Judas der schlimme Schelm, neben andern Untugenden, achtet auch das heilige Gebet nit viel.

[144] Als der Herr Jesus das Oster-Lamm nach dem Gesatz Mosis mit seinen Apostlen genossen, auch diese zwölfe ins gesammt zu Priestern geweiht, und das heiligiste Altar-Geheimnuß und würdigiste Sakrament, benenntlich sein wahres Fleisch und Blut, unter der Gestalt des Brods und Weins eingestellt, hat er sich mit den Seinigen zum Gebet und Lobgesang, nach Gebrauch der Hebräer, begeben, maßen diese nach Einnehmung des Oster-Lamms sich wieder zur Tafel sezten, und ein gewisses Dank-Lied gesungen, auf die Weis'[144] und Art, wie dermalen die Geistlichen im Chor pflegen zu psalliren, und solle dieser Gesang, so der liebste Heiland mit den neuen Priestern andächtigst verbracht, bestanden seyn, nach Aussag Pauli Burg, Baron, Francis. Tirini etc. Sylveir. tom. 5 fol. 159 in 6 Psalmen, deren Titul Alleluja, nämlich: Laudate pueri Dominum: In existu Israel: Dilexi quoniam exaudiet: Credidi: Laudate Dominum omnes gentes: Confitemini Domino quoniam bonus. Und seynd diese der hundert und zwöfle, 13te, 14te, 15te, 16te und 17te. Dann weil in diesen Psalmen begriffen seynd die häufigen Gnaden und Gutthaten, so das Volk Israel von dem ällmächtigen Gott empfangen, also pflegten auch die Hebräer nach dem Osterlamm solche zu singen, und aus gleiche Weis' hat sie auch chorweis gesungen mit den Seinigen der Herr Jesus, und dazumal ist er, weil es Festum primae Classis war, Hebdomadarius gewest, und zu allererst den Psalmum intonirt. Zur selben Zeit ist Judas der Schelm aus, dem Chor geblieben, dann sobald er das höchste Gut mit verdammtem Gewissen empfangen, und unwürdig kommunizirt, hat er sich alsobald aus dem Staub gemacht, exivit continuo etc., und also bei dem Gebet und Deo gratias nit geblieben, ja es ist gar vermuthlich, daß er eine ziemliche Zeit vorhero sich mehrmalen, von dem Gebet, so der Herr Jesus mit seinen Nachfolgern ausgestellt, habe abgeschrauft, mit dem Vorwand, als müsse er in Procurators-Geschäften dieses und jenes zu Unterhaltung des apostolischen Collegii beischaffen, ist ihm also die Versaumung des Gebets[145] nit wenig beförderlich gewest zu seinem Untergang, in Erwägung dessen sag ich zu allen


Oremus, laßt uns beten!


Oremus, laßt uns beten, dann das Gebet ist ein guldener Schlüssel, mit welchem wir den Schatz-Kasten Gottes eröffnen; das Gebet ist ein Band, mit dem wir dem Allmächtigen können die Händ binden, daß er uns nit kann strafen, das Gebet ist ein guldener Amper, mit welchem wir aus dem Brunnen der göttlichen Güte alle Gaben und Gnaden können schöpfen; das Gebet ist ein Posaunenschall Gedeonis, mit dem wir die starken Ringmauern, oder besser geredt, die Sündmauern unserer Begierden umwerfen, das Gebet ist eine Ruthe Mosis, mit der wir den wahren Felsen Iesum erweichen: das Gebet ist eine Leiter Jakob, auf welcher wir können in den Himmel hinauf steigen, und daselbst unsere Klag dem höchsten Gott anbringen; ja das Gebet ist allmächtig, weil es alles vermag bei Gott.

Wie Gott der Allmächtige der Welt den Kopf so hart gewaschen mit dem allgemeinen Sündfluß; zwar auf solchen Kopf gehört keine andere Lauge; und dazumalen in der Arche Noe das menschliche Geschlecht, so nur in 8 Personen bestanden, erhalten worden, hat er uns in dieser schwimmenden Schul sehr viel Lehr geben. Erstlich waren in dieser Arche drei Gaden oder Stöck, und in dem alleruntersten mußten die Ochsen und Esel aus göttlicher Anordnung seyn, woraus zu lernen, daß man Ochsen- und Eseloköpf nicht solle hinauf promoviren. Item so ist die Arche auf dem[146] Wasser und Wessen allzeit empor geschwummen, und je mehr die Wellen zugenommen und gewachsen, je höher ist die Arche gestiegen, aus welchem abzunehmen, daß die Trübsale machen, daß sich die Leut gen Himmel erheben, und bei Gott dem Allmächtigen ihre Zuflucht suchen. Item ist diese Arche erst in hundert Jahren verfertiget worden, wie es fast alle heiligen Lehrer bezeugen, erst in hundert Jahren? So seynd dann alle Zimmerleut dazumal auch schon so faul gewest, wie anjetzo; dieses Schiff hätte man gar wohl in Jahr und Tag können verfertigen, aber gleichwohl ist hundert Jahr daran gearbeitet worden, dann die Arbeit ist ihnen wunderbarlicher Weis' unter den Händen verschwunden, dann es wollte der allmächtige Gott, daß Noe eine so lange Zeit solle daran arbeiten, damit. sich etwann unter der Zeit die Leut möchten bekehren, so barmherzig, gutherzig und mildherzig ist Gott. Eins ist zwar vor allem wohl zu erwägen, daß Gott in gedachter Arche nur ein Fenster, und dieses ganz obenher, wodurch Noe nur den Himmel konnte anschauen, habe zugelassen; ja, was sich noch mehr zu verwundern, so hat Gott dieses Schiff, vermuthlich durch die Engel, mit Pech lassen einwendig und auswendig überziehen, damit nicht die geringste Kluft offen stünde, bituminavit circa eam Dominus ita, ut justus videre non posset generalem omnium interitum, ne compassione commotus, Deum pro suis oraret, et sic Dei potentiam preces impedirent.

Darum hat Gott also genau besagte Arche lassen verbicken, damit oben auf der Seite der Noe nit[147] möchte durch ein Klüftel hinaus schauen; dann Gott hat gesorgt, so fern dieser fromme Patriarch hinaus guckt, und den allgemeinen Untergang siehet, sodann wird er mich bitten, und folgsam meine Allmacht binden, daß ich weiter nit mehr strafen kann, so mächtig ist das Gebet, daß sich auch die Allmacht Gottes davor gleichsam förcht.

Zwei und zwanzigmal wird Gott in der h. Schrift ein Herrscher genennt. Achthundert vier und siebenzig mal wird Gott in der h. Bibel ein Herr genennt, sechs und siebenzig mal wird Gott in der h. Schrift allmächtig genennt, drei und zwanzig mal wird Gott in der h. Bibel der allerstärkste genennt; aber o Wunder! das Gebet überwindt mehrmal diesen allerstärksten, überwältiget diesen allmächtigen, herrscht über diesen Herrn und Herrscher, Omnipotens est Oratio, cum sit una, omnia potest. Zu Sodoma hat das geringe Gewicht mehr golten, als das schwere, dann der gerechte Gott gänzlich die schweren Sünder daselbst zu vertilgen, bei sich entschlossen hatte, den Loth aber, weil er gerecht und gewissenhaft, wollte er samt Weib und Töchter von solcher Straf befreien. Dahero zween Engel dahin gesandt, welche diese bei den Händen hinaus geführt; es war aber ein ernstlicher Befehl, daß Niemand, unter großer Straf, solle umschauen, weil aber Curiositas gen. faeminini, also hat sich des guten und frommen Manns sein Weib nit enthalten können, sondern alsobald, wie sie das erschreckliche Donnern und Krachen, Fallen und Knallen, Rasseln und Prasseln, hinter ihr gehört, umgeschaut, worüber sie alsobald in eine Salz-Saul verkehrt[148] worden, und wie der gute Loth vermeint hat, er habe eine Sodomiterinn zu einem Weib, so hatte er eine Salzburgerinn; warum aber? o gerechter Gott, züchtigest du solche mit einer so seltsamen Straf? Warum hast sie nicht etwann stockblind lassen werden? Dann auf das Uebel sehen hat sich gar wohl gereimt nit mehr sehen. Nein, nein, sagt Gott, es muß diese Straf seyn, und keine andere, es muß das offene Maul in ein Salzbüchsel verkehrt werden, dann Gott hat bereits wahrgenommen, daß diese gute Frau schon das Maul aufgethan, und also hat er gesorgt, sie möchte bitten für die Stadt, und folgsam konnte seine göttliche Gerechtigkeit ihren Lauf nit haben, dahero augenblicklich sie in eine Salzsaul verwandlet worden; bekennt es demnach Gott selbst, daß das Gebet so mächtig sey, und könne sogar seine göttliche Allmacht überwinden.

