Judas, der verfluchte Gesell, wird von einigen gottlosen Leuten gar unter die Heiligen gezählt.

[439] Michael Balbus ein Kaiser und abgesagter Feind der Christen suchte in Allweg den Namen Jesu zu vertilgen, und allerseits gänzlich auszurotten, wie er die Bekenner Christi, absonderlich aber die Geistlichen[439] und Ordenspersonen durch grausame Kerker und Marter theils aus dem Wege geräumt, theis auch ins Elend verschickt, entgegen aber den Juden war er bestermassen zugethan. Unter andern gottlosen Punkten, die er in seinem verstockten Irrthum gehalten, waren auch diese, daß er erstlich die Teufel für eine Fabel und Gedicht glaubt, der doch den größten Teufel im Herzen gehabt. Anderten hielt er alle Leichtfertigkeit und fleischlichen Muthwillen für rechtmässige Sakramente, die Gott selbst eingestellt, forderist aber ist der Aussag und des unverwendlichen Glaubens gewest, daß Judas Iskarioth bereits unter der Gesellschaft der Heiligen sey. Deßgleichen ist auch eine andere Ketzerbrut entstanden, so sie Kajaner genennt worden, diese haben die Lasterthat Judas des Iskarioths nicht allein entschuldiget, sondern sogar dessen verrätherisches Schelmstuck gut geheißen,. als habe er aus purem Eifer den Herrn Jesum verrathen, damit nur das menschliche Geschlecht durch seinen Tod möchte er löst werden. So weit kommt es schon, daß man auch die Bosheit selbst mit dem Mantel der Heiligkeit bedeckt.

Der David hat dem König Saul nur ein Trumm vom Mantel geschnitten, indem er ihm doch gar leicht den ganzen Mantel hätte können hinwegnehmen, gleichwie es der lieben Tugend widerfahren. Diese begab sich einstmals nach Hof, in Willens, daselbst eine Zeit lang zu verharren, damit sie auch allda in bessere Bekanntschaft möchte kommen, und bei den Hofleuten in gutes Ansehen; aber die Sache hat wider alles Hoffen weit anders ausgeschlagen, indem sie nicht allein bei den wenigsten ein gutes Auge erhalten, sondern[440] noch in solchen Unwerth und großen Haß gefallen, daß man sie allerseits die Stiege hinabgeworfen, und ihr noch die Vorsteher den letzten Bescheid mit dem Fuß geben an das Ort, wo die Azorier von Gott seynd gestraft worden. Nach solchem unhöflichen Verfahren zu Hof hat die liebe Tugend, ihre Melancholei und große Gemüths-Entrüstung in etwas zu lindern, sich in das grüne Feld hinaus begeben, und daselbst unter einem schattenreichen Baum eingeschlafen, unterdessen ist die Bosheit, so gleich dazumal mit allerlei schlimmen Burschen alldort spazieren gangen, ganz mäusestill, ja gar wie ein Mauskopf hinzu geschlichen und der lieben Tugend unvermerkt ihren edlen schönen Mantel gestohlen, wovon darnach kommt, daß auf den heutigen Tag die meisten Laster mit dem Tugendmantel daher prangen, und die Laster der Welt wie ein gottloser Judas Iskarioth kanonisirt werden.

Gewiß ist es und unläugbar, daß die muthwilligen Hebräer, dieses unverschämte Lottergesind, auf allerlei erdenkliche Weis mit Christus dem Herrn verfahren in seinem Leiden, dahero auch wohl zu glauben, weil viele unter den Sergeanten ziemlich berauscht gewest, daß sie die gröbsten Zotten auf die Bahn gebracht, und allerlei Schandworte hören lassen, deren aber keiner aus allen vier Evangelisten gedenkt, uns zu einer sondern Lehr und Nachfolg, daß eines Christen Zunge in solchen Wust sich niemals soll einlassen, welches aber leider wenig beobachtet wird nach Aussag des heil. Vaters Augustini? Tanto se putant laetiores, quanto fuerint turpiores etc.

Es ist selten eine Mahlzeit, wobei sich nicht[441] ein unverschämter Possen- oder Zottenreißer einfindet, wenig Traktament werden gefunden, wozu der Esau nicht auch ein Wildprät, verstehe wilde Zotten, spendiren thut. In Samaria, wie solches der syrische König Benadad belagert, so eine solche Hungersnoth entstanden, daß ein Eselskopf um 80 Silberling verkauft worden, ist noch keine Milchsuppe dabei gewest, ja die Noth hat dergestalten überhand genommen, daß man auch das Taubenkoth um theures Geld mußte bezahlen, quarta pars labstercortis columbarum quinque argentis etc. »Das war ein Elend, da man sogar das Taubenkoth für eine Speise genossen.« Dermals, Gott sey höchster Dank, ist die Bedrängnuß und Theurung nicht so groß, aber gleichwohl seynd viel anzutreffen, die immerzu Koth im Maul haben, welches noch einen abscheulichern Gestank hat, als der Tauben etc. Pfui Teufel! vor dem Lazarus, spricht der Evangelist, habe seine eigene Schwester Martha die Nase zugehalten und sich beklagt, daß er allbereits stinke etc. Jam faetat etc. Wann man sollt allemal zu dem Gestank, so einem Zottenkrämer aus dem Maule geht, die Nase zuhalten, wäre es rathsamer, daß man gar ein hölzernes Futteral ließe darüber machen.

Gott hat ganz weislich dem gerechten Altvater Noe die Arche angeben, zugleich auch befohlen, er soll forderist drei Gaden ausser der untersten Senkgrube, machen, damit also das Vieh und die Bestien abgesondert seynd von dem Menschen. Dann es will sich gar nicht schicken, gedachte Gott, daß ein wildes Thier, eine Sau, soll bei den Menschen wohnen, so nach[442] dem Ebenbild Gottes erschaffen. Wann dem also, so schickt es sich noch weniger, so der Mensch gar eine Sauart an sich zieht, und mit dem Maul in stetem Koth und Unflath stecket.

Surius erzählt eine wunderbarliche Geschichte, wie daß der heil. Carilephus habe öffentlich ausgesagt, daß kein Weibsbild auf ewig seine Wohnung und Kloster inwendig sehen werde. Solches hat bei einem frechen Weib, mit Namen Garda, einen so großen Vorwitz verursacht, daß sie sich freventlich unterstanden, Mannskleider anzuziehen, und vor dem Vorsteher des Orts um die Erlaubnuß gebeten, damit sie doch möchte die heilige Wohnung küssen und veneriren; kaum aber daß sie die Pforte erreicht, da ist alsobald der böse und leidige Satan in sie gefahren, und selbe auf eine unaussprechliche Weise geplagt und gepeiniget, unter andern zu einer sondern Straf und göttlichen Rach hat ihr der böse Feind den Kopf gar durch ihre Füße durchgeschwungen, daß sie also hat müssen küssen das Ort alles Unflaths und menschlichen Elends, um, weil sie falscher Weis die heilige Wohnung Carilephi hat das Haupt küssen wollen. Enim ille adegit inter foemora, sicque factum est, ut quae Sacratis liminibus falsa oscula imprimere tentaverat, immundas sui Corporis partes osculari, cogeretur etc. Pfui tausend! da kommt einem jeden das Grausen an; aber hört ein wenig, vielmehr soll dir grausen, ein größerer Eckel soll dir anstoßen, wann du auf der Zunge nichts als Gestank und Unflath trägst, nichts als garstige Zotten und muffende Worte auf die Bahn bringst, und mit dem[443] im Alten Testamente verachteten und verworfenen Wiedhopf den Schnabel stets in Wust und wilden Koth haltest.

Wie Petrus mit dem Angel einen Fisch aus dem Meer gezogen, in dessen Maul er eine silberne Münz gefunden, ist es glaublich, daß er etwan ein Würmlein, eine Mucke, eine Grille, eine Schnacke habe angeködert: Es läßt sich also wohl zuweilen in einem Gespräch etwan eine Schnacke oder andere lustige Grillen zu Ergötzung der Gemüther vorbringen, wann nur solche nicht schmecken nach des verlornen evangelischen Sohns seinen Kostgehern oder Mit-Convictores.

Aber sag her Welt, wie heißest du einen solchen unverschämten Zotten-Zetter? wie taufst du ihn? Er ist ja ein Unflath, ein Saumagen, eine Bestia, ein Wildfang, ein Unmensch etc.? Ja wohl nicht, sagt die Welt, sondern sie canonicirt ihn wie den Judas, sie lobt ihn noch, er sey ein wackerer Kerl, er wisse eine ganze Kompagnie aufzumuntern, es mochte einer alleweil um ihn seyn, Gott hat ihm die Gnad geben, daß ihm alles so wohl anstehet, ein überaus lieber Mensch, ein galanter Mensch; et sic laudatur peccator, et iniquus benedicitur, so weit kommt es schon, daß man auch der öffentlichen Bosheit einen Tugendmantel anmesset.

