Judas der Erzschelm hasset das Wort Gottes, und hört nit gern die Predigten.

[294] Nachdem der unverschamte Gast und treulose Apostel aus den gebenedeiten Händen seines göttlichen Meisters in dem letzten Abendmahl die himmlische Speis, benanntlich das Fleisch und Blut Jesu Christi empfangen, sodann hat er sich unverzüglich von dieser heiligsten Gesellschaft abgeschrauft, und sich aus dem Staub gemacht. Es hat ihn aber der leidige Satan, so unlängst vorhero in diesen Gefahren, zu solchem gähen Aufbruch veranlasset, und nach der heiligsten Kommunion ihm nichts anders in die Ohren geschrien, als presto, presto, fort, fort, Judas! auf, auf, Iscarioth! allo, pack dich Kamerad, fort, fort! allhier ist für dich kein Port, kein Wort, kein Ort,[294] kein Sort, presto, cito, citissime! Es sah der arglistige Teufel schon vor, was gestalten der gebenedeite Herr und Heiland nach diesem göttlichen Traktament vor eine eiferige Predigt werde machen seinen Aposteln, dannenhero er geforchten, es möchte Judas hierdurch erleucht und bekehret werden, und folgsam zu der heilsamen Reu und Buß greifen, dessentwegen ihn auf alle Weis', mit allem Fleiß zum Reißaus ermahnet, dem dann der verruchte Gesell als ein bereits gewidmeter Unterthan und geschworner Vasall gefolgt, und also diese heiligste Predigt, so Christus der Herr mit seinem guldenen Mund vorgetragen, zu seinem größten Verderben, ja unwiederruflichen Untergang vernachläßiget. Wie es mit mehrern bestätiget und umständig ausführet der h. Cyrillus, und mit ihm Baronius in Ann. Chr. 34. n. 63. Judas hat dießfalls viel Brüder und Schwestern.

Es wird von vielen Scribenten glaubwürdig beigebracht, daß in Scythia, und forderist in der Insel Gilon, Leute gefunden werden, die zwar nicht einer sondern Leibsgröße, aber so große, lange, weite und breite Ohren haben, daß sie hiermit den ganzen Leib bedecken, ja wann sie liegen, so dienet ihnen ein Ohr vor ein Unterbett, das andere aber brauchen sie anstatt einer Oberdecke oder Zuhüll. Diese Ohren seynd vorwahr wunderlich, aber nit weniger wunderlich ist es, daß bei uns, und zwar unter den Christen, Leut angetroffen werden, die gar keine Ohren haben, dahero der gebenedeite Heiland, wie es der Evangelist Marcus registrirt, in einer Predigt zu dem Volk zweimal diese Wort wiederholt, »der Ohren hat, der[295] höre!« Sollen dann, o mein Gott! Leut seyn ohne Ohren? was dann, gar viel seynd deren, die keine Ohren haben zu dem Wort Gottes und zu den Predigten.

Es fährt ein Wagen daher mit 6 Pferden bespannt, es laufen vorn, es laufen hinten, es laufen auf der Seite Pagen, Lackeien und Bediente, deren Livree fast allerlei Farben wie ein Regenbogen, es kann wohl seyn, daß es nasses Wetter bedeut in den Augen der Unterthanen etc. Der Lackei eilet nach der Sakristei, glaubt der Priester soll schon da seyn, wie die Engel im Grab des Herrn, in albis. Pater, geschwind mit der Meß heraus (just wie Petrus mit dem Säbel). O mein Lackei, ich heiß Pater Veremundus, und sag gar gern die Wahrheit, bekennt mir's, fährt euer Herr (cum pleno titulo) allzeit so spat in die Kirche? es ist bereits schon 12 Uhr, Magdalena ist weit früher aufgestanden, wie sie zum heiligen Grab geeilet, auf solche Weis' hört er ein ganzes Jahr keine Predigt, Gott verhüts, daß ihm nit das Unglück begegne, wie dem Judas. Wäre euer Herr heut in der Predigt gewest, so hätt er gewiß auch etwas zu seinem Seelenheil davon getragen. Euer Herr ist ein Minister zu Hof, und ein geheimer Rath, heut hat der Prediger nach der Länge und Breite vorgetragen, wie ein solcher zuweilen beschaffen sey, nemlich wie Petrus auf dem Berg Thabor, als der nur auf sein eigenes Interesse gangen, und an das gemeine Wesen weiter nit viel gedacht.

Unser Herr und Heiland nimmt mit sich auf den Berg Thabor seine drei lieben Jünger und Apostel,[296] benanntlich den Peter, den Jakob und den Joannes, diesen dreien und treuen Aposteln zeigte er daselbst seine Glorie und Herrlichkeit, indem sein heiligstes Angesicht der Sonne gleich scheinte, seine Kleidungen auch dem weißen Schnee den Trutz geboten, und mit ihm in ganz glorreichen Gestalten Moses und Elias als große Säulen des alten Testaments geredet haben. Wie nun alles voller Glorie und Herrlichkeit war, da hat Peter überlaut aufgeschrien, »Herr, da ist gut seyn!« Als wollt er sagen, Allegro, das ist ein Ort vor uns, potz tausend Alleluja! da bringt mich kein Mensch mehr weg etc. Kaum daß er solches mit seiner unbehutsamen Zung hat ausgeredt, da ist alles verschwunden, dem Peter zu einer Straf und billigen Züchtigung, um weil er ein so interessirter Minister war bei unserm Herrn; dann unangesehen, daß er in seine Ohren damals gehört hat, wie Christus der Herr mit dem Moses und Elias geredt hat von seinem Tod, und von seiner Kreuzigung vor das ganze menschliche Geschlecht, so hat gleichwohl Petrus auf dem Berg in der Glorie daselbsten wollen mit Christo verbleiben, es geschehe den andern, und zwar dem ganzen menschlichen Geschlecht, wie es woll, wann nur er sein Contento, wann nur er wohl stehet. Auf solche Weise ist mancher große Minister bei Hof beschaffen, der nur proprie zu dem proprium properiret. Ei so proper! wann nur seine Cassa und Casada wohl stehet, es mag hernach das gemeine Wesen hinken, oder sinken, oder stinken; wann nur in seiner Küche Faßnacht, es mögen andere Quatember haben oder Fasttag; wann nur bei ihm der Vollmond, das bonum[297] commune mag gleichwohl zum letzten Viertel sich neigen etc. Und wegen solches eignen Interesses vertuscht er die Wahrheit, verschweigt den üblen Zustand des gemeinen Wesens; verhindert die Justiz und Gerechtigkeit, verguldet des Landesfürsten seine Fehler, sagt ja, wo er sollte den Hopf schütteln, schüttelt den Kopf, wo er sollte ja sagen. O Pestilenz zu Hof! was harte Verantwortung bei dem gerechten Gott wird solcher haben?

Abraham schickte einen aus seinen Ministern, mit Namen Eliezer, in die Landschaft Mesopotamia, seinem Sohn Isaak ein Weib zu suchen, das war eine harte Gesandtschaft. Wie er nun ganz matt und müd in das Haus des Labans kommen, da war Küche und Keller in Bereitschaft, da war die Tafel schon gedeckt, da hats geheißen, tragts auf, und zetts nit, nieder gesessen, Herr Eliezer, trunken Herr Eliezer, man laß ihms schmecken, Herr Eliezer, man wird hungerig seyn, Herr Eliezer, es ist ein durstiges Wetter, Herr Eliezer, dieß ist ein bekannter Wein, Herr Eliezer, in Gesundheit meiner Jungfrau Schwester, (dazumalen hat man sie noch nit Fräule titulirt), Herr Eliezer! Ja, ja freilich gedacht ihm der Eliezer, hungerig bin ich, und achten sich meine Zähn des Feiren nicht; durstig bin ich, und ist meiner Zunge das feuchte Wetter lieber, als die große Dürre; aber das Geschäft meines Herrn, wessenthalben ich in die Landschaft kommen, gehet vor, ich will zuvor verrichten, was meines Herrn Dienst erfordert, non comedam, donec loquar Sermones meos etc. Ich will so lang und so viel nit essen, nit trinken, nit meine Kommodität[298] suchen, bis ich meines Herrns Interesse beobachtet. O glückseliger Abraham, daß du solche Ministros in deinem Hof hast, die ihr eignes Interesse weniger betrachten, als ihres Herrn, Gott vergelt ihnens. Aber Gott verzeih's denjenigen, welche ehender suchen, ehender sehen, ehender sorgen, daß ihr Interesse zeitig wird, ehe und bevor des Landsfürsten seiniges in die Blühe schießt; wie es aber solchen in jener Welt belohnt werde, hat es sattsam abgenommen Carolus der V., dieser andere Herkules der Welt.

Nachdem solcher auf eine Zeit bei nächtlicher Weil sein gewöhnliches Gebet und Andacht verricht, auch bereits sich zu der Ruhe begeben wollte, da vernimmt er eine entsetzliche Stimme, die ihn gestaltsam angeredt: »Carole, dein Geist wird auf eine Kürze von dir weichen!« Worauf alsobalden der fromme Kaiser verzuckt worden, und von einem mit schneeweißen Kleidern geführt an den Ort der Hölle, allda zu sehen die unbegreiflichen Peinen und Qualen der Verdammten; erstlichen kam er mit seinem Gefährten in ein tiefes Thal, welches ganz angefüllet war mit zerlassenem brennenden Pech, Schwefel, Blei und anderem Metall, in Mitte dessen sah Carolus die Bischöfe seines Herrn Vaters und Ahnherrns; nachdem er aber sie befragt, warum sie von dem gerechten Gott in diese erschreckliche Pein gestoßen worden? vernahm er solche Antwort: Wir seynd gewesen Bischöfe und Beichtväter deiner Vorfahrer, und weil wir ihnen nit allein keine heilsamen Ermahnungen gegeben, sondern noch zu Krieg und zu anderen ungerechten Dingen sie mit Rath und Anschlägen veranlasset,[299] derohalben hat uns der gerechte Richter in diese ewige Verdammnuß verurtheilet, worin auch deine Bischöfe kommen werde, dafern sie ihr Amt nit gewissenhafter verrichten werden. Ueberdieß wurde Carolus geführt auf einen hohen Berg, auf dem er mehrmalen in der Tiefe wahrgenommen einen ganz feurigen Fluß, worinnen etliche versenkt waren bis auf die Ohren, etliche bis auf den Hals, etliche bis auf die Hälfte des Leibs; alle diese mit großem Heulen ließen sich folgender Gestalt hören: Carole, Carole! weil wir unsere Ergötzlichkeit gesucht haben im Kriegen, Brennen, Rauben und Morden mit deinem Vater, darum seynd wir in diesen feurigen Fluß aus ewig verstoßen worden. Als sich Carolus etwas nähender bei diesem Fluß befunden, so hörete er diese Stimm: »Potentes potenter tormenta patientur,« nemlich, die Mächtigen werden mächtige Pein leiden. An dem Gestad dieses feurigen Flusses sah er wieder um große feurige Oefen, voller Schwefel und Pech, und feuriger Schlangen und Drachen, daselbst sah er etliche geheime Räthe und vornehme Ministros seines Vaters, seiner Brüder, und seines Ahnherrn, welche mit einem erbärmlichen Geschrei Carolum also angeredet: Siehe Carole, siehe, wir seynd in diesem Ort der Verdammnuß kommen und gerathen, theils wegen unsers Uebermuths und Hoffart, theils wegen unserer üblen Consilien, die wir unsern Königen geben, wodurch wir unsern und nit des gemeinen Wesens Nutzen gesucht. Nach allem diesem sah Carolus seinen eignen leiblichen Vater in einem Kessel mit siedheißem Wasser, von welchem er die Ursachen seiner[300] Pein und seines dermalen elenden Standes sattsam vernommen, selbige aber Niemand entdeckt. Nachdem Carolus wieder zu sich selbsten kommen, hat er dieses erschreckliche Gesicht wohl und bedachtsam bei sich erwägt, auch solches mehrmalen andern zu ihrem Seelenheil erzählet, wie solches bezeugt und beschreibet Vincentius etc. Dieses hat heut der Prediger mit allem Eifer auf der Kanzel vorgetragen, und noch andere Dinge hinzugesetzt. Fürwahr mein Lakei, auf diesem Markt hätte euer Herr wohl einen Kram vor sich gefunden, wann er dies und dergleichen hätte angehört etc., dann ein Mancher in Anhörung des Wort Gottes, und der evangelischen Wahrheit oft besser zurückgehet, als der Schatten auf des Achabs seiner Sonnenuhr.

Der Lakei schmutzte hierüber, als hätt er bei einem Kirchtag-Breyn geschmarotzt, zeigte schier, als wär er einmal auf der hohen Schul gewest, wo die Ruthen im Kühlwasser gesteckt, dann er sagte ohne Scheu, wie daß die Predigten nit vor große Herren seynd, er habe auch vor diesem das Evangeli-Buch gelesen, aber gar wenig, ja nie gelesen, daß vornehme Herren sich hätten viel der Predigt geachtet, massen es der heil. Joannes selbsten bezeugt, pauperes evangelizantur, das Evangelium wird denen Armen geprediget. Mein, wer ist dabei gewesen, wie unser Herr die schöne Predigt gehabt von denen acht Seligkeiten? wer? Niemand anderer als der gemeine Mann, der Pöbel. Wer hat sich dazumal eingefunden, wie unser Herr im Schiffel gepredigt? wer? turba, gemeine Leute, Burger und Handwerker stunden auf dem Gestad.[301] Ja in allen 4 Evangelisten wird man nicht finden, daß 4 vornehme Edelleute wären bei der Predigt des Herrn gewesen. Dann wann schon ein König, wann schon ein Fürst der Synagog, wann schon ein Hauptmann zu unserm Herrn kommen, so ist es nicht geschehen wegen der Predigt, sondern einer hatte einen kranken Knecht, des andern sein Sohn war übel auf, des dritten Tochter war schwer liegerhaft, in Summa, die Predigt ist nur vor den gemeinen Mann. Ihr redet halt, sagte ich, wie ein Lakei, das heißt auf lateinisch: serve nequam! Wann die Predigten nur seynd vor den gemeinen Mann, so ist auch der Himmel nur vor den gemeinen Mann, dann Christus der Herr hat selbsten gesagt: Selig sind, die das Wort Gottes hören etc. Ich weiß aber gar wohl, mein Lakei, daß Magdalena keine Kässtecherinn oder Bauernweib gewesen, zumalen ihr die ganze Herrschaft Bethania zugehört. So war auch Joseph von Arimathäa kein Burger oder Kotzenmacher, item Nikodemus kein gemeiner Tagwerker oder Faßzieher, sondern diese und andere noch mehrere sehr gut von Adel, und gleichwohl waren sie eifrig bei der Predigt des Herrn, ja durch dieselbige zu größerer Frömmigkeit und Heiligkeit gelanget. Allein ihr Kerl hätte sollen sagen, mein Herr hat große und überhäufige Geschäfte, woran dem Land und Landesfürsten viel gelegen, die machen ihm ein Verhindernuß, sonst glaub ich, würde er keine Predigt so bald versäumen.

Mein Paschi, wer ist diese Dama? Es ist diese, und diese, von diesem Berg, von diesem Eck, von diesem Thal, von dieser Au etc. O ich kenne schon diese.[302] Diese hat wohl auch diese Predigt nicht gehört, die dieser Pater an diesem Tag auf dieser Kanzel hat vorgetragen. O was hätts vielleicht diese vor einen großen Nutzen davon getragen! dann eine Predigt ist ein Spiegel, worin sich ein Mensch ersieht; eine Predigt ist ein Hahnengeschrei, welches den Menschen vom sündigen Schlaf aufwecket; eine Predigt ist ein Gastmahl, welches die Seele speiset. Der Pater hat sehr eifrig geprediget wider die Hoffart der Weiber, und zwar hat er solches ganz manierlich beigebracht, dann er lobte über alle massen das weibliche Geschlecht, allein, sagt er, daß ein jedes Weib einen Nachtreter habe, der heiße Dionisi, gewiß ist es, sagte er, daß die Weiber an Frömmigkeit und Andacht die Männer weit übertreffen, das hat man sattsam abgenommen zur Zeit des Leidens Christi, allwo sich keine einzige Mannsperson des gebenedeiten Heilands hat angenommen, ja sogar seine eigne Jünger und Aposteln das Fersengeld geben und sich aus dem Staub gemacht, indem es zwar dazumal wenig gestaubt, massen der Erdboden mit dem kostbaren Blut Jesu häufig benetzt worden. Alle Männer haben den Herrn verlassen, nicht aber die Weiber, als fromme und gottselige Kreaturen, welche sehr häufig und in ziemlicher Anzahl Christo dem Herrn mit großem Weinen und herzigstem Mitleiden das Geleit gegeben, bis auf den Berg Kalvariä. Auch schreibt der hl. Thomas Villanovanus, daß die drei frommen Frauen nach Mitternacht seynd aufgestanden, und dannoch erst beim hellen Sonnenschein zu dem Grab des Herrn kommen, da es doch gar nit weit war; es seye aber die Ursach ihrer so späten Ankunft orto jam[303] sole gewesen, weilen sie sich unterwegs lang haben aufgehalten, dann an dem Ort, allwo der Herr Jesus sein Gesicht eingedruckt in das Tuch Veronicä, an dem Ort, wo er wegen der schweren Kreuzeslast auf die Erden niedergefallen, an dem Ort, wo sie ihn an dem bittern Kreuzstamme angenagelt, ja an allen Orten, wo etwas merk- und denkwürdiges sich mit dem Heiland zugetragen, haben diese frommen Weiber, gottseligen Gemüther und andächtigen Frauenzimmer ihre langen Betrachtungen gemacht, ihre Andacht verrichtet und eifriges Gebet vollzogen, wodurch sie dann auch verdient haben, daß ihnen vor denen Männern der trostreiche Aviso von der Urständ Christi ist zukommen. A. Andächtig seynd halt die Weiber. E. Eifrig seynd die Weiber. I. Inbrünstig seynd die Weiber. O. Obsichtig seynd die Weiber. U. Unschuldig seynd die Weiber, wann nur, sagt der Nachtreter Dionisi, ihre teuflische Hoffart nit wäre.

Drei Männer kehren auf eine Zeit bei dem Patriarchen Abraham ein, und nachdem sie von ihm sehr höflich und freigebig traktirt worden, haben sie ihm die gute neue Zeitung offenbaret, wie daß seine liebste Frau Gemahlinn werde mit einem männlichen Erben gesegnet werden. Die Sara stund hinter der Thür, denn dazumal ließen sich die Weiber vor den Männern nicht also sehen, und schmutzte zu solcher Zeitung, sprechend: sollt ich, nachdem ich alt worden, und mein Herr auch betagt ist, noch einmal der Lust pfle gen? sollt ich in der Wahrheit gebären, da ich nunmehr ein altes Weib bin? O meine Sara, meine goldene Sara, deines Gleichen[304] ist kein Weib in der ganzen Welt, die also eine Liebhaberinn der Wahrheit wäre, wie du, du bekennest, daß du ein altes Weib seyest, das thut aus hundert tausend keine, sondern eine jede will jung seyn, wann sie schon Haar auf dem Kopf hat, wie unsers Nachbauren Schimmel, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon eine Stirn, wie die Schweizerhosen, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon ein paar Wangen, wie ein zerlechzter Feuerkübel, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon ein Maul, wie eine ausgebrennte Zündpfanne, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon Zähne wie ein abgestumpfter Rechen, sie will gleichwohl jung seyn, wann sie schon eine Nasen wie ein alter Brunnen-Amper, der immerzu im Wasser stehet, sie will gleichwohl jung seyn, und will schön seyn, eine schöne Helena seyn, dessentwegen andere Haar auf dem Kopf, dessentwegen eine Schnur Perlen um den Kopf, dessentwegen auf den Wangen ein neues Pollment, dessentwegen ein Maul falscher Zähn, dessentwegen auf den Lefzen ein rothes Gemähl, dessentwegen im ganzen Gesicht ein angestrichenes Fell. O du nobilirter Madensack, zu was Ziel und End ist dann dieser Aufputz? Hast du schon vergessen, wie es jener ergangen, von der Erichthräus schreibt, die wegen ihres Anstrichs und verdammlichen Gesichtmalen also in den göttlichen Augen verhaßt worden, daß nach ihrem Tod den Körper weder die Erde wollte behalten, dann er allzeit den anderten Tag wieder ausser dem Grab gelegen, weder das Wasser behalten, massen ihn allemal wieder das Meer mit gröstem Unwillen wieder an das Gestad geworfen, dahero der Teufel[305] ihn endlich in den tiefen höllischen Abgrund mit sich geschleppt.

