfluchtes Geld!

Der h. Petrus ist einmal, weil er mit seiner Lehr so viel Seelen zu sich gezogen, gefänglich in Verhaft genommen worden, und war der König Herodes gesinnt, nächster Tagen ihn mit dem Schwerdt hinrichten zu lassen, es wollte aber unser Herr, daß Petrus seiner Kirche noch länger sollte vorstehen, schickt demnach einen Engel, welcher Petrum nach abgelösten Ketten, an denen er gefesselt lag, hinaus geführt, so aber dem frommen Papst vorkommen wie ein Traum, wie er aber zum dritten Thor gelangt, und sich allbereits in aller Sicherheit befunden, so sagt er zu sich selbst, nunc scio vere, »jetzt sehe ich wahrhaftig,« daß mich ein Engel erlöset hat; aber mit Erlaubniß mein Peter, wie weist du, daß es ein Engel gewest? vielleicht ists der Stockmeister gewest, der sich deiner erbarmet? oder einer aus seinen Bedienten? oder einer von dem Hofstaat Herodis? scio vere, nein, nein, sagt Petrus, es ist ein Engel gewest, aber woher weißt es? da, da, dahero, wie Petrus zum dritten Thor kommen, so gedacht er, Holla! ich bin gefangen gewest, als ein vermeinter Verführer des Volks, und ist der Sentenz des Tods schon über mich ergaangen, keinen Pfenning Geld hat es mich kost, es ist unfehlbar ein Engel gewest, der mir ausgeholfen; dann wär es ein Mensch gewest, so hätt ich müssen spendiren, kein[244] Geld hab ich; das heißt fürwahr viel geredt, mein apostolisches Haupt, so soll dann das Geld auch können einen aus der Keichen salviren? ja, auch vom Galgen erlösen? ja, auch vor dem Rad behüten? ja, auch vor dem Schwerdt? ja, soll dann das Geld einen können redlich machen? ja, ja, o wie viel hätten sollen vom Sailer Halstuch tragen! wann sie nit gespendirt hätten, o wie viel hätten sollen den obern Hauptstock verlieren, wann sie sich nicht mit Geld hätten auskauft; o wie vielen hätt sollen der Henker auf dem Buckel mit grober Fractur schreiben, wann sie nit wären mit Geld aufzogen! du verfluchtes Geld! Tausendgulden-Kraut und Frauen Münz werden in den Apothecken sehr gelobt, daß sie unterschiedliche Schäden curiren, aber wann man die Sach besser erwägt, so heilen sie gar alle Schäden, und ob schon vor Zeiten der Abgott Mars für stark von den Heiden ist gehalten worden, so dünkt mich dermalen bei den Christen Marsupium viel stärker und mächtiger zu seyn.

Daß der h. Johannes Chrysostomus, insgemein genannt Johannes mit dem goldenen Mund, sehr viel und große Wunder gewürkt, so gar auch nach dem Tod dem Volk zu Konstantinopel den Segen geben, und überlaut aufgeschrien, pax vobis, ist allbekannt, aber daß ein Michael mit dem goldenen Mund, ein Wolfgang mit dem goldenen Mund, ein Ferdinand mit dem goldenen Mund etc., auch viel Wunder sahe würken, bleibt auch wahr, dann wer Gold im Mund hat, und Gold verspricht, und Gold spendirt, der wird nit suspendirt, das ist ein Wunder! wer Gold auf der Zung, und Gold verheißt, und Gold giebt, dem wird seine Schuld[245] gar vergeben, das ist ein Wunder! wer goldene Reden hat, Gold zusagt, und Gold darlegt, dem wird man keine Straf auferlegen, das ist ein Wunder! Mit dem Oel der Genovefä, des h. Eligii, des h. Martini, des h. Raymundi, des h. Tarasii, des h. Niceti, des h. Audomari, des h. Januarii, des h. Sulpitii, des h. Didacii, des h. Cajetani geschehen noch alle Tag große Wunder, aber es ist sich auch nit ein wenig zu verwundern, was die Schmiralien bei Richtern und Gerichten, bei Hof und Hof-Bedienten, bei Aemtern und Amts-Verwaltern, alle Tag, alle Stund auswirken. Der Accusativus gilt nichts, wo der Dativus dazu kommt, die Substanz der Justiz muß vor der Thür warten, wann die Accidentia bei der Audienz seyn, die Gerechtigkeit muß tanzen, wie man auf den Regalien aufspielt, die Frau Billigkeit tractirt man mit dem abesse wann das Interesse bei der Tafel sitzt, o vermaledeites Geld!