Wie der Bruder der heiligen Lidwiga mit Tod abgangen, und sehr viel Schulden hinterlassen, auch solche zu bezahlen den Söhnen unmöglich scheinte, also hat die heilige Lidwig ihre von der Frau Mutter verschafften kostbaren Kleinodien alle zu Geld gemacht, womit sie einen großen Beutel angefüllt, alle Schuldner[444] beßtermassen befriediget, gleichwohl hat das Geld nicht um einen Pfenning abgenommen, welches sie veranlasset, daß sie den gedachten Beutel den Jesus-Beutel genennt hat, und zwar ja wunderlich, indem sie so häufig Almosen unter die Armen ausgetheilet, so ist doch das Geld nie gemindert worden, je mehrmalen unter dem Zählen gewachsen. Nicht gar zu viel Jesus-Beutel findet man bei jetziger Welt, wohl aber ziemlich viel Teufels-Beutel, woriun das Geld wächset, aber nicht durch göttliche Mirakul, sondern vielmehr durch den verdammten Geiz.

Jener Gesell hat sich trefflich wohl auf die Partiten verstanden bei dem Hof des großen Königs Nabuchodonosor: Zwar das Stehlen bei Hof heißt jetzund prosperiren. Der König hat ernstlich befohlen, man solle den Daniel, den Antonia, den Missal, den Azar mit Speis und Trank von der königlichen Tafel versehen, weil aber vermög des hebräischen Gesetzes dergleichen Speis und Trank verboten waren, also haben sie ihren Tafeldecker oder Aufwärter ersucht, er möchte ihnen nur Erbes und Linsen geben, samt einem frischen Trunk Wasser, so wollten sie sich darmit schon befriedigen; gar gern, sagt dieser Bediente, es ist zwar unter Lebensstraf verboten, aber euch zu Gefallen gar gern (ei Dieb lüg, nicht ihnen, sondern deinem eigenen Nutzen zu Gefallen), hat demnach der arge Gesell Speis und Trank von der königlichen Tafel allezeit genommen, aber für sich behalten, oder gar gewiß durch alte Weiber zu Geld gemacht, seinen Beutel dadurch wohl gespickt, diesen edlen Kindern aber gleichwohl Erbes und Linsen vorgesetzt. Das geschieht[445] noch wohl öfters bei großen Höfen, wo man alles mit Genügen anschaffe für die unteren Bedienten, aber etliche, die recht beim Brett sitzen, behalten das beste für sich, und setzen das schlechtere auf, ja sie laden noch den Herrn Brunner und die Frau Burgermeisterin von Wasserburg in die Kellerey, verkaufen die Hälfte des Weins, und diese zwey müssen nachmals Lückenbüßer seyn; auf solche Weis kann man prosperiren, und den Beutel schmieren, aber diese seynd keine Jesus-Beutel, sondern Teufels-Beutel, der Geiz das Geld vermehrt hat.

Ihr Gnaden NN., gar ein reicher Herr zugleich, seynd einmal in der Predigt unsers lieben Herrn gewest, da solcher mit seiner gebendeiten Zunge die Herrlichkeit des Reiches Gottes ausgelegt, und weil solche Predigt die meisten Gemüther bemächtiget, also ist nicht weniger hierdurch besagter Herr ebenfalls bewegt worden, darum sich gleich zu Christum gewendt, und mit demüthigen und fast eifrigen Worten denselben angeredet: Magister bone etc. Mein lieber und frommer, was ist dann vonnöthen zu thun, damit ich das ewige Leben erhalte? Erstlich muß man, sagt der Heiland, die Gebot Gottes halten, nachgehends, wann du verlangst mein Jünger und Nachfolger zu werden, so mußt du alles das Deinige verkaufen, und das Geld unter die Armen austheilen etc. Kaum daß solches unser Herr ausgeredet, da ist der Kerl wie ein Wachs erbleicht, hat eine Stirn gemacht, wie ein Hackbrettl, hat die Nase gerumpft, als hätte er dieselbe im Holz-Apfel-Most gebeitzt, contristatus est etc.[446] Das Liedl hat ihm gar nicht gefallen, dann seine Natur war nur zum Nehmen, und nicht zum Geben. Ja, er hoffe in die Gesellschaft des Herrn zu kommen, damit er durch dessen Mirakul konnte sein Geld vermehren, oder wenigst Vice-Procurator des apostolischen Kollegii werden Da wären zwei saubere Schelmen zusammen gekommen, einer hätte die Kassa geschoben, der andere gerupft etc. O wie viel seynd doch dergleichen verblendte Phantasten anzutreffen.

Das Weiblein im Evangelio hat den verlornen Groschen gesucht mit großem Fleiß, mit sonderer Mühe, sie hat ein Licht angezündet, noch mehr: sie hat den Besen in die Händ genommen, noch mehr: sie hat Stühl und Sessel auf die Seite geräumt, noch mehr: sie hat das ganze Haus oben und unten ausgekehrt, noch mehr: sie hat das Kehrkoth gar aus gesucht, bis sie den Groschen gefunden. Diese ist auf einen Groschen gangen, aber mancher Narcissenkopf gehet gar auf einen Pfenning.

Ich kenne einen, der lebt noch, aber wo? Der König Nabuchodonosor ist in solches Elend gerathen, daß er gar wie eine Bestia mußte das Gras fressen, dieser nicht weniger, dann er sucht die verworfenen Salat-Blätter, so die Dienst-Menscher in der Kehr-Butten austragen, fleißig zusammen, und siedet sich diese, O che gusto. Der Jakob im Alten Testament ist auf der Erde gelegen, seynd ihm also die Haar in diesem Bett wenig fedrig worden, wie er die Leiter gegen Himmel gesehen, dieser aber liegt auch nur auf dem Stroh. Aber wer weiß etwan, wann er zeitig wird! O che gustoi. Sein Kleid könnt fast[447] icht schlechter seyn, gar eine schöne Antiquität: er ist zwar zähe, aber sein Kleid ziemlich mirb, und bin sicher, wann er bey dem prächtigen Eintritt des Herrn nach Jerusalem hätte mit dem Volk auch seinen Mantel auf die Straße gelegt, daß der Esel etliche Löcher hätte darein getreten. In Summa: er ißt schlecht, er trinkt schlecht, er kleidt sich schlecht, er liegt schlecht, er beträgt sich schlecht, ist dannoch kein schlechter Narr, dann er ein Mann von etlich tausend Gulden.

Sag her du Welt, was gibst du diesem Gesell für einen Titel? Er ist ja ein Geizhals, ein Geldnarr, ein Judasbruder, ein Batzenjäger, ein Beutelvogt, bei Leibe nicht, sagt die Welt, sie kanonisirt ihn wie den Iskarioth, er ist gar ein guter Wirth, ein gesparsamer Mann, er gibt fleißig auf das Seinige Acht, er verhaust wohl nichts, o was gibt er seinen Kindern für einen guten Vater ab etc. Et sic laudatur Peccator et Iniquus benedicitur etc.

Just ist die Justitz bei der Welt wie ein Spinnengewebe, welches an ein Haus an dem vorgeschossenen Dachstuhl angehängt ist, wann zuweilen eine unbehutsame Mücke oder Fliege darein gerathen, so bleibts schon hängen, so aber ein großer Vogel etwan ein Spatz oder Schwalbe sich darein verschießt, so reißt er das ganze subtile Netz von einander, und gelangt wieder auf frischen Fuß, also pflegt meistens die Weltjustitz nur die armen und gemeinen Leute wegen begangener Verbrechen dem Gesetze nach abzustrafen, die reichen aber und vornehmen Leute seynd fast allemal diszensirt. Der Galgen gehört nur für die kleinen Diebe, die vornehmen aber thut man verehren.[448]

Die Pharisäer samt andern nasenwitzigen Schriftgelehrten führen einmal ein Weib in Mitte des Tempels, allwo unser Herr dem Volk eine eifrige Predigt vorgetragen, und klagen dieselbe an mit allem Ernst, wie daß sie im wirklichen Ehebruch ertappt sey worden, Modo deprehensa etc. Fragen also Christum den Herrn, ob dann solche vermög des mosaischen Gesetz soll versteiniget werden? Hört ein wenig ihr saubern Gesellen, wann ihr besagten Schleppsack in wirklicher Schandthat ertappt habt, wo ist dann er geblieben? Warum führt ihr denselben Ehebrecher nicht ebenfalls zu Christum, zumal das Gesetz Moses beide zu gleicher Abstrafung verdammt? Ho, ho, ich kenne euch Vögel aus dem Gesang. Der Thäter und Ehebrecher war reich, eines vornehmen Stands (dieser Meinung ist auch Liranus), er hat in der Stadt ein vornehmes Amt zu verwalten gehabt, und darum hat man müssen durch die Finger sehen, man hat müssen etwas Uebriges thun, aber das Weib war eine arme Haut, etwan eine Wäscherin, oder eine Näherin oder sonst dergleichen schlechten Stands etc. Daher nur sie zur Straf gezogen worden, dann die Gebot und Gesetz müssen nur die gemeinen Leute halten, mit den reichen und vornehmen hat es im letzten Kapitel eine andere Auslegung. O elende Justitz! du bist wurmstichiger als das aufbehaltene Manna der Israeliter, du hinkest ärger als der Miphiboset bei dem David, du bist mehr verwundt als der Reisende von Jerusalem nach Jericho, du bist mehr gestürzt als die davidischen Gesandten von dem Hanon.