Lebens-, lobens- und liebenswerth, sagte der Prediger mehrmalen, seynd die Weiber, dann sie öfters eine Ursach, daß die Männer werden Kinder der Seligkeit, die sonsten den geraden Weg wären zum Teufel gefahren. Ein mancher grober Eselius schimpft sein Weib, und pflegt sie zu binden am Fest Simonis und Judä, als wäre sie und seye sie eine Simahn. Ein solcher grober Knospus soll Gott danken, wann sein liebes Weib ein Siemahn ist, wann sie ihn mit ihren heilsamen Ermahnungen vom Bösen abhält, und zu allem Guten lenkt und wendt. Sie mahn ihn dann nur steif, daß er die Wirthshäuser meide, worin das Gewissen samt dem Beutel schlecht wirthschaftet. Sie mahn ihn, daß er von dem gewöhnlichen Schwören und Gotteslästern abstehe, indem ihm der Allmächtige die Zung erschaffen, Gott zu loben und nit zu beleidigen. Sie mahn ihn, daß er nach ungerechtem Gewinn und vortheilhaftigen Handlungen nit strebe, zumalen ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groschen frißt. Hätte Pilatus seiner Frau gefolgt, wie sie ein Siemahn war, so thäte er anjetzo nicht in dem höllischen Rachen sitzen. Dann wie dieser auf dem Gerichtstuhl gesessen, an dem Ort, so Lithostratos genannt war, und bereits damals von dem Volk, und sonderlich von denen hohen Priestern ganz ungestüm wurde angehalten, damit er, vermög seiner hohen Amtsverwaltung, solle Jesum zum Tod verurtheilen; gleich schickte seine Frau Gemahlinn einen Pagi zu ihm, und zwar nach Aussag Simonis[306] de Kassia, mit einem Briefl oder Zettel, worin sie ihn sowohl gütlich als ernsthaft ermahnet, er solle doch seine Hände nicht waschen in dem Blut dieses gerechten Manns Jesu von Nazareth, dann sie wegen seiner die ganze Nacht hindurch einen wunderlichen Traum und Gesicht gehabt. Obschon einige der Meinung und Aussag sind, als hätte solchen Traum der böse Feind verursacht, der durch ein Weib den Tod Christi, und folgsam die Erlösung des menschlichen Geschlechts zu verhindern suchte, so wird von den meisten heiligen Vätern, bevorab von allen griechischen Lehrern, obbenannte Frau über alle Massen gelobt, die es auch mit gründlichen Beweisungen behaupten, daß erstgedachter Traum nicht vom Teufel hergerührt, als der nicht wußte, daß Christus wahrer Gott und Mensch seye, und durch seinen Tod die Welt erlöset werde, dann sonsten hätte dieser leidige Satan die Hebräer nicht zu solchem Haß und Verfolgung Christi angespornet, sondern solcher Traum seye von Gott, vom Himmel, von ihrem eigenen Schutzengel herkommen, wie solches leicht von dem heiligen Wandel, den sie nachgehends geführt, abzunehmen, massen sie in die Zahl der Heiligen gesetzt, und Klaudia Prokula genannt, wie dann von ihr auch der heilige Paulus in einer Epistel zu dem Timotheum c. 4. Meldung thut. Wann nun Pilatus der heilsamen Ermahnung seiner Frau hätte gefolgt, so wäre er anjetzo und auf ewig nit so unglückselig. Wer hat den Propheten Balaam ermahnet? Wer hat gemacht, daß er nit um das zeitliche und ewige Leben kommen? Wer? sag an? Wer? nit der, wer? nit der, sondern die, die Eselin, welcher[307] Gott wunderbarlich eine menschliche Zung ertheilt, wodurch der geizige Prophet von seinem Untergang erhalten. Es gibt viele grobe Knispel, viele grobe Gispel, welche ihre Weiber nur Bestien pflegen zu tituliren, aber still, und noch einmal still ihr unartige Goschen, ein manches Weib ist eine gute Bestia, und eine solche, durch die Gott der Allmächtige redet, absonderlich, wann sie euch vom Bösen abhaltet, und zu allem Guten leitet, mula und mulier seynd fast eines Namens, wie viel tausend Männer seynd durch der Weiber gute Ermahnungen zu Gott kommen, zum rechten Glauben, kommen, ja ganze Länder und Reich seynd durch sie bekehrt worden, wie solches in allen Chroniken sattsam zu finden ist: mit einem Wort, lebens-, liebens- und lobenswerth seynd die Weiber, wann nur, sagte der Nachtreter Dionisi, ihre verdammte Hoffart nit wäre.

Weil der große Mann Gottes Moses auf dem Berg mit dem Allmächtigen geredet, und große Geschäfte traktirt, unterdessen begehrte das übermüthige Volk von dem Aaron, er solle ihnen einen andern Gott stellen, Aaron sagt alsbald den Männern, sie sollen die goldenen Ohrenring ihrer Weiber herbeibringen, er woll ihnen einen Gott daraus gießen, der ihnen gewiß nit mißfallen werde. Mein hoher Priester Aaron, dieß ist gar ein nieders Koncept, so willst du dann auch mithelfen und mitwirken, daß die Jsraeliten die Götzen anbeten und verehren? Aaron hat mit allem Fleiß befohlen, die Weiber sollen ihre goldene Ohrenring herbeibringen, denn er gedachte, daß die Weiber in Ewigkeit dies nicht thun würden und ehender ohne Gott bleiben, als ohne Geschmink.[308]

Ach Gott, bei dieser jetzigen, bethörten, verkehrten Welt ist es leider also beschaffen, daß die Weiber lieber Gott, den Himmel, die Seligkeit verlassen, als ihren Geschmuck und Kleiderpracht. Nur schöne Kleider, wann auch so viel Auszügel von den Kaufleuten in dem Fenster stecken, daß sie auch einem Gewürzkrämer auf Jahr und Tag vor Scharmümützel kleckten. Nur schöne Kleider, wann auch der Mann alle Tag den Ablativum muß brauchen in des Kaisers Beutel. Nur schöne Kleider, wann man auch derenthalben dem Mann soll ein lateinisch Ypsilon auf den Kopf malen. Nur schöne Kleider, wann man auch nur Kraut und Ruben wie die Schlosserbuben soll essen.

Moses und Aaron machten in dem Angesicht des egyptischen Königs Pharao große Wunderwerk, aber was sie gemacht, das thäten die egyptischen Zauberer nach; sie verkehrten eine Ruthe in eine Schlange, feceruntque similiter, das haben sie auch gemacht. Sie verkehrten die Schlangen wieder in eine Ruthe, feceruntque similiter, das haben sie wieder gemacht. Sie verkehrten alles Wasser in Egypten in lauter Blut, feceruntque similiter, das thäten sie auch nach. Vergebt mir ihr Weiber, aber nicht mit Gift, ich nenne euch nit alle Zauberinn, das sey fern von mir, aber die meisten aus euch folgen den egyptischen Zauberern, dann durch eure verdammte Hoffart thut ihr auch alles nach, bringt nur Eine eine neue Modi auf die Bahn, so thun es die Anderen alle nach, trägt Eine einen neuen Zeug, so trägt ihn die Andere auch, und bedeckt ihre Mistkrippen mit[309] gleichem Ueberzeug. In Summa, Affen nenne ich euch nicht, aber nachaffen thut ihr alles; o verdammte Hoffart! Der Geizteufel Mammon hat viel Weiber unter sich, der Unzuchtteufel Asmodäus hat viel Weiber unter sich, der Neidteufel Belzebub hat viel Weiber unter sich, der Freßteufel Beelphegor hat viel Weiber unter sich, der Zornteufel Baalberit hat viel Weiber unter sich, der Lenzteufel Astaroth hat viel Weiber unter sich; aber keiner hat mehr Weiber unter sich, als der Hoffartteufel Leviathan. Wenig seynd, o wohl eine kleine Anzahl derselben, welche der Hoffartgeist nit plagt, aber sagt mir doch, zu was dienet dann diese eure Zier? Wann ihr es mir schon nit bekennet, so sagt es doch der böse Feind, als welcher das Wort Zier zuruck lieset, und nichts anders heraus bringet, als Reiz; darum, darum zieret ihr euren Kothsack, euren Sautrog, euren Kuttelmantel, euere Luderbrut, euere Gestankmühl, euere Muffhütten, euer Wustgewölb, damit ihr alle sollt und wollt zu euer Lieb reizen.

Sagt her, welcher Moditeufel hat die hohen Hauben aufgebracht? Der Obrist Lucifer ist derenthalben gar übel zufrieden, dann er mit großen Unkosten hat die Höllpforte müssen höher bauen, weil ihr euch nie bucket, außer euer Galan macht euch tiefe Complemente. Im alten Testament hat Gott der Herr seinem Volk die Widhopfen verboten, wie Levitici am 11. zu lesen, also ist gar leicht zu vermuthen, daß ihr mit eurer dermaligen Widhopfen-Tracht Gott dem Herrn und seinen göttlichen Augen auch werdet missfallen. Anno 1583 war zu Wien ein Mensch mit[310] zwölftausend sechshundert und fünfzig Teufeln besessen; nachdem alle diese höllischen Larven mit gewöhnlichen Kirchenwaffen angegriffen worden, und bereits solche Festung sollten verlassen, hat dero Führer und Oberhaupt begehrt, man woll ihm und seinen Gesellen wenigst vergönnen, daß sie dörfen fahren in die dicken Kröse der umstehenden Weiber, wie dazumal die Tracht gewesen. Gar gewiß, ja unfehlbar ist zu glauben, daß, wann unsere neuerfundenen hohen Reigerbüsch und abcopirten babylonischen Narrenschöpf wären dazumalen gegenwärtig gewesen, daß besagte verruchte Geister nit anderwärts hinzufahren begehrt hätten, als in diese gewispelten Haubennester. Ich bitt euch um die Wunden Christi, um eurer Seligkeit willen, laßt doch einmal nach von dieser übrigen Welt-und Kleiderpracht, es kommt schon so weit, daß ihr alles dieß vor keine Sünd mehr rechnet, sondern alles eurem Stand gemäßig urthlet, ist dann schon euer Gedächtnuß entfallen, neben tausend andern Geschichten; jene Gräfinn, von dero Valerius Venerus erzählet, welche sehr fromm und auferbaulich gelebt, viel und häufiges Almosen ausgetheilt, aber gleichwohl in feuriger Gestalt nach dem Tod erschienen, mit dem Verlaut, daß sie ewig verdammt, um weil sie der Kleiderpracht und neuen Modi gar zu stark nachgestrebt. O Gott! diesem allem gibt man wenig Glauben, allein es wird eine Zeit, ein Tag, eine Stund, ein Augenblick alles zeigen, und zwar dazumal, wann eure Seel vor dem göttlichen Richter erscheinen wird.

Nicht wenig, sondern viel, nicht schlecht, sondern ziemlich, nit nur obenhin, sondern wohl umständig[311] seynd die Weiber zu loben, und dero vollkommener Wandel hervor zu streichen, fuhr mehrmalen fort mit dergleichen Reden der P. Prediger; ja, sagte er, es sey vermuthlich, und zwar mit starken Beweisthumen zu bekräftigen, daß mehr Weiber zur Seligkeit gelangen, als Mannsbilder. Dann Gott der Allmächtige die Welt erschaffen in Form und Gestalt eines runden Zirkels; nun aber ist es allbekannt, daß in Formirung eines Zirkels der letzte Punkt zu dem ersten komme, gestaltsam A der erste Punkt und B der letzte zusammen stoßen. Der erste Punkt, den Gott der Allmächtige in Verfertigung des allgemeinen Weltzirkels gemacht hat, war der Himmel, dann im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde, der letzte Punk in der allgemeinen Erschaffung war das Weib, massen diese nach Erschaffung aller andern Kreaturen, das ist, zu allerletzt aus der Rippe formirt worden; wann nun in Formirung des runden Zirkels der letzte und erste Punkt zusammen kommen, so folgt dann recht, daß das Weib als letztes Geschöpf zu dem ersten Geschöpf, benanntlich dem Himmel, komme.

Der gelehrte Ruiz ist der Meinung und Aussag, daß mehrere Weibspersonen in Himmel kommen, als Männer, dann es ohne allen Zweifel ist, daß die Weiber dem heiligen Gebet, der geistreichen Andacht, weit mehr seynd zugethan, als die Männer; es wird mancher Limelius eine ganze Woche keine heilige Meß hören, da unterdessen die arme Haut in aller Frühe zu dem ersten Gottesdienst eilet. Mehr hat das Weib keine so große Gelegenheit zu sündigen, als der Mann, die wenige Ungeduld in Erziehung der Kinder, das[312] oftermal nothwendige Zanken mit den Dienstboten, der gähe Zorn wegen der ungeschliffenen Sitten des Manns, seynd fast die meisten, so ihr Gewissen bedrängen; entgegen er in seinem Amt die Herrschaft betrügt, mit ungerechtem Vorthl sich bereichet, dem Nächsten Schaden und Unfug anthut, und sich just zu dem Officio schicket, wie der Bock zum Gärtner etc.; oder treibt Kauf- und Handelschaft, gibt falsche Waar vor gutes Geld, betheuert's mit hundert tausend Sakrament, mit zwölf tausend Teufel, mit acht tausend Donner, mit sechzehen tausend Hagel, mit sieben tausend Blitz. Item so ist der Männer sauberer Wandel nur allbekannt, als die in allen Wirthshäusern, in allen Spielhäusern, in allen Tanzhäusern, und gar oft in allen Huestenhäusern herum laufen, herum saufen, herum raufen, herum kaufen, herum schnaufen etc., da unterdessen die frommen Weiber zu Haus ihre Zeit mit den unschuldigen Kindern zubringen, oder etwann in nächster Kirchen ein Kerzl aufstecken, und ihr Gebet, so viel es die Hausgeschäfte zulassen, emsig verrichten. So wird man auch in allweg finden, daß die Weiber weit barmherziger seynd, als die Männer, welches vor allen andern Moses erfahren, den vorwahr kein Mann aus dem Wasser hat zogen, noch hätte zogen, weil es so scharf durch königlichen Befehl verboten, ungeacht aber alles dieß, auch mit der Gefahr ihres Lebens, hat solche Barmherzigkeit dem kleinen Kind ein Weib erwiesen. In Summa, man hätte kaum Federn genug, wann alle Tugenden und Hauptthaten der Weiber sollten schriftlich verfaßt werden, dahero sie nit wenig, sondern viel,[313] nit schlecht, sondern ziemlich, nit nur obenhin, sondern bedachtsam und umständig zu loben und zu preisen, wann nur, sagt der Nachtreter Dionisi, ihre verdammte Hoffart nit wär.

Das Himmelreich ist gleich, sagt unser Herr, einem Sauerteig, den ein Weib nahm, und verbarg ihn unter drei Sester Mehl; so gehen dann, mein Herr, so gehen dann die Weiber eigentlich mit dem Sauerteig um? Ja freilich, sie weit mehr, weit öfter als die Männer, der Sauerteig blähet auf, vermög seiner Eigenschaft; weit mehr, weit öfter gehen die Weiber mit aufgeblasenen Gedanken, mit aufgeblasenen Worten, und mit aufgeblasenem Leib um, als die Männer.

Ein adeliches Weib wird insgemein genennet eine Dama, und Dama als ein lateinisches Wort, heißt auf deutsch eine Gems, wer steigt höher als eine Gems? Wer will immerzu höher seyn als ein Weib? der Teufel hat ihnen unten und oben, das ist, bei Füßen und Kopf müssen zusetzen, damit sie nur höher seynd, bei den Füßen durch die hohen Schuh, beim Kopf durch die hohen Hauben.

Ein Weib tritt zu unserm Herrn mit zween erwachsenen Söhnen, reicht ihm eine Supplikation über, mit diesem Inhalt, daß sie es gern sähe, ja ihre größte Gnad wäre, wann er einen zur rechten, den andern zur linken Hand in seinem Reich stellte; dazumalen lebte noch ihr Mann der Zebedäus, wie kommts dann, daß dieser die zween Söhn nit vor unsern lieben Herrn geführt, es wäre weit manierlicher gewest? Es ist wohl zu glauben, daß sie, das[314] Weib nemlich, solches ohne Wissen und Willen des Manns gethan, auch den Herrn im Hause gespielt, wie man pflegt zu sagen, sie hat gedacht, wann ihre Söhn durch ihre Rekommandation zu höhern Ehren kommen, so wird man alsdann sagen, das ist ein wackeres Weib, dieß Weib gilt viel bei unserm Herrn, dieß Weib hat einen schönen Verstand, dieß Weib braucht eine schöne Manier, dieß Weib kann ihre Kinder fortbringen, dieß Weib gibt keinem Mann nach, dieß Weib nimmt alle Beut ein, dieß ist ein stattliches Weib etc., dann der Weiber ist gleichsam ihre Natur, daß sie wollen gelobt werden, o Hoffart.

Matth. am 18. Kap. wird gelesen von einem Beamten eines Königs, der in seiner Rechnung gar übel bestanden, und weil er im Vermögen nicht hatte, daß er den Abgang dem König könnte gut machen und bezahlen, wessenthalben er befohlen, man soll diesen Offizier verkaufen, auch sein Weib und seine Kinder etc. Euer Majestät wollen mir's gnädigst vergeben; dieß scheint der Justiz und Gerechtigkeit nicht gemäß, was kann das Weib, die arme Haut, davor, daß ihr Mann so übel gehaust? was kann sie davor, daß er in seiner Rechnung nicht bestehet? Allhier bekomm ich die Antwort, daß solchem Weib kein Unrecht geschehe, massen sie die meiste Ursach, daß er in solche Schuldenlast gerathen, dann sie das Jahr hindurch zwölf neue Kleider hatte, zu Ehren der 12 Monate; so war ihr auch der Stand zu schlecht, mußte also den Adel kaufen, und hieß nicht mehr Anna Putzerinn, sondern Annieta Pontiana von Schneizenau etc. Item das zu Fuß gehen ist eine Post vor gemeine[315] Tändelweiber, mußte also das lateinische Frauenzimmer in einem Wagen fahren, und mit einer Livree prangen von allerlei Farben, wie Taubenkoth, damit es etwas fremd. Solche große Unkosten haben den guten Mann veranlaßt, daß er seinen Beutel mit der Herrschaftskassa verheirath, und also zu Grund gangen. O wie oft geschieht dieß? o wie oft ist der Weiber Hoffart der Männer Hinfahrt, Abfahrt und Auffahrt!

Agisus, Herzog in Friaul, hat es erfahren Anno Sechshundert nach Christi Geburt, dessen Frau Gemahlin Romaddä die Zähne gewässert nach einer Kron, dahero ihr Contento zu erhalten, hat sie Cacannum, den hungerigen König, durch Brief und verborgene Gesandtschaften dahin vermögt, daß er mit einer namhaften Armee in Friaul gerückt, dem sie aber eidlich versprochen, daß er ohne Verlust eines Manns die Stadt solle behaupten, dafern er sie vor eine Ehe-Konsortin und königliche Gemahlinn wollte erkiesen. Cacannus verspricht, Cacannus kommt, Cacannus überwindet, Cacannus erlegt den Herzog, Cacannus freiet die Romadda, aber wie? auf ebnem Feld in dem Angesicht der gesamten Armee läßt er sie an einen großen hölzernen Pfahl anbinden, und folgsam lebendig verbrennen, mit dem höhnischen Vorwurf, auf ein solches Weib gehört ein solcher Mann. Das Feuer gehet noch hin, aber was sagt ihr stolzen Weiber zu dem ewigen Feuer, welches einmal euere Hoffart wird brennen, und nit verbrennen, weil es ewig währet; ewig, ewig, schreibt diese Wort auf einen Zettel, und steckt's auf eueren hohen Raigerbusch; ewig, ewig,[316] stickt diese Wort mit Gold, und tragts um euren Hals, ewig, ewig, pappt diese Wort mit lauter schwarzen Flecken in euer Gesicht, so da vertreibts die seidenen Mucken allda. O Hoffart! o Ewigkeit, o Demuth Jesu und Mariä! O Hoffart der menschlichen Erdwürm!

Der Prediger, mein lieber Lackei, machte es fürwahr sehr eifrig und scharf, dahero ich der gänzlichen Meinung, wann euere gnädige Frau wär in der Predigt gewesen, daß sie hierdurch wäre bewegt worden, und ihre dem Ansehen nach sehr große Pracht und Hoffart abgelegt, weil eine Kirche und Gottes-Haus weit anderst beschaffen, als die Arche Noe, dann alle die Thier, so in selbige eingetreten, seynd wieder also heraus gangen, ein Wolf hinein, ein Wolf heraus, ein Ochs hinein, ein Ochs heraus, ein Esel hinein, kein Doktor, sondern wieder ein Esel heraus etc. Aber mit der Kirche und Gotteshaus hat es mehrmal eine weit andere Beschaffenheit, dann gar oft ein geiler Bock hinein gehet, und wird durch die Predigt bekehrt, daß er als ein unschuldiges Lämmlein heraus kommt. Gar oft ein stolzer Pfau hinein prangt, und wird von der Kanzel bewegt, daß er als eine weiße Taube heraus kommt etc. Also wann eure gnädige Frau wär in der Kirche gewesen, und hätte die Predigt gehört, ist gar wohl zu glauben, daß sie wär in ihr Gewissen gangen, und der Welt Eitelkeit abgesagt, massen solches schon öfter geschehen. Dann wie der heilige Joannes Capistranus zu Regensburg so scharf geprediget wider das Spielen und Hoffart der Kleider, so seynd nach vollend'ter Predigt die Spieler[317] mit Karten und Würfel, die Weiber mit Kleiderpracht und Tracht haufenweis auf den Platz geloffen, daselbst einen großen Scheiterhaufen angezündet, und alle die Eitelkeiten zu Aschen verbrennt.