Die Hohenpriester haben gesehen, daß Jesus mit dem volo mundare den Aussatz gereiniget. Daß er mit dem respice dem Blinden das Gesicht erstattet, daß er mit dem Epheta den Tauben und Gehörlosen curirt, daß er mit dem surge die Todten erweckt, sie haben gesehen, daß er mit dem bloßen Anblick die Herzen eingenommen, mit der schönen Gestalt die Gemüther zu sich zogen, mit dem Speichel die Blinden sehend gemacht, mit dem Saum der Kleider die Kranken gesund, mit dem Händeauflegen die Todten lebendig, mit dem bloßen Befehle das rasende Meer still, mit wem einigen Schaffen die Teufel flüchtig gemacht etc., welches sie gar handgreiflich konnten zuschreiben einer[246] göttlichen Macht, gleichwohl in Ansehung eines zeitlichen Interesse, welches sie geforchten durch die Lehr Christi zu verlieren, haben sie die Unschuld selbst zum Tod befördert, wider alles göttliches und menschliches Recht, sagt Johannes am 11. Kap. Expedit, ut moriatur unus homo pro populo, ne veniant Romani, et tollant nostrum locum, et loculum sag ich. O Teufels-Geld! du verstoßest alle Gerechtigkeit in der Welt.

So bald obbemeldter Böswicht abgetreten, ist ein gar wackerer, und allem Ansehen nach gar ein tapferer Soldat auf die Bühn' gestiegen, dessen äusserliche Gebärden sattsam an Tag gaben sein Helden-Gemüth und mannbares Herz, kaum daß ihn Justinus ersehen, sagt er zu dem gegenwärtigen Mammon, es mahne ihn dieser tapfere Kriegs-Held an den weltberühmten Kriegsfürsten Rodericum Diez, der ihm auch nach dem Tod nit hat lassen in Bart greifen. Von diesem wird glaubwürdig geschrieben, daß, wie er Anno 1098 in Spanien mit Todt abgangen, dessen er kurz vorhero von dem Apostel Petro bericht worden, habe man seinen Leib nit zur Erden bestättet, sondern mit kostbarem Balsam angestrichen, in der Kirche Petri Cardeniä in einer Seiten-Kapelle beigesetzt; 9 Jahr nach dessen Ableben hat sich was wunderbarliches begeben, da nehmlich in Gegenwart vieler Leut, ein frecher Hebräer zum todten Körper hinzu getreten, und ihm schimpfweis' wollte an Bart greifen, mit beigefügten Hohn- und Spottworten, hui Kerl, sagte er, was ihm weder Christ noch Mohr getraut zu thun, das getrau ich mir, und als er bereits ihn wollte bei dem Bart ziehen, siehe[247] Wunder! da ergreift der vor 9 Jahren verstorbene gottselige Kriegsfürst Rodericus den Degen, zieht solchen fast eine halbe Spann vom Leder, worüber der Jud solchergestalt erschrocken, daß er fast lebenslos dahin gefallen, und als er die entwichene Geister in etwas wieder erholt, in Erwägung, daß Gott seine Christen also verehre, und sie auch nach dem Tod defendire, hat er inständig um die h. Tauf angehalten, und nachmals seine ganze Lebenszeit in gedachter Peters-Kirche einen Diener abgeben. Und ist wohl zu merken, daß man nachmals auf keine Weis' diesem Roderico den Degen hat können aus der Hand reiben, das war ein tapferer Soldat, der sich auch nach dem Tod noch zu defendiren begehrt. Kaum daß diese kleine Geschicht Justinus erzählt, fragt er mit aller gebührender Cortesi diesen Soldaten, was er begehre? seine Antwort war fast kurz und trutzig, wie daß er Commendant sey in der Vestung Fidelsburg, und solche habe der Feind nach geraumer harter Belagerung aufgefordert, er aber sey gesinnt, sich bis auf den letzten Mann zu wehren, und also dem Feind hinaus entbieten lassen, es kann nit seyn. Recht und aber recht, sagt Justinus, ist dieses euer tapfers Gemüth, welches einen unsterblichen Namen verdient, und werth ist, daß es in Ceder geschnitzlet, in Stein eingehauen, und auf Gold geprägt werde, dann bei einem tapfern Soldaten stehet nichts ruhmwürdigers, als die Treu, welche er seinem Herrn geschworen.