Von dem h. schottländischen Priester Columba wird eine wunderliche Geschicht erzählt; bei diesem hat ein armer Tropf in seiner großen Noth die Zuflucht genommen, welcher sich mit vielen beweglichen Worten beklagte, wie daß er in eine solche äußerste Armuth gerathen, daß ihm unmöglich sey, fürohin sein Weib und Kinder zu erhalten, welches alles den h. Mann zu großem Mitleiden bewogen; dahero alsobald dem armen Schlucker befohlen, er soll sein geschwind und hurtig aus dem nächsten Wald einen guten, starken, dicken und zähen Prügel herbei bringen, welchem Befehl der gute Tropf schleunig nachkommen, und gedachte doch beinebens, es werde ja dieser Kirchtag nit für seinen Buckel gehören; sobald er solchen Stecken[149] herbei getragen, hat ihn der h. Priester mit dem Messer zugespitzt, nachmals dem hungerigen Tropfen mit diesem Befehl eingehändiget, gehe hin, sagte er, dieser Stecken soll dir seyn ein Angel, ein Netz, eine Gabel, wormit du allerlei Nahrungsmittel fangen wirst, auch soll dieser weder dir noch den Deinigen schaden können. Wer war muthiger und froher als dieser Tropf, welcher in aller Eil nach seiner armen Hütte geloffen, und dem Weib diesen hölzernen Willkomm gezeigt, hierauf denselben in dem nächst entlegenen Wald in die Erd gesteckt, fruhe Morgens gleich an dem Spieß einen Hirschen gefunden, ein andersmal einen Hasen, bald ein Wildschwein, jetzt einen Rehbock, daß also seine Kuchel stattlich versehen war, auch Weib und Kinder fast nie ohne schmutziges Maul gewesen, ja sogar konnte er den Ueberfluß um Geld versilbern. Weil aber öfters zu geschehen pflegt, daß die unbehutsamen Adams kinder das Glück oft selbst die Stiege hinunter schlagt, also ist es auch hier nit anders ergangen; dann das Weib, vermuthlich durch den bösen Feind dahin veranlaßt, machte dem Mann unnöthige Sorgen, mein Kind, sagte sie, die Sach wird in die Länge nit gut thun, und haben wir mit der Weil den grüßten Schaden zu förchten, dann dir selbst wohl bewußt ist, wie hart und scharf bei uns die Todtschläg gestraft werden, und wie bald kann es geschehen, daß bei nächtlicher Weil ein Mensch sich an diesem Wunderholz spießen thut, und wem würde solches Uebel zugemessen, als eben uns? Ja wann das Ding wird unter den Leuten lautbar werden, was gilt es, sie halten dich für einen Zauberer, und mich für[150] eine Hex? Du bist halt eine seltsame Doktorinn, sagte der Mann, und redest wie ein Weib, du sollst wissen, daß, wie mir der heilige Priester den geweihten Spieß geben, hat er mich anbei versichert, daß kein einiger Schaden zu besorgen sey. Es hätte solches schon sollen dem Weib die Zung arrestiren, aber sie thät immer und immer von dem Spieß reden; sogar förchten ihnen die Weiber vor dem geweihten Prügel, bis endlich der gute Mann wegen des steten Penzen und Wehklagen dahin bewogen, daß er den Spieß von dem Wald abgeholt, nach Haus getragen, und in einen finsteren Winkel gelehnt; siehe aber, des andern Tags ist schon der Haushund daran gesteckt; das gab dem Weib noch mehreren Anlaß zu schreien und klagen und schmählen, dahero der gute Mann den Spieß in einen großen Teich oder Weiher gesteckt, damit solchergestalten weder Mensch noch Vieh daran komme, aber auch des andern Tags war ein solcher großer und zappelter Fisch daran, daß ihn kaum der Mann konnte nach Haus tragen; über dieses legte er den gespitzten Prügel gar auf das Dach, und glaubte, alldort sey der sicherste Ort, wohin weder Mensch noch Vieh steigen werde, es ist aber eine kleine Zeit angestanden, da hangte ein großer Vogel am Spieß; letztlichen durch unaufhörliches Klagen und Mahnen des Weibs hat er denselben geweihten Glückspieß zerspalten, und in das Feuer geworfen, er aber samt den Seinigen wieder an vorigen Bettelstab kommen, und also erfahren, daß die Eva den Adam, ihn aber sein Weib, wegen des Holzes betrogen.

Diesem wunderseltsamen Spieß kann in allweg[151] mit allem Fug das h. Gebet verglichen werden, als welches auch eine Gabel, ein Angel, ein Netz, eine Mäschen, ein Strick ist, wormit man alles kann fangen; das hat man sattsam erfahren im alten und neuen Testament, im alten Testament der Abraham, im neuen Testament der Abban; der erste hat durch das Gebet im größten Alter einen Sohn erhalten, der andere hat durch das Gebet das Wasser also fest gemacht, daß er mit trucknen Füßen darüber gangen. Im alten Testament der Moses, im neuen Testament die Musa; der erste hat durch das Gebet die Ameleciter überwunden, die andere hat durch das Gebet die seligste Mutter Gottes vor ihrem Tod zu sich gezogen. Im alten Testament der Loth, im neuen Testament Kaiser Lotharius; der erste hat durch das Gebet die Stadt Segor erhalten, der andere hat durch das Gebet Victori erhalten. Im alten Testament der David, im neuen Testament der Davinus; der erste hat durch das Gebet den Sieg wider den Goliath bekommen, der andere hat durch das Gebet viel tödtliche Krankheiten kurirt. Im alten Testament der Clias, im neuen Testament der Eligius; der erste hat durch das Gebet den Himmel geschlossen und eröffnet, der andere hat durch das Gebet die Teufel ausgetrieben. Im alten Testament der Salamon, im neuen Testament der Salaon; der erste hat durch das Gebet die Weisheit gefunden, der anderte hat durch das Gebet verdient, daß ihm eine Lilie aus dem Grab gewachsen, mit der Ueberschrift: Ave Maria. Im alten Testament der Josue, im neuen Testament der Joscius; der erste hat durch das Gebet die Feind[152] überwunden, der andere hat durch das Gebet die Beständigkeit in der Marter erhalten. Im alten Testament Jonas, im neuen Testament Jonius; der erste hat durch das Gebet sich aus dem schwimmenden Kerker erlöst, der andere hat durch das Gebet die Markerkron erhalten. Im alten Testament die Machabäi, im neuen Testament der Machutes; die ersten haben durch das Gebet siegreiche Waffen geführt, der andere hat durch das Gebet die Wölf und wilden Thier zahm gemacht. Im alten Testament die Judith, im neuen Testament Judocus; die erste hat mit dem Gebet den Holofernem überwunden, der andere hat durch das Gebet verdient, daß ihm eine Taube die Speis gebracht hat. Im alten Testament Susanna, im neuen Testament Suso; die erste hat sich durch das Gebet von falschen Anklägern frei gemacht, der andere hat durch das Gebet viel Sünder bekehrt. Im alten Testament Anna, im neuen Testament Anno; die erste hat durch das Gebet einen Sohn, benanntlich den Samuel erhalten, der andere hat in dem cölnischen Gebiet durch das Gebet einen fruchtbaren Regen zuwegen gebracht. Im alten Testament Ananias, im neuen Testament Aninas; der erste hat in dem Ofen Babylon durch das Gebet dem Feuer die Zähn ausgebrochen, der andere hat durch das Gebet einen frischen Brunnen erweckt. Mit einem Wort, das Gebet ist mächtig und allmächtig. Das hat erfahren unter den Päpsten der Leo, unter den Bischöfen Leontius, unter den Priestern der Leodatus, unter den Mönchen der Leonardus, unter den Martyrern der Leodegarius, unter den Klosterfrauen die Leonora, unter[153] den Jungfrauen die Leocadia. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, das hat erfahren Henricus, ein Kaiser, ein Heiliger, Wenzeslaus, ein König, ein Heiliger, Hermenegildus, ein Herzog, ein Heiliger, Ethlvoldus, ein Fürst, ein Heiliger, Leopoldus, ein Markgraf, ein Heiliger, Elzearius, ein Graf, ein Heiliger, Rochus, ein Freiherr, ein Heiliger, Elphigius, ein Edelmann, ein Heiliger, Ansbertus, ein Burger, ein Heiliger, Isidorus, ein Bauer, ein Heiliger, Servulus, ein Bettler, ein Heiliger. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, das hat erfahren der Abraham auf dem Berg, das hat erfahren der Isaak auf der Ebene, das hat erfahren der Jakob auf dem Feld, das hat erfahren der Jeremias in dem Kerker, das hat erfahren der Daniel in der Löwengrube, das hat erfahren die Esther in dem Pallast, das hat erfahren der Jephte in der Schlacht, das hat erfahren die Sara zu Haus, das hat erfahren der Tobias auf der Reis', das hat erfahren der blinde Bettler auf der Straße, das hat erfahren die Cananäin auf der Grenz, das haben erfahren die Apostel auf dem Meer, das hat erfahren der rechte Schächer auf dem Kreuz. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, dann es macht, es bricht, es netzt, trucknet, es verwundt, es heilt, es bindt, es laßt, es hitzt, es kühlt, es steckt, es schwebt, es sperrt, es eröffnet, es bringt, es vertreibt, es erhärt, es weicht, es kürzt, es verlängert. Verlängert hat durch das Gebet der heilige Vater Augustinus ein Holz. Verkürzt hat das Leben einem Kind zu seiner Seligkeit durch das Gebet die h. Theresia. Erweicht hat das Eisen durch das Gebet der[154] h. Willebrordus. Erhärt hat durch das Gebet das Brod in Stein der h. Bischof Herkulanus. Vertrieben hat mit dem Gebet die selige Jungfrau Maria de Subsidio schwere Wetter. Bracht hat durch das Gebet die selige Agnes Politiana die schönsten Rosen mitten im Winter. Eröffnet hat durch das Gebet die Kerker der h. Cathbertus. Versperrt hat durch das Gebet der h. Fechinus ein Haus, daß die Dieb nit haben können einbrechen. Geschwächt hat durch das Gebet der h. Bischof Wulstanus einen Felsen wie ein Wachs. Gestärkt hat durch das Gebet der h. Gallus ein Glas wie einen Stahl. Kühlt hat durch das Gebet die h. Reparata, das zerlassene Blei, daß es wie ein Schnee worden. Gehitzt hat durch das Gebet der h. Kiceranus einen kalten Bach, daß er wie ein warmes Bad worden. Gelöst hat durch das Gebet der h. Bischof Eligius die Band der Gefangenen. Gebunden hat durch das Gebet der h. Germanus die Räuber, daß sie nicht haben stehlen können. Geheilt hat mit dem Gebet der h. Franciscus de Paula viel Krankheiten. Verwundt hat durch das Gebet die Feind bei der Stadt Mutina der h. Geminianus. Getrucknet hat durch das Gebet der h. Antonius Paduanus die Kleider, daß sie nach dem Regen wie zuvor gewest. Genetzt hat durch das Gebet der h. Bischof Polycarpus die Treid-Felder, daß sie ganz verdorrt wieder haben angefangen zu grünen. Gebrochen hat durch das Gebet der h. Bischof Rhembertus die eisenen Bande und Ketten der gefangenen Christen. Gemacht hat wieder ganz das gebrochene Eisen durch das Gebet der h. Guignerus.[155]