O mein Pater, sagt hierüber der Lackei, meine gnädige Frau die acht sich der Predigten nit viel, und wann sie doch ein und das andertmal zu einer kommt, so pflegt sie die meiste Zeit darunter, mit der benachbarten Gesellschaft zu schwätzen, oder sie legt dem guten Prediger seine Wort und Lehr also aus, daß er in der folgenden Abendgesellschaft die meiste Unterhaltung muß geben. Mein lieber Lackei, glaube mir, daß zwar die Ohren eurer gnädigen Frau auswendig mit schönen orientalischen Perlen und Gehäng prangen, aber einwendig der höllische Bär mit einem großen Anhang wohne, welcher der armseligen Kreatur an den apostolischen Predigten einen solchen Grausen und Eckel macht.

Ein Medikus kommt zu dem Kranken, dem das langwierige Fieber die Leibskräfte schon ziemlich abgezehrt, dem die Puls nicht viel stärker lauft, als der Prater am Aschermittwoch, dem die Augen in dem ausgeselchten Angesicht stecken, wie ein paar Muschel in einer Krotta, dem die Nase spitzfindig wird, unangesehen der Verstand schon abnimmt, dem der Athem gehet, wie ein geladener Wagen im Hohlweg. In Summa, alle diese Zustände und Umstände gefallen dem Medico nit, wann man ihm aber über alles dieß noch sagt, daß der Kranke das Gehör verliere, da schüttelt der Doktor den Kopf, a Dio, spricht er, mit dem Leben ist es aus. Hipocrat. Aphoris.[318] lib. 4. in febre non intermittente, si non audiat aeger, jam debilis existens, propinqua mors est.

Ein hitziges Fieber ist die Geilheit, ein Gallfieber ist Zorn und Rachgier, ein viertägliches Fieber ist der Geiz, ein dreitägliches Fieber ist die Hoffart etc. Alle diese und noch andere seynd sehr gefährliche Zuständ vor die Seel, gleichwohl seynd sie noch zu kuriren, wann man mögliche Mittel anwendet, so aber einem dergleichen Patienten das Gehör verfallet, so er in Anhörung des Wortes Gottes einen Grausen empfindet, so er die Predigt nit gern höret; o Dio, sprich ich, mit dem Leben ist es aus, und zwar mit dem ewigen Leben, dann meine Schäfel hören meine Stimm, spricht unser Herr bei Joanne 10. c. Der dann die Predigt, welche eine Stimm Christi, nit gern höret, ist kein Schäfel des Herrn, sondern wird einmal am jüngsten Tag gestellt unter die verdammten Böck zur linken Hand.

Schuldiger Diener, Herr Doktor, woher? Sie seynd gewiß bei der Predigt gewesen, weil ich sie allhier nit weit von der Kirche antriff; das nit, gab er mir die Antwort, das nit, dann meine Geschäfte lassen es nit zu, gestern Abends habe ich mit meinem Collega gelabetet bis um halbe eilf Uhr, heut bin ich erst um achte aufgestanden, und also gleich als ein Jägermeß gehöret, anjetzo wische ich über meine Schriften, Nachmittag setzt es doch wieder etwas ab etc. Ich achte mich der Predigt nit viel, ich hab deren nur gar zu viel von meinem Weib zu Haus, a Dio, servitor Pater. Als wir uns dergestalten von einander[319] scheideten, da vernahm ich ein paar ehrliche Burger hinter mir, welche gar deutlich und wohl verständlich von der Predigt also redeten. Ei, ei, es ist immer schad, daß dieser Jurist nit bei der Predigt gewesen, dann er fürwahr ein Gutes hätt in Busen bekommen, war doch fast des Paters ganzes Reden von den Advokaten und dero mehrmal gewissenloses procedere. Gar viel stehen freimüthig von dem Rechtführen ab, sagte der Prediger, weil so viel Unkosten aufgehen, damit sie nicht gar hierdurch zum Bettelstab gerathen. Lazarus lag 4 Tag im Grab, Lazarus steckt 4 Tag im Grab, bis ihn endlich Christus erweckt etc.; 4 Tag gehen hin, aber mein Recht, sagt mancher, bleibt schon liegen nit nur 4 Tag, nit nur 4 Wochen, nit nur 4 Monat, sondern schon 4 Jahr, 4 ganze Jahr steckt es schon, foetet, das kann ja keinem wohl schmecken, unter der Zeit lauft die Bestallung des Advokatens gleichwohl fort, unter der Zeit muß ich immer dem Doktor spendiren, sein Schreiber, der bis an den Hals gestudirte Maulaff, will auch beschenkt werden. Gott, wann nur einmal dieser Lazarus erweckt würde? Mein lieber Mensch, du mußt glauben, daß der Doktor an dir eine gute Melkkuh hat, du mußt wissen, daß des Advokaten sein Beutel mit dem deinigen in nahender Verwandtschaft ist; ja gar Bruder, du muß gedenken, wann du schon gern von ihm los wärest, daß er herentgegen von dir nit gern los wäre (zwar los ist er genug), brauchest du ihn nit, so braucht er dich, daß er dein Recht so langsam zu einem gewünschten End bringt; er wills nit über das Knie abbrechen, damit fein der Handel[320] ganz bleibe, eilen thut kein gut, sagte der Schneck, der 7 Jahr über die Brucken gekrochen, und gleichwohl gestolpert, aus dem Langsam wächst ihm sein Interesse, aber ist das recht? ein Recht führt er wohl, aber nit recht, dann was er in vier Wochen hätte können zu einem Ausgang bringen, und selbiges erst in 4 Jahren vollendet, so ist unterdessen deine Ausgab sein Diebstahl, wann es durch seine Bosheit oder Fahrläßigkeit also prolongirt worden.

Jener Feigenbaum ist durch des Herrn Malediction völlig verdorben, es ist ihm recht geschehen, warum hat er dem Heiland nit einige Frucht gespendirt. Aber ich, sagt mancher, hab meinem Advokaten etlich Jahr her so viel gespendirt, ich wollt, daß ihn etc., und bin letztlich gleichwohl verdorben, dann mein Gegentheil mir das Recht abgewonnen. Schneidewinus ist ein rechter und wackerer Jurist, aber mein Advokat heißt Schneidofftius; dann er mir je und allweg aufgeschnitten, daß er wolle den Handel gewinnen, ich hab eine gerechte Sach etc., unterdessen hat er mir den Beutel geschrepft, das ist ja nicht recht. Schragius ist ein stattlicher Jurist, aber mein Advokat hat manchem schon das Recht so lang hinausgeführt, bis er auf dem Schragen gelegen, ich glaub und fürchte, es werde mir nicht um ein Haar besser gehen, dann ich merke, seine Aktiones richten sich nach dem alten Kalender. Schilterus ist ein trefflicher Jurist, aber mein Advokat heißt Schiltallzeit, der hat schon manchem Teufel ein Ohr abgeschworen, er wolle inner der und der Zeit die Sach zum End bringen, es ist aber sein Kram nie eine Waare. Sprengerus[321] ist ein guter Jurist, aber das hat er nit geschrieben, daß mich mein Advokat schon Jahr und Tag soll wie einen andern Narren herumsprengen, von Pilato zum Herodes, indem er doch die Sach in drei Tagen hätte können vollziehen. Schacherus ist ein trefflicher Jurist, aber das hat er nit gelehrt, daß mein Advokat soll mit den Parteien also schächern, dann er kaum eine Schrift von einem halben Bogen aussetzt, so begehrt er schon ein Dutzend Tölpelthaler, der häßliche Mensch. Strikius ist ein guter Jurist, aber das hat er nie geschrieben, daß ein Advokat wie der meinige, sowohl mir, als auch dem Gegentheil dient, und also beiderseits stiehlt, dessenthalben er schon hundert Strick verdient. Wurmserius ist ein guter Jurist, aber das hat er wohl nit geschrieben, daß ein Advokat soll den Parteien also den Wurm schneiden, wie es der meinige thut. Linkherus ist gar ein guter Jurist, aber das hat er gar nit docirt, daß ein Advokat soll link und recht seyn, wie ich einen hab, dann wer ihm viel gibt, dem ist er recht, der ihm wenig spendirt, dem ist er link. Coler ist ein guter Jurist, aber mein Advokat ist wie ein Hund, dem mit einer Schenkaschi gar leicht das Maul zu stopfen, daß er vor Gericht nit viel bellt. Alle dergleichen Sachen seynd nit recht, sondern vor Gott und der Welt strafmäßig.

Allhier werden keineswegs verstanden diejenigen frommen und gewissenhaften Advokaten, die nicht allein justinianisch, sondern auch just seynd, sagte der Prediger, setzte auch hinzu einige Geschicht, worin sich die bösen und gottlosen Advokaten spieglen können.[322] Der heilige Dunstanus, cantuariensischer Erzbischof, aus gerechtem Eifer reformirte seine Canonicos, um weilen selbige einen sträflichen Wandel und ärgerliches leben führten, mehr liberos, als libros zu Haus hatten, wessenthalben er sie von ihren Renten und Gütern verstoßen, und in gebührende Straf gezogen, welches Verfahren Gott selbst, und zwar durch ein Wunderwerk gut geheißen und bestätiget. Nach vieler Zeit wollten die Erben besagter Domherrn ein Recht führen mit Dunstano, und haben hierzu einen gewissenlosen Advokaten erkiesen, der auch, so man es ihm bezahlt hätte, wider das Vater unser einen Prozeß geführet, dieser schlimme Gesell, unangesehen, daß er wußte, daß auch das gefällte Urtheil Dunstani vom Himmel approbirt worden, brachte gleichwohl aus geldgierigem Gemüth seine lange, breite, dicke, tiefe Klagred vor, als hätte Dunstanus nit Fug und Recht gehabt, obberührte Domherrn ihres üblen Verhaltens halber von ihren Einkünften zu verstoßen; worauf der heilige Mann ganz freundlich geantwortet, wie daß er schon alt sey, und deßwegen Ruhe halber auf Erden kein Recht mehr, absonderlich mit einem solchen Advokaten, wie er ist, führen wolle, lasse demnach es alles Gott über, der sich der gerechten Sach wird annehmen. Kaum daß solches der heilige Erzbischof ausgeredet, da ist alsobald derjenige Theil des Hauses, allwo der Advokat mit seiner Partei gestanden, mit erschrecklichem Krachen eingefallen, und alle jämmerlich zerquetscht, da hingegen Dunstanus mit den Seinigen unverletzt geblieben. Ihr Advokaten, lasset euch dieß eine Lehr seyn etc. Ei Gott! sagten die zwei Burger,[323] wann halt dieser Doktor solche Predigt hätte gehört, wer weiß, ob er sich nit daran gespieglet hätte!

Christus der Herr war je und allemal die Sanftmuth selbsten, ja wann ihm der Himmel nit hätte den süßesten Namen Jesus geschöpft, so glaube ich, wäre er Lambert genennet worden, zumalen ihn Joannes der Täufer also getauft, ecce Agnus Dei, siehe das wahre Lamm Gottes; Christus voller Sanftmuth die drei und dreißig Jahr auf Erden, gleichwohl ein und das andere Mal hat er einen Ernst gezeigt, und gleichsam heiligen Zorn, unter andern dazumal, wie er mit entrüstetem Gesicht den Peter einen Teufel genennet hat, vade retro me Sathana, weich hinter mich Satan. Aber saget her, soll dann Petrus einmal das Amt und die Stell eines Teufels vertreten haben? wann er einmal diesen Namen verdienet hat, war es dazumal, wie er zwar gutmeinend dem Malcho das Ohr abgehauet, dann meistens der Teufel nur auf die Ohren des Menschen gehet, er sieht, er sucht, er sendt, er sinnt nur, wie er den menschlichen Ohren eines versetzen kann, damit sie das Wort Gottes und die Predigt nit anhören, dann ihm gar zu wohl bewußt ist, daß ihm niemand mehr Seelen aus den Klauen reißt, als ein Prediger.

Moses hat nur einmal aus einem harten Felsen mit seiner Wunderruthe Wasser heraus gelockt, aber ein eiferiger und ein apostolischer Prediger wiederholet solches Wunder öfter, indem er einem manchen großen Sünder die Bußzeher aus den Augen treibt, wie dergleichen anziehet Speculum Exemplorum, daß nemlich einer gewest, der lange Zeit einen lasterhaften[324] Wandel, ein freies und freches Leben geführt, und anbei keiner Predigt geacht, er stund etwann in der Furcht, der Prediger möcht ihm die Puls greifen, weil aber auf eine Zeit ein fremder Prediger ankommen, der wegen seiner stattlichen Gaben sehr berühmt, und einen unbeschreiblichen Zugang des Volks hatte, also hat ihn auch der Vorwitz gekitzlet, daß er einsmals bei der Predigt erschienen; es war aber dazumal aus göttlicher Vorsichtigkeit der Prediger gleich ganz eiferig wider dasjenige Laster, so diesem Gesellen sein Gewissen beschwerte, und wie der Mann Gottes seine Augen geworfen auf diesen elenden Sünder, so sah er, daß solcher von dem Teufel an einer großen Kette angefeßlet wurde gehalten, dahero er noch mit heftigerm Eifer wider solches Laster von der Kanzel getobet, und sattsam dargethan, daß dergleichen Sünder rechte Sclaven und Leibeigne des Satans seyen, wodurch diesem endlich das Gemüth erweicht worden, daß er anfangs tiefherzig geseufzet, nachmals die heißen Zäher aus den Augen vergossen, deren ein einiger auf die große Kette gefallen, solche alsobalden zersprengt, und folgsam den Satan in die Flucht gejagt. So viel nutzt das Predigt hören!

Pelagia war eine öffentliche Sünderinn zu Antiochia, ein Gräuel und Verführerinn der Jugend, ein Wust aller erdenklichen Laster, eine Vertilgerinn aller Ehrbarkeit, mit einem Wort, ein Original der Unzucht, und die Venus selbst; sobald sie aber einsmalen die eiferige Predigt des heil. Bischofs Nonni angehört, ist sie hierdurch also bewegt worden, daß sie von Stund an den strengen Bußwandel angetreten,[325] und bereits in die Zahl der großen Heiligen gesetzt worden, massen ihr Festtag den 8. October begangen wird. So viel nutzt das Predigt hören! Wäre nun dieser Advokat bei dem Wort Gottes gewesen, was gilts, er wäre in sich selbsten gegangen!

Hans Obermayr, Gregor Untermayr, Lenz Mittermayr, drei wohlgesessene Bauren, die können nicht genug loben die Predigt, so ihr Herr Pfarrherr gethan, bedauern anbei nichts mehrers, als daß ihr Herr Pfleger nit dabei ist gewesen, weil er daraus hätte lernen können, wie man mit den armen Unterthanen und arbeitsamen Bauernvolk soll umgehen. Die Predigt richtete er nach den Worten unsers Herrn, Joan. 15. c. Pater meus agricola est etc., er lobte über alle Massen den Baurenstand, wie lustig derselbige sey, wann man nur mit den armen Leuten menschlich umgehet. Wohl recht hat jener gesagt oder gesungen:


Mein Vater ist kein Edelmann,

Das sieht man an seinen Gebährden an,

Vertraulich, aufrichtig, wacker,

Seine Kutsche ist ein Ackerpflug,

Die Rößlein haben Arbeit gnug,

Den ganzen Tag im Acker.


Der Apfel fällt nit weit vom Stamm,

Hab ich doch meines Vaters Nam,

Und hab auch seine Tugend,

Ich setz mein Leben nach dem Ziel,

Was ich im Alter treiben will,

Beweis ich in der Jugend.
[326]

Die goldne Kett'n und Silbergschmeid

Seynd von den Bauren fern und weit,

Es tragens nur die von Adel.

Kein Baur mit einem Kleinod prangt,

Sein Kleinod an einem Strohhalm hangt,

Das ziert seinen Hof und Stadel.


Den ganzen Tag wohl durch und durch,

Wann ich im Acker mach eine Furch,

Geht alles wohl von Handen,

Die Lerchenvögel mamcherlei,

Sie singen schöne Melodei,

Seynd meine Musikanten.


Die Schwalben trösten mich immerzu,

Zu Mitternacht, zu Morgens fruh,

In meinem Haus sie nisten,

Sie singen, kosten doch nit viel,

Ich liebe dieses Federspiel,

Vor sieben Lautenisten.


Zu Morgens wann der Tag angeht,

Die blumenfarbne Morgenröth

Verguldt die Spitz der Eichen,

Den Tag hat schon gekündet an

Der Gockelhahn, der Hennenmann,

Auf, auf, gibt er ein Zeichen.


Der Bauersmann hat ein bsondern Lust,

Ob es ihn gleich viel Arbeit kost,

Kann er sich dannoch laben,

Den Banren wird voran vergunt,

Auf grüner Haid ein Ort gesund,

Gleichwie stes wollen haben.
[327]

Ihr Burger bleibt ihr in der Stadt,

Bedeckt mit euren Häusern satt,

Verschlossen hoch mit Mauern,

Wir wohnen gern im freien Ried,

Da wird gleichwohl ein frisch Gemüth

Vergönnt uns armen Bauren.


Nur eins ist (sey es Gott geklagt)

So uns armen Tropfen plagt,

Die Pfleger und Verwalter,

Die zwacken uns, und schinden gleich,

Wollt lieber sie wärn im Himmelreich,

Ich betet gwiß ein Psalter.


Der ammonitische König Hanon hat die Knecht des Davids wohl spöttlich traktirt, wie es die hl. Schrift umständig erzählet, derowegen nahm Hanon die Knecht des Davids, und schor ihnen den Bart halb ab, und schnitt ihre Kleider halb ab, bis auf die Lenden, und ließ sie hingehen etc., das war ein schändliches Verfahren mit den guten Leuten, aber leider gibt es bisweilen Pfleger und Verwalter, welche die armen Bauren nit nur halb barbieren, wie diesen Leuten begegnet, sondern ganz und gar scheren und schinden, wie werden solche einstmals dem göttlichen Richter können Rechenschaft geben, von denen schon längst der Prophet David ausgesprochen: »qui devorant plebem meam, sicut escam panis, es seynd diese solche unmenschliche Leut, die den armen Unterthanen verschlucken und verzehren, wie ein hungeriger Bettler ein Stückl Brod.« Adam war der erste Verwalter im Paradeis, sein Kleid und der Frau Eva als Verwalterinn Kleid war ein Schaf-Fell, aber der[328] Zeit ist eines manchen Pflegers-Kleid gar eine Bauren-Haut, die er dem armen Tropfen abgeschunden.

