Judas, der verzweifelte Verräther und Henker seiner eigenen Person, hat eine schlechte Begräbniß.

[29] Nachdem dieser verruchte Iscarioth das zeitliche Leben durch den Strang geendet, und nachgehends einen Anfang gemacht dem ewigen unglückseligen, so niemals ein Ende nimmt, bald hierauf ist der verdammte Körper, als er vorhero schon das gräusliche Eingeweide den Raben zu einem Konfekt gespendet, auch von dem Baume, woran er sich gehänget, herunter gefallen, aber von keinem, auch seinen vertrautesten Freunden, die letzte Ehre, wie man pflegt zu sagen, gehabt, der ihn nur zur Erde hätte bestattet, oder wenigstens in eine Grube geworfen, welches doch zuweilen einem verreckten Vieh zu Theil wird. Papias Ecumenius und Historia ecclesiastica melden, daß von diesem iscariothischen Aas ein solcher Gestank sey gegangen, daß kein Mensch daselbst konnte gehen, viel weniger wohnen; ja das vernunftlose Vieh hab in selbiger Gegend sich geweigert, die Waide zu nehmen. Gleichwie nun der allmächtige Gott die Gräber seiner Heiligen meistens gar glorreich und herrlich macht, also pflegt er hingegen auch die Gräber der gottlosen und verdammten Menschen sehr verächtlich zu machen.

Ei so friß! Ei so friß! Zur Zeit des heiligen Macarii ist einer gewesen, dem alle Tage ein Faß Wein und so viel Brod, als man aus drei Metzen Mehl kann backen, nicht recht gekleckt hat. Zu Zeiten des seligen Macedonii ist ein Weib gewesen, sonst[30] aus Syria gebürtig, welche alle Tage 30 Hennen verzehrt. Der heilige Guilelmus aus meinem heiligen Orden, bevor er durch den hl. Bernardum ist bekehrt worden, hat auf einmal allezeit mehr Speis und Trank zu sich genommen, als sonst acht starke Kerl damit konnten gesättiget werden. Ei so friß! Aber alle diese Fraß übertrifft die Zeit; diese verzehrt Stein und Bein, verzehrt Leut und Beut, verzehrt Plätz und Schätz, verzehrt Felder und Wälder, verzehrt Bücher und Tücher, verzehrt Lanzen und Schanzen, verzehrt Scheuern und Gemäuern, verzehrt Speisen und Eisen, verzehrt Kron und Thron, verzehrt Alles. Wie viel herrliche, mächtige, große, reiche, weite, starke, schöne, volkreiche Städte sind gestanden und stehen nimmermehr. Wie viel stattliche, künstliche, köstliche, theuere, treffliche, prächtige Palläste und Schlösser sind gestanden und stehen nimmermehr. Wie viel berühmte, wie viel ansehnliche, wie viel kostbare, wie viel wunderschöne Tempel und Kirchen sind gestanden und stehen nimmermehr; sondern anstatt der starken Mauern wachsen Maurachen; anstatt der Palläste sieht man etwan einen Morast; anstatt der schönen Gasse eine öde Straße; anstatt der Gebäu eine Einsiedelei. Alles dieses hat die Zeit verzehrt und aufgefressen, dennoch unter so vielen blutigen Kriegen und so grausamen Verheerungen, unter so vieler Verfolgung ist von der Zeit nicht verzehrt worden, ist übriggeblieben nicht ohne großes Mirakel, das aufgemauerte Grab Christi des Herrn. Wenn solches heilige Grab stünde in Mitte der Christen, so wäre das Wunder nicht so groß; weil es aber in der Gewalt[31] des christlichen Erzfeindes, in den Händen der Heiden, so überall suchen und versuchen Christi Namen, Ehr, und Lehr und Gedächtniß auszutilgen. Dieses ist unter andern Wunderwerken, welche der allmächtige Gott vom Anbeginn der Welt bis auf diese Zeit gewirkt, nicht das geringste, daß sein heil. Grab in Mitte seiner Feinde unverletzt blieb.

Wo ist eine Zunge, die aussprechen kann, wo ist eine Feder, die beschreiben kann, wo ist ein Gedächtniß, das merken kann alle Wunder und Wunderwerk, so schon über 1600 Jahre gewirkt wurden bei dem hl. Grab Christi des Heilandes? Die Erde um das Grab Christi, der Schatten um das Grab Christi, die Luft um das Grab Christi, der Staub um das Grab Christi, die Gegend um das Grab Christi haben bisher Wunderwerk sehen lassen, was ist dann erst zu hoffen von dem hl. Grab selbsten? Unangesehen, daß es in den Händen unserer Feinde ist, gibt es doch kein Königreich, kein Land, keine Provinz her Welt, woraus nicht einige, Andacht halber, reisen zu dem hl. Grab des Herrn. Nazareth, o wie heilig! Bethlehem, o wie heilig! Jerusalem, o wie heilig! Der Oelberg, o wie heilig! Der Garten Gethsemani, o wie heilig! Thabor, o wie heilig! Kalvariberg, o wie heilig! Aber alle diese heiligen Orte übertrifft das Grab Christi nach Aussag des hl. Bernardus.

Baronius schreibt, daß anno 313 eine vornehme Dame mit Namen Kosmiana habe einmal an einem Sonntag bei nächtlicher Weile wollen das hl. Grab besuchen und verehren; es sey ihr aber der Eingang[32] von der Mutter Gottes so ihr sichtbarlich erschienen, verboten worden, weil diese edle Frau eine Ketzerin war. Also gezieme sich nicht, daß eine solche Person soll einen so heiligen Ort betreten.

Desgleichen setzt erstgemeldeter Autor bei, daß ein Fürst in Palästina habe ebenfalls in das h. Grab hineingehen wollen, sey aber mehrmalen von einem großen Widder abgetrieben worden, welcher mit seinen Hörnern dem Fürsten die größte Gewalt angethan, bis endlich dieser in sich gegangen, seine Fehler erkannt, den wahren katholischen Glauben angenommen und seine Sünden bereuet hat. Mein heil. Vater Augustinus betrachtet einerseits die Herrlichkeit des jungfräulichen Leibes Mariä, anderseits erwägt er die Glorie des Grabes Christi, und weiß schier selbst nicht, wem er aus beiden den Vorzug solle geben. Endlich bittet er die Mutter Gottes demüthig um Vergebung, weil er dießfalls den Ausspruch thue auf Seite des Grabes. Gebenedeiet und herrlich, herrlich und gebenedeiet, spricht er, ist der Leib Mariä, weil in demselben gelegen ist der wahre Heiland Jesus; so ist aber eben dieser Welt-Erlöser gelegen in dem Grab; aber aus diesem ist er unsterblich hervorgegangen, aus dem jungfräulichen Leibe aber sterblich. Wie er kam aus dem Leib Mariä, da hat er gleich andern geweint; wie er kommen aus dem Grab hervor, da hat er gelacht und wegen seiner Urständ die ganze Welt erfreut. Demnach ist eines Theils das Grab Christi herrlicher als der jungfräuliche Leib Mariä. –

Rubertus Tuiteni l. 8. de offic. Divi. bemerkt, daß in der großen Stadt Leyden in dem[33] Kloster St. Laurentius daselbst am heil. Samstag in der Charwoche sich dieses Wunder habe zugetragen. Als dazumal die Religiosen bei dem heil. Grab die Antiphonam gesungen. Mulieres sedentes ad monumentum, und etwa ein Religios ein wenig gezweifelt an der glorreichen Urständ Christi aus seinem Grab, da sehe ihm, gedachtem Religios, augenblicklich die Gürtel vom Leibe auf die Erde gesprungen, und wie er sich mit solcher wiederum wollte umgürten, da findet er, daß der Knopf nicht aufgegangen, hörte anbei die Worte:


Sic potuit clauso Christus prodire sepulchro.


Der hl. Evangelist Joannes beschreibt es umständlich, wie daß Magdalena samt andern gottseligen Frauenzimmern sey in aller Frühe zu dem Grab des Herrn kommen, cum adhunc tenebrae essent, da es noch dunkel war, und dennoch sahen sie, daß der Stein vom Grabe hinweggewälzt war; ja sogar sahe man die leinenen Tücher liegen; sie sahen die zwei Engel bei dem Grabe; außerhalb des Grabes war es noch ganz dunkel, und folgsam im Grab, da war es stockfinster. Sie hatten aber weder Lichter noch Fackeln, wie kann es denn seyn, daß sie Alles so genau gesehen? Der hl. Gregor Nüssen löset den Knopf dieses Zweifels auf, und sagt, daß es zwar noch ganz stockfinster gewesen, aber das heilige Grab seye inwendig voller Lichter gewesen, also zwar, daß die Steine und Marmel wie die schönste Morgenröthe geschienen, und hätte dazumal der Diamant müssen mit allem seinem Licht zurück stehen.

So ist denn glorios und herrlich gewesen, und[34] ist noch und wird bleiben das Grab Christi, daher höchst lobwürdig die Andacht der eifrigen Christen, welche mit besonderer Inbrunst die hl. Gräber besuchen. Solche Andacht geschieht forderst mit allgemeiner Auferbaulichkeit bei dem allerdurchlauchtigsten Haus von Oesterreich, bei diesem annoch glücklich regierenden römischen Kaiser, welcher alle Jahr einen halben Tag zu Fuß in Besehung der Gräber zubringt; auch hat dießfalls die Hauptstadt Wien den Preis, ja bei der ganzen Welt den Vorzug, massen alle Jahr viele tausend Gulden Unkosten aufgehen allein in Aufrichtung und Erbauung der wunderschönen Gräber in unterschiedlichen Kirchen, welche Andacht neben andern auch dem Allerhöchsten so wohlgefällig ist, daß er vermuthlich in Ansehung dessen die Stadt Wien mehrmalen aus den größten Gefahren errettet hat, ja immerfort derselben noch mehr aufhilft, daß sie also der herrlichen Gebäude halber keiner Stadt der Welt viel nachgibt. Glorreich ist auch das Grab der übergebenedeiten Mutter Gottes Maria, welches bis auf den heutigen Tag nicht allein von den Christen, sondern auch sogar von den Türken selbst und unter gläubigen Saracenern in größten Ehren gehalten wird, von der Zeit an da diese Himmels-Königinn in Begleitung aller Apostel, so dazumal durch besondere Allmacht Gottes auf eine Stunde von allen Orten der Welt dahin versammelt wurden, außer des Thomas, zu Grabe getragen wurden, worin sie eine kleine Zeit verblieben, und bald mit Leib und Seele ganz glorreich in Himmel gefahren ist. Von dieser Zeit an hat man die Mirakel und Wunderwerke bei dero Grab nie vergraben können;[35] ja es hat sich sogar dieses Wunder ereignet, da diese übergebenedeite Jungfrau auf den Schultern der Apostel mit völliger Musik der Engel zu Grabe getragen wurde, daß ein vermessener Jude sich unterfangen, die Todtenbahre von den Schultern auf die Erde zu werfen, worauf er alsobald wegen seiner begangenen Freiheit gestraft wurde, massen die Hand von dem Arme gewichen und an der Bahre hangen geblieben, bis er endlich solchen Muthwillen bereuet, Vergebung seiner Mißhandlung von der Mutter Gottes gebeten, und wiederum die Hand erhalten. Von dieser Zeit macht der allmächtige Gott noch das Grab seiner heiligsten Gebärerin berühmt mit unzählbaren Mirakeln und Wunderwerken.