Jener wackere Hauptmann zu Carpharnaum hatte so stattliche Soldaten unter sich, daß er selbigen, in Gegenwart Christi, großes Lob nachgesprochen, ich, sagt[248] er, Herr, hab solche Kriegs-Knecht unter meinem Comando, daß, wann ich nur einem sag, vade, so geht er, und wann ich sag, veni, so kommt er, entgegen, sagt der Hauptmann, bin ich auch also beschaffen, sub potestate constitutus, was mein General, mein Obrister gebiet', das vollzieh ich bestermassen, und auf das allertreueste, und solls mich auch den Hals kosten, diese Soldaten Treu hat Christo dem Herrn so wohlgefallen, daß er auf das demüthige Anbringen besagtem Kriegs-Offizier ein Miracul und Wunderwerk gewürkt.

Es sagte einmal einer, ein Sünder ohne Reu, ein Mußquetierer ohne Blei, Karten ohne Säu, ein Pferdstall ohne Heu, ein Metzger ohne Gäu, ein schwäbisch Frühstük ohne Brei, ein Soldat ohne Treu, seynd ein pur lautere Fretterei. Von Polliceri kommt Politicus her, deßwegen dieser viel verspricht, und wenig hält, aber bei einem rechtschaffenen Soldaten die Treu, so er versprochen, muß auch mit Verlust des Lebens, mit Vergießung des Bluts unweigerlich gehalten werden.

Den Urias hat der Kriegsfürst Joab, aus geheimer Ordre des Davids, an den Spitz der Armee gestellt, und an ein solches Ort, wo er augenscheinlich den Tod zu gewarten hätte, wie es dann nachmals nit anderst geschehen, man findt aber nit in der hl. Schrift, daß der tapfere Kriegs-Offizier Urias das geringste Wort wider diese Ordre hätte geredt: Ein anderer hätt seine Schwachheit und Leibs-Unpäßlichkeit vorgewandt, ein anderer hätt sich etwann gestellt, als stoß ihn ein gähes Fieber an, Urias aber ganz beherzt, und mannhaft ohne wenigste Entrüstung vor dem Tod, vollzieht den Befehl, und gedachte, daß kein[249] ruhmwürdigerer Tod sey, als das Leben lassen vor seinem Feind.

Jonathas war treu dem David, der Waffenträger war treu dem Saul, aber noch treuer war jener Commendant zu Coimbra seinem König Sanchio, dieser stattliche Kriegsmann hat eine so harte Belagerung ausgestanden, daß die Innwohner bereits, ohne alle Lebens-Mittel, in solche äußerste Noth gerathen, daß sie so gar das Leder von den Schuhen und Stiefeln vor eine Speis brauchten, und den eigenen Urin für einen Trank nahmen! welches sie dann so weit dahin veranlaßt, daß sie willig entschlossen die Vestung zu übergeben, der Commandant aber wollte solchem Begehren in wenigstem beistimmen, sondern sich auf den letzten Tropfen Blut ritterlich zu wehren; unter währender solchen harten Belagerung stirbt der König Sanchius, nach dessen Tod gedachte Vestung seinem Bruder Alphonso, der sie dazumal belagerte, Erb- und rechtmässig zugefallen, obbenannter tapfere Soldat aber wollte gleichwohl die Schlüssel dem Alphonso nit einhändigen, sondern begab sich nach der Stadt Coimbra, trat daselbst zu dem todten Leichnam des Königs Sanchii, überantwortete ihm die Schlüssel, sprechend: allergnädigister König und Herr, ich habe gethan, wie es einem rechtschaffenen Soldaten gebührt, die Vestung, vermög meines abgelegten Eids, ritterlich verfochten, weilen ich dich nunmehr todt siehe, so übergieb ich dir die Schlüssel, von dem ich sie empfangen, daß Alphonsus aus rechtem Zuspruch solche verlangt, kann er sie aus deinen Händen selbst nehmen.