Von dem König Nabuchodonosor ist bekannt, laut heil. Schrift, daß er in ein wildes Thier sey verkehrt worden, und also wie Ochs habe müssen Gras essen. Man wird fast an manchen Ort dergleichen antreffen, daß durch der Pfleger harte Tyrannei der Unterthan gleichsam wie ein wildes und vernunftloses Thier gehalten wird, auch bisweilen seine Noth schon so groß, daß weder er, weder Weib und Kinder, ein Stückl Brod zu Haus, und findet man endlich ein Brod in seiner baufälligen Rauchstuben, so ist dasselbe der schwarzen Erd nicht ungleich, da unterdessen ihr Streng Herr Verwalter im Wohlleben brauset, der Unterthan aber als ein armer Lazarus schier vor Hunger stirbt etc. Dergleichen mehr haben diese drei Bauren erzählt, auch sich anbei beklagt, daß ihnen die ganze Predigt nit mehr in dem Gedächtnuß sey, es sey nur immer Schad, daß der Herr Verwalter nit dabei gewesen, vielleicht wäre er in sich selbsten gangen. Es war aber der Kastenschreiber dazumal in der Kirchen, welcher noch denselben Tag dem Herrn Verwalter solche Predigt ganz wiederholt, worüber er sich dermassen erzürnet, in Erwägung, als wäre hierdurch seine Hoheit beschimpft, daß er in alle erdenklichen Schmachreden ausgebrochen: was, sagte er, der Pfaff ist selbst nichts nutz, der mord etc. Was er mir? schaue er in das erste Buch, in das erste Kapitel der heil. Schrift, da wird er antreffen, nachdem der Allmächtige die Welt, und Alles, was in der Welt erschaffen, finden wird er, daß dazumalen der[329] Geist Gottes ober dem Wasser schwebte, Spiritus Domini ferebatur super aquas, und ist die Ursach dessen gewesen, weil Gott der Herr hat vorgesehen, daß künftiger Zeit das Wasser solle abwaschen, und die Menschen reinigen von der Erbsünd in der hl. Tauf, als wollte er, daß selbiges zuvor mit dem Geist Gottes versehen würde. Will nun ein Prediger durch das Wort Gottes die Menschen von Sünd und Lastern reinigen, so ist vonnöthen, daß auch der Geist Gottes bei ihm sey, es ist vonnöthen, daß er in allweg einen geistreichen Wandel führe, und was, soll mich mein Pfarrherr, sagt der Verwalter, vieler Defekt und Mängel beschuldigen, der selbsten nichts nutz, ja wohl geistreich; unser Herr hat in der Wüste 40 Tag gefastet, nachmals erst das Predigtamt angetreten, der Pfaff hat fast alle Tag einen Rausch, und will noch über andere schmähen? Gemach, gemach, Herr Pflegel, ein Prediger muß die Wahrheit reden ohne Scheu. Ihr seyd ja nit mehr als der Kaiser Valens, und gleichwohl hat ihn der hl. Basilius nit verschont. Ihr seyd nit adelicher als die Kaiserinn Eudoxia, und dannoch ist wider sie aufgestanden der hl. Joannes Chrysostomus. Ihr seyd nit höher als der Kaiser Konstantinus, und gleichwohl hat ihn nit verschonet der hl. Hilarius. Ihr seyd ja nit vornehmer als der Kaiser Theodosius, und dannoch hat ihn gestraft der hl. Ambrosius. Ihr seyd ja nit besser als der König Theodorikus in Frankreich, und gleichwohl hat ihm die Wahrheit geprediget der hl. Bernardinus Senensis. Ihr seyd ja nit herrlicher als ein Ezelinus in Welschland, und gleichwohl hat ihm seine Unthaten[330] verwiesen der hl. Antonius Paduanus. Ihr seyd ja nit mächtiger als ein König Trasamundus, und dannoch hat ihm scharf zugeredet ein hl. Fulgentius. Ihr seyd ja nit majestätischer als ein König Henrikus in England, und dannoch hat sich der hl. Anselmus kein Blatt vor das Maul genommen, als er in Gegenwart seiner geprediget. D, gibt mir zur Antwort dieser, wann der Pfarrherr heilig wäre, so hätts eine andere Farb, aber ist selber nit vier Haller werth etc. Piano Herr Pfleger, Dismas war ein schlimmer und gottloser Mensch, und dannoch hat er seinen Mitkameraden zum Guten ermahnet, wessenthalben der Herr ihm das Paradeis ertheilt, wie es bezeugt der hl. Joan. Chrysost. Der Pfarrherr ist ein lauterer Idiot etc. Wer weiß obs wahr ist? und wann schon, es ist auch aus dem Eselskinnbacken des Samsons ein klares Brunnenquell geflossen. Der Pfarrherr hat selbst ein Gewissen, daß ein schlesischer Fuhrmann könnt darin umkehren. Das ist zu viel geredt, Herr Pfleger, und wann es auch dem also wäre, was hindert es! Elias hat ein Stuck Brod von einem Engel, und ein Stuck Brod von einem Raben bekommen, mein, von welchem Stuck ist er feister worden? Es predige dir nun ein Engel oder ein Mensch, ein Pfarrherr oder ein Religios, ein Heiliger oder ein Böser, ein jeder gibt dir eine heilsame Lehr, ein jeder gibt dir eine Seelenspeis. Im Reich, und absonderlich im Schwabenland, wird man auf dem Weg und Straßen gewisse Säulen antreffen, mit einer ausgestreckten hölzernen Hand, wobei auch eine Schrift, zum Exempel, da geht man nach Nürnberg etc. Hier ist der[331] Weg nach Ulm etc. Nun müßt einer sehr thor und albern seyn, der solcher Säulen ihren Rath nit folgen thät, um weil sie den Weg nit selber geht etc. Also thut nit weniger unweislich derjenige, der sich an die Lehr des Predigers nit kehret, aus Ursachen, weilen der Prediger selbst anders lebet, und lehret; was kann klarer scheinen, als jene Wort, so aus dem göttlichen Mund selbsten geflossen? Derowegen haltet und thut Alles, was sie euch sagen, aber nach ihren Werken sollt ihr nit thun, dann sie sagen es wohl und thuns nit.

Guten Morgen, meine Frau Wirthin, bei der Frau geht es schon lustig her, dann ich höre schon einige Gäst Vormittag in der Frau ihrem Haus, was wird erst Nachmittag geschehen? Ja, sagt sie, es seynd etliche Burger, denen der Wermuth gar wohl schmeckt, wie ich dann etliche Bekannte erblickt: Ho, ho, sprach ich, Gürtler Hans, was thut man Vormittag im Wirthshaus? Meister Theobald, wie so eifrig bei der Kandel, Herr Pürzinger, warum findet man die Leut allhier? Habts eine heilige Meß gehört? Was dann bei den PP. Kapuzinern, habts auch eine Predigt gehört, weil heut ein Feiertag? Das nit, etwann werdet ihr die nachmittägige Predigt hören? das gar nit, Nachmittag kommen wir wegen des Handwerks zusammen, und wann auch dies nit wäre, so spielen wir ohne das ein Jausen aus. O meine lieben Leut, wie, und was großen Schaden euch die Verabsäumung des Wort Gottes verursache, hätte ich Jahr und Tag zu erzählen, allem Ansehen nach seyd ihr heut acht Tag auch nit in der Predigt gewesen. O[332] wie schön hat es der Pater vorgetragen, woher es komme, daß manchesmal in dem Haus eines Burgers kein Glück noch Segen sey?

Nichts schädlichers kann einem Haus widerfahren, als wann Gott von demselben weichet, denn Gottes Abwesenheit ist alles Unglücks Gegenwart. Auf dem Berg Thabor, wo der Herr Jesus seine Glori denen Dreien ganz treu gezeigt hat, ist eine große Furcht entstanden, timuerunt valde, aber warum eine Furcht? dörft euch gar nit fürchten meine Apostlen, dann alles, was ihr sehet, ist eine Glori, und zwar keine irdische, welche meistens wurmstichig, sondern eine himmlische. Was ihr höret ist eine himmliche Stimm, und zwar die Stimm Gott des Vaters, und nit das Wort eines Menschen, das öfters ungewichtig ist. Was um euch ist eine helle und klare Wolken, so über Silber und Gold glitzt und glanzt, schimmert und scheint, habt also nit Ursach zu fürchten, timuerunt valde, gleichwohl war ihnen nit wohl bei der Sach, und der Schrecken nit klein dazumal, dann wie sie die Wolken umgeben, da haben sie unsern lieben Herrn nit mehr gesehen, und folgsam der Meinung, als hätten sie ihn verloren, und das jagte ihnen eine solche Furcht und Schrecken ein, dann sie wußten wohl, wo Gott abweichet, da weichet alles Glück und Segen ab, wo Gott nit ist, da ist alles Uebel, wo Gott den Ruthen zeigt, da weiset der Teufel das Angesicht.

Martha zu Bethania hat es wohl in keiner Kuchel-Rhetorika gelernet, wie sie schön, so weislich, so heilig geredet hat, benanntlichen Domine etc. Herr! sagte sie zu dem Heiland, mein Herr, wann du wärest[333] da gewesen, so wär mein Bruder nit gestorben, als wollt sie sagen, daß Gottes Gegenwart alles Gute, und Gottes Abwesenheit alles Ueble ausbrüte.

Denen dreien weisen Königen aus Orient, welche dem neugebornen Messiä zu opfern aus Arabia gar nach Bethlehem gereißt seynd, ist der Stern ihr größtes Glück gewesen, welcher ihnen als ein himmlischer Wegweiser ist zugegeben worden, dann durch diesen seynd sie zu Gott und zu dem wahren Glauben gelanget, dann nach der glorreichen Himmelfahrt Christi des Herrn hat sie der hl. Apostel Thomas getauft, in dem wahren Glauben vollkommen unterrichtet, auch zu Priester und Bischof geweihet, welche dann in ihrem Vaterland sehr großen Seelen-Nutzen geschafft, unzählbar viel zu dem wahren Glauben und Licht gebracht, endlich alle drei in der königlichen Stadt di Seve gestorben, und zwar der Melchior im hundert und sechzehnten Jahr seines Alters den 6. Januarii. Der Kaspar im hundert und neunten Jahr den 1. Januarii. Der Balthasar im hundert und zwölften Jahr den 11. Januarii, und also in Einem Monat, ob zwar nit an Einem Tag, doch aber eines gleichen Tods gestorben, massen sie alle drei nach der königlichen Stadt di Sevi verreißt, allda die Festiviter der Geburt Jesu Christi zu celebriren, woselbst sie alle drei, nach gehaltenem hl. Meßamt, ihren seligen Geist aufgeben, welche auch allda begraben, nachmals aber von der hl. Helena nach Konstantinopel in den Tempel Sophiä gebracht, von dannen nach Mailand in die Kirche Eustorgii, endlich Anno 1164. von dem Kaiser Frideriko Barbarossa nach Köln überschickt worden,[334] allwo sie noch mit größter Andacht verehrt werden. Und dies den kuriosen Christen, ob zwar nit gar sehr, ad propo zu einer kleinen Nachricht. Nun ihr heilige und glorreiche Weisen aus Orient habt all euer Glück dem Stern zuzumessen, der euch nach Bethlehem geführt hat, aber sagt her, wo ist der Stern gestanden? wo? ubi erat puer? wo das göttliche Kind war, ober dem Stall, wo halt Gott war, dort war auch der Stern. Habt ihrs Burger recht vernommen? wo Gott ist, da ist auch der Stern, dort ist Glück und Stern, aber in eines manchen Burgers Haus ist Gott nit, dessentwegen auch kein Glück und Stern, dann wie kann alldorten Gott seyn, wo alles wegen des steten Fluchen und Schwören und Uebelwünschen des Teufels ist. Höre nur einer zuweilen, wie es in dem Haus dieß und jenen Burgers hergehet. Heißt es nit oft, das Haus ist des Teufels, es kost mich schon so viel, daß ich um das Geld, so ich hin und her verflickt, hätte können ein neues bauen. Die Stuben ist des Teufels, sie ist ja so finster, daß ich noch bald um Mittag muß ein Licht brennen. Die Kammer ist des Teufels, sie ist so feucht, daß einem alle Kleider darinnen verderben. Die Kuchel ist des Teufels, sie raucht ja, daß allen in dem Haus die Augen wollen den Dienst aufsagen. Der Kasten ist des Teufels, ich muß fast allemal drei Finger anwehren, bis ich ihn kann aufmachen. Der Tisch ist des Teufels, er wacklet und wanket, wie ein krummer Bettler am Kirchtag. Das Messer ist des Teufels, wann ich es alle Tag schleife, so kann ich gleichwohl keinen Haberbrei mit schneiden.[335] Das Kleid ist des Teufels, es zwängt mich bald enger, als die Spanier ihre Hosen. In Summa, alles ist des Teufels, folgsam gehöret Gott nichts zu im Haus, ja wann Gott wollt auch in einem Sack vorlieb nehmen, so vergönnet man ihm solchen nit, dann es heißt ja, der Sack ist des Teufels, ich verlier fast alle Tag etwas daraus etc. Indem nun das ganze Haus, und alles, was im Haus des Teufels ist, wie es der gemeine Fluch täglich gibt, so kann ohne allen Zweifel der liebe Gott nit darinnen seyn, dann die Archen Gottes und des Teufels Dagon vergleichen sich nit; wann dann Gott nit darinnen, so ist auch, und kann auch nie darinnen seyn Glück und Stern, wie oben sattsam erwiesen worden. Wohlan dann, mein Burger, weißt du schon die Ursach, warum Glück und Segen aus deinem Haus verbannisirt?

Wie manchen hat solches Fluchen in das größte Verderben gebracht! Zu Rom, unweit bei St. Georg in Velabro hat sich zugetragen, daß etliche Weiber gewaschen, hierunter eine gewesen, die der andern ein Hemd entzogen, und weilen aus gewissen Beweisthumen der Argwohn und Inzücht auf sie ergangen, damit sie solche üble Meinung von ihr möchte schieben, hat sie angefangen, nach böser Gewohnheit, zu fluchen, und ihr selbst übel zu wünschen, sprechend, des Teufels bin ich, und die Erd soll mich lebendig verschlucken, wann ich diese Sach entfremdt habe; kaum ist solcher gottlose Wunsch ergangen, ist alsobalden die göttliche Verhängnuß über sie kommen, die Erd sich unter ihr aufgesperrt, und solche in Gegenwart vieler[336] Leut lebendig verschluckt; diesen Ort zeiget man noch auf den heutigen Tag.

Anno 1598 hat Armuth halber eine ehrliche Frau von Rom sich hinweg begeben, und nach Talicot gereiset, daselbsten ihr Stückel Brod zu gewinnen mit Nähen, und Stricken, und Sticken, und allerlei dergleichen Arbeit, wie dann auch etliche junge Mädel von ihr in diesen Dingen unterrichtet worden, unter denen eine sich eingefunden, welche der anderten ein gar schönes Messer entfremdet, und weilen auch sie dieses Diebstahls beschuldiget worden, also ist sie ebenmäßig, allen Argwohn zu nehmen, in diese Wort ausgebrochen: des Teufels bin ich, und wollte, daß ich stockblind würde, wann ich dieß gethan; dieß hat nit lang hernach seinen Ausgang genommen, dann 2 Tag hernach ist ihr das eine Aug von freien Stücken völlig ausgeronnen.

Ein Soldat, sonsten de Burgo genannt, wollte gar nit glauben, daß Franciscus von Assis so heilig sey, und daß er so große Wunderwerk thue, dahero er einst gesagt: des Teufels bin ich heut, und verlang den heutigen Tag nit auszuleben, wann er heilig ist. O freche Zung! denselben Tag noch ist er von seinen nächsten Befreundten entleibt worden.

Unzahlbar viel dergleichen Begebenheiten könnten beigebracht werden, wann auch der gütigste Gott nit gleich verhängt über den Menschen, so läßt er doch mehrmalen dem bösen Feind die Gewalt über das, was zugehörig dem Menschen, dahero sich nit zu verwundern, wann weder Glück noch Stern im Haus, weder Benediction und Segen in der Haushaltung,[337] weder Heil noch Wohlfahrt in der Hauswirthschaft, weder Fried noch Lieb unter den Hausleuten, weder Nutz noch Genuß in der Hausarbeit, weilen durch solche üble Wünsch und Lästerwort auch Gott nit darin. Das war eine rechte Lehr vor die Burger, aber diesen schmeckte das Frühstück besser, als die Predigt. Auf solche Weise will ich euch Stockfisch nit heißen, dann ihr noch schlechter, als dieselbigen, massen solche zu Arimini neben andern Fischen die Köpf aus dem Wasser gehebt, und der Predigt des heil. Antonii von Padua zugehört. Ochsenköpf will ich euch nit heißen, weilen ihr noch geringer, als diese, dann solchen der h. Adalbertus, als anderter Bischof zu Prag, auf freiem Feld geprediget, und sie ihn mit Aufmerksamkeit angehört, auch mit Neigung der Köpf das Wort Gottes approbirt. Verbainte und harte Köpf will ich euch nit heißen, aber gleichwohl seyd ihr härter als die Stein und Felsen, welche des gottseligen Bedä Lehr und Predigt angehört, auch zum End derselben alle mit heller Stimm Amen aufgeschrien.

Herr Ferdinand Relfel, (lese dieß zuruck) ich weiß, daß der Herr ein wackerer Student ist, mein wie hat dem Herrn die heutige Predigt gefallen? der Teufel hol mich, sagt er, ich hab nit aufgemerkt, ich hab die ganze Zeit geredet mit der und der, sonsten gibts auch keine Gelegenheit etc. Das hab ich mir wohl eingebildet, dann ich kenne der Studenten ihre Eigenschaft. Vorwahr, derjenige ist kein Student gewesen, welchem unser lieber Herr, als er von denen Gränzen Tiri gangen, durch Sion an das galiläische Meer, mitten in die Grenzen der zehen Städt mit[338] seiner göttlichen Allmacht hat gesund gemacht, dann derselbige war taub und stumm zugleich, aber die Studenten seynd nie stumm, auch sogar in der Kirche nit, wohl aber taub und gehörlos, forderist unter der Predigt.

In der Insel Gilon an den moluchischen Grenzen haben die Menschen so große Ohren, daß sie sich damit, als wie mit einem Mantel bedecken, ja wann sie liegen, so dient ihnen ein Ohrwäschel anstatt des Unterbetts, und das anderte anstatt der Hüll oder Oberbett. Wann auch die Studenten bisweilen noch größere Ohren hätten, so thäten sie gleichwohl nichts hören, forderist in der Predigt. Ach Gott, Herr Ferdinand, der Herr hätt sollen die heutige Predigt mit Aufmerksamkeit gehört haben, dann sie ist meistens die Studenten und jungen Leut angangen, fast alles war von der Vokation und Beruf des Menschen, wie Gott der Herr denselben so wunderbarlich zu dem geistlichen Stand berufet, und wie schwer es sey, solchem Veruf nie nachzukommen.

Wie der Heiland Jesus mit seinen Jüngern samt einem großen Volk zu der Stadt Nain kommen, und bereits nit weit von dem Stadtthor gewesen, da hat man ihm entgegen eine Todtenleich heraus getragen, welche die Leut in großer Menge begleitet haben. Ach was hörte man nit vor Klagen und Wehklagen, es scheinte, als wollten die Weiber alle zu Wasser werden, forderist die Frau Mutter, die eine reiche und sehr wohlhabende Wittib, und dieser Todte war ihr einiger Sohn, der durch viel deposchirn, vagirn, galanisirn, traktirn, spaziern, bravirn, schmausirn[339] etc., (das heißt alles Irren), seine blühende Jugend also verschwendt, daß er also vor der Zeit des Tods worden, so da das einzige Leben war seiner Frau Mutter, er war wohl nit ein gebenedeites Früchtel ihres Leibs. Wie solche elende und Schmerz halber fast auch in Tod betrübte Wittib der gütigste Jesus erblickt, hat er sich alsobalden ihrer erbarmet, den Todtentragern anbefohlen, sie sollen ohne Verzug still stehen, und nachdem er sie mit wenigen aber kräftigen Worten getröst, sprach er über den Todtensarg diese Wort: »Jüngling, ich sage dir, stehe auf!« worauf alsobalden der Jüngling sich aufgerichtet und angefangen zu reden. Ist dieser Jüngling ein Student gewest, oder kein Student gewest, liegt mir nit viel daran, aber gleichwohl hat er tausend Lob verdient, und gibt einen Spiegel ab, worin sich alle Studenten ersehen. Sobald ihm Gott zugesprochen, surge, stehe auf, alsobalden hat er Gehorsam geleistet, und ist aufgestanden. Percepisti hoc Domine Studiose? Hast du nit schon vor einer geraumen Zeit bei dir selbst betracht die Glückseligkeit des geistlichen Standes? Der heil. Romualdus hat es mehrmal offenherzig bekennet, daß er hundert ganze Jahr in der Religion ein strenges Leben geführt, in der Welt aber nur 20 Jahr frei und frechlich gelebet, so seynd ihm dannoch die hundert Jahr weit kürzer und lustiger vorkommen in dem Kloster, als die 20 Jahr in der Welt. Die heil. Joanna Ranka ließ sich oft hören, daß tausend Kronen, tausend Scepter, tausend Welt, und in der Welt Lustbarkeiten nit, gar nit zu vergleichen seynd den Freuden, so eine fromme[340] Ordensperson genießet in ihrem Kloster. Carolus der Fünfte, dieses Weltwunder, pflegte zu sagen, nachdem er sich in das Kloster St. Hieronymi reterirt, daß er in einem Tag mehr Freud und Ergötzlichkeit daselbst empfinde, als die Zeit seines Lebens in so großem Triumph und Victorien. Die h. Scholastica hat es gar oft bekennt, daß, wann die weltlichen Leut wüßten die große Begnügung und innerlichen Freuden der Ordensgeistlichen, so würde fast jedermann in die Klöster eilen, auch sogar auf Leitern über die Mauren hinein steigen. Carolomannus, ein Kaiser, Lotharius, ein Kaiser, Bamba, ein König in Spanien, Veremundus, ein König zu Castell, Ramirus, ein König in Arragonien, Sigebertus, ein König in Northumbria, Ethelredus, ein König der Mercier, Trebellius ein König in Bulgaria, Henricus, ein König in Cypern, Joannes, ein König in Armenien etc., und viel andere gekrönte Häupter haben alle freiwillig Scepter und Kronen hintan gelegt, freiwillig in rauhe Kutten und Cilicien geschloffen, freiwillig in Klöster und Clausuren sich eingesperrt, und dannoch in solchem harten Lebenswandel, in stetem Abbruch und Kasteiung, in strenger Disciplin und Gehorsam bekennt, ausgesagt, und oft wiederholt, daß sie weit größere Freud gefunden und empfunden in dem Kloster beim Besenstiel und Kochlöffel, als bei guldenem Scepter, weit größern Gusto gehabt und erschnappt unter den Mönchskappen, als unter der Königskron. Paulus, der dritte römische Papst, hat es in seinem letzten Sterbstündlein bekennet und gewunschen, daß er wäre gewest ein Koch bei den Kapuzinern, als Papst bei den Romanern.[341] Leo, der eilfte römische Papst, hat kurz vor seinem Tod im Beiseyn etlicher gesagt, es wäre ihm weit besser, wann er Pfortner in einem Kloster wäre gewest, als daß er gehabt hat die Schlüssel des Himmels. Konradus, ein Kardinal, vorhero ein Cisterzienser, hat es weinend klagt und gewunschen, er hätt in ihrem Kloster die Schlüssel bishero abgewaschen, als daß er den Purpur getragen etc. Domine Studiose, das habt ihr schon längst betracht, und in Erwägung dessen ist euch um das Herz gewesen, wie denen 2 Jüngern nach Emaus, nonne cor nostrum ardens erat etc. Ihr habt euch ganz in diesen Stand verliebet. Wegen euers studentischen Wandels (auf deutsch liederlich) seyd ihr und lieget ihr auch todt dahin, wann schon nit am Leib, wenigst an der Seel, so weit übler. Nun hat euch der allmächtige Gott oft in die Ohren, oft in das Herz, gar oft in die Seel hinein gerufen, adolescens tibi dico, surge! Mein Jüngling, ich sag dirs, stehe auf, fang einen andern Lebenswandel an, tritt in diesen Orden, schenk mir die übrige Zeit deines Lebens, damit du auch gelangest zum ewigen Leben. Das ist euch ja oft eingefallen, Domine Studiose? ja sagt er, ja singt er, ja seufzt er, ja, gar oft, ich will auch in ein Kloster gehen, ich hab es schon gänzlich bei mir entschlossen, allein ich will gleichwohl noch eine Zeit hindurch die Welt genießen. O armseliger Mensch, verblendtes Gemüth! unglückselige Seel! wann dich ein großer König, ein großer Landsfürst soll zu sich rufen, würdest du nit mit aller Eil, mit aller Behändigkeit lausen und schnaufen, alles auf die Seite legen,[342] alles verlassen, und zu ihm kommen, cito, cito, citissime; und sollst du solches abschlagen deinem Gott, deinem Erschöpfer, deinem Erlöser, deinem Richter, deinem Seligmacher? Ich will, ich will, ich will, sagt ihr, das ist wild, es ist wild, es ist wild, sag ich, wer weiß, ob ihr noch acht Monat, acht Wochen, acht Tag, auch wohl acht Stund noch erlebet. Ich will, ich will, ich will, ich will, sagt ihr, dieß gilt nit viel, nit viel, nit viel, sag ich, werweiß, ob euch Gott noch einmal wird rufen? ich zweifle dran, dahero verweilet nit, nit verlängert, versaumet nit eure Vokation, eurem Beruf nachzukommen, cito, cito! Unser lieber Herr rief einstmals den 2 Brüdern, dem Peter und dem Andre, so gleich dazumalen mit Fischen beschäftiget, sie sollen ihm nachfolgen, sie aber verließen alsobalden ihre Netz, und folgten ihm nach. Alsobald, sie seynd gar nicht nach Haus gangen, und von ihren Freunden Urlaub genommen, wie dann zu glauben, daß dazumalen des Peters sein Weib, mit Namen Perpetua, noch gelebt habe. Alsobald, sie haben sich gar nit anderst angekleidt, sondern in ihren gemeinen Röcken, die zur groben Arbeit tauglich, daher geschlampt, da sie doch saubere Kleider, die sie am Sabbath pflegten zu brauchen, zu Haus hatten. Alsobald, sie haben gar nicht ihre Nachbauren, noch andere verständige Leut um Rath gefragt. Alsobald, sie haben Schiffel und Netz samt allem Fischerzeug alldorten gelassen, hätten sie aufs wenigst zuvor eine Richtigkeit gemacht, wem eins und das andere zufalle. Alsobald, continuo, haben sie solcher Vocation Gehorsam[343] geleist, und ihrem Beruf unverzüglich nachkommen.