Eine aus den vornehmsten Wallfahrten der Christenheit ist zu Valentin in Spanien, insgemein de Puche genannt, allwo ein wunderthätiges Maria-Bild von Stein verehret wird, und schon zu Zeiten der Apostel dahin gebracht worden. Dieses heilige Bildnuß haben die Engel selbst verfertigt aus dem Stein, so auf dem Grab der Mutter Gottes gelegen, wovon bei Franzisco Poilo neben unzählbaren vielen Mirakuln ein mehreres zu lesen.


Sepulchrum Pulchrum.


Ein Nußbaum wird von Jedermann mit Prügeln gegrüßt, desgleichen Petrus; eine Weintraube muß grausam leiden unter der Presse, desgleichen Paulus; ein Getreid wird erbärmlich gedroschen, desgleichen Petrus; ein Flachs wird oft durch die Hechel gezogen, desgleichen Paulus; ein Faß wird allerseits gebunden, desgleichen Petrus; eine Trommel wird meistens[36] geschlagen, desgleichen Paulus; ein Pfeffer wird aller zerstoßen, desgleichen Petrus; eine Erde wird mit Füßen getreten, desgleichen Paulus; ein Strauß muß harte Brocken schlicken, desgleichen Petrus; ein Ball wird hin und her geschlagen, desgleichen Paulus. Petrus und Paulus sind um Christi willen auf der Welt verhöhnt, verspottet, verachtet, verlacht, verfolgt, vertrieben, verklagt, verwundet und ermordet worden. Aber was nach dem Tod? Da hat sich das Blättl umgewendet, das Wetter verändert, das Concept umkehrt, die man vorhero mit Füßen getreten, vor diesen beugt man jetzt die Knie; die man vorher in eiserne Ketten und Bande geschlagen, diesen opfert man jetzt Silber und Gold; die man vorher in finstere Kerker geworfen, baut man jetzt Kirchen und Tempel auf; die man vorher aus der Stadt verwiesen, diesen thut man jetzt stattliche Ehre beweisen; die man vorher verlacht hat, jetzt weint man vor dero Bildniß; die man vorher für Lappen gehalten, brennt man jetzt ihnen zu Ehren Lampen; denen man vorhero das Leben genommen, verehrt man jetzt dero Gräber; über die vorher die Tyrannen verbeint gewesen, ehrt man jetzt dero Beiner. Mausoli Grab ist schabab, Alexandri Grab ist schabab, Agamemnons Grab ist schabab, Pompeji Grab ist schabab, Augusti Grab ist schabab, Nuro's Grab ist schabab, Trajans Grab ist schabab, aber das Grab Petri, das Grab Pauli gilt zu Rom mehr, als alles Gold, was man aus der Erde graben kann; das Grab Petri, das Grab Pauli ist zu Rom heilsamer, als alle Wurzeln die man aus der Erde graben thut; das Grab Petri, das Grab[37] Pauli ist zu Rom in solchem Werthe, daß man dero Abbildung in Silber, in Gold, in Kupfer, in Erz graben thut.


Sepulchrum Pulchrum.


Sollte Jemand ein Chartel haben, größer denn eine Ochsen-Haut, eine Feder, wohlberedter als die Zunge des Demosthenes, ein Alphabet, künstlicher als jenes, dessen sich der bedienet, welcher die ganze Passion auf einen Reichsthaler geschrieben, so erkleckete dennoch dieses Alles nicht, zu verfassen jene Grabschrift, welche von der ganzen Welt verdienet hat der große Blutzeuge und Jünger Christi Bartholomäus, welcher ihm gleichsam mit seiner Hand und Handschrift seines heiligen Lebens und Marter ein unauslöschliches Lob verdienet hat, auch in der gesamten Christenheit billigst sollte roth geschrieben seyen, da der allmächtige Gott selbst sein Grab annoch auf der Welt herrlich gemacht hat, beforderst dann in Asien, allwo besagter heiliger Apostel Bartholomäus die Marter- Krone erhalten. Da die Christen wegen neu entstandener Verfolgung ihre Zuflucht zu seinem Grabe genommen, welches den unglaubigen Heiden also schimpflich vorgekommen, so haben sie den heil. Leib ausgegraben, denselben in einen bleiernen Sarg gelegt, und ins tiefe Meer versenkt, mit dem höhnischen Vorwurf, daß er nunmehr ihr Volk nicht könne verführen. Aber Gott, der auch zu Elisei Zeiten hat gemacht das Eisen schwimmen, hat ebenfalls wollen, daß auch der bleierne Sarg wie ein Schifflein auf dem Meere dahin geschwommen, und endlich an der Insel, Lipparis mit Namen, angelandet, allwo die Einwohner ihn mit höchsten Freuden[38] empfangen, mit unbeschreiblicher Pracht begraben, auch über das Grab einen sehr herrlichen Tempel gebaut haben, woselbst stete Wunderwerke gesehen worden.


Sepulchrum pulchrum.


Dismas, ein Hauptbösewicht und langwieriger Mörder und Räuber hat endlich auch den Himmel geraubt, nachdem er als ein henkermäßiger Gesell an den Galgen des Kreuzes gekommen; aber wie hat er die Sache angegriffen? Die Füße hat er nicht brauchen können, damit er hätte können Wallfahrten gehen; die Hände, so ihm gebunden gewesen, hat er nicht können brauchen, um damit in einem Spital den armen Leuten zu dienen, oder sonst mit denselben häufiges Almosen auszutheilen; seine Lenden hat er nicht können auf eine bußfertige Art mit rauhen Cilicien umgürten. Was Vortheil hat er dann erfunden? Er hat das Kreuz zu einer Kanzel gemacht, er hat einen Prediger abgegeben, er hat seine Mitkameraden angefangen eifrig zu ermahnen, daß sie von ihren Gotteslästereien sollen abstehen und glauben an Jesum Christum, der unschuldiger Weise zwischen beiden hängte. Dieses Werk hat dem Herrn und Heiland also wohlgefallen, daß er ihn derenthalben lebendig canoniciret. Also lehret der hl. Chrysostomus. Hat nun der süßeste Jesus diesem öffentlichen Mörder solches gute Werk also vergolten, indem er doch mit seiner Ermahnung nichts gefruchtet, wie wird dann erst der gütigste Heiland belohnt haben jene Heiligen, welche mit ihrer Lehre und eifrigen Ermahnung so viele zu dem wahren Gott gebracht haben? Unter diese sind forderist zu zählen der hl.[39] Martyrer und Blutzeuge Sebastianus, welcher von freien Stücken, ohne Furcht vor dem tyranischen Kaiser, die Christen, so bereits wegen unmenschlicher Peinigung zu wanken anfingen, zu frommer Beständigkeit ermahnt und angefrischt, also zwar, daß sie mit freudigem Gemüthe und lachendem Munde, mit Lauten und lautern Freuden und Jubelschall zum Tode gingen. Belohnt hat ihn derenthalben der allergütigste Gott nicht allein mit einer ewigen Krone, sondern auch auf der Welt mit einem überreichen Grabe.

In actis S.S. wird geschrieben, daß ein Priester aus Aquitanien sey nach Rom gereist, allwo er, vermöge seines Eifers, alle heiligen Orte daselbst besucht, unter andern eine absonderliche Andacht verricht bei dem Grab des hl. Sebastiani, daselbst auch ein wenig Erde und Staub von dem Grab mit sich nach Hause getragen; unterwegs aber hat es sich zugetragen, daß er Mattigkeit halber unter einem Baum sich niedergelegt, zuvor aber in einem kleinen Binkerl die besagte Erde auf dem Unterast gehängt hat. Nachdem er nun eine gute Zeit im sanften Schlafe zugebracht, wollte er seinen vermeinten Schatz wiederum von dem Aste herunter nehmen. Es zeigte sich aber der grüne Ast dermassen halsstarrig, daß, so oft er nach den Reliquien langte, der Ast allemal von ihm gewichen, deßgleichen auch seinen Kameraden widerfahren, so alle umsonst und vergebens nach dem Ast griffen. Solches Wunder wird alsobald lautmährig, daß folgsam die ganze Nachbarschaft zusammen gelaufen, und keiner aus ihnen konnte den Ast, an dem[40] die Heiligthümer hiengen, auf alle angewandte Weise ertappen, wodurch die frommen Leute veranlaßt worden, daß sie allda eine schöne Kirche dem hl. Sebastiano zu Ehren aufgebaut, allwo noch bis auf heutigen Tag sehr große Wunderwerk geschehen.


Sepulchrum Pulchrum.