Das Gebet ist mächtig und allmächtig, dann mit diesem hat Joannes der Evangelist die Spitz-Ruthen in Gold, die Kieselstein in Edelgestein verändert, mit diesem hat Joannes der Abt einen giftigen Basilikum umgebracht, mit diesem hat Joannes Gualbertus einen großen Baum federring gemacht, mit diesem hat Joannes Reomensis das Getreid vermehrt, mit diesem hat Joannes Capistranus den Regen vertrieben, mit diesem hat Joannes Bonus die glühenden Kohlen gedämpft, mit diesem hat Joannes Dei das Brod vermehrt, mit diesem hat Joannes Eleemosynarius einen Gottlosen ins Meer versenkt, mit diesem hat Joannes Ravellus einem reißenden Fluß einen Zaum angelegt, mit diesem hat Joannes Maranus Wasser in Wein verwandelt, mit diesm hat Joannes Silentiarius die Löwen zu Schutzherren und Sekundanten gemacht, mit diesem hat Joannes Saguntinus dem Wasser das Nasse genommen, mit diesem hat Joannes Lohelius das Geld vermehrt, mit diesem hat Joannes a Cruce viel Wunder gewirkt, mit diesem hat Joannes Agnus den Mantel zu einem Schiffel gemacht auf dem Wasser, mit diesem hat Joannes Vincentius einen Adler zu einem Diener gemacht, mit diesem hat Joannes Fassatius den Wein vermehrt, mit diesem hat Joannes Marinonius ein Brod vom Himmel erpreßt, mit diesem hat Joannes Tertinrius S. Fran. einen Brunn erweckt, mit diesem hat Joannes Prutanus einen Schiffbruch verhüt, mit diesem hat Joannes Angelus einen gespaltenen Ast wieder ganz gemacht, mit diesem hat Joannes Austriacus die[156] Victori erhalten etc. Es bleibt dabei, das Gebet ist mächtig und allmächtig.

Oremus, so laßt uns beten, aber mit reinem Herzen! Weißt du warum? Petrus hat die ganze Nacht gefischt, und gleichwohl nichts gefangen; weder Häring, weder Blateißl, weder Stockfisch, weder Volken, weder Aalen, weder Bräxen, weder Rothäugl, weder Hausen, weder Grundlen, weder Größling, weder Hechten, weder Bärben, weder Karpfen, weder Berstling, weder Schlein, weder Schaiden, weder Wallfisch, weder Stierl, weder Koppen, weder Junin, war ihr Gewinn, nihil. Die ganze Racht hat Petrus mit den Seinigen das Netz über die hundertmal ausgeworfen, bald oben gefischt, bald unten gefischt, bald in der Mitt gefischt, bald auf der Seite gefischt, bald um und um gefischt, aber allenthalben nichts gefischt; des andern Tags aber haben sie das Netz auf das Wort des Herrn nur einmal ins Meer geworfen, und gleich eine solche Menge der Fisch gefangen, daß es schier das Ansehen gehabt, als sey allen Inwohnern des Meers dieses Netz für ein Arrest anerboten worden; warum die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen? und warum des Tags nur einmal gefischt, und eine solche Menge gefangen? du wirst antworten, daß solches die Gegenwart Christi, so nichts anders als Glück kann bringen, verursacht habe; du redest gut, oder du wirst vorgeben, daß solches der schleunige Gehorsam habe verdient, den sie Christo dem Herrn angethan; du redest gar weislich; aber Sanct Lucas malt dieses Fischergesicht gar schön, und spricht: daß sie zu Morgens die Netz haben sauber ausgewaschen,[157] und darüber einen so reichen Zug gethan, lavabant retia; bei der Nacht war ihnen das Netz voller Koth, voller Leim, voller Pimfen, voller Gestreiß, voller Holz, voller Stein, voller Unflath, darum kein Wunder, daß sie nichts gefangen, wie sie aber das Netz sauber gewaschen, und allen Wust ausgeleert, da ist ein guter Fischer-Profit erfolgt.

Manche eilen in die Kirche mit einem Sack voll Bücher, daß ein Müller-Esel genug daran zu tragen hätte, sie beten, daß ihnen das Maul staubt, und fast truckner wird, als der Weg durchs Meer, den die Israeliter passirt; sie beten, daß die Zung müder wird, als der Samson, wie er die tausend Philistäer mit dem dürren Kinnbacken erschlagen; sie beten so lang, daß schier vonnöthen, der Mesner jag sie zum Tempel hinaus, wie der Herr die Hebräer, und erhalten gleichwohl nichts, nihil; fischen so stark, so eifrig, so lang, und fangen gleichwohl nichts, nihil; warum? das Netz ist voller Koth, Unflath, das Gewissen ist voller Sünden, das Herz ist voller Geilheit, das Gemüth ist voller Haß und Rachgierigkeit, die Zung ist voller Ehrabschneidung, die Händ seynd voller Diebstahl, darum erhört Gott der Herr ihr Gebet nit, das Gebet eines Sünders ist ein Gräuel vor den Augen des Allerhöchsten, fein vorhero das Netz sauber gewaschen, und nachmals wird am Fang kein Zweifel seyn.

Aesopus erzählt eine Fabel, daß der Gott Jupiter habe eine sehr prächtige Hochzeit gehalten, und sobald solches allen Thieren kundbar worden, etwann durch ein Ladschreiben, so haben diese nit weniger wollen,[158] als ihre Schuldigkeit ablegen, und ein jeder aus ihnen dem großen Jupiter ein Hochzeitpräsent demüthigist und unterthänigist überbringen. Das Lämmel hat ihm einen halben Zentner der schönsten Woll geben, der Elephant ist mit einem schönen Stuck Helfenbein aufgezogen, woraus ihm der Jupiter konnt einen Kämpel und andere Sachen machen, der Pfau hat ihm seinen schönen Schweif offerirt für einen Fliegenwadel, die Kuh hat etlich Viertel Milch gebracht, die Henn hat ein Kerbel frische Eier dargereicht, der weiße Schwan hat einen guten Buschen Federkiel auf den Tisch gelegt, der Fuchs hat seinen langen Epilogum für einen Staubbesen dargeben, endlich die Schlang, als ein sehr schlaues Thier, begibt sich ganz hurtig in einen Garten, bricht daselbst eine frische purpurfarbene Rose ab, und schleicht durch alle Thier durch und durch, bis sie endlich zu dem Thron des Gott Jupiters gelangt, dem sie mit allen schmeichlerischen Reverenzen die zeitige Rose offerirt, und war der gänzlichen Meinung, als werde sie eine große und sondere Ehr aufheben, aber der Ausgang zeigte das Widerspiel, massen der große Jupiter den Kopf geschüttelt, mit Vermelden, daß er von allen Thieren mit sonderem Wohlgefallen etwas annehme, aber von der Schlange nit, a serpente non.