Domine Studiose, es ist schon eine geraume Zeit, daß euch Gott und Gottes Eingebung zum geistlichen Stand berufen, und ihr haltet euch noch in dem sündigen Babylon auf, ihr sitzt noch bei denen egyptischen Zwiefeln, cito, cito, citissime, verlaßt die Welt, und eilet unter das süße Joch des Herrn Jesu Christi.

Recht hat gethan derjenige, der solches cito gar bei Faßnachtzeit, wo sonsten das Narro ein verbum commune ist, mit seinem größten Seelenheil beobachtet hat. Dieser wollte auch nach Brauch und Art der verderbten Welt dazumalen einen Narren spielen, läßt ihm also zu solchem End von einem bekannten Hausschneider ein Kleid machen, und zwar, o Bosheit, einen rechten Habit eines Ordensmanns, insgemein eine Mönchskutte, womit er also bekleidt im Haus mit tausend Possen zum allgemeinen Gelächter herum geloffen; keiner war, so nit mit diesem Frater Narciß wollte scherzen, und viel ungereimte Ding mit ihm treiben; die meisten im Haus setzten diesem vermummten und verstellten Mönch wacker mit Gläsern zu, daß er endlich ganz bezecht in das Bett wurde getragen, worin er gleich angefangen, einzuschlafen und zu schnarchen. Der Possen und muthwilliges Faßnachtspiel hatte zwar seiner Seits ein End, nit aber bei andern, als welche neue Ränk erdichtet, zu allem Wunsch war ein Barbier unter ihnen, welcher dem vollen Zapfen ohne die mindeste Empfindlichkeit die Haar abgeschnitten, und den Gesellen also geschoren,[344] wie da pflegt zu geschehen bei denen Religiosen; die Arbeit war vorbei, Bruder Narciß thät noch schnarchen. Wie er aber des anderten Tags um 8 Uhr erwachte, und bereits wahrgenommen, daß er in dieser Mönchskutte die ganze Nacht so wohl und sanft geschlafen, konnte er sich des Lachens nit enthalten, weilen ihm aber die Haar gedunkten in etwas geschwollen seyn, also hat er sich, wie pflegt zu geschehen, in dem Kopf kratzt, in währendem Kratzen aber vermerkt, daß er nit alle vorigen Haar auf dem Kopf, erschrickt deßwegen hierüber, und macht sich aus dem Bett, des Willens, in den Spiegel zu sehen, wie es dann seinen Haaren ergangen; zu dem ersten Blick in den Spiegel erbleicht er alsobalden in dem ganzen Angesicht, Jesus, schreiet er, was ist das, bist du es? oder bist du es nit? allmächtiger Gott, was ist das? ist das mein Kopf? dieser Kopf und die Kutte schicken sich zwar wohl zusammen, aber weiß doch mein Herz nichts davon, wie bin ich dann, wo bin ich dann, wann bin ich dann ein Mönch worden? wie? wo? wann? Ei so sey es, so sey es dann, so bleibs dann, (wie Gott so wunderlich dem Menschen das Herz trifft) so bleibs dann dabei, zieht den Habit aus cito, cito, citissime, nimmt denselben unter den Arm, lauft den geraden Weg nach dem Kloster, worinnen dergleichen Ordenskleider getragen wurden, wirft sich daselbsten denen Geistlichen zu Füßen, erkennet seinen Muthwillen und Vermessenheit, bittet um Vergebung seines Verbrechens, weilen er solches geistliche Kleid also verschimpft, bittet anbei mit nassen Augen, mit aufgehebten Händen, daß er möchte in[345] den heil. Orden aufgenommen werden, welches auch geschehen, indem man augenscheinlich den Beruf und eiferigen Geist vermerkt, worin er nachmals viele Jahr einen frommen und vollkommenen Wandel geführt, und nit ohne Ruhm der Heiligkeit gestorben. O Gott, wie wunderbarlich ziehest du die Menschen zu dir, zu deinem göttlichen Dienst? hätte dieser das cito, cito, citissime, nit an die Hand genommen, wer weiß, ob ihm nit solcher Geist wäre ausgeraucht.

Cito, cito, Christus der Herr kommt nach Bethania, kommt zu der sorgfältigen Martha, nachdem er mit solcher ein kleines Gespräch gehalten, fragt er nach ihrer Schwester, der Magdalena, worauf alsobalden die Martha zu ihr gangen, sprechend, der Meister ist da, und ruft dir; da sie das höret, stund sie eilends auf, und kam zu ihm; Eilends, legt keine anderen Kleider an, wie die Weiber zu thun pflegen, wann vornehme Leut kommen; Eilends, besinnet sich nit viel, was sie etwann reden solle; Eilends, legt alles aus den Händen, und lauft zu Christo dem Herrn, der sie berufen hat. Eilends, eilends muß es seyn, mein Jüngling, wann dich Gott berufen thut zu einem geistlichen Stand, dann das Verweilen ist dießfalls gefährlich. O ich muß noch zuvor gleichwohl wissen, ob mundus generis masculini, oder generis femini, ich muß wissen, was dann die Welt den Ihrigen vor Confect aufsetzt, ich muß wissen, was in der runden Welt vor viereckete Narren seynd, nach einem halben Jahr ist auch noch gut die Haare abscheeren; dieß Wissen ist nit gut vor das Gewissen Domine Studiose, dieß Wissen[346] ist vor die Seel ein bitterer Bissen, dieß Wissen hat schon manchem seinen Beruf zerrissen.

Vor wenig Jahren war ein edler Jüngling in einer Stadt des Deutschlands, dessen Namen und Haus wegen annoch stehender Freundschaft hier verschwiegen wird; welcher durch göttlichen Antrieb sich gänzlich beschlossen, in einen heiligen Orden einzutreten, und bereits von der geistlichen Obrigkeit ganz willfährig aufgenommen worden, es wollt aber mein junger Herr sich noch eine Zeitlang von der Welt mit allerlei Gespäß beurlauben, alle Tag war bei ihm ein Kirchtag, alle Zeit war bei ihm eine Mahlzeit, alle Stund war bei ihm ein Schlund, essen und vermessen seynd gemeiniglich bei einander, trinken und stinken seynd gemeiniglich aneinander, Kandel und Andel seynd gemeiniglich um einander. Mein junger Herr war trutz denen Alten zu Susannä Zeit. Mein junger Studio- hat das Sus nit ausgelassen in der Gelegenheit; auf solche Weis' ins Kloster gehen, ist eben so viel, als sich freiwillig verwunden lassen, damit er kurirt werde. Dieß Leben währte nun eine geraume Zeit, unterdessen hat sich die rufende Stimm Gottes nit mehr in seinen Ohren, noch weniger in seinem Herzen angemeldt, der Geist ist zu Fleisch worden, das süße Manna des heiligen Ordensstands ist ihm widerstanden, der Eltern bethörte und verdammliche Kinderlieb hat ihn nit dem schlüpferigen Weg abgehalten, dahero so weit kommen, daß er München und Pfaffenhofen vorbei marschirt, und den Weg nach Donna, auf deutsch eine Frau, Donawerth genommen, mitten im Sommer eine kühle Heirath geschlossen,[347] und zwar an demselben Tag, der bestimmt war zu seiner Ankleidung, war der Tag seiner Kopulation und Vermählung; es war aber leider kein Tag der Vermählung, sondern der Bemailigung, dann wie er zu Abends s.v. auf den Abtritt ganzen, ist solcher, zweifels ohne durch sondere göttliche Verhängnuß, eingefallen, der elende Tropf in diesem wilden Brautbett erstickt, und weilen er zuvor die Livree der Diener Gottes veracht, mußte er mit des Teufels Anstrich vorlieb nehmen.

Es seynd gar viel beschaffen, wie der Jakob im alten Testament, dieser nach großer Dienstbarkeit bei dem Laban, begibt sich von dannen mit Hab und Gut, sein Gut aber bestund in einer schönen Schaf-Heerd; unterwegs begegnet ihm sein Bruder Esau, sonsten gar ein grober und ungeschlachter Limmel, dermalen aber zeigte er sich gar cortes und höflich; willkomm, sagte er zu Jakob, willkomm, mein lieber Bruder, ich erfreue mich von Herzen, daß wir einander wieder sehen, und zwar dich in so guter Gesundheit und Wohlstand, mein Bruder, thue mir die Lieb, und gehe mit mir nach Seir, ich will dich nach aller Möglichkeit bedienen; bedank mich schönstens, sagt Jakob, ich nimms vor bekannt an, allein mein Bruder Esau, du bist wohl zu Fuß, ein Jäger zugleich, du hast einen starken Gang, ich aber kann wegen meiner Schaf, worunter sehr viel tragende, nit so stark eilen, dahero thue der Herr Bruder mir die Gnad, und gehe nur voran, ich will schon gemach und gemach nachfolgen, praecedat Dominus meus, et ego paulatim sequar vestigia ejus, donec veniam[348] ad Dominum meum. Unterdessen ist Jakob gleichwohl nit, wie er versprochen, nach Seir kommen, so soll dann Jakob, der so heilige Mann, gelogen haben? pfui! versprechen und halten steht wohl bei Jungen und Alten, es entschuldiget ihn aber mein h. Vater Augustinus, sprechend, daß Jakob ihm kräftig habe vorgenommen, seinen Bruder heimzusuchen, und nach Seir zu reisen, allein unterwegs hat er sich anderst besonnen, und gedacht, sein Bruder sey ein harter Mann, hispidus, und also möchte er an den alten Haas gedenken, und folgsam hart mit ihm verfahren.

Auf solche Weise machen es gar viele junge Leut, Gott der Allmächtige ladet dieselbige durch seinen göttlichen Beruf in eine h. Religion, spricht ihnen durch die heiligen Eingebungen stark zu, die versprechen es dem Allmächtigen, sagen es redlich zu, und wann es könnte seyn, so thäten sie es auch mit einem Handstreich bestätigen, unterdessen verweilen sie eine Zeitlang, das cito ist in der Wäsch, scheiden ist ein krätiger Fisch, sie kommen in diese und jene Gesellschaft, da sagt einer, Bruder, ich müßt wohl ein Rarr seyn, wann ich ein solcher Mönch würde, dann sie tragen nit allein grobe und rauhe Kutten, sondern man geht auch grob und rauh mit ihnen um, sie tragen nit allein Strick um die Lenden, sondern es geht auch stricte bei ihnen her, sie tragen nit allein lederne Gürtel um den Leib, sondern man thut ihnen das Leder auch ziemlich gerben, sie tragen nit allein Scapulir, sondern es heißt auch, mach Disciplin super nudas scapulas, den Aposteln hat unser Herr die Füß gewaschen, aber ihnen wäscht man[349] die Köpf alle Tag. Lucas der Evangelist hat 24 Kapitel beschrieben, sie haben aber fast alle Tag so viel. Eine gute freundliche Schwester, die läßt sich auch hören; mein Herr, sagt sie, ist wohl immer schad, daß ein solches junges Blut soll zwischen 4 Mauren verderben. Wann einer bucklet ist, so kann er schon ins Kloster gehen, dann man muß ohnedieß allda viel übertragen; wann einer einäugig ist, so taugt solcher schon vor ein Mönchsleben, dann dort muß man ohnedieß gar oft ein Aug zudrucken, und dissimuliren; wann einer kropfet ist, so schickt er sich schon in eine Mönchskutte, dann er kann desto weniger die Metten verschlafen, weil er die Halsuhr bei sich hat. Mein Herr aber, sagt sie, ist von Natur mit den besten Gaben gesegnet, schön, hübsch, galant, wacker, frisch, gesund, freundlich, liebreich, stattlich, taugt also besser in die Welt, als ins Kloster, dort wird man den Herrn hart halten, mit dem Herrn hart verfahren, sie führen ein hartes Leben. O harte Bestia! deine Reden seynd gar zu weich, der arme unbehutsame Jüngling besinnet sich anderst, das Wort hart schrecket ihn ab, wie den frommen Jakob, gehet also nit dahin nach Seir, nach dem Kloster, sondern versaumet seinen Beruf, ist ihm angenehmer die Stimm des Satans, als die Stimm Jesu, bleibt in der Welt, verdirbt in der Welt.

Dann obschon in dem Weltstand auch möglich ist, fromm zu leben, heilig zu leben, so ist es doch anbei gefährlich zu leben. Quoniam licet multi sint, qui etiam in saeculari habitu bonam vitam ducere possint, tamen plerique sunt,[350] qui, nisi omnia reliquerint, salvari apud Deum nullatenus possunt.

Es soll doch manchen schrecken dasjenige, was da in der Chronik des h. Francisci protokollirt wird, daß nemlich Einer gewesen sey, den Gott mehrmalen berufen hat zu dieser seraphischen Religion, welcher Vocation der schlimme Vocativus auf keine Weis nachkommen; als er nun in seiner tödtlichen Krankheit allbereits zu dem End scheinte zu trachten, hat man ihm einen Beichtvater zugebracht, vermittelst dessen er sich mit Gott durch eine reuvolle und bußfertige Beicht könnte versöhnen. Es war aber alles vergebens und umsonst, dann er anstatt der sakramentarischen Beicht, mit viel Sakra- und gotteslästerlichen Worten herausgebrochen, auch endlich ganz klar und deutlich ausgesagt, er könne nit mehr beichten, weilen ihm Gott seine Verdammnuß allbereits angekündt, dann ihm der Herr Jesus erschienen mit zornigem Angesicht, sprechend, vocavi et renuisti, ideo vade ad poenas inferni, ich hab dich berufen, und du hast es mir abgeschlagen, dessenthalben gehe hin in die ewige Verdammnuß. O erschreckliches Spektakul!

Domine Studiose, Herr Ferdinand Relfel, wann er diese Predigt hätte mit gebührender Aufmerksamkeit angehört, ich weiß, er hätte einen sondern Nutzen davon getragen, weiß dann der Herr gar nichts aus der Predigt? Nit ein Wort. O Gott! Diabolus gehet über das Dominus, sagt der Grammatist, der böse Feind, dieser arge höllische Schalk, hat es gemacht, daß ihr nit habt zugehört, dann er in allweg sich bemühet, das Wort Gottes zu verhindern.[351] Wie schädlich und schändlich ist es, unter der Predigt zu schwätzen. Als auf eine Zeit eine große Menge Volk zu unserm lieben Herrn getreten, sein göttliches Wort zu hören, ist der gebenedeite Heiland in ein Schiffel gestiegen, welches dem Peter, dazumal aber ward er Simon genannt, zugehörig gewesen, gedachtes Schiffel ließ er ein wenig vom Gestad führen, damit das Volk desto bequemlicher könnte zuhören. Anjetzo entstehet die Frag, warum unser Herr in dem Schiffel geprediget? warum nit auf dem Wasser? massen solche Gnad gar viel Heilige gehabt, die auf dem Wasser wie auf einem krystallenen Boden gestanden. Allhier wird geantwortet, daß unser lieber Herr, dem ohnedas alle Geschöpf unterworfen seynd, gar leicht, vermög seiner Allmacht, hätte können auf dem Wasser stehen, aber er hat dessentwegen solches Mirakul unterlassen, damit die Leut desto aufmerksamer das göttliche Wort anhörten, und keiner unter der Predigt soll schwätzen, dann so er wunderlicher Weis' auf dem Wasser wie auf einem festen Pflaster wäre gestanden, so hätten sich die meisten vergafft in dieses große Wunderwerk, ja sie hätten sich des Redens nit enthalten können, sondern einer den andern gestoßen, schau, schau, Bruder Samuel, wie dieser das Wasser tritt! schau, schau, Schwager Zacharias, wie diesem das nasse Element so favorabel ist! schau, schau, Schwester Esther, wie dieser so gar nicht einen Fuß netzen thut; wann das der Jonas hält gehabt, so hätt er nit dürfen in der gefährlichen Fischerherberg drei Täg losirn, damit nur solches Schwätzen und Reden unter der Predigt möchte gemeidt werden, hat er dessenthalben[352] solches Wunderwerk unterwegs gelassen, dann Gott dem Herrn höchst mißfällig ist das Schwätzen unter der Predigt.

Wie der heilige seraphische Vater Franziskus zu Alviano geprediget, die Schwalben aber, so daselbst ihre Nester hatten, ein ungewöhnliches Geschrei verbracht, daß man kümmerlich ein oder anders Wort verstanden, da hat er solche Vögel alsobald mit folgenden Worten angeredet: ihr Schwalben, als meine lieben Schwestern, ihr habt schon lang genug geschwätzt, nun ist es Zeit, daß ich rede, ihr aber schweiget; kaum daß solches der heilige Mann ausgesprochen, da haben alle Schwalben insgesamt stillgeschwiegen, ja nit eine einzige sich gerühret, sondern zugleich mit den Leuten der ganzen Predigt zugehört.

Wann dann sogar die Schwalben unter der Predigt stillschweigen, so müssen ja rechte Galgenvögel seyn diejenigen, so unter dem Wort Gottes die Zeit mit unnöthigen, ja höchst schädlichen Reden verzehren, auch hiedurch dem Nächsten verhinderlich seyen, daß er solche heilige Lehr nit genugsam vernehmen kann.

Mein lieber Mensch, ihr seyd gewiß Hausknecht in diesem Ort? ja mein Pater, ich soll's wohl seyn, mein sagt mir, wohnt nit allhier der Herr von Opferstock, ein Herr schon bei ziemlichen Jahren? Gar wohl, sagt der Hausknecht, dieß Haus ist ihm gehörig, allein er ist dermalen nicht zu Haus, sondern in der Kirche bei der Predigt, dann er schon lang im Brauch, daß er dieses Paters seine Predigt nie versaumet; warum aber mein Hausknecht, daß ihr euch nit ebenfalls bei dem Wort Gottes einfindet? O ich, ich nie, wir[353] Dienstboten wissen ein ganzes Jahr um keine Predigt, ausser unsere Frau hält uns zuweilen eine in der Kuchel, wozu sie gemeiniglich mit einem alten zerklobenen Hafen auf der Menscher Buckl pflegt zu läuten. Ich seufzte hierüber, und wünschte, wann diese guten Leut nur die Predigt hätten gehört, die vor 8 Tagen der Pater gethan von den Dienstboten, wie wohl wär es ihnen zu Nutzen kommen.