Der große Mann Gottes Elias ist mit Roß und Wagen in den Himmel gefahren, welches noch keinem einzigen Heiligen wiederfahren; dem auf freiem Felde ein feuriger Wagen samt feurigen Pferden erschienen, auf welchen er sich gesetzt und folgsam durch einen Sturm (merks wohl per turbinem in coelum) durch einen Sturm in den Himmel gefahren. Dieß soll ein Trost seyn allen bedrängten und mit Kreuz beladenen Menschen, die so manchen Sturm müssen ausstehen, daß nämlich dieß die rechte Weise sey in den Himmel zu kommen. Elias kommt durch einen Sturmwind in den Himmel, aber Stephanus durch Riesel und Schauer. Andere durch Schauer und Steinriesel gerathen in zeitliches Verderben, aber Stephanus ist durch seine Steine steinreich geworden, massen er hiedurch das Himmelreich erworben. Wie der Satan unsern Herrn und Heiland in der Wüste versucht, hat er neben andern auch begehrt, er soll aus Stein ein Brod machen. Dem Teufel ist damals die Sache nicht angegangen; aber wie Stephanus veesteiniget worden, da hat ihm der Herr Jesus die Steine nicht in Brod, sondern gar in Zucker verwandelt: Lapides illi dulces fuerunt; massen ihm diese ganz zuckersüß vorgekommen, in Erwägung der Glorie,[41] so ihm derenthalben der gütigste Gott ertheilen werde. Es hat aber der Allmächtige dem hl. Erzmartyrer Stephano nicht allein die unendliche Glorie des Himmels gegeben, sondern auch sein Grab auf dem Erdboden herrlich und glorreich gemacht. Wie der hl. Leib des großen Erzmartyrers Stephanus hat sollen in ein anderes Grab überführt werden, und man solchen Schatz auf einen Wagen gelegt, woran zwei Maulthiere gespannt waren, so sind diese nicht weiter gegangen als an den Ort Konstantinus genannt, allwo sie beide still gestanden; man wollte sie aber mit harten Streichen zum Weitergehen antreiben, da hat eines aus besagten Maulthieren mit menschlicher Stimme diese Worte in Gegenwart des römischen Pabstes und des gesamten Volkes geredet: »quid nos caedis! Hic Sanctus est collocandus. Was schlagst du uns! es muß der Heilige hier verbleiben.« Ueber solches unerhörte Wunder hat Jedermann die Hand gegen den Himmel gehebt, und Gott dem Allmächtigen gebenedeiet und gepriesen; auch hat bald hernach der Kaiser eine sehr schöne Kirche dem hl. Stephanus zu Ehren daselbst aufbauen lassen.


Sepulchrum, sed pulchrum. S. Cathar. V.M.


Den ehrsüchtigen König zu Sichem, mit Namen Abimelech, nachdem er seine Hände mit dem Blute seiner nächsten Anverwandten gewaschen, und andere mehr dergleichen Mordthaten begangen, hat Gott endlich mit gleicher Münze bezahlt; weil er aus purer Ehrsucht 70 Männer auf einem Steine erwürgte, also ist ihm nachmals auch mit einem Steine der[42] Rest gegeben worden. Aber wie? Abimelech wollte den festen Thurm zu Thebes stürmen, wohin sich sehr viele Leute, Mann- und Weibspersonen retirirt; als er nun im völligen Werke begriffen, da wirft ihm von Oben herab ein Weib ein großes Stück von einem Mühlstein auf den Schädel und zerquetschte ihm das Gehirn: consregit cerebrum ejus. Dieß hat den stolzen Gesellen also geschmerzt, indem ihm ein Weib das Hirn zerbrochen, daß er alsobald seinem Waffenträger befohlen, er soll ihn mit dem Schwerte umbringen, damit man nicht heute oder morgen sagen könne, ein Weib habe ihm den Rest gegeben. O übermüthiger Gesell, es ist gleichwohl zu einem Spott der ganzen Welt kundbar worden, daß dir ein Weib das Hirn zerbrochen.

Aber das ist bei weitem nit so viel, als was Katharina eine zarte Jungfrau gethan, daß diese nit nur einem, sondern gar 50 Männern und berühmten Weltweisen das Hirn zerbrochen; dann diese messen ihnen zu die größte Weisheit der Welt; es hat aber diese zarteste Heldin in einer öffentlichen Disputation dero beigebrachten Lehr also widerlegt, daß sie selbst sich vor überwunden bekennet, und den wahren Glauben Jesu Christi angenommen.

Es hat demnach der allerhöchste Gott diese ihm werthiste Braut wegen ihres so großen Heldenmuths und Beständigkeit, absonderlich in dem Leiden und blutigen Tod nicht allein stattlich belohnt in der ewigen Seligkeit, sondern sogar auch ihr Grab auf der Welt berühmt gemacht.

Der Leib der heil. Jungfrauen und Martyrerin[43] Katharina ist durch die Engel begraben worden auf dem Berg Sinai, allwo noch auf heutigen Tag sehr große Wunder zu sehen. Unter andern ist daselbst ein ewiges Mirakel anzutreffen; dann alle Jahr in der Vigil oder Abend vor dem Fest der heil. Katharinä eine unzahlbare Menge der Vögel als Raben, Wildtauben, Storchen, Kraniche, Alstern und andere daselbst ankommen, und ein jeder Vogel trägt in dem Schnabel ein Oelzweigel mit Oliven, welches sie auf dem Thurm allda niederlegen, wovon die Geistlichen daselbst so viel Oel pressen, daß sie nit allein für ihre Haus-Nothdurft genug haben, sondern damit auch die Lampen erhalten, welche vor dem höchsten Gut und bei dem Grab der heil. Martyrerin und Jungfrau brennen.


So wird auch daselbst auf dem Berg Sinai das große Wunderwerk erzählt, so sich mit dem Bischof Sabinon und gassinensischen Abt Theodoro zugetragen, als solches das Grab der heil. Katharinä wollten besuchen, und bereits bei dem Berg Sinai ankommen, hat sie eine arabische Parthei angegriffen, dero Kameraden alle ermordet, dem Bischof aber samt dem Abt die Ohren, Nase, Zung, Händ und Füß abgeschnitten, damit sie also nach und nach schmerzlicher sterben sollten. Diese beiden aber ungeacht also gestümmelt und verwundet seynd nach aller Möglichkeit zu dem Grab der heil. Katharinä krochen, allwo sie durch dero Vorbitt wunderbarlich in einem Augenblick an allen Gliedern frisch und gesund aufgestanden.


[44] Sepulchrum, sed Pulchrum, S. Stanislai Ep. Cracovi.


In der Apothecke seynd unterschiedliche Spiritus anzutreffen, benanntlich Spiritus Vini, Spiritus Vitrioli, Spiritus Tartari, Spiritus Salis, Spiritus Sulphuris, Spiritus Matrlcalis, Spiritus Hystericus, und viel dergleichen andere mehr, welche alle unter der Medizin gebraucht werden. Aber ein Spiritus ist der Apothecke beim rothen Kreuz, welcher gar widerwärtig einzunehmen, forderist von großen Herrn, dann er bewegt ihnen gemeiniglich die Gall, diesen Spiritus hat der gekreuzigte Jesus versprochen zu schicken; cum autem venerit Paracletus, quem mittam vobis Spiritum veritatis: dieses Spiritus wird genennet der Geist der Wahrheit, solcher erweckt den großen Herren meistens die Gall, daß sie nit ein wenig erbittert werden, wann man ihnen die Wahrheit sagt. Joannes der Täufer hat es erfahren, vor ihm der Prohet Michäas, der Prophet Isaias, der Prophet Jeremias, der Prophet Amos und viele andere mehr etc.

Was Gott der Herr und Heiland einmal der wohlmeinenden Magdalena nach seiner glorreichen Urständ gesagt, noli me tangere, rühre mich nicht an, das muß gar oft die liebe Wahrheit hören von großen Herrn. Die Placentiner haben größern Zutritt bei Hof, als die redlichen Veroneser, ja diese werden oftmal gar aus dem Wege geräumt.

Also ist es ergangen dem heiligen und eifrigen Bischof Stanislaus zu Krakau, welcher mehrmals den gottlosen König Boleslaus in Polen ermahnt, daß er[45] doch von seinem lasterhaften Wandel wolle abstehen; gleich wie nun der Spiegel wohl öfters einbüßt, wann er einem ungestaltenen Gesicht und Larve die Wahrheit zeigt, also hat es auf gleichen Schlag der apostolische Mann erfahren; denn neben andern vorher schon angethanen Unbilden hat ihn der König bei dem Altar lassen ermorden, und sogar dessen Leib zu viel Stück und Trümmer zerfetzen, selbe auf seinen Feldern hin und her ausgestreuet, damit sie von Hunden und wilden Thieren verzehrt würden. Aber Stanislaus thäte bereits schon genießen die verdiente Krone des Himmels; neben dem wollte Gott nit zulassen, daß der Leib des hl. Martyrers soll also entunehrt verbleiben und ohne Grab, sondern schafft alsobald vier großen Adlern, welche die hin und her zerstreuten Glieder dergestalten beschützt, daß kein einziges wildes Thier dieselben durfte angreifen, wodurch viele Geistliche und andere gewissenhafte Leut veranlaßt worden, daß sie dieselben mit aller Ehrerbietsamkeit an einem Ort zusammen getragen, solche nach Gebühr zu begraben. Aber Gott wollte mit einem neuen Wunder den Heiligen berühmt machen, massen dann vor jedermänniglichen Augen alle diese zerhackten Gliedmassen sich also vereiniget, daß ein ganzer vollkommener Leib wiederum daraus worden und nachmals wie noch zu sehen, mit einem herrlichen Grab verehrt worden.


Sepulchra, sed Pulchrum S. Elisii Mart.


Unser Herr laßt sich gar nichts umsonst thun, er belohnt auch das Wenigste, was man ihm erweist. Als er einmal bei Genesaret eine große Menge Volkes[46] angetroffen, so alle eifrig seine Predigt erwartet, da ist er in das Schiffl Petri getreten, dasselbe in etwas von dem Lande gezogen, und nachmals seine heilige Lehre dem Volke vorgetragen.