Laß Fabel Fabel seyn, bei dem allein seligmachenden Gott ist es eine Wahrheit, daß er gern, ja mit höchstem Wohlgefallen, das Gebet als ein kostbares Präsent von uns annehme, und gar gern; das hat man gesehen in dem h. Bernardo, welcher im Capitelhaus betend etliche Spann von der Erd verzuckt[159] war; das hat man gesehen in dem h. Francisco, welcher mehrmalen in dem Gebet, so er in der Wüste verricht, also in die Höhe erhebt worden, daß ihm gar der Menschen Augen kaum nach konnten sehen; das hat man gesehen in dem h. Dominico, welcher in dem Gebet mehrmalen also verzuckt war, daß man ihn fast nirgends besser finden können, als zwischen Himmel und Erd; das hat man gesehen in der h. Theresia, welche in dem Gebet fast niemal die Erd berührt; das hat man gesehen in dem h. Benediktiner Mauro, in dem h. Augustiner Nicolao Tolentinate, in dem heiligen Prämonstratenser Gilberto, in dem h. Cisterzienser Roberto, in dem h. Karthäuser Hugone, in dem h. Dominikaner Ferrerio, in dem h. Franciscaner Bernardino, in dem h. Carmeliter Alberto, in dem h. Jesuiter Francisco Xaverio, in dem heiligmäßigen Kapuziner Matthäo a Bascio, welche alle in dem Gebet weit und hoch von der Erde entfernt, und gen Himmel erhebt waren, woraus leicht abzunehmen ist, wie angenehm Gott dem Herrn das Gebet sey, aber das Gebet eines Gerechten, a serpente non, aber von der Schlange nimmt er nichts an, das Gebet eines Sünders macht ihm Grausen. Es ist keine Musik, sondern ein Getös, es ist kein Weihrauch, sondern ein Gestank, es ist keine Blum, sondern ein Unkraut, es ist ein Kuß, aber von einem stinkenden Maul, es ist ein Zuckerkandel, aber liegt in einer Mistbutte, es ist ein Memorial, aber eine große Sau darauf, es ist ein Pfeil gen Himmel abgedruckt, aber vorhero in Koth eindunkt, es ist ein Legat zu Gott geschickt, aber voller Krätzen und Siechthum,[160] es ist ein Edelgestein, aber in Pech und Blei eingefaßt. Das Opfer Kains schaut Gott nit an, weil er ein schlimmer Gesell war; den Jonas erhört Gott im Schiff nit, weil er ein ungehorsamer Mensch war; den Weihrauch des Core, Datan und Abiron riecht Gott nit, weil sie übermüthige Rebellen waren; das Lob von dem Besessenen nimmt Gott nit an, weil es der Teufel geredt; das Gebet des Sünders, so lang er seine Missethaten nit bereuet, und des festen Vorhabens nit ist, sich zu bessern, mag Gott nit, nit, nit will Gott, nit, nit, nit erhört Gott, nit, nit, nit.

Wer der erste Schlosser und Schmied ist gewest, zeigt die h. Schrift, und wer der erste Organist und Musikant gewest, zeigt auch die h. Schrift, diese waren zween leibliche Söhn des Lamech, zween leibliche Brüder, aber in ihrer Kunst sehr unterschieden, einer hat geheissen Tubal, dieser war der erste Musikus, der andere Tubalcain und der war der erste Schmied oder Schlosser. Ich will nun setzen, diese zwei haben in einem Haus gewohnt, der Organist oberhalb, der Schmied aber zu ebener Erd, beede aber treiben zu einer Zeit und Stund ihr Gewerb, sag mir ein wenig, wie gefällt dir die Musik? mir gefällt sie nit, sagst du, der Schmied unterhalb, der grobe Flegelius verderbts, dann oberhalb ziehen sie die Bläsbälg auf für die Orgel und untenher für das Eisen hitzen, oberhalb schlagen sie auf der Orgel, unterhalb auf dem Ambos, oberhalb klingen die Pfeifen, untenher guritzen die Feil und Raspel, oberhalb schlagen sie auf der Zittern, untenher schlagen sie mit dem Hammer, daß es alles zittert, oberhalb seynd die Kapell-Knaben, untenher die[161] Schlosser-Buben, obenher Apollo, untenher Vulkanus, obenher die Engel, unterhalb wie die Bengel, oberhalb ist das Gesang Ne Mi Fa Sol, unterhalb ist ein Klang, daß ihn der Bettler hol, dessentwegen ist die Mutter nichts nutz.

Eine solche Musik ist das Gebet eines Sünders, dann obschon in dem obern Zimmer, benenntlich in dem Mund, eine schöne Musik, so wird doch solche wegen des untern Getös in dem sündigen Herzen ganz verderbt, in dem obern Stock thut man Gott loben, in dem untern Stock thut man Gott schmähen, die Zung ist ein Zittern Davids, das Herz eine Lanze des Saul, die Zung psallirt mit dem David, das Herz galanisirt mit der Bersabäa, die Zung betet Gott an, das Herz opfert dem Belial, in dem Mund ist der Jakob, in dem Herzen ist der Esau, du grüßest so oft die Mutter Gottes mit dem Ave, und bist Wandels halber gar kein Engel, du sprichst so oft Vater unser, unterdessen bist ein Absalon, der wider seinen Vater streitet, du machst eine Musik mit der Cäcilia, unterdessen tanzt dein Herz mit der Herodias, deine Zung verehrt Gott mit dem Weihrauch, wie der Aaron, und dein Herz betet das guldene Kalb an, wie die Israeliter; mit Einem Wort: das Gebet des Sünders ist Gott nicht angenehm. Discipulus registrirt von einem Jüngling, wie daß solcher nach Art der frechen und schlüpferigen Jugend gelebt, aber aus frommer Gewohnheit öfters den h. Rosenkranz gebeten habe, dem aber die seligiste Mutter Gottes einst erschienen und ihm einen sehr kostbaren Malvasier in in einem wilden, unfläthigen und garstigen Geschirr[162] dargereicht, ob welchem der Mensch nit ein geringes Grausen und Abscheu getragen, meldend, daß ihm der gute Trunk nit mißfalle, sofern er nur in einem saubern Geschirr wäre, worauf die Mutter Gottes geantwortet, wie daß ebenmäßig ihr das Gebet, so er aus Gewohnheit ihr aufopferte, ein sonders Wohlgefallen thäte verursachen, dafern es nur aus einem reinen Herzen herrühre; aber solchergestalten sey es ihr keineswegs angenehm. Es ist zwar das Gebet ein Band, mit dem man kann Gott dem Allmächtigen die Händ binden, aber in dem Mund des Sünders bricht dieses Band; es ist zwar das Gebet eine Blum, so Gott dem Herrn wohlriechet; aber in dem Mund des Sünders verwelkt diese Blum; es ist das Gebet ein Degen, mit dem man den Feind kann jagen; aber indem Munddes Sünders wird dieser Degen rostig.

O wie bescheid hat jenes kananäische Weib gehandlet, als sie bei ihr selbst entschlossen, daß sie woll Christum den Herrn bitten, und ihm eine Supplikation überreichen wegen des üblen Zustands ihrer Tochter, als welche der böse Feind so hart peinigte, sehr weislich hat sie gehandelt, indem sie die göttlichen Oerter Tyrus und Sidon verlassen und zu Christum dem Herrn getreten und gebeten; dann wer durch das Gebet will bei dem Allmächtigen eine gute Audienz und Gehör haben, der muß vorher die Sünden verlassen, sonst ist solches Gebet bei ihm nit angenehm.

Wie Moses seines Schwähers Jethro Schaaf gewaidet, unweit dem Berg Horeb, da ist ihm Gott erschienen in einem brennenden Dornbusch, dahero der Moses gleich wollte hinzu treten, dieses Wunder über Wunder zu sehen; es ist ihm aber bald ein Befehl[163] entgegen kommen, er solle auf keine Weis' hinzunahen, es seye dann, daß er vorhero die Schuh abziehe; solve, etc. das ist recht gewest. Will jemand zu Gott treten und durch das Gebet mit ihm reden, so sey's; die Audienz wird ihm nit versagt, aber es heißt vorhero solve, dir Schuh herunter, es druckt dich der Schuh, es druckt dich das Gewissen, solve, aufgelöst, vorhero durch einen Beichtvater, welcher die Gewalt hat zu binden und zu lösen; das Gewissen muß gereinigt seyn, nachmals wird die Bitt, sofern es der Seelen Heil nit schädlich ist, gar nit abgeschlagen werden. Wie ungereimt wäre es, so du aus lauter Bosheit einem großen König seinen einigen Erbprinzen sollst ermorden, und nachgehends gleich mit blutigen Händen zu dem König eine Gnad', e.g. eine Summa Geld oder ein vornehmes Amt begehren, solches würdest du auf keine Weis' erhalten, außer du thätest dich vorhero mit ihm versöhnen und Pardon erhalten. Was thust du anders durch die Sünd, als auf ein neues den wahren eingebornen Sohn Gottes, Jesum Christum, auf das Kreuz naglen und tödten, wie soll dann Gott dein Gebet erhören und dir in deinem Begehren will fahren? Wohlan dann, versöhne dich mit ihm vorhero durch eine reuevolle Beicht, nachmals bring dem Memorial oder Bittschrift hervor, an dem Fiat ist gar nit zu zweifeln, sonst findt dein Begehren nit statt.