Du Fluß Nil in Egypten bist zu Zeiten[449] Pharaonis, des egyptischen Königs, natürlich so beschaffen gewest, wie dermal die Justitz, der mörderische Monarch, ist ein öffentliches Gebot durch ganz Egypten ausgebreitet worden, daß man unter Lebensstrafe alle neugebornen hebräischen Knäblein soll in den Fluß Nil werfen. O wie viel unschuldige dergleichen Tröpflein hat der unersättliche Nil ertränkt. Wie viel unmündige Kinder haben in diesem Bad das unlängst empfangene Leben müssen lassen, ausser eines nicht, benanntlich der kleine Moses, mit diesem hat der Fluß Nil eine Diskretion gebraucht, aber warum? Es war ja der allgemeine Befehl, der Nil soll alle hebräischen Knäblein ertränken? Freilich, warum nicht auch den Moses? Gemach mit der Sache, da hat es ein anders Aussehen, daß die andern Kinder vermög des königlichen Mandats seynd ertränkt worden, war kein Wunder, da es nur gemeine Kinder gewest, deren Eltern als Ziegler in dem Leim gearbeitet, aber der Fluß Nil gedacht, der Moses wird einmal ein vornehmer Herr werden, ein halber Gott auf Erden, er wird mit den Wassern zu gebieten haben, und sogar das Meer mit der bloßen Ruthe von einander theilen, holla, so muß ich da wohl ein Auge zudrücken, muß lassen Gesetz Gesetz seyn, und eine Manier brauchen. Vexat censura Columbas etc.

Jene saubere Madam des ägyptischen Putiphars ist voller Leichtfertigkeit gewest, der gute Herr glaubte, seine Frau sey eine lautere Susanna, aber das Anna ausgelassen, so bleibt Sus. Er hätte Leib und Seele verpfändt, daß sie ihm treu sey, aber er hat Putiphar geheißen und sie Putana, er glaubte, er sey[450] allein Hahn im Korb, aber! einmal ist das lang verborgene Feuer in eine öffentliche Brunst ausgebrochen, und hat diese von dem keuschen Joseph mit zehn Buchstaben begehrt, Dormi mecum, was wider die Zehn Gebot, sogar ist sie diesem irdischen Engel in den Mantel gefallen, und ihr gottloses Beginnen mit Gewalt gesucht. Der lilienreine Jüngling wußte wohl, daß in solchem Kampf und Streit das Fersengeld die beste Münz sey, läßt demnach den Mantel in den Händen dieser unverschämten Krotte, damit er das Gift von ihr nicht an sich ziehe, und gibt sich in die Flucht. Aus dem besten Wein wird gemeiniglich der schärfeste Essig. Die Lieb hat sich bald bei der Fettel in einen Haß und Rachgierigkeit verwandelt, massen sie mit zerrissenen Haaren, mit verstelltem Angesicht, mit gähnendem Maul zu ihrem Herrn geloffen, der ehrvergessene Joseph, dieser Sklav, auf den er bisher so viel gehalten, habe mit unerhörter Vermessenheit ihr wollen eine Gewalt anthun, und da sey noch sein Mantel etc. Der Herr, als ein verständiger Edelmann und der bei Hof in großem Ansehen, konnte unschwer abnehmen, daß, wann der Jüngling ihr hätte wollen eine Gewalt anthun, so hätte er den Mantel nicht hinten gelassen. Sie war ein zartes Frauenzimmer, die kaum eine Gluffe oder Spinnadel konnte rümpfen, will geschweigen einen so starken Jüngling zu über wältigen, und den Mantel per Force nehmen. Der Signor Putiphar konnte es handgreiflich abnehmen, daß der Joseph recht, sie aber seine Frau unrecht, aber der Narr hatte einen guten Magen, Bon huomo, und weil sie eine[451] vornehme Frau, wanns auch sollt Unrecht haben, so muß man dannoch ihr dießfalls beilegen, einen Respekt brauchen, den Joseph aber als einen gemeinen hergeloffenen Kerl in die Keuche werfen, der Kanaglia weiter kein Gehör geben etc. Ei du saubere Justitz, du verfolgst die Tauben und verehrest die Raben, so da rauben.

Aber meine Welt, ich möchte so gerne wissen, wie du dergleichen Jutitiarios thust nennen, die nur mit den gemeinen Leuten dem Recht gemäß so scharf verfahren, die großen aber und vornehmen exempt machen? Es seynd ja Schänder der lieben Justitz, es seynd ja Blutegel der Armen, es seynd Uebertreter der göttlichen Gebot, es seynd Widersacher des göttlichen Richters, es seynd Räuber des gemeinen Wesens etc. Still, still, sagt die Welt, mit dergleichen Stichreden, das Pferd muß man anderst sattlen, das Kind muß man anderst taufen. Solche Herren seynd wackere Politici, sie wissen eine Diskretion zu gebrauchen, sie wissen weislich durch die Finger zu schauen, sie wissen einen Unterschied zu machen unter einem Zobel und unter einem Schaffell, sie geben dem Adel seinen gebührenden Respekt, seyn wackere Leute, die sich in alle Dinge so stattlich wissen zu richten. »Et sic laudatur Peccator, et iniquus benedicitur: auf solche Weis wird ein Iskarioth kanonisirt, und ein Judas heilig gesprochen.«

Die Melancholei ist des Teufels seine Schwiegermutter, ist ein Gift des menschlichen Lebens, ist eine Portnerin der Krankheiten, ist eine Kupplerin der Verzweiflung, ist des Henkers seine Strickversilberin,[452] ist ein Abriß der Hölle, ist ein Voressen der Verdammnuß, ist ein Supernumerari-Stell der Armen etc. Darum soll der Mensch lustig und allegro seyn. Der heil. Abt Antonius wäre nicht hundert Jahr alt worden, wann er nicht allezeit wäre lustig gewest. Der heil. Paulus, erste Einsiedler, hätte nicht hundert und dreizehn Jahre gelebt, wann er nicht fröhlich und aufgemuntert wäre gewest. Der heilige Romualdus Kamaltulenser hätte wohl nicht hundert und zwanzig Jahr erreicht, wann er nicht lustig und eines fröhlichen Gemüths wäre gewest. Der heil. Philippus Nereus wäre kein so alter Tättl worden, wann er nicht immer wäre allegro gewest etc. »Exultatio Viri est longaevitas, die Freudigkeit eines Mannes bringt ein langes Leben.« Darum, sagt Kosmophilus, seynd wir verwichen trefflich lustig gewest, es hat ein ziemliches feuchtes Wetter abgesetzt bei der guldenen Sonne, sieht doch unser lieber Herr selbst gern trinken, dann zu Kana, nachdem die sechs Krüge Wein schon völlig ausgeleert worden, hat er dieselben mit Wasser ganz eben voll lassen angießen, und solches nachmals in den besten und edelsten rothen Wein verwandelt, da ist erst das Saufen angangen, da ist erst die Gesundheit des Herrn Spenditors steif herumgeloffen etc. Kosmophile, du redest zu viel, und mußt aus Christi Mirakul kein Makul machen; es ist zwar nicht ohne, daß der gütigste Herr durch Interzession seiner gebenedeiten Mutter das Wasser in Wein verkehrt, aber kein Evangelist thut Meldung, daß die Herren Gäste den Wein haben ganz ausgetrunken, vermuthlich ist es wohl, daß ein jeder etwan ein Gläslein[453] von diesem Wunderwein habe genossen, das Uebrige haben sie proportionsweis ausgetheilt, und ein jeder etwas davon mit sich nach Haus getragen zu einer ewigen Gedächtnuß dieses großen Mirakuls, auch einem und dem andern guten Freund zu sondern Gnaden ein oder zwei Tropfen davon kosten lassen.