Nach vollendeter Predigt befiehlt er dem Petro, er soll das Netz auswerfen, so auch geschehen, und hat er eine solche Menge Fische gefangen, daß auch das Netz zerrissen, und weil sie solchen Zug allein nit konnten verrichten anuuerunt Sociis, so haben sie andern ihren Mitkameraden gewunken, daß sie ihnen halfen. Warum aber gewunken? hätten sie dann nicht können das Maul aufthun und schreien? annuerunt; sie gedachten, daß es sich nit schicke und reime, wann unser Herr gegenwärtig, daß man soll reden viel weniger schreien (merkt das ihr Menschen) in der Kirche, wo Gottes Sohn gegenwärtig, geziemt es sich nit zu reden, auch was nothwendig, viel weniger schwätzen und allerlei neue Zeitungen zu erzählen. Wessenthalben aber hat der Heiland Jesus dazumal den Peter mit einem so großen Fischzug regalirt, daß auch zwei Schiffel damit dergestalten seynd ein- und angefüllt worden, daß sie schier Schwere halber versunken? Darum, antwortet Theophilaktus, Gott der Herr laßt sich nichts umsonst thun; weil ihm Petrus sein Schiffel hat geliehen anstatt einer Kanzel, so hat sich der Heiland gleich wiederum dankbar wollen einstellen. Wann nun der gütigste Erlöser die allewinzigste ihm erwiesene Gutthat also belohnet, wie wird er erst belohnet haben die hl. Martyrer und Blutzeugen, welche seinetwegen so heldenmüthig alle erdenklichen Peinen ausgestanden, und zuletzt gar[47] das Leben gelassen? vergolten hat er solches nit allein mit einer unendlichen Glorie, sondern auch auf der Welt mit herrlichen Begräbnussen, wie unter andern von dem hl. Martyrer Elisio zu lesen.

Wie erstgedachter christliche Held durch den Sentenz des abtrünnigen Tyrannen Juliani zum Tod verurtheilet worden, so hat er noch zu einer Gnad begehrt, man wolle doch seinen Leib an einen ehrlichen Ort begraben, worauf Julianus befragt, wo es ihm dann beliebig sey? darauf Elisius seine Augen in die Höhe gehebt und auf einen hohen Berg gedeutet, dort solle und wolle er sein Ruhebettl haben bis auf den Tag der allgemeinen Auferstehung. Julianus, der Tyrann, hat alsobald zu mehrer Pein des Martyrers einen ernstlichen Befehl ergehen lassen, daß man auf keine Weise dessen Leib soll begraben; schimpfte noch anbei, er wolle gern sehen, ob ihn sein Christus werde dahin tragen, wohin er verlangt? Nachdem dem Elisio das Haupt ist abgeschlagen worden, siehe Wunder! da steht der Leib von freien Stücken auf, nimmt sein Haupt in beide Hände, geht den geraden Weg in Begleitung der englischen Musik zu dem Berg, steigt ohne Verweilung bis zu dem höchsten Gipfel hinauf, legt sich auf einen schneeweißen Felsen, welcher alsobald wie ein lindes Wachs gewichen und ihm solchergestalt ein herrliches Grab abgeben.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Dympnae Virg.


Wer Gott dient, dem dient er wiederum, wer Gott verehrt, den verehrt er wiederum, wer Gott gibt, dem gibt er wiederum. Die büßende Magdalena[48] hat vor allen andern den Füßen des Herrn eine große Ehre angethan, indem sie dieselben mit ihren häufigen Zähren gewaschen, und solche Thränen nit anderst als kostbarliche orientalische Perlen über die heiligsten Füße hinab gekugelt, auch nachgehends mit ihren eigenen Haaren, die vorher sattsam zur Eitelkeit gedient, selbe abgetrocknet, also zugleich die Füße und ihre Sünden abgewaschen. Diese große Ehre wollte auf keine Weise der Heiland unvergolten lassen, sondern bei sich alsobald beschlossen, weil sie ihm seine Füße also verehrt, so wolle er gleichmäßig ihren Füßen auch eine Ehre anthun. Aber wann? dazumal wie er glorreich vom Todten auferstanden, da hat er aus allen die Magdalena erwählt, daß selbe soll hingehen, und allerseits, beförderist aber seinen Aposteln, diese glückselige neue Zeitung bringen. Da haben hierdurch der Magdalena Füße die größte Ehre bekommen, alle Schritt und Tritt in diesem Gang seynd höchstens glückselig gewest. Pulcherrimi sunt Pedes Evangelizantium bonum, der Gott verehrt, den verehrt er wiederum. Solches ist absonderlich zu sehen in der hl. Dympna, einer königlichen Prinzessin in Irland, um, weil solche wider allen Willen des abgöttischen Vaters den Glauben Jesu Christi umfangen, auch sich dem himmlischen Gespons durch ein Gelübde der ewigen Jungfrauschaft verbunden, und auf keine Weise in die blutschänderische Heirath ihres eigenen leiblichen Vaters wollte einwilligen; also hat sie dieser grausame Unmensch selbst mit dem Schwerte hingerichtet, worauf Gott der Herr sie nicht allein ewig belohnt, sondern auch mit[49] der Zeit dero jungfräulichen Körper mit einem herrlichen Grab begnadet.

Nachdem wunderbarlicher Weise besagter Jungfrau und Martyrerin Leib ist gefunden worden, da haben die chelenserischen Innwohner erstgedachte heil. Reliquien samt dero steinernen Sarg wollen in ihre eigene Kirche übersetzen, konnten aber auf keine Weise, auch nach aller angewandter Mühe und Arbeit der stärksten Leute, den hl. Leib bewegen, und gedunkte selber gleichsam ein bleierner Berg zu seyn, welches die guten Leute nicht ein wenig befremdet, ja die meisten gar bestürzt gemacht. Eben zu selbiger Zeit erscheint ersterwähnte Heilige einem frommen alten Mütterl, wie daß selbe ihr erstgefallenes Kalb soll in den Karren spannen, und damit ihren Leib in die Kirche führen. Die gute fromme Haut befiehlt alsobald früh Morgens ihrem Sohn, daß er soll ohne fernern Verzug das Kalb an den bestimmten Ort bringen, zu diesem Ende, damit selbes den hl. Leib Dympnä in die Kirche führen soll. Der Sohn lacht die Mutter aus, und rathet ihr, sie soll doch solches Narrenstuck nit begehren, es möchte hieraus ihrer ganzen Freundschaft ein ewiger übler Nachklang erwachsen; weil die Mutter den Ungehorsam ihres Sohnes gesehen, so ist sie selbst samt dem Kalb dahin kommen, aber nicht ohne allgemeinem Gelächter und großer Aushöhnung des gemeinen Pöbels, in Erwägung, daß die alte einfältige Matratze mit einem jungen Kalb wollte führen, was starke Männer und Pferde nicht konnten zuwege bringen; nachdem sie aber mit so beweglichen Worten eine geraume Zeit gebeten, und ihr endlich zugelassen[50] worden, da hat sie mit schlechter Mühe den steinernen großen Sarg auf den Karren geladen, das drei Wochen alte Kalb eingespannt, und folgsam ohne einige Beschwerniß in die so benannte Kirche übergeführt, sowohl mit höchster Verwunderung als gemeinem Trost, an welchem Ort sie noch mit großen Wunderwerken leuchtet.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Amati Confess.


Gott ist so gut, so gut ist Gott, daß er sogar auch dasjenige, was ihm seine vernunftlosen Geschöpfe Gutes erweisen, nit unvergolten läßt. Unser gebenedeite Heiland hat eine absonderliche Ehre empfangen in dem Fluß Jordan, allwo er von seinem Vorläufer Joanne getauft worden; massen dazumal der Himmel sich eröffnet, der hl. Geist als die dritte Person in sichtbarlicher Gestalt einer weißen Taube auf ihn herabgestiegen, die Stimme des himmlischen Vaters thäte öffentlich erschallen, welche Jesum für einen göttlichen Sohn und Welterlöser erkläret. Alles dieses hat sich begeben bei dem Wasser, in dem Wasser, ober dem Wasser des Flusses Jordan. Nun gedachte der gütigste Heiland, daß er bei nächster Gelegenheit sich gegen das Wasser wiederum einstellen wolle, und die so große erzeigte Ehre bestermassen erwiedern, welches auch bald hernach geschehen, als er nit im Feuer, in diesem so hoch schwebenden Element, nit in der Luft, in diesem so aufgeblasenen Element, nit in der Erde, in diesem so goldreichen Schatzkasten und anbei so niederträchtigen Element, das erste sichtbare Mirakel und Wunderwerk auf dieser Welk gewirkt, sondern im Wasser und zwar zu Kana Galiläa, woselbst er bei der Hochzeit[51] das Wasser in den besten Wein, und wie die meisten Lehrer ausgeben, in den besten rothen Wein verkehrt und verwandelt, hiedurch zu vergelten die Ehre, so ihm der Fluß Jordan angethan. Wann dann der gütigste Gott solche Dinge nit unvergolten läßt, sondern auch belohnt, was ihm die verstandlosen Kreaturen, die doch alles freien Willen beraubt, erweisen thun, was werden nit erst zu gewarten haben die frommen Diener Gottes, welche Tag und Nacht den Allmächtigen benedeien und loben? unter solche absonderlich zu zählen ist der hl. Beichtiger Amatus zu Saluderio, einem Marktflecken in dem ariminischen Gebiet, durch welchen Gott sehr viele und große Wunderwerke, in Ansehung seiner großen Verdienste gewirkt hat, also zwar, daß er auch seine Kleider an die Sonnenstrahlen wie an den stärksten Nagel gehängt. Es wollte aber der Allerhöchste auch ihn mit einem herrlichen Grab begnaden; dann wie die Stadt Arimini seinen hl. Leib hat wollen von dem Marktflecken Saluderio zu sich nehmen, und bereits die hl. Gebeine auf dem Wagen geführt worden, da ist der Wagen bei der Hauptkirche erstbenannten Orts also unbeweglich gestanden, daß er auch nach aller angewandter Möglichkeit nit weiter konnte gebracht werden, und als der Bauer, dem der Wagen zugehörig, seinen hölzernen Stecken in die Erde gesteckt, unterdessen zu sehen doch der Fuhre möchte verhinderlich seyn, da hat alsobald dieser ausgedorrte Stab in männiglicher Gegenwart angefangen zu grünen, zu blühen, und auch Frucht zu tragen, daß er, unerachtet Jedermann von ihm rupft und zupft, noch auf heutigen[52] Tag zu sehen, allwo er auch sehr stattlich begraben worden, und annoch mit vielen Wunderwerken leuchtet.


Sepulchrum sed Pulchrum S. Thomae Abbatis.