Es kann demnach gar nit seyn, sagt Justinus,[250] und gereichte es einem tapfern Kriegsmann zum ewigen Schimpf und spöttlichem Nachklang seines Namens, wann er soll seiner Treu vergessen, hat doch der David seinen Scrupel und Gewissens-Wurm empfunden, um weil er dem König Saul ein Fleckel von dem Mantel abgeschnitten, was soll ihm dann ein solcher für ein Gewissen nehmen, daß er dem Kaiser mit seiner Untreu eine ganze Stadt und Vestung abstiehlt? ei wann auch durch ein Wunderwerk die Mauern und Pasteien um die Vestung zu Boden fielen, wie zu Jericho, und sich der ebenen Erd' gleichten, so muß man sich noch wehren, Guraschi!

Ho! ho! gedacht Mammon, wie ist heut der Justinus mit diesem trutzigen Soldaten ein solcher Eisenfresser worden, ich glaub, die zwei Kerl haben aus des großen Alexanders Mund-Becher die Guraschi gesoffen, aber ich bin vergwißt, daß die gewaffneten Männer auf denen Dukaten werden die Victori erhalten, und ist keine Porte einer Vestung so stark, welche solche guldene Pedarden nit einstoßen, greift hierüber in die nächst gestandene eiserne Truhen, hebt aus selbiger einen schweren Sack voll Dukaten, und wirft sie dem Justino also auf den Schoos, daß er schier kein Athem mehr konnte schöpfen, nachdem er sich aber wieder erholt, hat er alsobald andere Saiten aufgezogen, zweifels ohne wegen des goldenen Calfoni, ja, ja, warum nit? es kann seyn, Menschen-Blut ist mit keiner Münz zu bezahlen, warum soll man so vieler Leben also liederlich verschwenden wegen eines Stein-Haufen, des Kaisers Adler wird gleichwohl noch fliegen können, wann ihm schon diese Feder wird ausgerupft,[251] durch solche Uebergab der Vestung wird der liebe Fried beschleuniget, man kann nach etlich Jahren diesen Stein schon wieder in des Kaisers Garten werfen, unterdessen erquickt sie sich mit dem himmlischen Bräutigam, qui pascitur inter lilia etc. O verfluchtes Geld! so vermagst du dann alles in der Welt!