Gesoffen haben wir, spricht Kosmophilus, daß die Seel in uns herumgeschwommen, und das hat die ganze Nacht gewährt. Mein Kosmophile, bei den Malern seynd sonst die Nachstück in großem Werth, aber dieß gefällt mir gar nicht. Der Psalmist David singt: »daß bei der Nacht die Bestien ihren Rath haben, Posuisti tenebras et facta est nox, in ipsa pertransibunt Bestiae Sxlvae.«

Wohl recht, sagt Kosmophilus, hat auf dem hölzernen Reichstag der Weinstock Kron und Scepter geweigert, und auf keine Weis' wollen Holzkönig werden, dann er gedachte, daß er ohnedas ein großer Herr sey, und fast über jedermann herrsche. Verwichen ist in aller Wahrheit der Wein unser Herr worden, wir haben immerzu die Gläser trippelweis ausgesoffen, und seynd gar wenig Pausen untergeloffen. Der große Limmel Goliath hat von dem kleinen David eins an Kopf bekommen, daß er hievon zu Boden gesunken. Aus uns ist wohl keiner gewest, der nicht ebenfalls im obern Stock hat Schaden glitten. Der Wallfisch konnte den Jonas als einen harten Brocken gar nicht verdauen. Aus uns hat ebenfalls das Maul gestaubt, daß er hätte mögen die Stadtmauern zu Speier einwerfen, es mußte das nächste beste Schaf ein Porzelaingeschirr abgeben. Daß die[454] Apostel unsern Herrn einmal bei der Nacht für ein Gespenst gehalten, Putabant esse Phantasma, ist eine ziemliche Irrung gewest; aber der Johann Plut hat eine Katz für einen Kehrbesen angesehen. Der Ferdinand hat mit der Zunge gar nicht mehr können fortkommen, und nicht anders gestammlet, als hätte er einen ganzen Garnhaspel geschlückt, er hat eine Sprach geredet, welche auch die Faßzieher zu Kalikut nicht verstanden hätten. Der Philipp hat an der Wand und Mauer herum getappt, wie die saubern Gesellen zu Sodoma, so bei dem Loth die Hausthür nicht konnten finden. Der Zacharias ist ein Kassist worden, und hat eine Architektur die Stiege hinab gemacht, in Summa, das Echo von demselben Fest steckt mir noch ein wenig im Kopf.

Sag an Welt, was hältst du von diesem Kosmophilo und seinen Kameraden? Sie seynd ja Schlemmer, Saumagen, Weinschläuch, Trotzbuben, Luder, Lottersgesind, Bestien und keine Menschen, Vollsäufer, Zechjodel, Kandeldrescher, Faßbürsten etc. Ei wohl nicht, sagt die Welt, lustig, gut vertraulich, die besten Brüder, recht wohl auf, eine redliche Kompagnie, ein ehrlicher Gespaß, eine liebe Zeitvertreibung, eine perfekte Rekreation etc. »Et sic laudatur Peccator, et Iniquus benedicitur, auf solche Weis verguldt die Welt das Laster, und setzt dem Iskarioth einen Schein auf.«

Der heil. seraphische Franziskus war auf eine Zeit ein Gast bei einem Mittagmahl, allwo noch mehr gute Freunde zugegen. Unter andern Reden sagte und klagte er, daß er etliche Faß Wein im Keller[455] habe, welche, durch was Unglück sey ungewiß, ganz sauer und fast zu lauter Essig worden, ließ auch zu einer Prob einen Pokal von solchem Sauerampfer herauf bringen, und da solchen der nächste beste gekost, hat er darüber die Nase also gerümpft, daß man geglaubt, es seyen ihm alle Lebensgeister in Essig gefallen. Der heil. Franziskus nimmt ihm den Becher Wein, macht darüber das heil. Kreuzzeichen, und gibt solchen dem Herrn Joannes, als damaligen Kapellan bei St. Kassian und der Nächste, so auf seiner Seite gesessen, dieser kostete nicht allein obenhin den sauren Wein, sondern trinkt ihn rund aus, und bekennt, daß er sein Lebtag keinen bessern und stattlichern Wein habe genossen, ja aller Wein im Keller hat die Säure verlassen, und ganz annehmlich und gustos worden, woraus man leicht konnte wahrnehmen die großen Verdienste und Willigkeit des seraphischen Franziskus.

Bei uns armen Mendikanten stünde solches Mirakul öftermal gar wohl, als die wir den Surium nicht allein in der Bibliothek, sondern auch im Keller haben, aber dannoch wünschte ich mir von dem allmächtigen Gott die Gnade, nicht sauren Wein in süßen zu verwandeln, sondern nur saure Gesichter in süße und freundliche zu verkehren, das wäre ein absonderliches großes Wunderwerk. Es ist einer gewest, mit Namen Aloisius, aber ich glaub, er habe solchen Namen von dem Aloe erpreßt, und weil ein anderer von ihm etwas unbehutsam geredet, und ihm die Ehre und guten Namen nicht zwar gänzlich verschwärzt, sondern nur bloß hart anhaucht, worüber er dergestalten erbittert worden, daß er ihn nimmermehr süß[456] angeschaut, ja der Groll und Widerwille hat dermassen zugenommen in seinem Herzen, daß er sich endlich entschlossen, die angethanen Injuri und Schmach mit dem Degen zu rächen. Ich bemühte mich in allweg, das erbitterte Gemüth zu besänftigen, konnte aber das nicht ausrichten, was der große Mann Elisäus, welcher mit wenig Mehl das bittere Koloquintenkraut versüßt hat. Es werden unterschiedliche Mittel wider die ungestümen Wetter, wider den Donner und Hagel angetroffen, als wie zu diesem in dem Herzogthum Bayern die Haare der heil. Mechtildis, sobald man selbige in die Luft hängt, so fängt der Himmel an ein freundliches Gesicht zu machen. Engelhardus in vita Kap. 31. Die Glocken, so der heil. Benno geweiht hat. Rokko Kap. 21. Die zwei kleinen Glöcklein, welche die Engel samt dem heil. Haus nach Loreto getragen. Petra Sanct. Kap. 4. Das Kreuz zu Karabak in Spanien, ibid. Die Kreuze des hl. Turii Asturia. Pagat. 166. Die Anrufung der hl. Eurosiä einer königlichen Tochter aus Böhmen, so in Spanien von den Mohren um Christi willen gemartert worden. Alle diese seynd immerwährende Mittel wider die Wetter, aber der erzürnte Aloysius hat also gedonnert und gehagelt, daß ich gar kein Mittel angetroffen, solches ungestüme Meer zu stillen. Ich trage ihm ernstlich vor, daß Petrus nicht einen geringen Verweis und Kapitel von dem Herrn empfangen, um, weil er aus guter Meinung zu seinem eigenen Schutz den Säbel gezuckt; wie hoch wird er erst beleidiget werden, wann du Aloysi sollest den Degen umkehren in dem Blut deines Nächsten, für den der Herr[457] Jesus selbst das Blut vergossen. Moses hat sogar das Wasser in Egypten nicht wollen in Blut verkehren, sondern hat solches seinem Bruder Aaron überlassen, dann er gedachte, daß es sich gar nicht wohl schicke, wann er sollte das Wasser in Blut verwandeln, von welchem er doch in dem Fluß Nilo das Leben erhalten. Und das heilige Taufwasser, worin du das Leben deiner Seele bekommen, wolltest du Aloysi mit – fremdem und mit Rach vergossenem Blut besprengen? Sollst du dann ein so großer Ignorant seyn, und an das Ignosce nicht gedenken, welches der Herr Jesus am bitteren Stamm des heil. Kreuzes hat hören lassen, allwo er seine gebenedeite Mutter Maria, dero jungfräuliche Milch Er gesogen in seiner Kindheit, nur Einem Menschen, benanntlich dem Joannes, rekommandirt und anbefohlen, seine Feinde aber, die ihn also bis in Tod verfolgt, gar seinem himmlischen Vater selbsten. O weit mein Aloysi bist du entfremdt von dem großen Gemüth des Kaisers Theodosius, bei dem die Schmeichler und Ohrenblaser vorgebracht, daß einige vermessene Leute sich freventlich unterstanden, seine aufgerichte Statuta oder Ehrenbildnuß mit Steinen zu werfen, worauf der mildeste Monarch mit der Hand über das Gesicht gefahren, und zugleich gesagt, er kenne weder Wunden noch Tippel, sogar keine blaue Weil in dem Angesicht abnehmen oder empfinden etc., wisse also nicht, warum er sich soll rächen.