Wie Christus der Herr einst wegen seiner heil. Predigten eine große Menge Volks nach sich gezogen, und allbereit wahrgenommen, daß die guten Leute vom Hunger nit ein wenig geplagt wurden, da hat er anbefohlen, daß sie sich alle sollen niedersetzen, es waren deren etliche tausend, sowohl Manns- als Weibspersonen, nachmals theilt er die fünf Gerstenbrode und die zwei Fische, so ein Knabe dazumal bei sich hatte, unter das gesamte Volk aus, und sättigte dieselben dergestalten, daß noch 12 Körbe von lauter übergebliebenem Brod angefüllt worden. Es wird eine Frag auf die Bahn gebracht, wer dazumal das Brod unter die Leute ausgetheilt? es ist aber der meisten Aussage, daß solches mit Christo alle seine Apostel gethan, und obschon die Schrift nit meldet, daß bei diesem großen Wunderwerk die Mutter Jesu sey gegenwärtig gewesen, so ist doch sehr vermuthlich, daß sie sich auch dabei habe eingefunden, und zwar das Brod unter die Weiber habe ausgetheilt, gleich wie die Apostel unter die Männer; daß aber die Apostel das Brod nit haben dürfen unter die Weiber austheilen, wollte der Herr und Heiland hiedurch andeuten und zu verstehen geben, daß auch heilige und vollkommene Männer mit den Weibern nit sollen viel Gemeinschaft haben; massen der selige General Jordanus zu sagen pflegte, daß die Erde gut sey und[53] auch das Wasser gut sey, wann sie aber beide zusammen kommen, so werde gleichwohl ein Koth daraus.

Das hat neben andern beobacht der selige Abt Thomas; nachdem solcher wegen gewisser Geschäfte seines Klosters nach Theopolim verreist, da ist er zu Daphne mit Tod abgangen, allwo er als ein unbekannter Fremdling, den gemeinen Leuten gleich, begraben worden. Den andern Tag hierauf hat man gleichfalls ein armes Weib eben in dieses Grab gelegt, so aber in der ersten Nacht wiederum heraus geworfen worden, und wie solche auch das andermal hinein gelegt worden, da hat mehrmal die unwillige Erde den Körper mit großer Gewalt heraus geschütt, über welches sich fast Jedermann verwundert, jedoch aus der Sache noch nit viel gemacht. Es geschah aber, daß etliche Tag wiederum eine verstorbene Weibsperson auf dem Abt Thomas in sein Grab gelegt worden, welche aber gleich der andern durch unsichtbare Gewalt mußte den Ort räumen, wodurch erst an Tag kommen die Heiligkeit des Abtes Thomas, welcher auch todt nicht wollte leiden ein Weib bei sich. Ueber alles dieses ist nachgehends besagter hl. Leib mit sonderer Pracht an einem anderm Ort, allwo viele hl. Leiber der Martyrer gelegen, sehr stattlich begraben worden, allwo noch der allmächtige Gott wegen des hl. Wandels, so dieser Abt auf Erden geführt, sehr viele und große Wunderwerk wirket.


Sepulchrum, sed Pulchrum S. Hedwigs.


Nachdem der Jakob mit der schönen Rachel sich in die Flucht begeben, massen er wegen seiner[54] treugeleisteten Dienste wenig Dank davon getragen, und fast Tag zu Tag die Gesparsamkeit des Laban mehr erfahren, da hat in der Stille die Rachel die guldenen Götzenbilder ihrem Vater entfremdet, und solche mit sich genommen. Warum sie solches gethan, seynd unterschiedliche Meinungen. Pererius glaubt, sie habe es nit gethan, als thue sie die Götzenbilder lieben und verehren, indem sie an den wahren Gott geglaubt, sondern wegen des Goldes, aus dem solche Götzen gemacht waren; dann gedachte sie, daß sie ohnedas wenig Erbtheil oder Heirathgut davon trage, also wolle sie anstatt dessen diese Bilder zu sich nehmen, und die Gesellen in den Schmelzofen logiren, das Gold taugt anderwärts hin, derenthalben können die meisten guldene Weiber genannt werden, weil wenige seynd, die das Gold nit lieb haben.

Aber auf eine weit bessere Manier hat die hl. Hedwigis das Gold lieb gehabt, massen sie neben andern schönen unser lieben Fraubildern ein kleines gehabt von purem Gold, welches sie Tag und Nacht nie aus der Hand gelassen, sogar wie sie eines seligen Tods gestorben, konnte man gedachtes Bildnuß mit keiner Gewalt ihr aus den Händen reißen, derenthalben auch damit begraben worden.

Es wollte aber Gott der Herr, daß diejenige, welche seine gebenedrite Mutter also in Ehren gehabt, auch sollte mit einem bessern Grab verehret werden. Als man nun nach 25 Jahren den hl. Leib erhebt, da hat man gefunden, daß der ganze Leib verzehrt worden, ausser denjenigen Fingern, mit denen sie das guldene marianische Bildnuß gehalten, woraus ihre[55] Heiligkeit noch mehr kundbar worden, und derentwegen mit einem herrlichen Grab versehen.


Sepulchra, sed Pulchra diversorum Sanctorum.


Der bloße Staub von dem Grabe des heiligen Bischofs Heddi. Beda l. 5. Histor. Eccl., des hl. Bischofs Nicetii, Surius invita, des hl. Propheten Jeremias, St. Epiphan, des hl. Bischofs Martini, Gregor, Turon, des hl. Bischofs Piturgii, indem des hl. Martyrers Juliani, indem des hl. Einsiedlers Gerlaci. Boll. 5. Jan., des hl. Königs Oswaldi. Baron. Anno 642, der hl. Rosä Pervanä. In act., des hl. Joannis Evangel. ex Histor. Eccl., des hl. Joannis a St. Facundo unsers Orden. In vit., des hl. Genesii Franziot, des hl. Raymundi. In act. Canon., des hl. Franziskus de Paula Bzovi. In vit., des hl. Bischofs Rigoberti, In vita; hat die Kraft und Wirkung, allerlei menschliche Presten und Krankheiten zu wenden. Aus dem Grab des hl. Martyrers Baudilli ist wunderbarlicher Weise ein schöner Lorbeerbaum gewachsen. Greg. Turon l. 1. Aus dem Grab des hl. Martyrers Urisicini ein Palmbaum mit drei Aesten. Ferr. 19. Jun. Aus dem Grab des hl. Athanasii ein Zypressenbaum. Sur. 3. April. Aus dem Grab und forderist aus der Hirnschaale der hl. büßenden Magdalena ein Weinstock. Id. 22. Jul. Aus dem Grab des hl. Pubukuli ein unbekannter Baum. Halloix in vit. Aus dem Grab jenes hl. Cisterziensers ein Baum mit lauter Blättern, worauf diese Worte stunden: Ave Maria, gratia plena. Cantiprat. l. 2. ap. Aus dem Grab[56] der Heiligen Nazarii und Clesi Martyrer ein wunderschöner Birnbaum. Greg. Turon. l. Aus dem Grab des hl. Bischofs Torquati ein Oelbaum. Dero Blätter, oder Blüthe oder Früchte heilsame Mittel gewest seyn für allerlei Krankheiten.

Das Grab des hl. Bischofs Vitalis zu Salzburg hat eine wunderschöne Lilgen hervor bracht, so gar durch den harten Marmel durchdrungen; deßgleichen das Grab des seligen Ugloni de Cortona aus unserm Orden. Das Grab des seligen Gandulphi die schönste Gelfominblume. An. Mun. 1260. Das Grab des hl. Martyrers Alexandri die schönsten Rosen. Benal. in vit. Das Grab Ven. Franziski Ovarii die lieblichsten Feigen. Ibid. Das Grab der hl. Martyrer Acifeli und Victoriä zu Kortuba die edelsten Rosen gar zur Winterszeit. Pagina 407. tom. 1. Welche Blumen alle den armen kranken und presthaften Leuten für die besten Pflaster und Medizin gedient haben. Aus dem Grab der hl. Jungfrau und Martyrerin Katharinä, des hl. Martyrers Dimetrii, des hl. Beichtigers Fantini, des hl. Evangelisten Lukas, des hl. Bischofs Perpetui, des hl. Abt Percharii, der seligen Rosa zu Viterbo, des hl. Apostels Andreas, des hl. Bischofs Nikolai, der hl. Walburga zu Eichstädt, des hl. Bischofs Quirini Tegernsee in Bayern, der hl. seraphischen Jungfrau und Mutter Theresia, Venerab, Bartholomäus Ulysponensis unsers Orden etc., und vielen tausend andern mehrern Gräbern der Heiligen ist geflossen, und fließt noch Manna, Oel und Wasser, so zur Abwendung allerlei menschlicher Zustände seynd gebraucht worden.[57] Gleichwie nun Gottes Güte und Weisheit seine Diener und Dienerinnen fast allezeit versehen hat mit einem ehrlichen und herrlichen Grab, also läßt seine göttliche Gerechtigkeit gar vielfältig zu, daß der gottlosen Menschen Leiber nach dem Tode auch nicht würdig seynd eines ehrlichen Ruhebetts in der Erde, sondern es heißt:


Grab, Echo, Rab.


Der hl. Einsiedler Onuphrius pflegte diese Fabel oder Gedicht auf die Bahn zu bringen, damit er seine Untergebenen möchte zu der Demuth anfrischen. Die Bäume haben sich auf eine Zeit sehr wehmüthig beklagt, wie daß die Menschen so tyrannisch mit ihnen verfahren, auch derenthalben einen allgemeinen Landtag oder Zusammenkunft ausgeschrieben, damit durch allgemeinen Rathschluß solches Uebel möchte vermittelt werden. Endlich ist eines jeden Gutachten und wohlgegründete Meinung angehört worden, forderist aber seynd die mehrsten beigefallen dem witzigen Ausspruch eines hoch- und wohlgebornen, oder vielmehr wohlgewachsenen Cederbaumes von dem Berg Libanon, welcher fernerm Uebel vorzubeugen, diesen Rathschlag gegeben, daß inskünftig kein Baum mehr soll ein Holz spendiren, woraus man einen Hacken machen könne, folglich werde auch das Bäumeumhauen ein Ende nehmen. Fast alle stimmten dieser Meinung zu, ausser einer schlechten niedrigen Staude, welche mit gnädigst ertheilter Erlaubniß diese wenigen Worte aus ihrer Einfalt, wie sie vorgab, geredet hat: Gnädige Herrn, man könnt euch dießfalls hölzerne Limmeln und knopfete Phantasten heißen, indem ihr glaubt,[58] daß außer der Holzhacke ihr keinen Schaden zu fürchten habt, da ihr doch durch öftere Erfahrnuß wißt, daß auch die großen Sturmwinde und erschrecklichen Hagelwetter nit selten haben den Hals gebrochen. Aber mein weniger Rath wäre, daß ihr nit so hoch thätet wachsen, dann würdet ihr in solcher Sicherheit stehen, gleich wie ich alte betagte Staude eine so geraume Zeit her genossen.