Also hat der tirinesische Bernardinus das feste Schloß zu Mailand um Geld verrathen und übergeben. Also hat Entragius viel Städt in Wälschland verrätherischer Weis' in kurzer Zeit ums Geld verkauft. Also hat Antonius Gabadäus die schöne feste Motta Ruffa um des Gelds willen in dem neapolitanischen Krieg verrathen. Also haben die Franzosen die schöne Stadt Valentiam durch den untreuen Commandanten Donatum Raffagnini mit Gold erobert. Also haben wollen die Soldaten zu Griechischweissenburg um das Geld die Haupt-Festung übergeben, wofern sie nit Paulus Kinisius hätte erwischt, die er nachmals also gestraft, daß einer den andern mußte fressen und aufzehren, dann alle Tag ließ er einen aus ihnen braten, wovon die andern sich speisten; der letzte aber, so übergeblieben, wurde vom Hunger dahin gezwungen, daß er sein eignes Fleisch angegriffen und geschlückt. Also hätt jenes Frauenzimmer die herrliche Stadt Ephesum dem barbarischen König Brenno verrathen wegen viel Goldes und kostbaren Kleinodien, die er ihr versprochen. Also hat Pipus, ein Florentiner und kaiserlicher General, sich durch das Geld bestechen lassen, daß er in Friaul mit seiner ihm anvertrauten Kriegsmacht nichts gericht, dem aber der Kaiser Sigmund zum schuldigsten Recompens und Vergeltung[252] durch Feuer zerlassenes Gold hat lassen in Rachen gießen, als soll er sich mit dem sättigen, nach welchem ihn also gelüstet. Also hat die weitberühmte Reichs-Stadt Straßburg das herrliche Kleinod ihrer Freiheit verscherzet, und aus einer Frau eine niederträchtige Dienstmagd worden, durch das Geld. Also hat Anno 1686 die mit so vielem Christen-Blut theuer erkaufte Haupt-Stadt Ofen, der meineidige Finkenstein wegen des Gelds, dem ottomanischen Erbfeind wieder wollen einräumen. O verfluchtes Geld! du verursachest alle Untreu in der Welt. Darius hat sich tituliret einen König aller Könige. Sapor, König in Persien, hat sich genennt einen Bruder der Sonne, Mond und Sterne. Attila hat sich genennt einen Schrecken der Welt und Geißel Gottes. Solimanus, der ottomanische Monarch, hat sich genennt einen Austheiler der Scepter, diese seynd lauter hohe und stattliche Titel, aber das Geld kann man fugsam nennen einen allgemeinen Herrscher in der ganzen Welt.

Unser liebster Heiland nennet den Teufel einen Wolf, und gar recht. Der h. Petrus nennt ihn einen brüllenden Löwen, und gar recht. Der h. Joannes nennt ihn einen giftigen Drachen, und gar recht. Der h. Paulus nennt ihn einen Seelenfischer, und gar recht. Der h. Ambrosius nennt ihn einen arglistigen Fuchsen, und gar recht. Der h. Vater Augustinus nennt ihn einen Versucher der Menschen, und gar recht. Der h. Bonaventura nennt ihn einen Schmidt alles Uebels, und gar recht. Ich aber nenne den Teufel einen Handschuhmacher, und glaub auch gar recht, dann diese seine Waaren verhandlet er allenthalben,[253] massen es ganz gemein ist und im steten Schwung gehet. Herr schaut, daß ihr mir diese zu wegen bringt, es gilt ein gutes paar Handschuh, wann der Herr mir die Sach durchdringt, so versprich ich ihm ein gutes paar Handschuh. Will der Herr ein paar Handschuh verdienen, so spar er hierinfalls seinen Fleiß nit, verobligier mich mit einem guten paar Handschuh einzustellen, wann ich zu diesem werde gelangen; ei Herr, wegen eines paar Handschuh kann es der Herr schon machen, daß die Sach zu einem Aufschub komme, mein Gegentheil wird derenthalben nit an Bettelstab gerathen, ist es, daß der aus dem Sattel gehebt wird, und mir der Herr durch seine Dexterität seinen gehabten Dienst zuspielt, das gute paar Handschuh wird gewiß nit ausbleiben; Parola, solche Handschuh richten alles aus, wann es schon mehrmal wider Gott, wider den Nächsten, wider das Gewissen, wider alle liebe Gerechtigkeit ist. O verdammte Handschuh!

Moses hat vor diesem mit den Schuhen nicht können zu Gott, der damal im feurigen Dornbusch erschienen, kommen; sondern war vonnöthen, daß er dieselbige ausgezogen: Solve calceamentum de pedibus tuis, etc. Noch viel weniger kann man mit obbenenntem mammonischen Handschuh zum wahren Gott gelangen, dann diese Handschuh beleidigen Gott nicht weniger, als jene eiserne Handschuh des frechen Malchi, wovon das allerheiligste Angesicht Christi einen harten Backenstreich empfangen.