Christus der Herr hat sich einmal von freien Stucken selbst zu Gast geladen bei einem Obristen der Pharisäer, und zwar an einem Sabbath, zu keinem andern Ziel und End, als daß er allda möchte predigen, und durch seine heilige und göttliche Lehr die Seelen bekehren. Es hat aber der gebenedeite Heiland schon gewußt die hartnäckige Bosheit dieses Obristen der Pharisäer, als der schon öfters des Herrn Jesu seine Predigt angehört, und dannoch sich nit bekehrt; warum dann, daß er sich in dessen Haus begibt, wo er weiß, daß er nichts werde fruchten? Vernimm ein wenig, mein frommer Christ, daß unser Herr nit wegen des Obristen der Pharisäer sein Haus betreten, sondern wegen des Gesind und der Dienstboten dieses Obristen, weil solche eine ganze Zeit bei keiner Predigt waren, wodurch er zu verstehen gab, wie höchst nöthig es sey, daß man auch die Dienstboten wenigst einen nach dem andern ordentlich in die Predigt schicke, damit auch sie vernehmen, was zu dero Seleenheil beförderlich ist.

Wie wohl hat vor 8 Tagen der Pater von den Dienstboten geprediget; er sagte, daß ein jeder Dienstbot soll heißen fidelis, wessenthalben jener einen Dienstboten hat lassen abmalen mit einer Geige, in lateinischer[354] Sprach fides genannt wird, welches Wort zugleich auch Treu und Glauben auf deutsch heißt, dann eines Dieners nit allein ist servire, sondern auch servare, id est, servare fidem.

Der große Patriarch Abraham schickt auf eine Zeit jeinen Diener Eliezer in Mesopotamien, damit er daselbst seinem Sohn, dem Isack, eine Braut suche und auserkiese; aber er schickte ihn nit leer, sondern gab ihm 10 Kameel mit, so alle wohl beladen, mit Silber, mit Gold, mit Kleinodien, mit stattlichen Kleidern und andern ansehnlichen kostbaren Dingen. Das muß ein treuer Diener seyn, dem man so viel anvertrauet. Eliezer reist also geraden Weg in Mesopotamien, reist gegen der Stadt Nachor, unweit derselben aber setzt er sich bei einem Brunnen nieder, von dem die Töchter der Stadt nach Gewohnheit pflegten das Wasser zu holen, und besiehlt sein ganzes negotium und Verrichtung dem allmächtigen Gott, entschließt endlich ganz beständig bei sich, daß er diejenige wolle vor eine Braut erklären, welche so höflich werde seyn, und nit allein ihm, sondern auch seinen Kameelen werde zu trinken geben, worüber dann das Glück gefallen auf die Rebekka. Wann dieser Bediente nit hätte den Namen gehabt Eliezer, so hätt man sollen ihn Simplizianum nennen. Zu Wien ist eine Gasse, die heißt die Einfalt-Straße; da hätt er wohl sollen gewohnt haben. Was hätt sich der Mensch können vor Regalien machen, vor Nutzen schaffen? Bei der Zeit seynd die Hofmeister, die Kammerdiener, die Sekretarien, die Bedienten viel witziger, weit verschlagener, wann sie auch die Stiege nit hinabfallen. Wär sein der Eliezer[355] ein halbes Jahr hin und hergereist, ist es doch nit aus seinem Beutel gangen, und wo er da und dort eingekehrt, hätt er sollen seine Verrichtung offenbaren, und an den Tag geben, da würde er gesehen haben mit Verwunderung, wie er wäre bedient worden; alle, die junge Töchter im Haus gehabt, die hätten ihm die größte Ehr erwiesen, ihn samt den Seinigen umsonst traktirt, absonderlich, wann er ihnen das Maul hätt gemacht, da hätte er ein ehrliches können ersparen, und solches in seinen Beutel stecken, ja wann er sich hätte vermerken lassen bei diesem oder jenem, sprechend: Herr, was gebt ihr mir, wann ich eure Tochter also gut anbring; es ist schon einen Kuppelpelz werth, bin versichert; er hätt sich dießfalls einen stattlichen Nutzen können schaffen, er hätt sein Lebtag kein Diener mehr, sondern ein gemachter Herr können seyn. Das seynd accidentia, welche die Beamten bei vornehmen Herren trefflich verstehen, aber Eliezer wollte im Mindesten nichts dergleichen begehen, nit um den geringsten Pfenning seinen Herrn den Abraham, beuntreuen, sondern in und allweg treu und redlich, wie es einem nechtschaffenen Bedienten wohl anstehet, leben und sterben. O wie wenig dergleichen! bei unsern Zeiten seynd die Bedienten nit also so skrupulos. Der allergeringste Küchel-Ratz in seiner schmutzigen Scharge verstehet sich auf die accidentia, und weiß gar meisterlich seine Waaren durch die Alten Bettelweiber zu versilbern. Der Herren und Frauen ist fast eine ewige Klag die Untreu der Bedienten; man möcht noch so viel Katzen schaffen, so kann man doch das Mausen nit gar hüten; man möcht so viel Augen haben,[356] eine als Suppe auf einem Bauern-Kirchtag, so heißts doch da und dort, mobile fit fixum, und kommt der Meister nemo allzeit ins Spiel; der Koch und der Kellner seynd die besten Gevatters-Leut, glauben aber nit, daß ein Frühstuck dem Diebestuck so gleich sehe, wie ein Wolf der Wölfinn; der Einkaufer vergißt seiner gar nit, und weiß sich ein Kapital zu schmieden vom täglichen Pfenning, den er auch bei der geringsten Krautstaude fexend, sogar der Petersill ist nit sicher vom Peter- stiehl etc.

Wie die Stadt Bethulia ist belagert und umringt worden, von der feindlichen Armee des Holofernis, da hat Gott der Allmächtige eine fromme und gottselige Wittib erleucht, welche solcher bedrängten Stadt zu Hilf kommen; diese war Judith. Judith putzte sich sehr stattlich auf, kraußt sich, kleidt sich, ziert sich, schmuckt sich, und gehet solcher gestalten zur Stadt hinaus, kommt in das feindliche Lager, von dannen gar in die Zelt des Kriegsfürsten Holofernis; die meisten glaubten es, weil sie sich so freundlich stellte, als wär sie eine Bestellte; fast alle meinten, weil sie sich also gericht, als wärs eine Richtige, sie isset mit, sie trinket mit, sie redet mit, sie schmutzt mit, sie lacht mit, sie mit Holoferne in die Kammer gehet mit, alle urtheilten, sie halts auch mit; aber weit gefehlt. Sie schneide dem berauschten Holoserni den Kopf ab, das war ein Hauptstuck von einem heroischen Weib. Sag nur keiner mehr, daß die Weiber kein Gouraggi haben, sondern schwach, furchtsam, und schläferig, um weilen die Eva erschaffen oder formirt worden aus der Rippen des Adam, als er geschlafen. Judith eine Heldin[357] über alle, nachdem sie diese Tapferkeit begangen, gibt den abgehaueten Kopf ihrer Kammer-Magd, welche solchen ganz behutsam in die Taschen verborgen, und folgsam ungehindert mit solcher stiller Victori in die Stadt zuruckgekehrt. Die Kammer-Jungfrau hat geheißen Abra, und diese hat um alle Anschläg gewußt ihrer Frauen. O was hätt sie dazumal ihr für ein Glück können schmieden! wann sie solches Vorhaben, solche Anschläg in der Still dem Holoserni hätt entdeckt, sie hätt ein groß Stuck Geld von der Kriegskassa bekommen, sie hätt einen Rittmeister, wo nit gar einen Obristen können heirathen; sie hätt können Ihr Gestreng, wo nit gar Ihr Gnaden heißen. Wann ihr nach Haus kommt mein Mensch, so müßt ihr wieder zum Kleckelküß sitzen, auch noch eine Weil warten, bis euch etwann mit der Zeit ein verdorbener Wirth zu Theil wird; was seyd ihr dießmal vor eine Gisplin gewest, wie könnt ihr so gar mit dem Glück nit umgehen. Das sey weit von mir, sagt diese guldene Kammer-Jungfrau Abra, Gott behüt mich vor einer solchen Untreu; wann ich auch die ganze Welt könnte gewinnen, so wollt ich solches nit thun, ich bin ein Dienstbot, ich hab meiner Frau Treu und Glauben geschworen, die will ich auch halten, auch bis in Tod, Gott wird mir anderseits schon helfen. O wie wenig seynd dergleichen! bey unseren Zeiten seynd die Dienst-Menscher wohl anders beschaffen. Nur Geld her, so gelt ihr alles bei ihnen; nur einen Mieder-Zeug her, so zeigen sie, so zeugen sie, ziehen sie, wie es dir gefällt; nur ein feines Börtl her, da wird der Bärtl erfahren, was das Börtl vermag; nur ein Stuck[358] taffeter Bänder her, da wird die Seiden gar leicht die Seiten einhandlen; nur gespendirt, da wird man sehen, daß das Geben nicht vergebens ist etc.

Der heilige Matthäus am 1l. Kapitel macht einige Meldung von treuen Dienern und rechtschaffnen Knechten; diese traten von freien Stücken zu dem Haus-Vater, und brachten ihre Sach vor mit dergleichen Worten: Mein Herr! wir wissen, Uns zu erinnern, daß du überaus guten Saamen ausgeworfen, es sollte ja nichts als die purlautere Waizenblühe hervorbrechen, nun aber befindt sich die Sache ganz anders, dann der böse Saamen ist mit unterloffen; das leidige Unkraut hat den ganzen Acker überzogen, thust du nit zeitig dazu, so wirst du einen schlechten Schnitt haben. Wie wißt ihrs aber, liebe Knecht, daß dem also? ist etwann ein anderer Limmel gewest, der euch also bericht hat? Herr! sagen sie, so wahr wir redliche Kerl seynd, so ist dem also; wir haben es mit unsern Augen gesehen, die Sach wohl beobacht, seynd selber ins Feld hinausgangen, der Herr glaub uns sicher. Hab ich euch doch nit hinausgeschickt. Wir seynd gleichwohl gangen, unser treues Gemüth, das wachtsame Aug auf deinen Nutzen, das hat uns hinausgeschickt. Laß mir das rechte, rechtschaffene und treue Knecht seyn! Herr sagen sie weiter, wann es dir gefällig, und dir nit zuwider ist, so wollen wir das Unkraut ausrotten, sag nur ein Wort, mein Herr, da stehen wir urbietig, den Augenblick wollen wir hingehen, und das Unkraut vertilgen. Faule Schelme hat der Herr mit einem Prügel müssen hinaus treiben. Ein ungetreuer Knecht, der hätt gesagt, dergleichen gibts gar viel, er[359] hätt gesagt, was geht mich das Unkraut an? hats der Teufel gesäet, so mags der Teufel ausrotten, ich laß meinen Herrn drum sorgen; aber diese treuen lobenswürdigen Knecht gehen selber hin, sehen selber zu, nehmen sich der Sachen selber an, nit landers, als wann es das Ihrige selber wär.

Wo gibt es dergleichen mehr solche wackere Dienstboten? wo? hinter Calecut, wo die Kühe Flügel haben. Wo findet man dergleichen mehr solche treue Leut? Wo? hinter Fopopolis, wo die Mäus auf den Katzen reiten. Ein Diener kommt in den Beichtstuhl, Herr, sagt er, ich hab gescholten beim tausend, ich hab geflucht, dieser und jener soll mich hinführen; ich hab gewunschen beim Sonnenschein, das Wetter soll mich erschlagen; einen Rausch hab ich auch gehabt, weiter nichts, ich weiß nichts mehr, gar nichts! wie ich sag, nichts. Du bist fast heilig mein Kerl, es gehet dir nichts ab, als der Schein, wie hast du deinen Dienst verricht? wie? so und so, die Arbeit, so du in drey Tagen verricht hast, hättest du in einem Tag vollziehen können, ist das nichts? die Arbeit hast du obenhin vollbracht, gleichwie die Hund aus dem Fluß Nilo trinken, woraus deinem Herrn nit ein geringer Schaden erwachsen, ist das nichts? Durch deine Saumseligkeit ist dieß und jenes zerbrochen, oder in Verlust gangen, ist das nichts? Wann dich dein Herr in Keller geschickt mit einem Krug, so hast du auch einen vor dich angefüllt, und also vermeint, die Krüg müssen paar und paar gehen, wie die Schuler-Buben in der Prozession, ist das nichts? Wann dich dein Herr hat ausgeschickt, diesen oder jenen Handwerksmann[360] zu bezahlen, so hast du fast allemal mehrer angesagt, und weniger gegeben, ist das nichts? Serve nequara, schau und examinire dich wohl, ob du deinem Herrn also gedient, wie der Jakob dem Laban; deine Schaf, sagte Jakob, seynd nie unfruchtbar gewesen, ich hab die Böck deiner Heerd nit gessen, auch hab ich dirs nit gesagt, wann etwas verloren worden, allen Schaden hab ich erstattet, Tag und Nacht hab ich Hitz und Frost gelitten, und ist mir kein Schlaf in meine Augen kommen; also hab ich dir 20 Jahr; lang in deinem Hause gedienet. Das war ein treuer Diener, dergleichen trifft man wenig an, wohl aber solche, wie zu Cana Galiläa auf der Hochzeit gewesen.

Wie unser lieber Herr 30 Jahr und 13 Tag alt war, da ist er als ein eingeladener Gast auf die Hochzeit zu Cana Galiläa gereist; solche Hochzeit soll gehalten seyn worden in dem Haus Zebedäi, der ein Vater war des hl. Joannis Evangelisten, der Bräutigam war eben dieser Joannes, dazumalen im 28. Jahr, der Zeit heirathen die Buben schon, die noch mit der Nase auf die Aermel schreiben, die Brant war Anachita. Mit unserm Herrn seynd zugleich eingeladen worden, Petrus, Andreas, Philippus und Bartholomäus. Christus der Herr wollte aus Demuth nit den ersten Sitz nehmen, sondern setzte sich in die Mitte, da hats wohl geheißen, Virtus in medio; der Speismeister, dem die Disposition des ganzen Traktaments oblag, wurde genannt Josaphar. Die Braut und Bräutigam haben damals ein Gelübd abgelegt, eine ewige Jungfrauschaft zu halten, und ist Joannes dem[361] Herrn nachgefolgt, Anachita aber in der Gesellschaft Mariä verblieben. Wie nun bei dieser Hochzeit gar bei Zeit der Wein gemanglet, also hat, auf Bitt und Ansuchen Mariä, seiner werthesten Mutter, Christus 6 große steinerne Krüg, davon einer zu Bononien gezeigt wird, mit Wasser lassen anfüllen, und nachmals solches Wasser in den edlesten Wein verkehrt, und zwar in einen rothen; solches Wunderwerk ist nachmals mehr als durch dreihundert Jahr bekräftiget worden, dann alle Jahr denselben Tag, dieselbe Stund, ja denselben Augenblick, als der Herr zu Cana das Wasser in Wein verwandlet, seynd auch viel Flüß und Brunnen hin und her in der Welt in den besten Wein verkehrt worden, unter solchen Flüssen war auch der Nilus in Egypten, der Mäander in Kleinasien etc. Der h. Epiphanius bezeugt es selbsten, daß er zu Gerasen in Galiläa aus einem solchen Brunnen, der zu Wein worden, getrunken habe. Nun bringen viele Lehrer und Scribenten eine Frag auf die Bahn, warum dazumal auf der Hochzeit der Wein so bald abgaugen, dann gar nit zu glauben, daß in Gegenwart Christi des Herrn die Gäst sollen zu unmäßig im Trinken gewest seyn, so ist auch nit zu gedenken, daß Petrus viel Gesundtrünk habe angefangen, und große Gläser in der Reih herum gesandt; etliche wollen, daß durch sondern Willen Gottes der Wein verschwunden, damit also sich eine Gelegenheit ereignet, das erste sichtbare Mirakul zu wirken. Andere glauben, daß die Diener und Aufwärter, welches ich vor vermuthlich halt, seynd solche Vögel gewesen, welche ein Glas um das andere haben ausgestochen, dann solche Gesellen[362] können sich so ordentlich um den Credenztisch herum stellen, und einer dem andern den Rucken so meisterlich zuhalten, als eine spanische Wand immermehr, dahero kein Wunder, daß auf besagtem Hochzeitmahl der Wein so bald gemanglet, dann es erkleckt nichts im Haus, nichts im Keller, nichts in der Kuchel, nichts allenthalben, wann die Dienstboten untreu sind. Aber glaubt ihr dann nit, ihr gewissenloses Gesind, daß ihr werdet müssen Gott dem Allmächtigen genaue Rechenschaft geben, auch um den mindesten Kreuzer, Pfenning und Heller, oder Geldwerths, was ihr euren Herren und Frauen abtragt?

Allen Bedienten aber sey es gesagt, daß sie Treue und Gehorsam schuldig seynd ihren Herren und Frauen, so lang sie ihnen wider Gott und das eigne Gewissen nichts auferlegen, dann solchergestalten zu gehorsamen sie nit verpflichtet seynd, nach dem Exempel des egyptischen Josephs.

Nachdem Joseph von seinen Brüdern so treulos verkauft worden, ist er endlich in einen guten Dienst kommen bei dem Putiphar, welcher ein vornehmer Herr gewesen, bei dem königlichen Hof Pharaonis; in diesem Dienst hat er sich verhalten, wie es einem rechtschaffenen Diener zustehet, weilen er aber schön von Angesicht, wohlbegnadt von Natur, und ein schöner, galanter, junger Mensch war, also hat die gnädige Frau auf ihn ein Aug gefaßt, hat sich verliebt in die rosenfarbnen Wangen des Josephs. O wie oft seynd solche Rosen Dörner, so da verwunden! hat sich verliebt in seine goldfarbnen krausen Haarlocken, o wie oft seynd solche Haarlocken Herlocker! hat sich[363] verliebt in die korallenen Lefzen des Josephs, o wie oft gibt solche Morgenröth der Ehrbarkeit eine gute Nacht! In Summa, die gnädige Frau lacht ihn an, redt ihn an, rührt ihn an, und begehrt etwas mit 10 Buchstaben, dormi mecum, was da wider die zehen Gebot. Joseph aber will lieber den Mantel hinter sich lassen, als die Ehrbarkeit, will lieber die Frau disgustiren, als Gott und sein Gewissen beleidigen. O was ist dieß vor ein stattlicher Diener, wie wenig hat er seines Gleichen!

Malchus, ein Diener, hat dem Herrn Jesu, o höllische Unthat, einen harten Backenstreich versetzt, ungeacht ihm kurz vorhero der Heiland das abgehaute Ohr wieder anheilt; es hat aber dieser Böswicht solches derenthalben gethan, damit er nur seinem Herrn wohlgefallen, der dazumalen gegenwärtig war. Also gibt es viel dieses Gelichters, welche sich nit scheuen, allerlei Bosheiten zu begehen, wann sie nur bei Herren und Frauen in Gnaden stehen. Der David hat auf seiner Altana die Augen geworfen auf die Frau des Uriä, sobald er sich vermerken lassen, daß sie ihm wohlgefalle, und daß er sie gern zu Hof hätte, da war kein Kammerdiener, noch Lakei, der sich nit angemeldt, und sich urbietig erwiesen, solche nach Hof zu praktiziren. Wie manche Untreue wird unter den Eheleuten gespielt durch solche Dienstboten, wie manche Frau setzt dem Mann eine beinerne Perücke auf durch solche Dienstmenscher, die alles so ordentlich wissen anzustellen; und da heißt es, das Mensch, das Mensch ist mir treu, sie ließ Riemen ehender aus ihr schneiden, als daß sie etwas sollt sagen. O verruchte[364] Treu, welche Niemand als der Teufel in der Höll wird belohnen!

Ein Spiegel aller Dienstmenscher ist die h. Nothburga, diese war in Diensten bei einem Bauren, mit dem sie gleich zu Anfang also gedingt, daß sie dürfte alle Feierabend nach christlichem Kirchenbrauch von der Arbeit abstehen, und selbe übrige Zeit dem heil. Gebet obliegen, welches auch der Bauer gern und unweigerlich zugesagt und versprochen. Einsmals aber befand sich Nothburga samt dem Bauren und dem ganzen Hausgesind auf dem Acker, und schnitten das liebe zeitige Treid, worauf der Bauersmann das ganze Jahr seine Hoffnung steuret; sobald sie aber, massen es dazumal am Samstag war, das Feierabendzeichen von der Glocke vernommen, hat sie alsobalden die Sichel zurück gezogen, des Willens, ihre gewöhnliche Andacht zu verrichten, welches aber der Bauer auf keine Weis' wollte gestatten, vorgebend, daß er in Furcht stehe, es möchte ein Regenwetter einfallen, also wollen sie heut den Acker völlig abschneiden, es sey ohnedas nit viel übrig, und endlich werde deßwegen der Himmel nit einfallen, Gott werde es so stark nie vor übel haben, wann sie schon dießmal das Kirchengebet ein wenig übertritt. Aber Nothburga, diese gottselige Magd, ließ sich auf keine Weis' überreden, verharrte beständig in ihrem frommen Vorhaben, sagte auch, daß sie ihm zwar Treu und Gehorsam versprochen, aber in Sachen, wo Gott der Herr nit beleidiget wird; zu mehrer Prob ihrer Frömmigkeit sagt sie dem Bauren, sie wolle ihre Sichel in die Höhe halten, die Händ aber vor der Sichel legen, wann solche werde herunter[365] fallen, so woll sie in Gottes Namen die Arbeit fortsetzen, dafern sie aber sollte hangen bleiben in der Luft, sodann soll er sehen und erkennen, daß er unrecht habe; wohlan Nothburga, hebt Sichel in alle Höhe, im Beiseyn vieler anderer, ziehet die Hand zuruck; siehe Wunder! solche Sichel ist in der Luft nit anderst als an einem eisernen Nagel hangen geblieben, worüber Nothburga Gott den Herrn gebenedeiet und gelobt; der Bauer aber mit allen den Seinigen schamroth worden, und endlich erkennt, daß ein Dienstbot Herren und Frauen nit schuldig sey, zu gehorsamen, wo ihm etwas wider Gott oder Gottes Gebot geschafft wird.