Wahr ist es, daß Gott gleichsam nichts mehr thut, als die Hochmüthigen zu stutzen, das supra regiert bei Gott einen steten Akkusativum, darum hat er auch den ersten Menschen aus der Erde, so einem demüthigen und niederträchtigen Element erschaffen, nit aber aus dem Wasser, welches sich mehrmals in die Wellen aufbäumt, nit aus dem Feuer, so von Natur in die Höhe steigt, nit aus der Luft, so für sich selbst ein aufgeblasener Kerl, sondern aus der Erde, damit der Mensch aus limo erschaffen nit soll sublimis werden. Ist aber Jemand, der fliegt, so wird einem solchen Hochmüthigen der Höchste gemeiniglich die Federn rupfen, womit man nachmals schreiben kann: Deus superbis resistit, humilibus autem dat gratiam, das hat sattsam erfahren jener ungeheure Gesell und stolze Großschädel Goliath.

Wegen so häufiger Siege, die besagter Riese und Fleischthurm von seinen Feinden getragen, war er also stolzmüthig worden, daß er glaubte, seines Gleichen finde man nit auf Erden, daher den David wegen seiner geringen Person nur veracht und gedacht, er wolle seine Hände nur in Sack schieben und noch zugleich den David mit. Aber Gott so in allweg[59] den Hochmuth dämpfet, hat auch solche freventliche Hoffahrt nit ungestraft gelassen, sondern gemacht, daß der Hohe ist unterlegen, und der Untere über sich kommen. David überwand den Goliath, machte ihn um einen Kopf kürzer, der sich gar zu hoch geschätzt, und war die Straf noch nit beisammen, sondern Gott wollte nit, daß dieser große Gesell sollte begraben werden, welches mehrentheils eine große Strafe auf dieser Welt, wohl aber, daß sein stinkender Körper den wilden Thieren und den Raben zu Theil worden, vermög der göttlichen Schrift: Dabo cadaver castrorum Philistim hodie volatilibus coeli et bestiis terrae.


Grab, Echo, Rab.


In Oesterreich, unweit der kaiserl. Residenz-Stadt Wien ist ein Ort und schöne Pfarr, so genannt wird Heiligen-Stadt. Woher solcher Nam ursprünglich herrühre, ist mir eigentlich nit bekannt; diese Heiligenstädter verdienen allerseits ein großes Lob, werden auch von Jedermann fast in großen Ehren gehalten, aber alle ihre Söhne (es ist eine wunderliche Sach) seynd lauter üble, rauhe, harte, dürmische, scharfe, unglimpfliche Gesellen, die nicht ein einigmal gut aussehen, nichts als saure Gesichter machen, beissen und reissen alles, was sie ertappen, und haben gleichsam nicht eine Ader von ihrem Vater. Der Vater heißt Heiligenstädter, der Sohn heißt Uebelstädter. Wie kommt dieses? durch den Namen Heiligenstädter muß man hier nit verstehen einen Innwohner desselben Orts, sondern den Wein, welcher dort sehr trefflich und preiswürdig wächst. Nun ist ohnedas bewußt, daß der Essig ein[60] Sohn des Weines seye, welcher aber weit einer wildern Natur als der Vater; ist demnach dieser Auslegung nach recht gesagt: die Heiligenstädter seynd gut, aber ihre Söhne seynd gar übel. Gleich wie nun der Essig ein übler Sohn eines guten Weins, also geschieht nit selten, daß ein heiliger Vater einen bösen und ungerathenen Sohn erzeuge: unter andern hat solches mit seinem Herzenleid erlebt der fromme und gottesfürchtige König David, dessen übelgesittner Sohn Absalon, also weit von der väterlichen Sanftmuth und Demuth abgewichen, daß er letztlich von dem Ehrgeiz ganz verblendt, sich unterfangen hat, mit aller Gewalt die Kron zu sich zu ziehen, und seinem eigenen Herrn Vater den Scepter tyrannisch aus der Hand zu reissen. Aber Gott hat die Karten anderst gemischt, indem der Absalon nicht dem König sondern dem Eichelbuben zu seinem Verderben in die Händ gekommen. O wohl eine verruchte Undankbarkeit eines Kinds gegen seinen Vater! gleichen Dank hat mehrmalen die liebe guldene Sonn, welche oft und vielmalen einen schlechten, gemeinen, groben, und stinkenden Dampf aus der Erde in die Höhe zieht, und wann dieser schlechte Kerl empor steigt, so übernimmt er sich alsobald, sammlet, sich in eine trübe Wolke zusammen, unterstehet sich sogar, das helle Licht der lieben Sonne als seinen besten Freund und Gutthäter zu verfinstern, ja mit Donner und Hagel macht er alle erdenklichen Ungelegenheit demjenigen, von dem er sein Aufkommen hat. O Schelm! fast gleichen Dank hat der gottselige Monarch in Israel von seinem Sohn Absalon erlebt, der gute gekrönte Harfenist hat von andern guten[61] Eltern, welche da Gott vor Augen haben: prophezeiet, Filii tui sicut novellae olivarum in circuitu mensae tuae, deine Kinder werden seyn wie junge Oelzweig, um deinen Tisch. Ja wohl Oelzweig, Absalon war kein Oelzweig sondern ein Höllzweig, so fast übermässige Schmerzen und Bedrangnuß dem Vater angethan: aber die Rach bleibt nicht aus, massen er durch Verhängnuß der göttlichen Gerechtigkeit an einem Eichbaum, oder Ach-Baum, hangen geblieben, und der zu hoch wollte seyn, mußte in die Höhe das Leben lassen. Gott war mit dieser angefügten Straf noch nit befriediget, sondern hat ihm auch keine ehrliche Begräbnuß vergönnet.

Uneracht der königliche Prinz Absalon unglaubliche Unkosten noch bei Leb-Zeiten angewendet in Erbauung und Aufrichtung eines sehr herrlichen und prächtigen Grabs, so ist ihm solches nicht zu Theil worden, sondern der Leib mußte wie ein wildes Vieh in die tiefe Grube unweit der Stadt Jerusalem gleich bei dem Ort, allwo der Prophet Isaias durch eine hölzerne Säg die Marter-Kron erlangt, spöttlicher Weis geworfen, und nachmals mit einem großen Stein-Haufen zugedeckt worden, wie dann noch auf heutigen Tag die Vorbeigehenden, sowohl Türken als Christen einen Stein hinunterwerfen, als wäre es dießfalls ein Gesatz zu einer verruchten Gedächtnuß, um weil er seinem eigenen Vater abtrünnig und undankbar worden.


Grab, Echo, Rab.


Nachdem der Job die Prob, und endlich das Lob des allergeduldigsten Menschen auf Erden von Gott selbst erhalten, so hat dieser ihn nachgehends in[62] den besten, reichisten und glückseligsten Stand gesetzt; unter andern ihm auch gegeben drei Töchter, den Schönheit und Wohlgestalt alle Weibs-Bilder übertroffen hat in dem ganzen Land: Stirn halber die Schönste, Augen halber die Schönste, Nase halber die Schönste, Wangen halber die Schönste, Maul halber die Schönste, Haar halber die Schönste, Hals halber die Schönste, Händ halber die Schönste, des ganzen wohlgeschaffenen Leibs halber die Schönste. Haben sie aber auch Musch und Mucken im Gesicht tragen, wie jetziger Zeit im Brauch? das wohl nicht, diese hat der Beelzebub, als Fliegen-Teufel, aufgebracht. Haben sie auch eine so hohe Haube von Fontasch auf dem Kopf tragen, wie dermalen im Brauch? das noch weniger. Diese Blunzen haben die Teufel gemacht, wie sie mit Erlaubnuß des Herrn seynd in die Schwein gefahren. Haben sie dann auch einen Anstrich gebraucht, wie dermalen gemein bei mancher Thok? das gar nicht; dann das Wort Thok, so es zurückgelesen wird, heißt Koth, und was, und zu was Ende solle man dieses mit einer schönen Farb anstreichen? Die unser lieben Frauen-Bilder, welche der hl. Lucas gemalen hat, werden in der ganzen Christenheit für Miraculos gehalten, und seynd allerseits voller Wunder: aber die Frauen-Bilder, welche der Teufel malt mit dem Anstrich, die seynd nichts als Maculos, und über und über voller Plunder. O wohl eine freche Thorheit der Adamskinder, welche das Angesicht, so der allmächtige Gott erschaffen, wollen verbessern, und den höchsten Gott in seinen Werken korrigiren! diese Vermessenheit bleibt gar oft auch auf dieser[63] Welt nicht ungestraft, wie in der stolzen Jezabel zu sehen. Diese war des Königs Achab seine Gemahlin, ein lasterhaftes Weibsbild, erforderist aber dem Hochmuth und stinkenden Hofrath ergeben, dergestalten, daß sie auch in augenscheinlicher Todesgefahr, ihr Angesicht mit dem Anstrich übermalt, welches dem Allerhöchsten also mißfallen, daß er sie durch den Jehu von hohem Fenster herab stürzen lassen, und ungeacht sie eines so hohen Haus und Stammen war, hat Gott nit wollen zulassen, daß ihr verdammter Körper sollt ehrlich begraben werden, sondern durch seine göttliche Verhängnuß haben die Hund dieses angestrichene Fleisch zerbissen, zerrissen, und aufgezehrt, also zwar, daß nichts als etliche wenige Beiner von ihr seynd geübriget worden.


Grab, Echo, Rab.