Es hat sich der Heiland selbst von dem henkerischen Lottersgesind einen wilden und garstigen Fetzen lassen über die Augen binden, damit er zeige, daß er nicht verlange zu wissen diejenigen, so ihm dergleichen[458] harte Backenstreich versetzen. Und du willst noch die wenigen Unbild, so dir dein Nächster angethan, gar mit dem Blut bezahlet haben? Aber mit aller meiner Abmahnung habe ich so viel gerichtet als derjenige, so einen Mohren wäscht. Ein Löw ist wild, ein Bär, ist wild, ein Wolf ist wild, ein Drach ist wild, und doch den ersten hat zahm gemacht die heil. Thekla, den andern der heil. Gallus, den dritten der heil. Norbertus, den vierten der heil. Apostel Matthäus, aber ich habe nichts können richten. Das tobende und wüthende Meer hat Christus der Herr wunderbarlich gestillt, aber ich habe den Zorn des Aloysius nicht können stillen: dieser Egel wollt Blut haben; dieser Igel wollt stechen und verwunden; dieser Strauß suchte Eisen, wie es dann bald der Ausgang gezeigt, dann wie er etliche Tag hernach seinen Gegentheil außer der Stadt angetroffen, hat er denselben mit unbändiger Furi angegriffen, zu einem unvermutheten Blutkampf herausgerufen, und endlich ihm mehr, als Tigerartig den Rest geben.

Was haltest du Welt von einem solchen? Er ist zweifelsohne zu nennen ein Mörder, ein Todtschläger, ein Kains-Bruder, ein Unmensch, ein Blutschwamm, ein Tyrann, ein Nero, ein Höllthier etc. Weit davon, sagt die Welt, zu dem Kopf gehört eine saubere Lauge, zu dem Wetter muß man andere Glocken läuten; Aloysius ist ein Kerl von einer Kourag, Fama, Echo, Ama, das ist, eine adeliche Revange, ein braves Gemüth, ein Stück eines Kavaliers, die Ehr muß durch keinen andern Pemsel reparirt werden, als durch den Degen, solchen Gesellen muß man die Spitze zeigen, Aloysius[459] hat recht gethan, hat ein Lob verdient, sonst hätte er müssen Lettfeigen anstatt des Konfekt essen, er hat die Reputation seines ganzen Hauses erhalten, Vivat etc. Et sic laudatur Peccator, et Iniquus benedicitur etc. Also legt die Welt dem abscheulichen Laster einen schönen Mantel an, also thut sie die wildesten Laster in englisches Tuch kleiden, und folgsam einen Iskarioth kanoniziren und heilig sprechen.

Anno 1639 ist zu Wien in Oesterreich auf dem Wochenmarkt eine ausgestrichen worden mit einem rothsammeten Pelz bis auf die Erde, auf dem Kopf aber war ein zwei Spann langer Fantasch oder Schopf, der sich dann zu einem jeden Streich des Scharfrichters wacker getummelt, und fast gehupft wie der Schweif einer Bachstelze. O mein Gott, wie hab ich mich hierüber erfreut, ich hab derohalben dem Allerhöchsten gedankt, ich hab des Stadtgerichts unversehrte Justitz hervorgestrichen, ich hab in meinem Herzen ganz trostvoll gefrohlockt, dann ich glaubte, diese Madam sey die Kleidermode, und sie also mit Schand und Spott durch einen ganzen Schilling komplimentirt, ja gar zu der Stadt hinaus und völlig aus dem Land geschafft worden, meine Meinung war, sie werde zu Konstanz, auf lateinisch Constantiae, einen ewigen Arrest haben, aber leider! ich bin dermalen in einer großen Irrung gewest, dann es war nur eine, die da anderer Verbrechen halber das Birkenkraut verkost, ja ich hab noch hierüber die Modi ganz frei und frech auf allen Gassen gesehen herumgehen, welches mich nicht ein wenig geschmerzt.

Galliläa hat uns Salvatorem Mundi[460] gebracht, und Gallia Inventorem Modi, o verruchte Modi und verdammte Kleiderpracht, die du noch immerzu im Wachsen und Aufnehmen bist. Das wollene Kleid, welches Maria, die übergebenedeite Mutter, dem fünfjährigen Christus mit eigenen Händen, gemacht, ist mit ihm aufgewachsen, und nach Aussag Masseli 1. 5. in der Farb sich immerzu geändert nach Beschaffenheit der Festtag im Tempel, wann daselbst der Ornat ist roth gewest, so hat ebenmäßig der Rock des Herrn die Purpurfarb angezogen, ist der Aufputz im Tempel blau gewest, sodann ist in gleicher Himmelsfarb das Kleid Christi etc. Ist demnach das Kleid des Herrn Jesu Gott dem Allerhöchsten zu Ehren nie gewest beständig in der Farb, aber dermal hat die muthwillige Kleiderpracht also überhand genommen, daß sie dem Teufel zu Ehren nie beständig ist in der Modi. Ich bin bereits nunmehr ein schlechter Grammatikus, aber ich glaub gleichwohl, dieser sey des Luzifers Modus Imperativus. Eine manche, die auch nicht Mittel hat, will sich gleichwohl in die Modi kleiden; aber wer zahlt die Modi? gar oft heißt es: Modo deprehensa est in adulterio etc. Wie unser lieber Herr ganz prächtig zu Jerusalem eingeritten, indem ihm gegen dreißig tausend Menschen entgegen gangen, so zwar nicht lauter Innwohner der Stadt gewest, sondern die meisten aus dem ganzen Land, welche dazumal der österlichen Solennität halber dahin kommen. Zur selben Zeit haben sich die lieben Apostel ganz eifrig und ehrerbietig gegen den Herrn Jesum gezeigt, und sogar ihre eigenen Kleider, verstehe die Mäntel und äußern Röcke, an Statt der Schabrachen[461] und Decken über den Esel, worauf der Heiland nachmals eingeritten, gestreut, auf diesen Kleidern ist unser lieber Herr gesessen; aber auf den jetzigen Modikleidern sitzt der Teufel, wann schon längst ein frommer Geistlicher zu Mainz in der Kirche gesehen, daß auf dem langen Schweif einer Edelfrau viele Teufel in Gestalt der Ratzen und Mohren getanzt und gefrohlockt, auch durch sein eifriges Gebet so viel ausgewirkt, daß solches das gesamte Volk gleichmäßig wahrgenommen, wie viel tausend höllische Larven werden dann dermal, wo die Pracht weit größer, als zur selben Zeit, tanzen, hupfen, springen, spielen auf den jetzigen Modikleidern, wann es Gott der Allmächtige zuließe, daß wir solche verdammten Geister könnten mit leiblichen Augen sehen, so würden wir ohne Zweifel wahrnehmen, daß solche höllischen Mucken gleich einem Bienenschwarm auf den dermal verfluchten Weiberhauben hängen, ich getraue mir gar leicht ein Spital mit drei tausend armen Leuten ein Jahr hindurch reichlich auszuhalten, wann ich nur jenes Geld hätte, was in Einem Jahr zu Wien für dergleichen Teufelsgipfel verschwendet wird.