Es müssen aber auch Herren und Frauen wissen, wie sie sollen mit einem rechten und treuen Dienstboten umgehen, massen ihnen Gott selbsten in heiliger Schrift also zuredet: »si est tibi Servus fidelis, sit tibi quasi anima tua«, hast du einen treuen Knecht, so halt ihn wie deine eigene Seel.« Wie ist nit jener evangelische Hauptmann so sorgfältig zu dem Herrn geloffen, wie hat er nit dem Heiland so gute Wort gegeben, daß er doch möcht seinem Diener helfen, auf daß derselbe noch länger beim Leben bleibe, der Hauptmann ist in selbst eigner Person gangen, da er doch andere drinnen hätte gehabt, zu schicken. Er selbst hat Sorg getragen über den armen Tropfen, und das war recht und billig, weil er ein frommer und treuer und gehorsamer Diener gewest, wie es der Hauptmann unserm Herrn bekennet hat, vade, sprach er, wann ich dem Knecht sag, gehe, so gehet er, wann ich sag, komm her, so kommt er,[366] thue das, so thut ers, dessentwegen hab ich den Menschen so lieb, als meine eigne Seel, und wann ich ihm kann etwas Gutes erweisen, soll es gewiß meiner Seits nit ermanglen.

Bei dem Evangelisten Luca ist zu lesen, wie einer zu seinem guten Freund bei Mitternacht kommen, am Haus so lang angeklopft, und um 3 Laib Brod gebeten, bis der Herr erwacht, und voller Unwillen ihm geantwortet, daß er doch ihm so spat mag Ungelegenheit machen, er soll zu einer anderen Zeit kommen, seine Knecht, die schlafen noch; endlich läßt er sich doch überreden, stehet auf, und gibt das verlangte Brod; er selbst stehet auf, ein anderer hätte den Knechten zugeschrien, Schelme, stehts auf, ihr Bestien, ihr Hund, stehts auf, daß euch der und der hol, stehts auf, ihr Stern Million tausend elementarische Bernhäuter, so stehts auf etc.; nichts dergleichen hat dieser gute Herr gesagt, sondern selbst vom Bett aufgestanden, die Knechte verschonet, und gedacht, man müsse mit ihnen auch einiges Mitleiden tragen, die armen Narren haben den ganzen Tag hindurch hart gearbeitet, und muß man sie nit wie die Hund strapatziren. So solls seyn, es soll, es soll, aber selten ist es. Viel gehen mit den Dienstboten um, wie die Apothecker mit denen Blumen, solche klauben sie ganz fleißig zusammen, legen sie in einen schönen Destilir-Kolben, sie brennen's aus bis auf den letzten Tropfen, wann endlich kein Saft und Kraft mehr darin, alsdann wirft man's zum Haus hinaus auf den Mist-Nicht viel anders verfährt man bisweilen mit einem Dienstboten, viel Zeit und Jahr plagt sich der arme[367] Tropf mit so harter Arbeit in einem Dienst, befleißt sich Tag und Nacht, wie er seines Herrn und Frau Willen und Befehl kann vollziehen, arbeitet manchesmal, daß ihm das Blut bei den Nägeln möchte ausbrechen; wann er endlich an Stärke und Kräften abnimmt, wann er kraft- und saftlos wird, da heißt es gar oft, vor der Thür ist draußen, der Mensch ist schon zeitig vor das Spital und Bruderhaus, er verdient die Suppe nit mehr, will geschweigen die Brocken, hat er mir lang gedient, so hab ich ihn lang besoldt, gehet gleich auf; behüt dich Gott Hans, behüt dich Lisel, sucht euer Glück weiter etc. Mit was Fug und Gewissen könnt ihr Herren und Frauen das allzeit thun, wird sich sonnenscheinbar zeigen einmal im Thal Josaphat, allwo der göttliche Richter zwischen Herren und Dienern, zwischen Frauen und Mägden keinen Unterschied machen wird.

Mein Hausknecht, dergleichen Lehr bracht der Pater auf der Kanzel vor, versichere es, es hätt euch wohl nit gereuet, wann ihr die Predigt hätt gehört, dann so gut unserm sterblichen Leib das tägliche Brod vonnöthen, so wohl vonnöthen ist unserer unsterblichen Seel das Wort Gottes als eine geistliche Speis. Der heilige Paulus ist in den dritten Himmel schon kommen, und bereits daselbst allerlei göttliche Geheimnisse gesehen, gleichwohl wieder zuruck auf die Welt gekehrt. Ein anderer möcht sagen, es soll ihn kein Teufel mehr herunter bringen, wann er einmal so weit hinauf käme.

Paulus aber läßt den Himmel Himmel seyn, und steigt wieder in die Welt, dann er sah, daß die[368] Welt seine heilige Lehr und seine Predigten noch vonnöthen habe, so nothwendig ist dem Menschen das Wort Gottes. Wie der h. Dunstanus einmal die Vigill des hohen Festes der Himmelfahrt Christi bei nächtlicher Weil höchst eiferig begangen in der Kirche, da hat er wahrgenommen, daß eine unzahlbare Anzahl der Engel in die Kirche getreten mit guldenen Kronen in den Händen, mit sonderm himmlischen Glanz umgeben, welche alle Dunstanum denselben Tag zu sich in die ewige Freud eingeladen; nachdem er befragt, wer sie doch seynd, und die Antwort erhalten, daß sie Cherubim und Seraphim seynd, die von der göttlichen Majestät wären geschickt, ihn heut zur ewigen Kron mit sich zu führen, da hat sich der Erzbischof demüthig entschuldiget, mit dem Vorwand, daß heut ein großer heiliger Feiertag, und er dem Volk versprochen hab, eine Predigt zu halten, nach Vollendung derselben sey er urbietig, zu kommen; wohlan dann, sprachen die englischen Geister, so komm am Samstag, wie es dann nachmals also geschehen. So nothwendig ist dem Menschen das göttliche Wort, daß auch derenthalben Dunstanus seine Seligkeit aufgeschoben.

Im alten Testament mußte, aus Befehl Gottes, der Hohepriester 366 guldene Schellen oder Rollen tragen an seinem Kleid, so viel als Tag im Jahr, womit der Allmächtige wollte anzeigen, daß sich der Priester alle Tag soll hören lassen, so nothwendig ist das göttliche Wort.

Der heilige Vater Dominicus hat auf der Reis' von Tolosa nach Paris mit seinem Gespan Bertrando[369] fast die ganze Zeit gebetet und psallirt, unterwegs aber etliche gute Deutsche angetroffen, und also eine gesamte Gesellschaft gemacht. Denen Deutschen hat die Frömmigkeit dieser zweien Geistlichen so wohl gefallen, daß sie selbige vier Tag nach einander unterwegs freigehalten, und sie, nach deutschem Gebrauch, sehr wohl traktirt; den vierten Tag aber seufzte der Vater, um weilen die guten Leut an Essen und Trinken keinen Abgang wollten leiden, vor die Seel aber die Zeit hindurch keine Speis' hatten, also ist er samt Bertrando auf die Knie niedergefallen, Gott den Allmächtigen inbrünstig gebeten, er wolle ihm doch die Gnad geben, daß er könnte Deutsch reden, weilen ihm diese redlichen Deutschen so große Ehr und Gnad angethan, worauf alsobald alle beiden heiligen Männer vollkommentlich Deutsch geredet, und 4 ganzer Tag unterwegs den Deutschen eine heilige Lehr geben, und Gottes Wort vorgetragen, so nothwendig ist dem Menschen die Predigt.

Herr Sigebert, der Herr ist eines Kapitels werth, warum? er ist fast einer aus den Judas-Brüdern, wie da? weil er die Predigt und das Wort Gottes nit gern anhöret, dann ich habe schon zweimal wahrgenommen, daß der Herr unter der Predigt geschlafen. Das geschieht mir allemal, und ist mir das Predigen wie den Kindern das Eja pupeia, sobald das Evangelium von der Kanzel ist abgelesen worden, sodann macht mein napfetzter Kopf das Amen. Das ist aber auf keine Weise gut, solchen Schlaf verursacht der böse Feind, dem nichts verhaßter vorkommt, als die Predigt. Wie der heil. Paulus zu Troiade[370] an einem Sabbath geprediget, hat auch ein junger Mensch, der im dritten Gaden oder Gemach zuhörte, unter dem Fenster eingeschlafen, und folgsam so hoch herunter gefallen, daß er ihm den Hals gebrochen, und todt geblieben, den aber nachmals der h. Apostel wieder zum Leben erweckt hat. Dieser Jüngling, mit Namen Eutychus, war endlich noch zu entschuldigen, dann die Predigt des heil. Manns gar lang, und dauerte bis um Mitternacht.

Aber Herr Sigebert, der Herr kann keine sattsame und wohlbegründte Entschuldigung beirucken, weil der Pater Prediger meistens seine ganze Predigt in drei viertel Stunden einschränket, ist also solche Schlafsucht vielmehr eine Sucht oder übler Zustand der Seel als des Leibes, wann der Herr hätte die Predigt gehört, bin sicher, es wären auch einige Noten von dieser apostolischen Musik auf ihn gesprungen, dann der Pater hat die ganze Zeit nichts anders gehabt, als das große N, und sagt anbei, daß in dem gewöhnlichen A B C der kleinen Schulkinder nach dem N das O folge, er aber setze das O vor dem N, das heißt aber so viel, als O Narren, und zwar seynd die großen N N die Verliebten, amantes, amentes.


Des Bachus und der Weiber Garn

Machn oft ein Weisen zu eim Narrn.


Der Evangelist Lucas schreibt von einem, der ein großes Nachtmahl hat lassen zurichten, auch unterschiedliche Gäst und gute Freund dazu eingeladen. Indem nun alles in der Kuchel fertig, und der Koch sich bereits zum Anrichten wollte schicken, da war noch[371] kein Gast da, es wird gar gewiß der Koch auch mitten unter den süßen Speisen deßwegen ein saures Gesicht haben gemacht, und dazumalen wohl disponirt seynd gewesen zum Fischabsieden. Man schicket alsobald die Diener aus, die Gäst noch einmal zu rufen, welche aber bald mit der Post zuruck kommen, wie daß die Herren alle verhindert seynd, und derentwegen nit können erscheinen; und zwar der erste sprach: ich hab einen Acker kauft, und ist mir Noth, daß ich hinaus gehe, und denselben besichtige, ich bitte dich, hab mich vor entschuldiget. Der andere sagte, ich hab fünf Joch Ochsen kauft, und gehe jetzt hin, sie zu probiren, hab mich vor entschuldiget. Der dritte sprach: ich hab ein Weib genommen, darum kann ich nit kommen. Die ersten zwei haben sich gar manierlich entschuldiget, der dritte aber nit, und warum, oder wessentwegen? ich sags, ich wags, er ist ein Narr gewest, einer mit dem großen N, der Phantast hat sich also verliebt in sein Weib, daß ihm gar nit eingefallen, daß er sich sollt entschuldigen, 14 Tag zuvor, und 14 Tag nach der Hochzeit war er ein so verliebter Gispel, daß er ihretwegen hätte das Leben gelassen; wann ihn der türkische Kaiser hätte eingeladen, so wär er nit kommen; wann sie ihm geschafft hätte, er sollt ihr zu gefallen Schüssel und Teller abwaschen, so hätt er's gethan; wann sie ihm befohlen hätt, er sollt ihr zu gefallen die Stuben auskehren, so hätt er's gethan, ja er hätt mit größern Freuden den Besenstiel gekust. Wann sie ihm hätt auferlegt, er soll ihr zu gefallen ein Dutzend Holzbirn schlücken, so hätt er's gethan, ja sie wären ihm süßer[372] vorkommen, als ein Dutzend Bisamkugeln, amantes, amentes etc. Weibhalber hat er die Mahlzeit unterlassen, Weibhalber hat er selbst Hunger gelitten, Weibhalber hat er den Herrn disgustirt, Weibhalber hat er ihm einen üblen Namen gemacht, Weibhalber ist er ein Narr worden.

Venus ist eine Göttin der Lieb, und Venus heißt so viel als We-nuß, we, was manche harte Nuß muß der Verliebte aufbeißen! er kauft, er rauft, er sauft, er schnauft, er lauft, er prangt, er drangt, er hangt, er langt, er dankt, er blickt, er flickt, er stickt, er zickt, er schrickt, er past, er fast, er last, er rast, er tast, er redt, er wett, er frett, er zett, er bett, er bringt, er hinkt, er klingt, er singt, er springt, er tragt, er fragt, er hagt, er nagt, er klagt, er hitzt, er blitzt, er glitzt, er schwitzt, er sitzt, in Summa der Narr thut alles, gibt alles, verlaßt alles, leidt alles, Ihrethalben, O N N!

Einer ist gewesen, der sich also stark in eine junge Tochter verliebt hat, daß er auch ihre Fußstapfen, die sie im Koth und Leim eingedrukt, ganz begierig geküßt hat, O N! solchen Phantasten zu foppen, hat gemeldte Tochter einst denselben mit Arglist in das Haus gebracht, und in der Kuchel versteckt, nachdem der Kerl eine ziemliche Zeit daselbst gelost, und sich so still gehalten, wie die Mäus beim Schmeerlaib, so kommt sie eilends dahergeloffen, sprechend: Herr, um Gottes willen mein Herr, mein Engel geschwind mein Schatz, die Frau Mutter wird alsobald in die Kuchel kommen, geschwind verberg sich der Herr in diesen großen Wasser-Zuber, dieser ohne Weil in aller Eil[373] steigt in dieses halb angefüllte Wasser-Faß hinein, sie deckt ihn mit Schäffer und Hackbrettl zu, verhüllt ihn mit solcher schmutzigen Kuchelwaar nach Möglichkeit, sie läßt den Limmel zwei ganze Stund lang wohl weich werden in diesem Bad. Wie es ihm dazumal um das Herz gewesen, ist leicht zu urthlen. Nachdem sie geglaubt, der Stockfisch sey gnug im Wasser gestanden, so rennet sie mehrmalen in die Kuchl. O mein Herz! sagt sie, mein tausend Leben! mein einiger Trost, gschwind, gschwind, die Frau Mutter will den Wasser-Zuber brauchen, gschwind verberg er sich anderwärts, da, da in Ofen hinein, das Thürl will ich schon zuschließen, damit er auf keine Weis ertappt werde, gleich, gleich hebt sich der Maulaff über sich, tropfennaß am ganzen Leib, ausser das Herz hat noch gebrennt, und kriecht mit ihrer Hilfe in den Ofen hinein, nie ist kein größerer Stock in den Ofen kommen, als dieser Stocknarr, dasmal war Faßnacht und Aschermittwoch im Ofen beisammen, er mußte auch eine Zeitlang darinnen verbleiben, und fast alle Huster und Seufzer verarrestiren, damit er hiedurch nit verrathen würde, was seltsame Farben und Ueberzug, was Aschen und Ruß hat dieser leimgetränkte Narr nit bekommen? Die Liebste, wie er es sich eingebildet, die kommt mehrmalen schnaufend in die Kuchl, reißt das Ofenthürl auf mit größter Eil, o Herr geschwind, botz tausend Element, geschwind heraus, geschwind! mein Herr Vater ist dahinter kommen, er sucht den Herrn mit bloßem Degen. Wem war ängster als diesem? die Gouraggi schwitzte ihm allerseits aus, er häspelt sich deßwegen, so schleunig es hat seyn[374] können, vom Ofen heraus, da war er ein Copey vom Teufel, lauft ohne weiters Umschauen zum Haus hinaus, und gleich dazumalen ohngefähr eine Todten-Leich vorbei getragen worden, also glaubten die Träger nit anders, als daß dieser ein Teufel sey, und den Todten wolle mit sich führen, dahero ohne mehrers Besinnen den Todten von ihren Achseln geschoben, auf die Erd lassen fallen, und sich mit der Fluche salvirt, deßgleichen auch andere gethan, welches dann dem armen verliebten Gimpel noch mehr geschmerzt, daß er aus einem guldenen Engel, wie seine vermeinte Liebste ihn pflegte zu tituliren, zu einem schwarzen Teufel worden. O N N!

David, dieser israelitische Monarch, hatte einen Sohn mit Namen Ammon, der sich also verliebt hat in die Thamar, weil sie überaus schön war, so mächtig in sie verliebt, daß er vor lauter Lieb erkrankt, vor lauter Lieb Tag und Nacht kein Schlaf gehabt, vor lauter Lieb weder geessen noch getrunken, vor lauter Lieb am ganzen Leib sich abgezehrt, daß er fast einem Ladstecken gleich sah; er war so verliebt, daß er mit Sicherheit bei einem Strohdach nit hätte können vorbeigehen, weil er nun von Tag zu Tag abgenommen hat (ich glaube, er wäre vor Liebe crepirt), also hat ihn sein bester Freund der Jonadab befragt, was ihm doch sey? was er vor einen Zustand habe? ach, sprach er, und seufzte anbei, wie eine zerklobene Feurglocken, ach, sagt er, ich hab mich verliebt in die Thamar, Balsam her, der Narr fällt in Ohnmacht, verliebt in die Thamar, Wasser her, es brennt im mittern Stock des Herzens, verliebt in die Thamar, ach[375] es seynd nit mehr als anderthalb Quintel noch vom Herzen übrig, das andere ist schon alles zerschmolzen. Es bleibt halt dabei, amantes sunt amentes, die Verliebten seynd die Herren mit dem großen N. O N N! Was thut ein Verliebter ausstehen? er haust, er maust, er laust, er kraust, er faust, er fühlt, er schildt, er brüllt, er zillt, er stiehlt, er bleibt, er treibt, er scheibt, er schreibt, er reibt, er putzt, er hutzt, er schützt, er stutzt, er trutzt, er prahlt, er halt, er malt, er schmalt, er zahlt, er beith, er leidt, er neidt, er reit, er streit. In Summa, der Narr leidt alles, geduldt alles, thut alles, laßt alles, probirt alles, verschwendt alles Ihrethalben. O N N!

Ein junger Baurnkerl in Crain hatte sich in eine hübsche Baurentochter über alle Massen verliebt, suchte in allweg, wie er solche möchte zu einer Braut bekommen, indem er aber am S. Thomas Abend besagte Tochter mit einer andern reden gehört, daß sie wollten denselben Tag durch Leßlen erfahren, was sie für einen Liebsten hätten, solches aber müßte geschehen bei einem Brunnen; als dieses der Joppen-Meander vernommen, ging er vor ihnen heimlich hinaus in den Wald nach dem genannten Brunnenquell, und weil dieselbe von einem hart daran stehenden Baum überzweigt war, also gedachte er, solcher Baum werde ihm hauptsächlich dienen zu seinem Wunsch und Vorhaben, nämlich, daß die zwei Baurentöchter im Wasser seine Bildnuß erblicken möchten, erwählte demnach denselben Baum zu einem Gerüst, besteigt denselben, und setzt sich auf einen Ast, welcher ober dem Wasser; allda wartet er, mit größter Begierd und Verlangen, die Ankunft[376] dieser Nymphen, glaubte festiglich, die Sach würde ihm desto besser gelingen, weil er ihre Unterredung völlig angehört, auch unter andern Bedingnussen eine gewest, daß keine ein Wort reden, noch über sich, noch hinter sich schauen sollte, wie ihnen etwann eine alte Huesten solchen Unterricht ertheilt. Der Gimpel war eine ziemliche Zeit auf dem Baum, und ist ihm dieser grobe Sitz so leicht nit ankommen; aber solche verliebte Narren stehen alles gern aus, endlich kommen beide an. O was Freud empfand der Telpelius! es kamen die zwei Töchter bei dem hellen und klaren Mondschein, machen sich hinzu ganz still zu besagtem Brunnenquell, in Hoffnung einen wackern Baurenbuben darinnen zu ersehen; wie dieser solches vermerkt, so steckte er seinen Schädel auf dem Ast besser vorwärts hinaus nach aller Möglichkeit, damit das Wasser sein Gesicht desto besser empfangen möge, aber der Ast, so vermuthlich schon alt und gebrechlich, oder sonst einen solchen gewichtigen Narren zu tragen nit stark genug, wird untreu, und brach eher, dann daß sich dieser versah, mußte also anstatt seines Contrafeits seine eigene Person in das Wasser stürzen, und platzte er mit einem solchen Getös und Geräusch hinab ins Wasser, daß gedachte zwei Töchter, in Meinung, der Teufel sey es selbsten, mit großer Entsetzung die Flucht genommen, und mit sonderm Zittern den Weg nach Haus gerennt. O N N! wo treibt euch noch die Liebe hin?

Samson wäre allzeit gallant geblieben, wann er kein Gallan wäre gewesen; Samson ein solcher starker Held, daß er auch mit den bloßen Händen einen Löwen[377] zerrissen; Samson ein solcher starker Mann, daß er auch ganze Stadtpforten aus der Angel gehebt, und mit sich hinweg getragen; Samson ein solcher tapferer Mensch, daß er auch mit einem Eselskinnbacken tausend Philistäer erlegt. Samson animos ganz und gar; Samson generos ganz und gar; Samson bellicos ganz und gar; Samson glorios ganz und gar; Samson auf die Letzt gleichwohl ein Narr, und ein solcher ist er worden durch die Lieb.