Sobald der von Gott erleuchte Joseph in der Gefängnuß von dem Mund-Becken des Königs Pharao vernommen, daß ihm getraumt, als trage er drei Körb Brod, und aus dem obern Korb, worinnen die beste Mund-Semmel, fressen selbes und verzehren allerlei Vögel, ho! ho! sagt Joseph, Kerl, Heil und Seil wird bei dir eins seyn, Glück und Strick wird bei dir zugleich seyn, gedenkt für geschenkt wird bei dir für gewiß seyn, wie es dann auch also geschehen, und gar recht: warum hat er das schöne Brod, so er von seinem Herrn empfangen, so liederlich den Vögeln gespendirt.

Wir pflegen insgemein zu reden wann einer bei guten Mittlen und hübscher Haabschaft, er habe ein[64] ehrliches Stuck Brod, und solches hat er von Niemand anderst als von Gott allein. Aber leider! wie oft geschieht es, daß mancher solches Brod nicht den Armen spendirt, welche doch Gottes Person vertreten, sondern selbes liederlich anwendt, und den Vöglen vergonnet, mit Spei- und Spott-Vögel allerlei Luder-Leben dasselbe verzehrt: aber dergleichen werden selten entgehen der scharfen Ruthe des göttlichen Richters.

Unter solchen gewissenlosen Gesellen ist nit der wenigste noch geringste gewest jener Spanier, von dem Hieronymus de Florentia erzählet, welcher zwar einen offnen Helm führte im Wappen, aber zugeschlossene Händ gegen den Armen, trefflich an Mitteln, aber schlecht in Mitleiden, von einem guten Blut, aber nit eine redliche Ader in ihm, von einem guten Haus, aber mit dem Gewissen war es verhauft. Ein jedes Luder war sein Bruder, dem er das Seinige angehängt. Nachdem er mit Tod abgangen, und von der adelichen Freundschaft sehr prächtig zu Grab getragen worden, hat sich unverhofft ein erschreckliches Wetter erhebt, daß alle Noth halber sich mußten nach Haus begeben, und weilen der Körper wegen des unleidentlichen Gestank hat müssen unter die Erde kommen, also haben solchen drei gemeine Todten-Gräber mit Stricken in die Kapelle geschleppt, wo der ganzen Freundschaft Begräbnuß war. Kaum dahin gebracht, da hat alsobald ein erschrecklicher Donner-Keil alle Wappen und Schild der Freundschaft von der Mauer mit größter Gewalt herunter geschlagen, den verdammten Körper also verzehrt, daß eines fernern Begräbnuß nit mehr vonnöthen gewest, sondern sein Grab war gleich dem[65] reichen Prasser, welcher laut der evangelischen Wahrheit in der tiefen Hölle begraben worden.


Grab, Echo, Rab.


Man sagt, daß auf eine Zeit das Papier und Pergament seyen hart untereinander kommen, und nach langem gehabten Widerwillen, endlich in einen großen Zank gerathen, eines dem andern viel Schmäh-Wort unter die Nase gerieben, und wofern die Schreiber, Buchdrucker und Buchbinder nit hätten Fried gemacht, und sich darein gelegt, so wäre es ohne blutiges Raufen nit abgeloffen. Das Papier prahlte nit wenig wegen seines alten Herkommens, und sagte, daß es derenthalben charta genennt werde, weil sein erstes Aufkommen seye gewest in der weltberühmten Stadt Chartago, das Pergament wollte dießfalls nit ein Haar nachgeben, weil es ebenfalls von einer vornehmen Stadt herkomme, benanntlich von der Stadt Pergamo in Welschland. Das Papier setzte hinwieder, wie es gebraucht werde zu der h. Schrift, zu allen Lehrer-Büchern: und wann ich nit wäre, antwortet das Pergament, und thät nit allzeit über dich einen Deck-und Schutzmantel abgeben, wie gegenwärtige Herren Buchbinder selbst bezeugen, so wärest du wegen deiner Schwachheit schon zu Grund gangen: Zu dem so lasse ich mich gebrauchen zu kaiserlichen und Hoch-Fürstlichen Patenten, da unterdessen aus dir nur gemeine und gar oft verdrüßliche Aus-Zügel gemacht werden. Wann schon, sagt das Papier, so bin ich doch weit eines bessern Wandels, und führ ein friedsames Leben, da du doch auf die Trummel gespannt wirst, und nichts als blutige Schlachten verursachen thust. Ho! ho![66] sagt das Pergament, dein Lob will ich mit kurzen Worten einschränken: du kommst von Hadern und Lumpen her, und machest auch das meiste Hadern und Zanken, wie auch die ärgste Lumpenhändel. Das mußt du mir probiren, schreit das Papier, oder ich will dir den Hals brechen. Gar gern, sagt das Pergament. Was seynd die Spiel-Karten anders als Papier, welches von den Lateinern charta genannt wird. Und was verursachet mehr Hader, Zanken und Schläg, was macht mehr Uebel und Lumpen-Sachen als die Karten? hierauf mußte das Papier das Maul halten.

Es ist zwar wie es leicht zu ereignen, dieses ein Fabel und Gedicht, gleichwohl eine verdeckte Wahrheit; dann ja keine Wurzel ist, woraus mehr Uebel und Unheil wachset, als aus dem Spielen, massen mit dergleichen Geschicht die ganze Welt voll, unter welchen folgende nit die geringste.

In einem Dorf, unweit Regensburg war ein vermessener Bauer, welcher neben andern Untugenden auch dem Spielen sehr ergeben gewest; weil er aber in solchem öfters den Kürzern gezogen, also hat es durch Anleitung des bösen Feinds allerhand unzulässige Mittel gesucht, sein Glück im Spielen zu befördern. Unter andern hat der verruchte Gesell die allerheiligsten Hostien in seinen Fuß eingetheilt, damit hiedurch sein Spielen besser von statten gienge, in solchem Laster der gottlose Mensch mit Tod abgangen, und seine unglückselige Seel den verdienten Lohn bekommen. Der Leib wird im Freihof nächst der Kirche begraben, zumal diese seine Bosheit und Unthat nit kundbar gewest: aber Gott wollte nit zulassen, daß[67] ein so verruchtes Geschöpf sollte an einem so ehrlichen Ort begraben liegen, dahero geschehen, daß alle Jahr der Donner eingeschlagen, und zwar an keinen andern Ort, als auf das Grab des besagten Böswichts. Die Innwohner des Dorfs konnten gar nit wissen, warum doch alle Jahr der feurige Donner-Keil nur diesen Ort, und keinen andern berühre; sogar konnten sie nit fassen, warum die Flammen völlig allemal in die Tiefe des Grabs hinein dringen. Bis endlich Jemand sich verlauten lassen, wie daß derjenige Bauer, so allda begraben liegt, ihm habe offenbart, daß er das Allerheiligste Sakrament in dem Fuß habe eingeheilt. Nachdem nun solches mehr und mehr Leut bestätiget, da hat man den verdammten Körper ausgraben, die Sach also, wie vorgeben worden, befunden, und dar auf denselben auf dem Scheiterhaufen verbrennt, und die Asche zerstreuet, über welches nachmalen der Donner nit mehr, wie zuvor, eingeschlagen.


Grab, Echo, Rab.


Aus Befehl des Kaisers Augusti, mußten alle Leut in der Welt beschrieben werden, welchem Gebot auch wollte nachkommen Joseph, ein Gespons Mariä, dahero zu solchem Ende mit erstgedachter heil. vermählten Jungfrauen sich nacher Bethlem begeben, daselbst allerseits eine Einkehr gesucht, aber keine gefundem, dann es waren schon alle Häuser mit Volk angefüllt, und nach Aussag des Evangelisten Lucä: Non erat eis locus in diversorio c. 2. So war vor Jesu, Maria, Joseph kein Platz noch Ort im Wirths-Haus, und die seligste Mutter war dazumal schon auf der Zeit, da sie Jesum sollte gebären, aber[68] für sie war kein Platz im Wirths-Haus, mußten demnach Noth halber in einem armen Stall bei Ochs und Esel die Herberg nehmen, weil für sie kein Platz im Wirths-Haus. Die Wahrheit zu bekennen, glaube ich, daß unser lieber Herr bei den wilden Thieren lieber Einkehr genommen, als im Wirths-Haus, dann mehrentheils an dergleichen Orten nit allein die Leut sondern auch die Laster logieren, und heißt oft ein Wirthshaus beim weissen Kreuz, da doch der Teufel daselbst seinen Tummelplatz hat, und solches forderist wegen der Spiel-Leut, welche allerlei üppigem Tanzen und Springen häufigen Anlaß geben, gewiß ists doch, daß die Spiel-Leut mehrentheils besser seyn, in Saiten als in Sitten, dahero sie nit allein Springen und Hupfen verursachen, sondern machen auch, daß man zugleich die Ehrbarkeit mit Füßen tritt.

Cantipratanus schreibt, daß in Flandern seye gewest ein Spielmann oder Pfeiffer, welcher an einem vornehmen Festtag die jungen Leut mit Pfeiffen und unzüchtigem Singen, wie dergleichen Lotter-Gesindel zu thun pflegt, zu allerlei Tanzen und Muthwilligkeiten angereizt; dahero Gottes Straf nit mehr hat können verweilen, sondern hat diesen durch einen erschrecklichen Donnerstreich zu Boden geworfen, und den rechten Arm gänzlich von dem Leib abgetrennt, worauf alsobalden zwei große kohlschwarze Hund den Arm mit sich geschleppt, und nachmalen verschwunden. Aber Gott wollte auch nit vergonnen dem vermessenen Gesellen eine ehrliche Begräbnuß, dessen Seel schon gebrunnen in der Höll. Wie nun des andern Tags auf vielfältiges Ersuchen und Bitten, fast wider den[69] Willen des Pfarr-Herrn besagter obiger Körper in ein geweihtes Ort begraben worden, so ist solcher unsichtbarer Weis durch die böse Feind hinweg genommen worden, daß man also nichts anders als das leere Grab gefunden.


Grab, Echo, Rab.