Die Israeliten konnten das Murren nit lassen in der Wüste, ja sie haben so gar spöttlich, viel geschmählt wider Gott selbsten. O ihr gewissenlose Böswicht, ist das das Deo gratiatis? das Verbrechen war zu groß und konnt es der Himmel nit ungerochen[164] lassen, dahero ein gähes Feuer von der Höhe gestiegen und den äußern Theil ihres Lagers mit solcher Ungestüm angetast, daß gleich alles in Asche gelegt worden. So bald solches unverhoffte Uebel die Israeliter wahrgenommen, seynd sie, wie billig, in größter Furcht gestanden des allgemeinen Untergangs, dahero ganz eilfertig zu der Zelt Mosis geloffen und mit aufgehebten Händen geschrieen, er soll doch für sie den allmächtigen und dermal erzürnenden Gott bitten. Hört ein wenig, ihr saubere Gesellen, warum lauft ihr dem Mosi übern Hals? warum rennt ihr nicht mit gleichen Füßen zum Tabernakel Gottes, zum Altar Gottes, und verrichtet daselbst einige Opfer, wodurch Gott möchte versöhnet werden? ihr wißt ja, daß das allgemeine Gebet weit kräftiger die Wolken durchdringe, als das Gebet eines Menschen allein? ja, sagen sie, wir wissen's, daß viel Pfeifen in der Orgel weit lieblicher klingen, als eine Pfeife allein; wir wissen's, daß mehrere Hämmer eine Thür ehender können einschlagen, als einer allein; wir wissen's, daß zu Ninive nit einer allein, sondern alle, sogar Ochs und Esel haben den Herrn um Pardon gebeten: Homines et jumenta, etc.; aber wir wissen auch, daß Gott der Herr die Sünder nicht erhört, so lang sie die Besserung nit versprechen; wir wissen auch, daß wir alle wider Gott haben gemurrt und also sehr viel und große Schelmen unter uns, dahero glauben wir, daß unser Gebet bei dem Allmächtigen nit werde angenehm seyn.

Großen Dank um die Wahrheit, eine saubere Lehr aus der Wüste, dasmal ist ein jeder JUD aus[165] euch Juris Utriusque Doctor. Wahr ist es, daß Gott dem Herrn das Gebet eines Sünders nicht angenehm seye, weilen solcher nur ein Freund Gottes mit dem Maul und Kuß, nicht aber mit dem Herzen will seyn, wie der verdammte Iscarioth; dahero vonnöthen ist, daß jenes wahr werde, was einmal der Heiland Jesus dem apostolischen Kollegio vorgetragen: Si duo consenserint, etc. Wo zwei von euch auf Erden sich vereinigen über ein Ding, was sie auch bitten werden, dasselbe wird ihnen widerfahren von meinem Vater, der im Himmel ist. Diese zwey seynd der Mund und das Herz, wann solche sich recht vereinigen, und das Herz in Heiligkeit mit dem betenden Mund übereins stimmt, alsdann kann alles von dem mildherzigsten Gott erhalten werden, und wird man handgreiflich sehen, daß das Gebet mächtig und allmächtig seye.

Oremus, laßt uns beten, aber mit Aufmerksamkeit! Wie der himmlische Gesandte Gabriel mit tiefster Reverenz die übergebenedeite Jungfrau Maria gegrüßt, Ave Maria, so liest man bei keinem Evangelisten, daß sie den Erzengel hätte hinwiederum gegrüßt, da man es doch für eine Unhöflichkeit und große Unbescheidenheit aufnimmt, wann man dem grüßenden nit wieder mit gleicher Freundlichkeit begegnet, wer hat weniger von der Höflichkeit gekost, als der gemeine Bauersmann? und dannoch, so man ihn begrüßt, wird er mit allen bäurischen Ceremonien sich bedanken, und sprechen: dank euch Gott mein Herr, grüß euch Gott auch, und seyd mir Gott willkomm. Ungeacht dieß alles, liest man nit, daß die seligste Jungfrau Maria[166] hätte dem Erzengel Gabriel um sein so höfliches Ave gedankt, viel weniger wieder gegrüßt. Es war ein Erzengel, ein Abgesandter vom Himmel; er war kommen, diese zu begehren für eine Tochter Gott des Vaters, für eine Mutter Gott des Sohns, für eine Braut Gott des heiligen Geistes, für eine Frau des Himmels, für eine Königin der Engel, es war an dieser Gesandtschaft gelegen die Menschwerdung des Sohns Gottes, die Erlösung des menschlichen Geschlechts, die Erhebung der katholischen Kirche, die Einsetzung der Sakramente, die Widerstattung des Heils, die Ueberantwortung des Paradeis, ja es hätte keine wichtigere Ambassada nit können seyn, als diese, und gleichwohl gibt auf den ersten Gruß dem Erzengel die seligste Jungfrau keine Antwort; warum? warum? merks wohl, darum, darum, sie war im Gebet, und redete mit Gott, und also wollt sie das erstemal auch einem Erzengel nit ein Gehör geben: Turbata est, quia salutata ab Angelo, orationes interrumpere cogebatur, et patet ex hoc, quod bis jam Angelus eam fuerit allocutus, antequam responderet. Aus welchem unschwer abzunehmen, wie übel und unbesonnen die Menschen handlen, wann sie in dem Gebet einem jeden beifallenden Gedanken so leichtes Gehör vergunnen, indem solches auch einem Erzengel die seligste Jungfrau geweigert. Wer mit dem Maul im Gotteshaus, und mit dem Herzen im Wirthshaus ist, wer mit dem Maul thut psaliren, und mit dem Herzen trapuliren, wer mit dem Maul bet den Rosenkranz, und mit dem Gedanken ist zu Schenkenschanz, wer mit dem Maul sagt, Ave Maria,[167] und mit dem Gedanken sagt, willkomm Christoph, wer mit dem Maul sagt, Vater unser, und mit dem Gedanken bei der Mutter ist, wer mit dem Maul bet in der Domkirche, und mit dem Gedanken ist auf dem Tummel-Platz, wer mit dem Maul sagt, Deus in adjutorium, und mit dem Gedanken beim adjutorium simile sibi ist, wer mit dem Maul bet die Litanei, und mit dem Gedanken ist bei der Schelmerei, wer mit dem Maul thut Gott loben, und mit dem Gedanken ist bei dem Maisenkloben etc., der soll wissen, daß sein Gebet eine Nuß sey ohne Kern, ein Baum ohne Frucht, ein Brunn ohne Wasser, ein Leib ohne Seel, eine Blum ohne Geruch, ein Buch ohne Schrift, ein Thurm ohne Glocke, ja gar eine Suppe ohne Brocken.

Von dem h. Adalberto liest man, daß er auf einmal in zwei Orten sey gewest, dann wie er zu Rom die h. Meß gelesen, hat er das Memento für die Abgestorbenen 2 ganze Stund lang gemacht, und als er dessenthalben von Ihro päpstlichen Heiligkeit einen Verweis bekommen, hat er sich entschuldiget und bekennt, wie daß er unter der Zeit sey zu Prag bei der Leichen-Begängnuß seiner zwei umgebrachten Brüder gewesen, zu Urkund dessen hab er einen Handschuh daselbst gelassen.

Der h. Bernardus hat sich, Geschäfte halber, drei Jahr zu Rom aufgehalten, unterweilen aber ist er zugleich auch in seinem Kloster zu Claravall gewesen, daselbst das Kloster und dessen Beschaffenheit samt allen Geistlichen allda besichtiget.

Der heilige und wunderthätige Antonius Paduanus[168] hat zu einer Zeit auf der Kanzel geprediget, und zugleich auch im Chor gesungen.

Der h. Ignatius Lojola ist zu Rom gewest und zu gleich in der Stadt Cöln, allwo er einem frommen Mann aus der Sozietät erschienen.

Der h. Franciscus Xaverius ist zu einer Zeit in zweien Schiffen gewest. Dieses alles ist durch sondere Schickung Gottes zu größerer Glorie der Heiligen geschehen.

Aber es geschieht mehrmalen, und zwar zu unserm größten Schaden und Nachtheil, daß wir in zwei Orten zugleich uns aufhalten, in der Kirche mit dem Leib, und zugleich mit dem Gedanken anderwärts.

Neben anderen Schäden, die der starke Samson denen Philistäern zugefügt, ist nicht der geringste gewest wegen der dreihundert Füchs, und müssen diejenigen Nasenwitzigen wissen, so diesen Glaubensartikel in Zweifel setzen, daß erstlich in Palästina die Menge dieser Thier sich aufgehalten, zum andern ist wohl zu glauben, daß Gott der Allmächtige mit allem Fleiß ihm so viel Füchs habe zugeschickt, daß er sie leicht hat fangen können; dann hat Gott können machen, daß alle Thier in der Arche Noe eingetreten; hat Gott können machen, daß eine so unzahlbare Menge der Wachtlen in das israelitische Lager gefallen; hat Gott können machen, daß eine so große Anzahl allerlei Fisch in das Netz Petri eingangen; so hat Gott nit weniger können schaffen, daß sich drei hundert Füchs so leicht haben eingefunden, welchen der Samson allen die Schweif zwei und zwei zusammen gebunden, in der Mitte aber eine brennende Fackel, sodann alle frei[169] laufen lassen, welche dann ganz rasend und wüthend in die philistäischen Treid-Felder hin- und hergeloffen, und folgsam alles, sowohl das abgeschnittene als noch gestandene in Asche gelegt. Die Philistäer haben ihr Lebtag an diese Schweif gedenkt, und konnten sie nit genug bedauren diesen großen Schaden, so sie von solchen Schweifen erlitten.