So lang Adam und Eva in der Unschuld gelebt, und vor den Augen Gottes gebenedeit gewest, da seynd keine Dörner auf dem ganzen Erdboden gewachsen, sobald er aber samt ihrer so spöttlich gestolpert und das göttliche Gebot übertreten, da hat die vermaledeite Erde die spitzigen Dörner hervorgebracht. Die Welt ist lang und so viel gebenedeit gewest, so lange sie nichts um die Spitze gewußt, sobald aber solche verruchte theure Tracht ist aufkommen,[462] sodann ist sie vermaledeit. Wie viel tausend und tausend Gulden werden nur um dergleichen unnöthigen Dinge verschwendet! Aber gedenkt an mich, ihr elenden Weibsbilder, wie hart diese Spitzen nach dem Tod euch verwunden werden, und versichert euch, daß sie das Haupt unsers Heilands Jesu nicht weniger beleidigen, als gethan hat die von spitzigen Dörnern geflochtene Kron! So stark hat die leidige Kleiderpracht eingerissen, daß aus tausend Personen kaum Eine derenthalben vor dem geheimen Richterstuhl der Beicht sich anklagt, sondern es wird dieser Muthwille in den Kleidern bereits für keine Sünde oder Verbrechen gehalten. O Gott! o Gewissen! weiß man doch bis Dato noch keine andere Ursach, wessenthalben der reiche Mann in dem Evangelium zum Teufel gefahren, als weil er öftere Mahlzeiten gehalten, und sich mehr als standmäßig gekleidet hat. Der heil. Franziskus de Paula, mit ihm der heil. Hyazinthus Prediger-Ordens, mit ihm der heil. Bernardus Senensis Franziskaner-Ordens, mit ihm der selige Hieronymus Rekanatensis Augustiner-Ordens, mit ihm der heiligmäßige Mann Matthäus von Baskio, Kapuziner-Ordens etc., alle diese haben ihre Kappen oder Mäntel auf große Wasser und tiefe Flüsse gebreitet, und auf denselben, als in den sichersten Schiffen, gefahren. Denen haben ihre Kleider Glück und Heil gebracht, aber wehe allen denjenigen, so der übermäßigen Kleiderpracht ergeben! ihnen drohen dergleichen Kleider nichts als das zeitliche und ewige Unheil. Jonas hat sich sehr beklagt, ja so heftig erzürnt über den Wurm, der ihm die schattenmächtigen Kürbisblätter abgebissen,[463] aber der höchste Gott hat sich noch billiger zu erzürnen über den Seidenwurm, welcher manchem sogar das ewige Heil und der Seele Seligkeit hinwegfrißt. Es ist nicht allein jene stolze Frau zu Saona in Liguria Anno 1560 in Gegenwart des gelehrten Kapuziners P. Angeli, der zuvor in der berühmten Schul zu Sarbona Doktor gewesen, vom Teufel lebendig hingeführt worden, um, weil sie eine neue Kleidermodi in die Stadt gebracht, sondern es steigen noch auf heutigen Tag viel tausend Seelen in den Abgrund dieser einigen Sünde halber, da doch leider solcher Mißbrauch schon den Namen einer Sünde verloren.

Anno 1530 seynd zu Nürnberg, Regensburg, Landshut, Eger, Bamberg und mehrern Orten in Deutschland ganz häufige Kreuz erschienen auf den Kleidern der Männer und Weiber, viel häufiger aber auf den Kleidern der Weiber, meistens wegen der unmäßigen Hoffart, so sie doch dazumal nur zu Fuß gangen, jetzt aber sitzt sie gar zu Pferd. Obschon der Zeiten dergleichen Wunderkreuz auf die stolzen verruchten Modikleider nicht fallen, so soll man doch glauben, daß die häufigen Kreuz, mit denen dermal die Welt bedrängt, benanntlich Krieg, Pest, Hunger etc., nichts anders von Oben herunterzieht als die ungeschämte Kleiderpracht. Hat der erzürnte Gott vor diesem schon gedroht durch den Propheten Sophonias seine göttliche Straf, um weil sich die Fürsten und großen Herrn in fremde Kleider vergafft. »Visitabo super Principes etc. Ich will eine Heimsuchung thun über die Kleider des Königs und über alle, die[464] sich mit fremden Kleidern etc.« Um wie viel mehr hat der gerechte Gott anjetz Ursach zu strafen, indem sogar der geringste Grindschippel und schlechteste Kuchelschlapp in französischer Modi daherprangt, es wird bald dazu kommen, daß man auch Schneider-Schulen und Akademien wird müssen aufrichten, damit der Witz und Schneider-Verstand noch bessere Kleider-Inventiones auf die Bahn könne bringen. Dieser Leute ist eine solche Menge zu Wien, daß, wann man alle dero Scheeren sollte zu Harnisch schmieden, man gar leicht ein ganzes Kürassier-Regiment könnte ausstaffiren.

Ecce, da geht eine daher, o wie stattlich und ansehentlich zieht sie auf! der Mando ist Indianisch – Hoch – Zorn – Leib – Farb, die Elle verkauft man zu Venedig, gleich vom Arsenal über, wo der Teufel die Hackbrettel schleift, um 20 Thaler, das Gebräm oder Gallonen, so auf dem Rock stehen, seynd von einer nagelneuen Gattung, und seynd von Syrakus unlängst durch Stafette durch Narrapolis bis nach alt Aquileia geliefert worden, von dannen durch die Handelsleut hieher gebracht. Dergleichen Hauben, wie sie trägt, hat man allhier keine gesehen, und will man sagen, daß die Modi sey kommen von der Prinzipaljungfrau des großtürkischen Seraglio, die Band, so dem Fontasch unterspielen, sollen, glaub ich, gar aus Lugitania seyn geschickt worden, wo die Seidenwürm mit lauter Goldpulver gefüttert werden. Die Schuhe kennt man gleich, daß kein deutsches Leder dabei, dann alle Fußpfade, so sie in die Erde und Sand eindrücken, werden von den Hunden komplimentirt. Das Kleid, alles zusammen, ich will die Kleinodien dermalen umgehen,[465] soll um dreihundert Thaler kaum seyn kauft worden. O mein Gott! o bethörte Welt! o sorgloses Gewissen! o hoher Himmel! was haltest du davon, Christus Jesus in seinen Armen muß nackend und bloß aufziehen, und dieser Mistfink soll also mit Gold überzogen seyn? Glaubt, glaubt sicher, daß einmal die Zeit kommen wird, wo Seide und Sammet sich vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen schämen, entgegen ein schlechter bettlerischer Aufzug den Vorzug haben wird.

Aber sag her, du runde Welt! und sag's rund heraus, was haltest du von dieser aufgeputzten Madam? Sie ist ja des Teufels wohlgeziertes Sattelpferd, sie ist eine gewissenlose Verschwenderin, sie ist eine Kopei der natürlichen Hoffart, sie ist die Herberg selbst der Ueppigkeit, sie ist eine Widersacherin der christlichen Demuth etc. Still, still, sagt die Welt, das Kind hat einen andern Namen, auf dem Hut muß man andere Federn aufstecken, der Wein verdient einen andern und bessern Zeiger. Sie trägt sich nach der Modi, das Kleid steht ihr inniglich schön an, sie ist recht galant in dem Aufzug, sie gehet recht sauber, alles ist bizzar an ihr, die Tracht gibt ihrer hübschen Gestalt erst recht ein Garbo. Ist es halt schön, wann man ehrlich aufzieht, und nicht so schlampend wie eine Tändlerbutte. »Et sic laudatur Peccato, et Iniquus benedicitur,« solcher Gestalt wird ein jedes Laster mit glänzendem Fürneis angestrichen, und setzt die verruchte Welt den verdammten Iskarioth noch in Litanei.

Mir ist was Wunderbarliches verwichener Tage[466] begegnet: als ich Geschäfte halber bin ausgangen, und den Weg bei der Mauth vorbei genommen, da hab ich gesehen, daß ein ganzer Wagen voll Waaren Kontrabant worden, und mit den Ballen und Kisten in die Mauth mit hinein gerathen, der Vorwitz hat mich in etwas gekitzelt, forderist, weil mir die Herren Mauthbeamten nicht unbekannt, daß ich also hineinzugehen mich unterfangen, und war meine erste Frag, was es für Waaren seyn. Die Antwort ist gewest, daß der Handelsmann für lauter Gewissen ausgab; Gewissen? Gewissen sagte ich, ihr Herren, wanns lauter Gewissen ist, so muß mans franko und frei passiren lassen, massen der Allerhöchste selbst das Gewissen frei gelassen. Sie eröffneten den ersten Ballen, da fanden sie nichts anders als lauter Prätext; die Waar, sage ich gleich, kenne ich gar wohl, da ist wohl kein Gewissen dabei, versichere euch.

Absalon bemühet sich auf alle erdenkliche Weis, die gesamten Vasallen des Reichs auf seine Seite zu ziehen, wider seinen lieben Herrn Vater einen allgemeinen Aufruhr und Aufstand zu erwecken, den Vater selbst aus dem Sattel zu heben, und seinem Strobelkopf, auf den er viel zu viel gehalten, die Kron selbsten aufzusetzen. Der Prätext war, das gemeine Wesen in bessern Fortgang zu bringen, die Unterthanen glimpflicher zu halten, die Justitz besser zu befriedigen, aber wo ist euer Gewissen?