Morus, der gottselige Kanzler in Engelland, hat seines gleichen gar wenig, bei diesem waren dergleichen[254] Handschuh gar unwerth. Als ihm einsmal ein schönes paar silberne Flaschen verehret worden, hat er solche mit dem besten Wein aus seinem Keller lassen anfüllen, und wieder zurück geschickt, mit Meldung, er soll nur schaffen, wann ihm solcher Wein beliebig, sey der ganze Keller zu Diensten. Solches hat auch nachgethan jener stattliche Kavalier Don Pietro de Toledo: Als er sein hohes Amt zu Mailand angetreten, und ihm bald hierauf ein Herr sehr stattliches Wildpret zugeschickt, hat er solches auf das beste braten lassen und zurichten, und wieder mit Dank zurück geschickt, wodurch er sattsam zu verstehen gab, daß ihm mit Schankung nit gedient sey. Dergleichen wackere Gemüther seynd fast so rar und seltsam, als die Ratzen zu Augsburg, wohl aber der meiste Theil der verblend'ten Adams-Kinder trachten nach dem Geld wie der Esau nach dem Linsen-Koch. O verruchtes Metall, durch welches der Prophet Baalam verführt worden, durch welches die Dalila treulos worden, durch welches der Giezi bethört worden, durch welches der Benadad meineidig worden, durch welches so viel wackere Leut zu Schelmen worden.

Anno 1213 hat sich in Frankreich bei einem vornehmen Juden, mit Namen Isaak, eine Christinn für eine Dienstmagd aufgehalten, welche mit der Zeit den jüdischen Irrthum also an sich gezogen, daß sie ihre verdammte Laster-Zung schärfer als das andere hebräische Lottergesind wider Christum und seine heiligen Satzungen gebraucht. Als solche zur h. Oster-Zeit unter anderem Christen-Volk auch das höchste Altar-Geheimniß von des Priesters Hand empfangen,[255] hat sie mit aller Behutsamkeit solche heiligste Hostien in ein Tüchel eingewicklet, ihrem Herrn Isaak als eine besondere Schankung nach Haus gebracht, welche er alsobald in ein Büchsel, worin ein ziemliches Geld lag, eingesperrt, und solches genau, weil ihm dazumalen andere Geschäfte vorgefallen, mit seinem eigenen Ring versieglet; als er nachmals in der Rückkehr gedachtes Büchsel eröffnet, hat er mit höchster Verwunderung und Entsetzung gesunden, daß alles Geld in lauter Hostien sich verkehrt hat, welches ihn dahin veranlaßt, daß er seinen Irrthum und hebräische Sekt verworfen, und samt den Seinigen den wahren Glauben Jesu Christi unsers Heilands angenommen.

Ein sonder großes Wunder, wie billig, gedunkt allen dieß zu seyn, aber in der Wahrheit erfahrt man, daß solches Mirakul bei jetzigem verkehrten Welt-Lauf sich öfters ereignet, weil ja fast alle Tag und Stund das Geld zu einer Hostie wird, und gleichsam wie ein Gott bedient und angebetet wird, auch es seine Allmacht nur gar zu häufig an Tag gibt, massen es auch derenthalben Judas in Tempel geworfen, wie er zum Strang eilte, als gehöre das Geld auch dahin, wo der wahre Allmächtige verehrt wird. Non posuit eos in sterquilinio; sed in templo, quia talibus ut Diis suis de voverat.

Nachdem nun alle von der Bühn oder Theatro herab gestiegen, und Justinus allein mit dem Aurelio oder Mammon geblieben, also haben sich auch diese zwei nicht mehr lang (weil es schon spat an der Zeit, und sie durch viel Wortwechslen ziemlich ermattet) daselbst aufgehalten; sondern nach kurzer, beederseits[256] gehaltener Beurlaubung voneinander gewichen. Bevor sie aber das Theatrum verlassen, ist Justinus in diese Wort ausgebrochen:


Nimirum ingenti congesta pecunia cura

Est Deus, humanas nunc regit ipse vices.


Nach diesem hat die liebe Gerechtigkeit dem Geld die Vorhand vergönnt, und mit allem Unwillen müssen bekennen, daß das Geld allmächtig sey in der Welt.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 3, S. 165-257.
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