Aber glaub mir, die ausschweifigen Gedanken im Gebet verursachen noch größern Schaden; dieses seynd die Vögel, welche den guten Saamen des Gebets auszehren; diese seynd der Pöbel und Volk, die einen verhindern, daß er mit dem Zachäo den Herrn Jesum in dem Gebet nicht kann betrachten; diese seynd das rauberische Feder-Wildprät, so dem Abraham die geopferte Kuh stets antasten; diese seynd die Kinder, welche den Vater Sennacherib im Tempel also plagen; diese seynd die Nachtwächter, welche die Braut des Geliebten also schmählich traktiren; diese seynd die Teufel, welche das Gebet, als eine Tochter der katholischen Kirche, also plagen, wie da geplagt ist worden die Tochter des kananäischen Weibs; diese seynd die Straßen-Räuber, welche das Gebet wie den Reisenden nach Jericho also stark verwunden.

Gotschalkus serm. 10 erzählt, daß auf eine Zeit drei Bauern-Töchter auf einen Kirchtag, Gesellschaft halber, mit einander gangen, und auch an demselben Ort Vormittag bei dem Gottesdienst verblieben, welchen ein sehr frommer und heiligmäßiger Priester gehalten; unter währendem h. Meßopfer hat dieser ein wunderliches Gesicht wahrgenommen, dann er sah, wie da ein Engel einer aus besagten Bauern-Töchtern[170] ein Kränzel von rothen Rosen auf das Haupt gesetzt, nit lang hernach hat er mehrmal vermerkt, daß ein Engel der andern aus diesen Gespänninnen ein Kränzel von schön weißen Rosen auf den Kopf gelegt, bald hernach hat er gesehen, daß der Teufel der dritten aus diesen Dorf-Mädeln einen neuen Pelz um das Maul geschlagen, und nachgehends ihr auf der Achsel mit der Sackpfeife eine Musik gemacht. Nach vollbrachtem Gottesdienst ruft obbenannter fromme Seelsorger die 3 Bauerntöchter zu sich, ob sie bei der h. Meß haben gebet? die Antwort war bei allen dreien ja, ja, ja; was hast du dazumalen für Gedanken gehabt bei dem Memento in der heiligen Meß? ich, sagte die erste, habe betracht die dörnerne Kron, so unserm Herrn uns größtem Schmerzen ist auf das Haupt gesetzt worden; gut, gut, dessenthalben hat dir Gott ein Kränzel von rothen Rosen auf das Haupt gesetzt. Was hast du zur selben Zeit gedacht? ich, sagte die andere, thäte dazumal bei mir erwägen die liebreiche Kindheit unsers lieben Herrn Jesu Christi; gut, gut, derenthalben hat dich Gott mit einer weißen Kron von Rosen verehrt. Was seynd dir unter dem Gebet dazumal für Gedanken eingefallen? mich, sagte die dritte, hat nit wenig verdrossen, daß ihr ein so großer Kerzenbrenner seyd, und den Gottesdienst so lang gemacht; dann ich hab mir gedenkt, und nicht wenig gesorgt, ich möchte auf den Markt zu spat kommen, dann ich des Willens bin, einen Pelz einzukaufen, und nachmals, so es die Zeit zulaßt, den Tanzboden heimsuchen; so ist dann auch, sagt der h. Mann, dieß dem Lohn, daß dir der Teufel den Pelz um das[171] Maul geschlagen, und mit dem Dudelsack auf der Achsel pfiffen, dieß ist dein Lohn.

Wann es der allmächtige Gott öfter thäte zulassen, daß wir mit Augen konnten sehen, was dieser fromme Priester gewürdiget worden zu sehen, o was seltsame Sachen und Begebenheiten würden sich nit ereignen, wie manchem Edelmann würde der Teufel die Jagd, oder die Magd um das Maul schlagen, wie mancher Dama die Karten oder die Schwarten, wie manchem Geistlichen den Wein oder den Brein, wie manchem Burger den Hobel und Zobel, wie manchem Studenten die Hetz oder das Netz, wie manchem jungen Kerl die Flaschen oder die Zaschen, wie mancher Dirn den Steffel oder den Löffel, wie manchem Bauern den Pflug oder den Krug.

In dem weltkundigen Tempel Salomonis seynd vor diesem zehen große und stets währende Wunderwerk geschehen; erstlich, wann viel hundert tausend Personen zusammen kommen, so ist der Tempel nie zu klein gewest; zum andern, wann sie gestanden, waren sie ganz eng zusammen gepreßt, so sie aber sich auf die Erd niedergeworfen, hat keiner den andern geirret; drittens, ist am Tag des Gottesdienstes kein Priester durch waserlei Zustand verhindert worden; andere dergleichen mehr zu geschweigen, war dieß nit das geringste Wunder, daß, ob schon viel tausend Ochsen, Schaf, Lämmer, allda seynd geschlacht worden, gleichwohl auch mitten im Sommer und größter Hitz nit eine einige Mucken ist gesehen worden. O Wunder und über Wunder! hat nun Gott in dem salomonischen Tempel, so nit viel ungleich einer Fleischoder[172] Metzgerbank, die Mucken nit wollen leiden, wie weniger will er es gedulden in seinem Tempel, der Zeit, allwo er mit seiner allmächtigen Gottheit und Menschheit residirt; doch sag mir, wo machen die Leut mehr Mucken und Grillen, als in der Kirche? ist dann nit das bereite Sprichwort, heut hab ich in der Kirche daran gedacht, heut ist mir in der Meß eingefallen, ich könnt die Sach so und so anstellen etc. O verdammte Mucken! was ist zu halten von dem Gebet, wie folgt:

Vater unser, der du bist im Himmel, unterdessen gedenkt er, Egidi-Markt kommt auch alsgemach herzu; geheiliget werde dein Nam, wo muß ich jetzt einkehren, weil mein voriger Wirth ist gestorben; zukomm uns dein Reich, tröst ihn Gott, haben wir nit oft gesoffen, daß ein Grausen war; dein Will gescheh, wie im Himmel, beim blauen Kühfuß soll kein übles Wirthshaus seyn; also auch auf Erden, es ist um eine Prob zu thun; gib uns heut unser tägliches Brod, wann ich nur konnt die zwei Stuck alten Procat anwehren; und vergib uns unsere Schulden, für Meßgewänder taugten sie schon; gleichwie wie wir vergeben unsern Schuldigern, für das Frauenzimmer ist es keine Modi mehr; führ uns nit in Versuchung, für unsern Herrn ist es schon gut; sondern erlöse uns von allem Uebel, der Pfaff macht's heut lang; Amen, was gilt es, sie warten mit dem Essen auf mich. Ein schönes Gebet eines Kaufmanns.

Gegrüßt seyst du Maria, will gern sehen,[173] wann der Meister Paul meinen Rock wird fertig machen; du bist voller Gnaden, der Schind-Bub der Päschi wird ja die Labet-Karten nit vergessen; der Herr ist mit dir, ich muß dem Kutscher sagen, daß er Nachmittag bei Zeiten einspannt, du bist gebenedeit unter den Weibern, der Kaufmann soll unterdessen das Auszügl nur da lassen, es findt schon mehrere Geschwistrige; und gebenedeit ist die Frucht deines Leibs Jesus, potz tausend, wie gänzlet sich diese Fräule auf, sie macht aus dem Kopf gar ein Storchen-Nest; heilige Maria Mutter Gottes, mein Herr hat dasmal das Podagra gar zu lang; bitt für uns arme Sünder, ich muß einmal auf Maria Zell, und dorten beichten, dann es kennt mich kein Geistlicher; jetzt und in der Stund, wußt wahrlich nit, wann er soll sterben, ob ich wollt eine Wittib bleiben; unsers Absterbens Amen, was gilts, der Koch hat schon mehr mit dem Kellner gefruhstuckt. Ein schönes Gebet eines Frauenzimmers!

Es ist kein Wunder, daß der allmächtige Gott jenen Pfarrherrn wegen solcher Mucken und ausschweifenden Gedanken nit gestraft hat; dieser hatte auf einen Festtag etliche seiner guten Freunde und Nachbauern zur Tafel eingeladen, und weil die Solennität an einem Fasttag gefallen, also hat er sich bestens beflissen, seine Gäst mit einem guten Stückel Fisch zu bedienen, zu welchem Ende er selbst alle gehörige Anstalt in der Kuchel gemacht; weil aber unterdessen das schwierige und ungeduldige Volk in der Kirche den Herrn Pfarrer mehrmal durch öftere Boten ersucht,[174] er möchte doch, nach altem Brauch, den h. Gottesdienst halten, also konnte er nit weniger, als hierinfalls den Bauren willfahren, dahero aus der Kuchel eilfertig in die Kirche, von dannen ohne geziemende Vorbereitung zu dem Altar geloffen; mit dem Gedanken aber befand er sich in seiner Kuchel, und forderist haben sich diese Mucken angemeldt, wie er schon nahe war bei der Consecrirung, dann damal gedacht er an die Fisch, und stund in großen Sorgen, das Gesind möcht sie bald zu viel salzen, oder zu wenig salzen, bald zu viel sieden, oder zu wenig sieden, bald in diesem bald in jenem fehlen, welches dem Allerhöchsten also mißfallen, daß durch seine göttliche Verhängnuß der Teufel in abscheulicher Gestalt bei dem Altar erschienen, welcher in einer Bratze einen Fisch, in der andern das Salz gehalten, mit dem Verlaut, sehe hin Koch, und nit Priester, salz und richt die Fisch selber zu, damit du nachgehends ohne dergleichen ausschweifige und sträfliche Gedanken das höchste Opfer vollziehest, worauf er mit hellem Gelächter verschwunden, der Priester aber seinen Wandel gebessert.