Der Doeurs war ein Kriegsfürst bei dem König Saul, war das Haupt der ganzen Armee, anbei der vornehmsten Minister zu Hof, die rechte Hand des Königs etc. Wie dieser Does den elenden Zustand des Königs[467] wahrgenommen, daß er mehrmalen ganz unsinnig und rasend worden, da hat er den Rath geben, man soll den David als einen gemeinen Schafhirten vom Feld nach Hof berufen, derselbe sey über alle Massen erfahren im Harfenschlagen, wann er also für Ihre Majestät werde musiciren, sei ohne Zweifel der Teufel, so wohl die gestimmten Saiten nicht leiden kann, werde eine Ruhe geben. Ein schöner, ein heiliger Rath, David du bleibst dem Doens ewig obligirt, weil er dich aus einem Schaafhirten zu einem Hahn-Musikus promovirt. Ja wohl nicht, die Sach verhält sich weit anders, der Doeus war dem David spinnenfeind, daß er ihn also nach Hof rekommandirt, war nur ein schöner scheinender Prätext, dann der Doeus glaubte, der König werde in seinem rasenden und unsinnigen Zustand dem David den Rest geben, so auch geschehen wäre, wann der fromme David durch Gottes sonderen Beistand nicht wäre auf die Seite gewichen, daß also die Lanze des Sauls in der Wand stecken geblieben. Aber mein Doeus, wo ist das Gewissen?

Der Löw, als König aller Thiere auf Erden, fällt einmal in eine tödtliche Krankheit, die andern Thiere mußten Schuldigkeit halber ihn heimsuchen, es kommt auch der Fuchs, gibt sich für einen Arznei-Erfahrnen aus, greift dem Löwen die Puls: Potz tausend Sack Geld! Ihre Majestät haben ein gefährliches Fieber, aber ich weiß ein stattliches Remedium und Mittel, durch welches Eure Majestät bald wieder zu allgemeinem Trost in die gewünschte Gesundheit setzen wird, was da? Euer Majestät lassen dem Wolf die Haut lebendig abziehen, und machen ihnen Brustfleck[468] daraus, da werden Sie Wunder sehen, wie der Magen, worin das Fieber haftet, sich so geschwind wird einrichten. Ein schöner Rath, der dem König zur Gesundheit beförderlich; aber es ist ein lauterer Prätext, unter diesem wollte der Fuchs machen, daß ihm der Wolf, als sein abgesagter Feind und Widersacher, aus den Augen möchte kommen. O wie oft zu Hof, wie oft bei einem Magistrat, wie oft sogar in einem Kloster, geschieht etwas unter einem guten Prätext; aber wo ist das Gewissen?

Der Herr Mauthner machte einen andern Ballen auf, da waren lauter Fuchs-Bälge darin, er greift hin und her, etwan ein Paketl oder wenigst ein Scarnitzel anzutreffen, wo ein Gewissen darin, aber ich sagte alsobald, er sollte sich nicht umsonst bemühen, dann wo die Arglistigkeiten gefunden werden, da sey selten ein Gewissen anzutreffen. Wann man will in der Welt fortkommen, und sein Intent erreichen, da muß sich einer darein zu schicken wissen. Er muß seyn wie die Rachel, die sich zwar auswendig ihrem Mann zu lieb, als eine Hebräerin gezeigt, unterdessen aber gleichwohl die Götzenbilder unter dem Stroh verborgen.

Ein solcher, der mit dem Lügner schneidt, und mit dem Zornigen reit.

Ein solcher, der mit den Gänsen schnattert, und mit den Katzen hadert.

Ein solcher, der mit den Säufern trinkt, und mit den Geilen stinkt.

Ein solcher, der mit den Hennen gacket, und mit den Fröschen quacket.[469]

Ein solcher, der mit den Lustigen lacht, und mit dem Stolzen veracht.

Ein solcher, der mit den Schafen blärrt, und mit dem Ochsen rährt.

Ein solcher, der mit den Prahlern prahlt, und mit dem Schmahlen schmahlt.

Ein solcher Machiavellus, der wie ein Vellus Gedeonis ist, so bald naß, bald trocken. Ein solcher Mann, der wie ein Manna ist, so bald süß, bald sauer war, wie man es hat wollen haben. Ein solcher, der sich in Allem, in Allem weiß zu akkomodiren, der kommt fort.

Herodes erzeigt den drei weisen Königen aus Orient alle Ehr. Kourtes, ganz kourtes gegen den Kaspar, höflich, ganz höflich gegen den Melchior, freundlich, ganz freundlich gegen den Balthasar, aber gegen alle drei war er nicht treu. Damit er nun sein blutiges Vorhaben möchte werkstellig machen, und den neugebornen Messias aus dem Weg räumen, was thut er? Er nimmt den Fuchsbalg, so meistentheils daß Gallakleid des Wolfes ist, er stellt sich ebenfalls ganz eifrig mit ihnen, ja er thut sie alle drei noch freundlich und höflich ersuchen, sie wollen ihm doch in ihrer Wiederkehr die gewisse Aviso bringen, damit er seine höchste Schuldigkeit ebenmäßig ablege, und den neugebornen Messias anbete, ut et ergo etc.

Es war ein Götzenbild, worin wie gewöhnlich, der böse Feind seine Wohnung hatte, nun hat sich einer befunden, der diesem Götzen wenig Glauben geben, wollte demnach unter die sichere Wahrheit kommen, ob diesem hölzernen Gott zu trauen sey, zu solchem[470] End legte er einen langen Mantel um, darunter er in der Hand einen lebendigen Spatzen gehalten, mit diesem Aufzug erscheint er in dem heidnischen Tempel vor dem Abgott, und fragt ganz keck mit diesen Worten: bist du ein rechter Gott, so sag, ob dasjenige, was ich verborgen in der Hand halte, lebendig oder todt sey? Der arge Gesell gedachte, wann der Götz wird sagen, er sey todt, so zeige er geschwind den lebendigen Spatzen; spricht er aber, daß er lebendig sey, so drückt er dem Spatzen geschwind den Kopf ein, und zeigt nachgehends den todten. Auf solche Art und Weis' wolle er das Götzenbild leicht zu Schanden machen, aber solcher, der mit dem Teufel gefüttert war, wußte den Knopf leicht aufzulösen, gab also keine andere Antwort, als diese, wie du willst, dann in der Wahrheit in seinem Willen gestanden das Leben und der Tod des armen Vogels.

Der in dieser schlauen Welt begehrt fortzukommen, und sein gewünschtes Ziel zu erreichen, der muß nicht offenherzig seyn, der muß das Herz nicht in den Händen tragen, wie man pflegt meinen heiligen Vater Augustinus abzumalen, sondern muß die ganze Sach wissen unter dem Mantel zu halten, sonst wird ihm einer leicht die Spatzen ausnehmen, der muß den Fuchsbalg für ein Spallier halten, dahinter er seinen Schild hängt, damit ein anderer nicht so leicht erfahren kann, was er im Schild führe. Er muß seyn wie das Wirthshaus beim weißen Lämmel, wo der Wirth Herr Wolfgang heißt. Er muß seyn wie die Apothekerpillulen, so von Außen ganz verguldt, inwendig aber eine gallsüchtige Materie haben. Er muß[471] sich wissen in Alles zu schicken, wie ein Schambataschi-Hut. Er muß sich wissen hin und her zu lenken und zu wenden, wie ein Gockelhahn auf dem Thurm. Er muß sich äußerlich stellen wie ein Abel, wann er schon inwendig ist ein Nabal. Er muß die Psalm mitsingen, ob's ihm schon nicht vom Herzen gehet, wann er nur das Gloria recht ertappt. Er muß das Pater noster mitbeten, obschon wider seinen Willen, wann er nur dadurch zum Kredo oder Kredit kommt. Er muß mit der Prozession gehen, obschon nicht gern, wann er nur dadurch den Prozeß gewinnt. Er muß in der Kirche die Knie beugen, ob es ihm schon hart ankommt, wann ihm nur hiedurch wieder auf die Füß geholfen wird. Er muß äußerlich Gott dienen, ob er schon den Teufel im Herzen trägt, wann er nur den Himmel erreicht, wo Glück und Stern haften.

In England befand sich ein Kavallier bei Hof zur Zeit der frommen und gottseligen Königinn Maria, welcher in sehr großem Ansehen war, massen er gleichfalls einen katholischen Eifer und gar auferbaulichen Wandel gezeigt, sobald aber an Statt dieser tugendsamsten Königin die ketzerische Elisabeth zur Kron gelangt, so hat besagter Kavallier auch alsobald die Maschera abgelegt, und einen öffentlichen Ketzer angezogen, welches ihm dann ein stattlicher Vortheil war zur Erhaltung seines Glücks; aber wo ist das Gewissen? wie steht's mit dem Gewissen?

Der Mauthner hat mehrmal einen großen Ballen aufgepackt, aber nichts als allerlei Farben, nicht ein Quintlein von einem Gewissen. O! sagte ich, diese Waar kann man häufig versilbern, dann bei der[472] Welt gar wenig Uebel geschehen, denen man nicht ein Färbl anstreicht.