Samson hatte im Thal Soreck eine Liebste, dero Namen Dalila, die besuchte er öfters; wie solches die Philistäer, als seine abgesagten Feind in Erfahrenheit gebracht, da haben sie diese saubere Madam durch Versprechung einer großen Summa Gelds auf ihre Seiten gebracht, daß sie zu allen Sachen ja gesagt. O Geld! sie soll ihn betrügen, ja, sie soll ihn fragen, ja, wo er seine Stärke habe? Ja, sie soll nachmals es ihnen offenbaren, ja, sie soll ihn in ihre Händ liefern, ja, sie soll ihm derenthalben wohl schmeicheln, und liebkosen, ja, sie soll ihr Wort und Parola halten, ja, sie soll die Sach nach Möglichkeit beschleunigen, ja, oder, es soll sie der Bettel holen, ja. Dalila vollzieht den Willen dieser Leut, liefert ihn einmal, noch nit gnug, liefert ihn zweimal, noch nit gnug, liefert ihn dreimal in die Händ seiner Feind, er aber allemal sich wieder frei und losgemacht. Wohlan Samson, einen Esel führt man nur einmal aufs Eis, du wirst ja diesem Schleppsack, diesem üppigen Grindschiebel hinfüran nit mehr trauen? Dalila hält noch eiferiger an, endlich zeigt sie einen Verschmach, hängt das Maul, fangt an zu pfnotten, schauet den[378] Samson nit mehr an, wiese auf allen Seiten einen Verdruß. Die seynd die Rechten, mein Samson! gib ihr ein paar Ohrfeigen anstatt des Confekts, gib ihr anstatt etlicher Stüber Geld, einige Nasenstüber, gib ihr anstatt eines Trinkgeschirr eine Flaschen, und hiemit mach einen Schluß, du wirst bei dieser Vettel wenig Ehr davon tragen, wirst du ihrs redlich entdecken, in wem die Stärke hafte, so ist es gewiß, daß sie dir dieselbe wird nehmen, dich deinen Feinden übergeben, und du, folgsam aus einem so weltberühmten Menschen, der elendeste Tropf werden. Aber umsonst ist alles predigen bei einem Verliebten, der ganz verblendt und ganz von der Lieb zu einem Narren wird, ehe Samson die Lieb gelassen, ehe hat er die Freiheit gelassen, ehe hat er seinen Namen und Reputation gelassen, ehe hat er das Gesicht gelassen, o Narren die Verliebten! was müssen sie nit ausstehen wegen der Lieb, o wie theuer ist die verruchte Lieb!

Die alten Heiden haben über die dreißig tausend Götter angebetet, Rom hatte alle Tag das ganze Jahr hindurch einen besondern Gott oder Göttin etc. Pomona war eine Göttin der Aepfel, Mellona eine Göttin des Honigs, Flora eine Göttin der Blumen, Hippona eine Göttin der Pferde, Bubona eine Göttin der Ochsen, Segesta eine Göttin des Schnitts, Scia eine Göttin der Sonnen, Ajus ein Gott der Red, Priapus ein Gott der Gärten, Hymenäus ein Gott der Hochzeit, Fidius ein Gott des Glaubens, Angerona eine Göttin des Stillschweigens, Meditrina eine Göttin der Arznei, Myagrus ein Gott der Mucken, Eanus ein Gott der Reisenden, Janus ein Gott[379] der Thüren, Momus ein Gott der Schmähler, Vitumnus ein Gott des Lebens, Rubigus ein Gott des Rosts, Aeolus ein Gott der Wind, Vallonia eine Göttin der Thäler, Vitulus ein Gott der Fröhlichkeit, Heben eine Göttin der Jugend, Mania eine Göttin der Häuser, Libithina eine Göttin der Gräber, Pitho ein Gott der Wohlredenheit, Volupta eine Göttin der Wollust, Rumilia eine Göttin der Knaben, Collina eine Göttin der Bühel, Numeria eine Göttin der Zahl, Edulica eine Göttin der Speisen; viel tausend andere dergleichen gedichte Götter hatten die blinden Heiden, ja man hat dazumal fast mehr Götter als Gätter gezählt. Unter andern war Venus eine Göttin der Lieb, oder besser geredet, eine Göttin der Narrheit, Salomon selbst ist von dieser Göttin seiner Weisheit beraubt worden, und also die erste Sylbe von seinem Namen verloren. Venus ist bei denen Astrologen oder Sternsehern ein Planet, und wird auf folgende Weise vorgestellt, Judas der Erzschelm hasset das Wort Gottes , welches dann einer umgekehrten Weltkugel gleich siehet; freilich ist es wahr, daß Venus, daß die viehische Lieb fast die ganze Welt hat umgekehrt, und fast jedermann die Schelle angehängt; wann der gerechte göttliche Richter einmal in dem Thal Josaphat dem Sünder seine Unthaten und Verbrechen wird vorwerfen, und ihm, wie man pflegt zu sagen, den Planeten lesen, so ist leicht zu glauben, daß kein Planet wird öfter citirt werden, als Venus. Venus ist Venenum, und ein solches Gift, das zum allerersten das Hirn angreift, und den Allerweisesten zu einem Narren macht. Ein mancher hat zu Ehren seiner Liebsten Nadeln gefressen,[380] und daran erstickt, O N! Einer hat wegen seiner Madama ein Glas gefressen, und folgsam die Seel mit samt dem Blut ausgeworfen, O N! Ein anderer zu Crunnlau in Böhmen hat sich wegen einer jungen Tochter von einem Felsen herunter gestürzet, und den Hals gebrochen, O N! Einer vor etlich Jahren, mein Wohlbekannter, hat sich wegen seiner Liebsten selbst erschossen, O N! Ein anderer hat den Pantoffel von seiner Liebsten durch ein Kammermensch mit Geld an sich gehandelt, und selbst nach und nach, wie eine Katz einen Laib Brod, abgekieflet, O N! Einer zu Wien, und zwar ein guter von Adel, hat vor vielen Jahren den ausgeworfenen Speichel seiner Liebsten auf der Erde aufgeschleckt, und auch den Unflath der Nase aus ihrem Tüchel abgezehrt, O N! Ein anderer hat einen Floh von seiner Liebsten um 30 Thaler bezahlt, O N! Einer hat einen ausgebrochenen hohlen Zahn seiner Liebsten in Gold und Kleinodien eingefaßt am Hals getragen, O N! Ein anderer hat alle Wochen seiner Liebsten zu Ehren sich lassen von 3 starken Kerlen abprüglen, O N! Einer in Steiermark hat seiner Liebsten zu Ehren allen Fässern im Keller den Boden eingeschlagen, daß ihm hierdurch der edelste Wein ausgeronnen, O N! Einer hat sich gar mit Blut unterschrieben, daß wann seine Liebste werde in die Höll kommen, er hiemit dem Himmel absage, und woll auch mit ihr zum Teufel fahren, O N! Einer hat ihm von dem Bader auf dem Rucken und die Brust mit dem Scheermesser den Namen seiner Liebsten auf groß Fraktur schneiden lassen, O N! Ein anderer hat sogar das Wasser, worin[381] die Kleider seiner Liebsten gewaschen worden, vor den besten Muskateller ausgesoffen, O N! Einer hat seinen Dienern befohlen, sie sollten ihn nicht mehr Herr Alphons heißen, sondern ihn nennen wie seine Liebste, Herr Theresl (besser geredt der Esel), O N! Tausend andere Thorheiten mehr könnten beigebracht werden, es wird aber die schwarze Feder schamroth, etliche auf das Papier zu tragen, O N!

Jene Wittib, von welcher jetzo erzählt wird, hat mit lächerlicher Manier drei Liebhaber zu Narren gemacht, weil solche gar eine junge Wittib, und an Leibsgestalt von Natur sehr wohl beschaffen, also wurde sie allerseits von vielen anersucht, forderist aber von dreien so mächtig geliebt, daß ein jeder absonderlich sich anerboten, alles ihrenthalben auszustehen, auch gar das Leben zu lassen; wie nun diese verliebten Signori oder Sinnari auf einem Tag zu ihr kommen, hat sie die Sach also meisterlich angestellt, daß keiner von dem andern wußte. Wohlau, sprach sie zum ersten: mein lieber Herr, weil der Herr mir alles anerbietet, auch sogar das Leben, also wird es mir der Herr nit vor ungut aufnehmen, wann ich dessen einiges Probstuck begehre, benanntlich dieses: wann mich der Herr recht lieb hat, so verlang ich nit, daß er meinetwegen das Leben lasse, welches gar zu kostbar, sondern daß er sich in dieser Kammer nur auf die Bahre niederlege, und sich todt stelle, so lang, bis ich ihm wieder erlauben werde, aufzustehen; ja, ja, ja, tausendmal und noch ein doppeltes ja, ja hinzu, gehen und aber gehen, und übergehen, und obergehen, ein verliebter Narr thut alles.[382]

Dieser legt sich nieder, war aber mehr Thor, als todt, ein schwarzes Tuch über ihn, ein paar Leuchter neben seiner, ein Weihbrunnkessel ober seiner, solchergestalt vertrat dieser seine Person. Nicht lang hernach kommt der andere Gallan, welcher mit zentnergewichtigen Worten, mit klafterlangen Ceremonien, mit trapezuntischem Diskurs seine Lieb, Affekt, Inklination versprochen, dem gleichergestalten die junge Wittib geantwortet, wie daß sie zwar seine Wort für glaubwürdig halte, allein sie möchte doch ein wenig Gewißheit einnehmen, ob er sie inniglich liebe, und so es ihm beliebig wäre, so soll er zu Zeugnuß seiner Affektion diesen Dienst thun, weil sie eine Todtenleich in dem Haus, und soll eine Zeitlang bei demselben wachen und beten, dann es ihr Anverwandter gewest sey; ja was dann? ja warum das nit? ja, in allem ganz urbietig; er tritt nun auf ihren Befehl in die Kammer hinein, fällt auf seine Knie nieder, fangt an ganz eiferig zu beten, weiß nit, ob's das placebo Domino, oder vielleicht das placebo Dominae. Es wußte keiner von dem andern, und glaubte gleichwohl, es wäre dieß eine Todtenleich. Endlich kommt auch der dritte, so da mit unbeschreiblichen Liebsgebärden sattsam an Tag gab, wie inniglich er sie liebe, ja ihrentwegen tausend Tod auszustehen sich nit weigere; wann dem also, sprach sie, so soll er ihr den einigen Favor erzeigen, und sich wie ein Teufel anlegen, nachmals mit großem Ungestüm in die Kammer hinein laufen, welches er auch emsigst vollzogen, dann ein verliebter Narr sich in allem brauchen läßt. Wie nun dieser vermaskerirte Teufel in die Kammer[383] hinein gerumpelt, so glaubte der unter dem schwarzen Tuch verhüllte Phantast, der sich vor todt gestellt, der Teufel woll ihn wahrhaftig wegführen, fangt an, sich demnach stark zu bewegen; der verstellte Teufel, weil er um die Sach nichts wußte, war der festen Meinung, dieser stehe wahrhaftig von den Todten auf; der dritte, der daselbst gebetet, glaubte, es sey Tod, Teufel und Höll alles bei einander, dahero ein jeder die Flucht genommen, der Teufel über den Tod, der Tod über den Teufel, über die Stiegen hinunter gefallen, und mit erschrecklicher Furcht das Haus quittirt. Mit einem Wort, die Verliebten seynd solche Gesellen, daß man ihnen sollte hinten und vorn, oben und unten, auch auf der Seite, ja um und um den Buchstaben N. anmalen, weil die verruchte Lieb sie zu so großen Narren macht.

Wohlan dann bethörte Phantasten, wollt ihr noch nit abstehen von dieser euerer Thorheit? noch nit lassen mit den Israeliten diese stinkenden egyptischen Zwiefeln? noch nit auf die Seite setzen mit dem Esau dieses schlechte Linsenkoch? so fahrt dann fort, und erwartet des Teufels Dank.

Liebt länger Lappen, liebt länger Limmel, liebt länger Lecker, liebt länger Lugner, liebt länger Luderer, liebt länger Liendel, liebt länger Leffler, liebt länger Lauser, liebt länger lose Leut, liebt länger Lumpengesind, liebt länger Lottergefind, liebt länger Lastergesind, der Teufel wird euch um solches Lieben danken, und all eure Mühe bezahlen, dann was ist diese eure stinkende Lieb?

Die Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt den guten[384] Namen, dann fama vergleicht sich gar nit mit famula, dahero man insgemein von einem solchen pflegt zu reden, dieser oder diese führt einen unehrlichen Wandel. Kein rechtschaffener Mensch will ein Sautreiber seyn, keiner; kein ehrlicher Kerl will ein Eseltreiber seyn, keiner; kein wohlgeschaffener Gesell will ein Ochsentreiber seyn, keiner; warum gibt er aber einen Hustentreiber ab, welches weit schimpflicher fällt seiner Ehr, dann Putana und puteo haben beede eine stinkende Signifikation.

Die Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt die Gesundheit. Kerl, du hast rothe Augen, wie eine cyprianische Taube, weißt was? die Venus ist aus Cypern gebürtig. Gesell, du hast Zähn, die unterhalb so frisch, wie ein Zaunstecken im Krautgarten; weißt was? des Cupidinis Pfeil seynd üble Zahnstierer, sie verursachen die Mundfäul. Domine, ihr seyd schon wurmstichig, wie ein sechzigjähriger Bankladen, aber wißt ihr was? ein Holz, das man schlägt unter dem Planeten Venus, dauert nit lang. Signore, ihr seyd noch nit alt, und schnaufet schon wie ein matter Mülleresel; wißt ihr was, wo zu viel Gall, da verfault die Lunge. Freund, du bist so kraftlos, wie ein Baurenkröß, welches aus der Stärk gangen; weißt aber was? solches Caro macht allzeit carne vale. Mensch, du stinkest, wie eine Lederer-Werkstatt; weißt aber was? amplexati sunt stercora etc.

Diese Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt die zeitlichen Mittel und Habschaften, Donna will dona haben, es kann nit anderst seyn. X. dato foemineis steht in der Grammatik, dann in diesem Handel[385] gehet es zehenfach auf. Amare und mare haben gleiche Beschaffenheit, dann beederseits gehen viel zu Grund. Der verlorne Sohn hat sein ganzes Erbtheil hindurch gebracht, vivendo luxuriose, dann Weiberküttel schmälern manchem die Mittel.

Diese Lieb ist ein Dieb, sie stiehlt die Seligkeit, der Himmel ist ein Schafstall und kein Bockstall, dahero solche Bock-artige und Bock-bartige nit hinein kommen. Unser Herr hat einer ganzen Legion Teufel erlaubt, in die Heerd Schwein zu fahren, woraus erhellet, daß diejenigen, welche ein solches säuisches Leben führen, dem Teufel zugehören. Demptis parvulis pauci salvantur propter hoc vitium, sagt ein heil. Lehrer, daß der meiste Theil der Menschen sich in die Verdammnuß stürze wegen solcher garstigen Lieb.

Diese Lieb ist ein Dieb, dann sie stiehlt den Verstand, und macht die Leut zu Narren, Narren sind sie, weil sie solcher Lieb halber so viel ausstehen, so viel leiden, so viel sorgen, so viel seufzen, so viel lassen, so viel geben, so viel gedulden, so viel wachen, so viel verlieren, so viel verschwenden, so viel laufen, so viel thun, und endlich davor des Teufels Dank haben; wann sie nur halben Theil so viel wegen Gott thäten, so hätten sie unfehlbar die ewige und immerwährende Seligkeit zu hoffen, zu gewarten, zu besitzen. Wer dann ein solcher Narr will bleiben, der bleib's mit 100000 N. N.

Ich aber, sagt eine fromme und gottesfürchtige Seel, ich sag ab, schlag ab, solche verdammte Lieb, und lendt und wendt mich zu der Liebe Gottes, die[386] kommt mich ganz leicht an, die ist voller Trost, voller Freuden, voller Ergötzlichkeit, fort mit der schändlichen, schädlichen, schinderischen Weltlieb! Ich liebe, hab geliebt, ich werde lieben, wollte Gott, ich liebte recht; o daß ich allzeit lieben könnte meinen Gott, meinen Jesum, der da eine gebenedeite Frucht des Leibs Mariä, der da ein Schatz der Welt, der da das wahre Lamm Gottes, der da das Heil der Menschen, der da das Brod der Engeln, der da der Jubel der frommen Herzen, der da der Bräutigam der Jungfrau, der da ein Glanz des himmlischen Vaters, der da ein Fürst des Friedens, der da die Pforte des Himmels, der da das Lob der Engeln, der da die Glorie der Heiligen, der da die Süßigkeit des Lebens, der da der Weg des Paradeis, der da der gute Hirt, der da ein Seligmacher der Menschen, der da eine Zuflucht der Sünder, der da eine Hülf der Bedrängten, der da ein Sieg unserer Feinde, der da ein Herr der Geschöpf, der da unser Jesus, unser Alles, diesen liebe ich, und will nit mehr aufhören zu lieben, diese Lieb macht mich zu einem Doktor, gleichwie die andere vielen das große N anhängt.


1.

Wolltest du bald ein Doktor werd'n,

Ohne große Müh?

Hätt'st du alle Weisheit gern,

Daß du fehlest nie?

Das macht Lieb in wenig Stunden,

Die ein A B C erfunden,

Wie du siehest hie.


[387] 2.

A weis't alle Ding verlassen,

Bosheit heißt das B.

C lernt Kreuz mit Freud auffassen,

Demuth führt das D.

E rath um das Ewig werben,

F den Fried des Herzens erben,

Gibt Geduld das G.


3.

H gebietet heilig leben,

I Inbrünstig seyn,

K macht kurze Wort ausgeben,

L liebt Gott allein,

M will mäßig allzeit bleiben,

N mit Nuß die Zeit vertreiben,

O Ohn' Falschheit seyn.


4.

P will d'Lieb der Welt ausprüglen,

Q sagt Quelle rein,

R will's Herz ganz rein versieglen,

S nimmt Sanftmuth ein,

T kann and're Tugend lehren,

V schafft Unterthänig wehren,

W thut Wachsam seyn.


5.

Z im A B C das Ende ist,

Und bedeut die Zeit,

Welch wie ein Aug verwendt ist,

Ohn' Beständigkeit,

Drum pfleg lieber das Zeitlich meiden,

Und dich auf die Straß bereiten,

Zu der Ewigkeit.


[388] 6.

Kannst nit so viel Buchstabn tragen,

Dast dir bleiben all?

Soll man dir's noch kürzer sagen,

Alles auf einmal?

So lern das L aus allen diesen,

Alsdann bist gnug unterwiesen,

Auch glehrt nach der Wahl.


7.

Solcher Buchstab heißt mit Namen,

Liebe Gott allein,

Fasse diesen nur zusammen,

Fest ins Herz hinein,

Wo du diesen hast verstanden,

Kannst du schon in allen Landen

Der beste Doktor seyn.


Herr Philibert, schad ist es, und immer schab, daß der Herr unter dieser Predigt geschlafen, der Herr halt es vor gewiß, daß solcher Schlaf von dem bösen Feind herrühre, der in allweg sucht das Wort Gottes zu verhindern. Als auf eine Zeit der heilige Antonius von Padua ganz eiferig geprediget, auch unter andern eine adeliche Dama sehr emsig das Wort Gottes angehört, so hat der leidige Satan solche Aufmerksamkeit dieser Frauen nit können gedulden, sondern die Gestalt eines Boten an sich genommen, ihr einen Brief überbracht, worin sie berichtet worden von dem traurigen Tod ihres Sohnes; aber solche höllische Larven erkannte gar wohl der heilige Mann, dahero auf der Kanzel dieser adelichen Matron also zugesprochen: Fürchte dir nit, dein Sohn lebt noch,[389] und ist wohlauf. Ueber solches ist der Teufel alsbalden verschwunden, und sie wie zuvor die Predigt angehört. Es weiß dieser abgesagte Seelenfeind gar wohl, was ihm und der ganzen Hölle eine eiferige apostolische Predigt kann vor Schaden zufügen. Dann was hat Deutschland zum wahren allein seligmachenden Glauben bekehrt? das Predigen des heiligen Bonifacii. Was hat Frankreich bekehrt? das Predigen des heil. Remigii. Was hat das ganze Schwabenland bekehrt? das Predigen des heil. Martini. Was hat England bekehrt? das Predigen des heil. Augustini. Was hat Böhmen bekehrt? das Predigen des heil. Cyrilli und Methodii. Was hat Pommern bekehrt? das Predigen des heil. Ottonis. Was hat Reussen und Polen bekehrt? das Predigen des heil. Adalberti. Was hat so viel tausend große, schwere, abscheuliche Sünder bekehrt, und von den Banden der höllischen Dienstbarkeit entlediget? als eben das Predigen vieler frommer und gelehrter Männer. Vermuthlich ist es, daß Judas Iscarioth von seinem verdammten Vorhaben wäre abgestanden, und seine gottlosen Gedanken hätte bereuet, wann er wäre samt andern Aposteln bei der Predigt des Herrn nach dem heiligsten Abendmahl geblieben.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 4, S. 294-390.
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