Beten und nit aufmerken ist schießen ohne Kugel, beten und nit aufmerken ist schiffen ohne Ruder, beten und nit aufmerken ist fliegen ohne Federn, malen mit abgestandenen Farben ist das Beten und nit aufmerken, streiten mit gestumpften und rostigen Waffen ist das Beten und nit aufmerken, läuten mit einer zerklobenen Glocke ist das Beten und nit aufmerken. Der Wurm zerbeißt dem Jonä die Kürbesblätter, das ist schad! der Achan vergrabt den kostbaren Mantel, das ist schad! der Pharao ertränkt die Kinder, das[175] ist schad! die Rachel stiehlt die guldenen Bilder, das ist schad! der David zerschneidt dem Saul den Mantel, das ist schad! und die Unaufmerksamkeit oder Ausschweifigkeit zerreißt und stiehlt, und ertränkt, und vergrabt, und zerbeißt das heilige Gebet, das ist immer und immer schad!

Wie recht hat Abraham damal gethan, uns allen zu einer Nachfolg, als er, durch Befehl Gottes, auf dem hohen Berg seinen Sohn wollte aufopfern, hat er den Esel nit lassen an den Ort des großen Opfers gehen, sondern den Dienern geschafft: Exspectate hic cum asino, »Wartet allhier unter dem Berg mit dem Esel.« Auf gleiche Weis' soll ein jeder eifrige Christ, wann er zu dem h. Meßopfer gehet, bei der Kirchenthür seinen Sorgen und Wirthschafts-Gedanken sagen, exspectate hic, wartet da meiner, es schickt sich nit, daß ihr in diesen Ort hinein sollt gehen, allwo ich allein wird mit Gott reden, wartet meiner, nach dem Gottesdienst wollen wir schon wieder zusammen kommen, wartet meiner, damit ich in der Audienz bei Gott nit mög irr werden, dann ein Gebet ohne Aufmerksamkeit ist eine zerlumpte Bauernbraut, so dem himmlischen Gespons gar nicht gefallen thut. Massen auf eine Zeit an einem vornehmen Festtag, da alle Chorherren und Geistlichen Nachmittag das Completorium gesungen in der Kirche, ist eine Stimm vom Himmel erschallen, non est auditus, nisi raucus, »es ist keiner gehört worden, als der heisere,« dieser war ein frommer und verachter Tropf, so daselbst in einem Winkel wegen seiner schlechten Stimm mehr blerret als[176] gesungen; gleichwohl ist er allein von Gott gehört worden, weil er andächtig war, die anderen, ob sie schon heftiger geschrien, als die Juden am Palmtag, seynd nit gehört worden, weil dero Gemüther und Gedanken anderwärts herum schweiften.

Oremus, laßt uns beten! aufs wenigst kurz und gut. Unser lieber Herr verbiet, daß einer seinen Bruder soll einen Narren nennen. Ja, bei dem Evangelisten Matthäo am 5. Kapitel und zwei und zwanzigsten Versikul stehet geschrieben: wer da sagt, du Narr, der wird des höllischen Feuers schuldig seyn; dahero mein Bruder darf ich dir dieses Schellen-Prädikat nit geben, allein du und andere werden es für ungut nicht aufnehmen, wann ich sag, daß ihr geschossen seyd, jedoch mit dem Beding, wann ihr nit schießen wollt, merks wohl, bedenks wohl, behalts wohl, alle diejenigen seynd geschossen, die nicht schießen wollen, verstehe aber hierdurch die öfteren Schußgebetel, massen solche weit besser die Wolken durchdringen, als oft lange aber laue Gebet.

Wie Lazarus mit Tod abgangen, und solches Christo dem Herrn zu Ohren kommen, so hat er sich also bald nach Bethania begeben, die zwei Schwestern Martha und Magdalena, zu trösten, ja er hat sich gar verlauten lassen, als woll er denselben von Todten wieder erwecken, welches schier den zwei Schwestern nicht gar recht war, zumal sie gesagt, er stinke schon, jam faetet; etwann war es ihnen nur wegen der Erbschaft, die sie müßten wieder zuruck geben, wann er sollt wieder zum Leben auferstehen, dann die mehresten Weiber arg und karg seynd. Ungeacht[177] alles dieses ist der Herr und Heiland zu dem Grab gangen, und nachdem er daselbst seine Augen gen Himmel gewendt, ist er bald hernach in diese Wort ausgebrochen: »Ewiger Vater, ich dank dir, daß du mich erhört hast;« dieß gedunkte die Umstehenden sehr wunderlich zu seyn, dann keiner hat ihn gesehen beten, keiner hat ihn gehört beten, und gleichwohl bedankte er sich gegen seinen himmlischen Vater, daß er ihn erhört habe; es ist aber zu wissen, daß unser Herr dazumal ein Schußgebetel in seinem Herzen verricht, welches so stark wirkend gewest, daß es alsobald die Wolken durchgedrungen, und zu dem Thron Gottes kommen ist, und daselbst das geschwinde Fiat erhalten. Dahero ist es nicht an der Größe gelegen, sonst erlauft eine Kuh einen Hasen, es ist nit an der Dicke gelegen, sonst tragte ein Eichbaum bessere Frucht, als ein Feigenbaum, es ist nit an der Länge gelegen, sonst gilt mehr eine Spitzruthe, als ein Scepter, es ist nit an der Tiefe gelegen, sonst wär ein Rührkübel besser, als ein Pokal, sondern es ist alles an der Güte gelegen. Wann alles wäre gelegen an der Größe, so hätte der David den Goliath nit überwunden, wann alles wär gelegen an der Dicke, so hätt die Rebekka lieber die Wagen-Ketten genommen, als die Armbänder von dem Isaak, wann alles wär gelegen an der Länge, so hätte der Aaron einen Wiesbaum genommen, und nit eine Ruthen, sondern es ist alles gelegen an der Güte, kurz und gut.

Weißt du, wer der rechte Schächerer gewest, der mit Christo dem Heiland gekreuziget worden? dieser ist gewest ein geborner Egyptier, Aberglaubens[178] halber ein Hebräer, und soll, nach Aussag des h. Anselmi, Petri Damiani, Joan. Damasceni, die seligste Mutter Gottes, als sie nach Egypten geflohen mit dem göttlichen Kind, unter die Mörder gerathen seyn, unter denen auch dieser, mit Namen Dismas, war, so durch übernatürlichen Anblick des göttlichen Kindes dahin bewogen, daß er seinen Mitgespan abgehalten, und also diese drei erschaffene heilige Dreifaltigkeit unbeschädiget gelassen, sein Vater war auch ein Mörder und Straßenrauber, (eine saubere Freundschaft!) dieser Dismas ist etlich dreißig Jahr ein solcher Bösewicht gewest, auch noch am Kreuz ein größerer Gotteslästerer, als der Gesmas, sein Mitkamerad, und gleichwohl ist dieser noch heilig worden, massen sein Fest celebrirt die katholische Kirche den 25. März, und weil von ihm keine Reliquien vorhanden, also ist vieler Lehrer Aussag, daß er mit Christo dem Herrn samt dem Leib am Ostertag sey auferstanden, und bereits mit glorreichem Leib und Seel im Himmel. Eine ziemliche Partikul von seinem Kreuz wird in der Domkirche zu Bari in Italia verehrt; es ist glaublich, daß er am jüngsten Tag, wann Jesus samt allen Auserwählten aus dem Himmel in das Thal Josaphat sich wird begeben, er der Dismas das Kreuz in dieser Prozession werde voran tragen, solche Prozession aber werde führen der h. Erzengel Michael. Wie ist doch dieser große Sünder zu so großer Heiligkeit kommen? wie hat doch er den vollkommenen Ablaß aller seiner Sünden so geschwind erhalten? etwann hat er etlich Tag aneinander gebetet? das nit, sondern mit acht einigen Worten hat er die acht Seligkeiten[179] bekommen, mit diesem so kleinen aber eifrigen Gebet: »Herr gedenk an mich, wann du in dein Reich wirst kommen.« Ist also nit an der Länge gelegen, sondern an der Güte. Kurz und gut.