Es glaubte Petrus, daß er ein großes Lob werde davon tragen, wie er dem Malcho ein Ohr abgehauen, aber anstatt des Preisen hatte er ein Verweisen, ja es ihm von dem Heiland befohlen worden, daß er den Säbel alsobald solle einstecken, als wollte der Herr Jesus sagen, daß er anstatt des Degen als römischer Papst ein anders Gewehr werde brauchen, benanntlich die Exkommunication und geistlichen Bann, wodurch auch der Uebermuth mancher gekrönten Häupter gedämpft worden. Der heilige Gundisalvus Amarantius aus dem berühmten Dominikaner-Orden, wollte auf eine Zeit in seiner Predigt den gemeinen Leuten zu verstehen geben, was große Wirkung in sich habe eine rechtmäßig gefällte Exkommunication, und wie daß solche auf keine Weis zu verachten seye, also hat er einen großen Korb voll mit schneeweißen Semmeln exkommuniziret, worauf besagte Semmel alsobald in kohlschwarzes Brod verkehrt worden, sobald er aber nachmals solchen Bann wiederum aufgehebt, und absolviret, ist das schwarze Brod wiederum in die schönste Semmel verwandlet worden.

Forderist aber hat solches erfahren ein Soldat in der katurcensischen Diöces, welcher von der Exkommunikation noch nicht entbunden, mit Tod abgangen, und ohne Wissen des Bischofs daselbst in der[70] Kirche des hl. Petri begraben worden, des andern Tags aber ist der Körper ganz nakend ausser dem Grabe gelegen, man hat solchen mehrmals an besagten Ort gelegt, und das Grab mit einem großen Stein bedeckt, und zwar fünfmal nacheinander, aber niemals hat die Erde diesen verdammten Brocken können verdauen, sondern allezeit von sich geworfen, woraus männiglich hat unschwer abnehmen können, daß er eines ehrlichen Grabes nicht werth sey, daher anderwärts den Leib hingeworfen, wo er etwa den Raben zu Theil worden.


Grab, Echo, Rab.


Ihr Kothbutten, ihr Mistkonfekt, ihr gefirneiest Erdschrollen, ihr muffende Krauttöpf, ihr glänzende Madensäck, ihr gemalte Sautrög, ihr überzogene Waidschwammen, ihr polirte Luder, ihr verzuckerte Aas, ihr vermäscherte Elendhäut, ihr versilberte Eiterbotzen, ihr verwüster Wust (euch verstehe ich hoffärtigen Weiber) und zwar diejenigen, welche mit dem von göttlicher Allmacht ertheilten Bildnuß nicht zusrieden, sondern selbes mit allerlei erdenklichen Mitteln suchen zu verbessern, ihr sollt euch spiegeln an dem wunderthätigen Mariabild am Neckar, welches neben andern unzählbaren Mirakeln auch dieses wirkt, daß es sich von keinem Maler, so schon öfters geschehen, läßt renoviren, oder mit Farben überziehen, sondern behält allemal die vorige Gestalt. Aber macht euch nur mit fremdem Anstrich roth, der Teufel wird es euch zu seiner Zeit braun genug machen.

Das hat mit ihrem ewigen Untergang erfahren jene von der Pagato 2. fol. 508. n. 16. erzählet,[71] welche absonderlich fast alle Tage ihr Angesicht mit fremdem Anstrich übermalet, und nach viel ergangenen Ermahnungen von solcher verruchter Gewohnheit nicht abgestanden, sondern noch freventlich sich hören lassen, es sey ihr nicht so viel an Gottes Angesicht gelegen, sie möge dasselbe sehen oder nicht, als an ihrem; o Bestia! Nachdem solche mit Tod abgangen, ist sie Zweifelsohne wegen der ehrlichen Freundschaft an ein gutes Ort begraben worden? aber die Erde, so sonst kein Unflath weigert, wollte dieses Aas durch sondern Willen Gottes nicht in ihrem Schoos leiden, sondern hat ihn mit aller Gewalt wieder von sich geworfen. Der Vater, so dazumal noch im Leben, hat sie nachmals lassen mit dem Sand zudecken am Ufer des Meeres, aber dieser wollte auch nicht einen Deckmantel abgeben dieser Bestie; weil endlich der Vater gesehen und wahrgenommen, daß diese seine unglückselige Tochter keines Gras werth, also ist er in diese Worte ausgebrochen: weil der Teufel die Seele hat, so kann er den Leib auch nehmen; worauf in Gegenwart Männlichen der verdammte Körper verschwunden und Zweifelsohne den höllischen Larven hinweg geführt worden.


Grab, Echo, Rab.


Unser Herr und Heiland traf auf eine Zeit ein samaritanisches Weib an bei dem Brunnen, Wasser zu schöpfen, sonst findet man mehrere Weiber beim Wein, als beim Wasser. Nachdem er mit ihr eine kleine Zeit eine Ansprach gehabt, und ihr nicht ein wenig das Gewissen gerührt, so schafft er ihr, voca virum tuum, sie soll ihren Mann herzu rufen;[72] unserm gebenedeiten Erlöser, vermög seiner göttlichen Allwissenheit war gar wohl bekannt, daß dieser nicht ihr rechter Mann sey, sondern daß sie mit ihm in stetem Ehebruch lebe, wann dann dem also, warum sagt der Heiland nicht: voca adulterum tuum, rufe deinen Ehebrecher? deinen unzulässigen Beischlaf, deinen Hustentreiber. Darum gibt die Antwort, Dion. Carthus. darum nannte er diesen Gesellen ihren Mann und nicht einen Etcaetera; weil er sogar nicht den bloßen Namen der Unzucht wollte aussprechen. O Gott! O Himmel! ein jeder Priester vertritt Gottesstelle auf Erden, und also soll er dergestalten einen reinen und keuschen Wandel führen, daß ihm sogar kein ungereimtes Wort von der Zunge soll kommen. Aber leider! man sieht und spürt zuweilen das Widerspiel, und findet sich zu Zeiten unter dieser gesalbten Schaar auch etwas Geschmiertes, ja die nicht allein fremdes Feuer mit jenen zwei Leviten Nadab Abiu, zu dem Altar bringen, sondern gar mit dem schädlichen, schändlichen Venusfeuer entzündet seyn.

Von einem dieses Gelifters schreibt der heilige Cyrillus solchergestalten, wie daß in einer Kirche bei Tag und Nacht ein steter Tumult und erschreckliches Getös gehört worden, welches den guten Leuten nicht einen geringen Schrecken eingejagt, zumal auch die Pest nicht wenig die Stadt betrübt. Als nun auf eine Zeit der Bischof daselbst mit dem gesamten Volk eifrigst in dem Gebet begriffen, und die Hände aufgehebt zu dem allerhöchsten Gott um Abwendung dieses Uebels, sodann ist der hl. Hieronymus in großer Glorie erschienen und anbei geoffenbaret, wie daß in[73] gegenwärtiger Kirche ein Priester begraben liege, welcher einen lasterhaften und unzüchtigen Wandel geführt, werde also lang und so viel das Uebel kein Ende nehmen, bis solcher verruchter Körper aus der geweihten Erde geworfen werde. Worauf dann unverzüglich solches werkstellig gemacht, und der Leib zu Asche verbrennt worden.


Grab, Echo, Rab.


Wohl recht fangt das Wörtlein von dem Buchstaben G an, das ist so viel als Ge G. Was Uebel schmiedet das Geld? G Was Unheil kochet aus das Geld? G Was Narren macht das Geld? G Was Seelen stürzt das Geld? G Was Augen verblendet das Geld? G Was Gemüther verführt das Geld? G Was Herzen bethört das Geld? G Was Schaden macht das Geld? Das Geld ist rund, und macht doch viereckigte Narren; das Geld ist von Silber und Gold, und hat doch eiserne Kräfte; das Gold ist klein, und wirkt doch große Dinge. Von Simon Mago schreibt Anastasius Nicenus, daß er eine große Menge der Leut habe nach sich gezogen, und auf seine Seite gebracht; viel Männer, viel Weiber, viel Kinder, viel Alte, viel Junge, viel Reiche, viel Arme zogen mit ihm, glaubten an ihn, hieltens mit ihm, was war dann dessen eigentliche Ursach, daß er ein großes Volk bethört hat? Obberührter Autor gibt die Antwort, wie daß Simon Magus neben andern Zauberkünsten und teuflischen Verblendungen sich habe öfters in lauter Geld verkehrt, und öfters vor dem Volk wie eine von Gold gegossene Statue oder Bildnuß gestanden, und dieses[74] sey die meiste Ursach, warum so viele Leute mit ihm seyn gewandert; dann die Menschen das Geld weit kräftiger zieht, als der Magnet das Eisen. Neben unzählbaren Geschichten ist folgende nicht die geringste, woraus abzunehmen, gggggg, was Seelen das Geld stürze!

Der hl. Gregorius, Pabst, schreibt selbst mit seiner allzu wahrhaften Feder, daß ein Weibsbild gewest sey, welche unter dem Schein der Andacht stets die hl. Orte, so von Wunderthaten berühmt waren, besucht habe, und folgsam bei dem gemeinen Volk in solchen Ruhm kommen, daß sie fast von Männiglich für heilig gehalten worden. Unterdessen aber brachte sie einen großen Schatz von Geld zusammen, und war ihre vermäntelte Andacht nur dahin gerichtet, wie sie möchte viel Geld zusammen raspeln, ihren unersättlichen Geiz hiedurch zu speisen. Nachdem sie viel und lange Jahre die verdammte Geldsucht hinter dem Vorhang der Heiligkeit verborgen, und endlich das Zeitliche verlassen, so hat sie kurz zuvor allen ihren Schatz in die Erde vergraben, ihre Seele aber auf ewig dem Satan eingehändiget. Die gute Meinung von ihrer äußerlichen Heiligkeit hat vermöcht, daß sie sehr stattlich mit Begleitung des häufigen Volks zur Erde bestattet worden. Aber der gerechte Gott wollte nicht zulassen, daß ein solcher Leib sollte in einem ehrlichen Grab liegen, dessen Seele schon brennt in dem ewigen Feuer, daher geschehen, daß nach ihrem Tode ein erbärmliches Geschrei aus dem Grabe gehört worden, und zwar diese deutlichen Worte: Es brennt, es brennt, es brennt [75] mich. Wie man letztlich das Grab eröffnet, und die Todtentruhe abgedeckt, hat man gesehen, daß ein teuflisches Gespenst ihr immerzu zerlassenes Gold in das Maul und Rachen gegossen, welches eine genugsame Ursach gewesen, daß sie nachmals des ehrlichen Grabes beraubt worden.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 6, S. 29-76.
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