Herodes hat eine stattliche Mahlzeit gehalten, aber die allerletzte Speis' kann er auf ewig nicht verdauen, Herodes sitzt bei dem herrlichen Panquet, aber bei diesem ist sein Seelenheil pankerott worden; Herodes speist trefflich wohl bei der Tafel, aber was er in der letzten Schüssel hat lassen auftragen, das muß er bei Gott noch ewig auf der Schüssel haben; Herodes war lustig, aber nicht guter Ding, weil er eine verruchte Uebelthat begangen; Herodes bekommt einen Rausch im Kopf, wovon dem Joannes das Haupt wehe gethan; Herodes läßt seines Kebsweibs üppige Tochter vor seiner tanzen, und dem geilen Bock haben die Kapriol so wohl gefallen, daß er ihr mit einem Eidschwur versprochen zu geben, was sie immer verlange, weil sie aber durch Einrathen ihrer gottlosen Mutter das Haupt Joannis in einer Schüssel begehrt, als wollt er ihr solches auf keine Weise abschlagen, ob er schon ungern und mit großer Entrüstung solches zugelassen; da hat es aber bald geheissen, die Farben her, dieser gewissenlosen Tyrannei und unverantwortlichen Mordthat muß man ein Färbl anstreichen? wie da? was da? propter jusjurandum, der gute Herr war skrupulos, und weil er einen Eid geschworen, so wollt er solchen nicht gern brechen, massen es großen Herren, forderist den Königen, sehr übel anständig. Ei ein wohl schönes Färbl.

Die Hebräische Priesterschaft und ganze jüdische Klerus wollt Christus aus dem Wege räumen, der doch der wahre Weg des Lebens war, wollten dieses[473] Licht auslöschen, welches doch einen jeden erleuchtet in göttlichen und himmlischen Sachen, wollte dieses Lämmlein tödten, so doch kommen ist, hinweg zu nehmen die Sünde der Welt, aus einigen Ursachen, weil durch seine neue Lehr ihre Reputation die Schwindsucht bekommen, ihr Interesse das Hinfallen bekommen, ihre Glorie und Lob bei dem Volk die Dörrsucht bekommen, so mußte dann bei diesem die Unschuld selbst für schuldig erkennt, werden, o Vermessenheit! so mußte bei diesem die Heiligkeit selbst für laster- und tadelhaft gehalten werden, o Thorheit! so mußte dann bei diesem der Geber des Lebens das Leben selbst lassen, o Unthat! aber Farben her, schreien die Hohenpriester, schreien die Schriftgelehrten, schreien die Pharisäer, Farben her, schreien alle diese, aber was für eine? gar eine schöne. Expedit, sie waren gar eifrige Seelsorger (scilicet) ihnen war nichts über den Tempel Gottes, also zu vermeiden, daß der Glaube dieses Nazareners nicht weiter einreiße, und gar unter die Römer gerathe, welche ihnen thäten nachmals ins Land fallen, den Tempel zerstören, die Opfer und Gottesdienst verhindern etc. Expetit, so ist es besser, daß er sterbe etc. O wohl eine schöne Farb.

Der Wolf möchte gern ein Lämmlein essen, ob es schon in seinem Kalender nicht Ostertag, aber wie ist die Sache anzugreifen, denkt der Wolf, die Mordthat wird mich allenthalben beschreit machen, ich werde bei allen in einen üblen Ruf gerathen, niemand wird hinfüro mir immer wollen trauen, aber laß sehen, sagt er, nie wäre es, wann ich die Malerkunst thät lernen? Conclusum est, bei dem solls verbleiben, er[474] trifft ein Lämmlein an, welches weit unterhalb des abrinnenden Bachs mit zwei Füßen im Wasser gestanden, da ist der grimmige Gesell alsobald da, lauft mit höchstem Zorn hinzu, reißt, verzehrt das arme Thierlein völlig. Aber was für ein Färblein hat er dieser Uebelthat angestrichen? Dieß allein, daß es, das Lämmlein nämlich, den Bach trübe mache, und also sowohl den Menschen als Vieh den Trank verderbe. Was mehr, etliche alte Weiber, so dazumal die Kirchenwäsch gewaschen, wären in ihrer heiligen Arbeit verhindert worden etc. Ei wohl eine schöne Farb?

Jezabel wußte mit dieser Farb auch umzugehen, Architophel auch, Oza auch, Joab auch, Pharao auch etc.; aber diese alle im alten Testament, im neuen kann man noch besser mit der Farb umgehen, jetzt ist ein guter Firniß erfunden worden, und macht die Farbe schön glänzend, jetzt kann man ganze Krieg führen mit der schönen Farb, daß man die Religion will fortpflanzen, und das Ketzerthum ausrotten: Jetzt kann man ganze Bisthümer an sich reißen, mit der Farb daß es pro – – – – seye; die Simonia ist schon längst leimtränkt gewest, es ist ihr leicht eine Farb anzustreichen etc. Jetzt kann man in Klöstern leicht diesen und jenen aus dem Sattel heben, mit der Farb, er seye bereits einer schwachen Complexion, und also müßte man ihm die Last fernerer Aemter abnehmen, damit er desto längere Lebensfrist genieße, und der Religion mit reifem und weisem Rath besser beistehe, ei wohl eine schöne Farb: auf die scheinbare Ehrfurcht wird ein Färblein gestrichen; auf die öffentliche[475] Verfolgung wird ein Färblein gestrichen; auf die handgreifliche Unterdrückung wird ein Färblein gestrichen, aber wo ist das Gewissen? wie geht es mit dem Gewissen? Nun mein Welt, vor einmal und allemal frag ich dich, was haltest du von dergleichen Leuten, welche mit allerlei Prätext mit allerlei Bemäntelung, mit allerlei Färbelanstreichungen ihr Glück und Vorhaben befördern? Sie seynd falsche Leut, machiavellische Gemüther, vermäntelte Erzschälk, vermascherte Teufel, englische Bestien, verzuckertes Gift, angestrichene Mumien, gefirnißte Betrüger, verguldete Böswicht, untergrabene Gestötten; sodomitische Aepfel, trojanische Roß, verführende Nachtlichter, des Teufels verköderte Fischangel, höllische Prothi etc, bei Leibe nicht, sagt die Welt, zu dem Wetter muß man andere Glocken läuten, zu dem Tanz muß man ein anders Liedl aufmachen, zu der Orgel gehören andere Blasbälg: Alle dergleichen Leut seynd Politici, politicus kommt vom Wort pollio oder polliren her, so nur mit dem äußern Glanz zufrieden ist: politicus kommt vom Wort polus her, welches ein Himmel heißt, der ebenfalls nicht beständig in der Farb. Politicus kommt vom Wort policeor her, so sich allein mit Versprechen aushält: politicus kommt vom Wort poles her, so bei den Malern eine Farb ist. Der Abgott Dagon hat zwar bei unserm allmächtigen nicht viel golten, weil er ein halb Mensch halb Fisch war; den Trunk auf der bittern Kreuzbahn hat der Herr Jesus geweigert zu nehmen, weil er halb Wein halb Galt gewesen; den Hebräern seynd die Kleider verboten gewest, die halb leinen halb wollen gewest. Aber[476] ein politicus muß auf der Welt halb so und halb so seyn, wann er will fortkommen, und solche Leut seynd bescheiden und klug, die können den Segel richten nach dem Wind. die wissen die Feder zu schneiden nach der Schrift; die wissen die Seide zu spinnen nach der Modi: Einfältig gehet nicht bei der Welt; hat doch der Elisäus einen doppelten Geist verlangt; mit den Compositis richten die Herrn Medici mehrer aus, als mit denen Simplicibus: Zu Wien ist die Einfaltstraße hinter der Herrengaße etc. Das ist die schönste Modi, die Welt zu regieren.

O Welt! o Welt! du bist zwar schwer mit Sünden, aber voller Leichtfertigkeit; du bist schwer mit Lastern, aber voller Leichtsinnigkeit; du bist zwar schwer mit Unthaten, aber voller Leichtglauben; du glaubst, was dir der Satan vorschwätzt, und merkest nicht, was Satan zurück heißt, id est natas: Du schwimmst und bist zu allernächst dem Untergang, weil du bereits in deiner Bosheit schon so weit kommen, daß du auch den Lastern einen schönen Tugendmantel anlegest, und den Judam Iscarioth unter die Heiligen zählest: Et sic laudatur peccator et iniquus benedicitur.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ, oder eigentlicher Entwurf und Lebensbeschreibung des Iscariotischen Böswicht. 7 Bände, in: Abraham a St. Claraߣs Sämmtliche Werke, Band 7, Passau: Friedrich Winkler, 1834–1836.
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