Der h. Friardus ist ein Bauer gewest, aber kein solcher, wie jener, dessen Fuß noch heutiges Tags zu Freising in Bayern bei S. Sigmund in der Kirche hangt, und schon von unerdenklichen Jahren unversehrt ist, dann wie dieser Bauer anstatt des Kreuzgangs auf den Kerschbaum gestiegen, und ihn dessenthalben sein Nachbauer ermahnt, er soll auch mit der Gemein nach Freising Kirchfahrten gehen, dem er aber übermüthig geantwort, er wollt nit, daß er einen Fuß zu Freising in der Kirche hätte, worüber alsobald ihm der rechte Fuß, als wär er mit einer Hacke abgehauen worden, herunter gefallen, den gleich der Hund, so dazumal unter dem Baum gelegen, in das Maul gefaßt, und den geraden Weg vor der Prozession hergetragen, bis in die Kirche St. Sigmund, woselbst er den Fuß bei dem Altar niedergelegt, so annoch zur ewigen Gedächtnuß aufbehalten wird. Dieser Bauer hat nit gern gebet, wohl aber der h. Friardus, so immerzu im Gebet war, du glaubst etwann, als habe er alle Tag 6 h. Messen gehört, und 14 Rosenkränz verricht; o nein, wer wollt seine Arbeit versehen haben? er war auf dem Acker bei dem Pflug, auf dem Dehnen bei der Drischel, auf dem Hof bei der Holzhacke, er hatte keinen Büchersack, wie etliche, dann er gar nicht lesen konnt, sondern mitten in seiner harten Arbeit hat er geschossen, etliche heilige Schußgebetel eilfertig zu Gott abgedruckt, welches Gott weit[180] gefälliger war, als mancher ihr langes und laues Beten, wann sie auch alle Psalmen des Davids sollten ablesen; seine Mitbauern lachten und spotteten diese so kleine Andacht; und zwar in dem heißen Sommer, wie sie von den überlästigen Mucken und Wepsen gar zu ungestüm geplagt wurden, foppten sie den h. Mann Friard, er woll doch mit seinem Gebet, weil er so geschwind damit fertig, ihnen die Wepsen vertreiben, worauf der h. Mann nur das kleine Kreuzzeichen gemacht, und augenblicklich alle vertrieben. Bauern seynd Lauern, so lang sie dauern, aber nit alle, massen dieser ein Heiliger gewest, und so gern gebet, aber kurz und gut.

Das Gebet der Apostel, wie sie in der Ungestüm des Meers zu dem Herrn gerufen, war nit lang, und doch kräftig: »Herr erhalt uns, wir gehen zu Grund.« Das Gebet der Kananäin, wormit sie zu dem Herrn um den Wohlstand ihrer Tochter geschrien, war nit lang, und dannoch mächtig: »Herr du Sohn David, erbarm dich meiner, meine Tochter wird vom Teufel übel geplagt.« Das Gebet des Hauptmanns zu Kapharnaum, wie er um die Gesundheit seines Dieners angehalten, war nit lang, und dannoch stark: »Herr, sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.« Das Gebet des offnen Sünders, wie er im Tempel gestanden, war nit lang, aber doch mächtig: »Gott sey mir Sünder gnädig.« Das Gebet des blinden Bettlers auf dem Weg, als unser Herr mit vielem Volk vorbei gangen, war nit lang,[181] und dannoch kräftig: »Jesus, du Sohn David, erbarm dich meiner.« Kurz und gut.

Es ist ein gewisser Soldat gewest, der eines lustigen Kopfs war, dieser tragte immerzu einen rothen Hut, als er mit solchem einmal auf der Wacht gestanden, und fast hergesehen, wie ein Gockl-Hahn mit dem rothen Kamm, hat ihn der Hauptmann scherzweiß angeschrien: Hahn, sagte er, wann wirst einmal krähen? ei Herr Hauptmann, gab er zur Antwort, es krähet sich zu Morgens nit viel, wann man den Abend vorhero nit geessen hat; dahero solcher stets angehalten um sein Monat-Sold, welches den Herrn Offizier dergestalten verdrossen, daß er ihm hat gebieten lassen, wofern er noch im geringsten dessenthalben werde Meldung thun, so soll er unfehlbar henken. Dem Hahn war solche Hennen-Steigen auf alle Weiß zuwider, und wollt nit gern aufsitzen, wo die Raben ihr Proviant suchen; gleichwohl unterfangte er sich, noch einmal den Herrn Hauptmann zu überlaufen, jedoch ließ er beinebens sagen, daß, wann er mehrere Wort sollte vorbringen, als drei, sodann woll er ohne Widerklag henken, auf solches Versprechen ist er fürgelassen worden, und hat der schlaue Gesell nit mehr geredt als drei Wort, nämlich: Geld, oder, Abschied, welches dem Herrn Offizier also wohlgefallen, daß er ihm den verlangten Sold unverzüglich erlegen lassen. Kurz und gut.

Der Elisäus hat kurz, aber gut gebeten, wir er den Eliam, als solcher im feurigen Wagen entzuckt worden, um den Mantel und doppelten Geist ersucht. Die seligiste Mutter Gottes hat kurz, aber gut gebeten,[182] wie sie den Herrn Jesum bei der Hochzeit zu Kana um einen Wein angesprochen. Der Aussätzige hat kurz, aber gut gebeten, wie er den Heiland, als solcher vom Berg herabgestiegen, um die Gesundheit begrüßt. Der Fürst hat kurz, aber gut gebeten, wie er den Herrn angesprochen, daß er doch wolle die Händ über seine verstorbene Tochter legen. Wir können nit alle mit dem h. Pachomio, von Aufgang der Sonne, bis zu Niedergang beten. Wir können nit alle so lang beten, wie der h. Keiwing, dem in die aufgehebte Händ eine Amsel ihre Eier gelegt, er aber so lang gebeten, bis dieser Vogel die Eier ausgebrütet hat. Wir können nit alle mit der heiligen Martha hundertmal bei Tag, und hundertmal bei der Nacht, die Kniee biegen in dem Gebet. Wir können nit alle mit dem h. Einsiedler Paulo alle Tag dreihundert Gebet verrichten. Wir können nit alle mit dem h. Antonio, diesem großen Mann Gottes in Egypten, die ganze Nacht hindurch im Gebet verharren, also daß er oft die Sonne angeschnarcht, warum sie so bald aufgehe. Wir können nit alle so lang und so viel beten, massen es unsere Geschäfte nit zulassen, und hat doch auch der h. Petrus Damianus einen starken Verweis geben dem Stadtpfleger Zinthio, daß er eine ganze Zeit in der Kirche hocke, und seinen Dienst, zu merklichem Schaden des gemeinen Wesens, unverrichtet lasse; wir können nit alle stets mit der Magdalena bei den Füßen Jesu sitzen, sondern müssen auch mit der Martha zu der Wirthschaft schauen, seynd doch auch die Apostel, mit Gutheißen des Herrn, in die Stadt Samaria gangen, und daselbst nothwendige Nahrungsmittel eingekauft,[183] da doch Gott sie leicht durch übernatürliche Weis hätte können speisen; aber wir können wohl, und gar wohl öfter auch mitten in Geschäften und Arbeit, ein Schuß-Gebetl zu Gott schicken, kurz und gut, wir können wohl, und gar wohl, alle Tage eine hl. Meß hören, kurz und gut, wir können wohl und gar wohl, Frühe und Abends etwas wenig beten, kurz und gut, wir können wohl, und gar wohl, vor und nach dem Essen beten, kurz und gut.

Oremus, laßt uns beten, aber um etwas, so unserer Seelen-Heil nit schädlich ist! Es ist ein Edelmann gewest, der allenthalben den Namen und Ruhm gehabt eines sehr freygebigen Herrns, von dem sattsam bekannt war, daß er keinen Armen ohne Trost von seiner Thür gelassen; als solches auch in Erfahrenheit gebracht ein abgedankter Soldat, wollt er auf keinen Weg diesen Gnadenort umgehen, sondern läßt sich daselbst durch den Kammerdiener ansagen, auch sich beinebens verlauten, daß er neben Begrüßung, wegen eines Zehrpfennings, noch andere Ding mit Ihro Gnaden zu reden hätte, bat also um die Lieb und Höflichkeit, daß er mittelst seiner möchte vorkommen; der Kammerdiener schmeckt schon anvor den guten Braten, so dieser werd bekommen, gab also anfangs eine abschlägige Antwort, wie daß es dermal nit seyn könne, weil Ihr Gnaden in andern wichtigen Geschäften verhindert seyn; als aber der noch inständiger angehalten, gab der Kammerdiener so weit das Jawort, jedoch soll er ihm treu und redlich versprechen, das, was er bekommen werde, mit ihm recht zu theilen, und halben Part zustellen, welches der gern und urbietig zugesagt, sodann auf solches Verheißen den freien Zutritt[184] erhalten bei dem gnädigen Herrn, woselbst er mit vielen Umständen diesen und jenen Feldzug erzählte, was Gefecht und Treffen da und dort vorbeigangen, wie sie ein und anders Ort nit ohne blutige Köpf erobert etc., welches alles dem Edelmann so werth und angenehm war, daß er ihm auch ein halb Dutzend Thaler vor einen Zehrpfenning dargereicht, es ersuchte aber der schlaue Soldat noch um eine andere Gnad den Kavalier, benanntlich um ein paar Goschen, mit dem Vorwand, wie daß solches in seinem Land der Brauch wäre, und hielt es man für eine sondere Ehr, wann jemand von adelichen Händen begoscht wurde, welches zwar erstlich der höfliche Kavalier gar weislich geweigert, indem er aber hierzu so heftig erbeten wurde, wollt er auch dießfalls dem guten Supplikanten nit ungünstig seyn, berührte ihm demnach beederseits die Wangen, fast auf die Manier, wie die Mütter pflegen aus Lieb ihre Kinder zu tätschlen: nach solchem beurlaubt sich der begnügte Soldat auf das allerbeste, des Willens, seinen Weg anderswo hinzunehmen; kaum aber, daß er zur Thür hinausgetreten, verlangte der Kammerdiener die Hälfte von dem vermög des Contrakts, was er bekommen, zu welchem sich der listige Gesell gar willfährig gezeigt, auch mit der Hand so lang in dem Sack gegriffen, bis er die rechte Stiegen erreicht, allwo er ganz hurtig mit der Hand herausgewischt, und dem geldgierigen Kammerdiener einen solchen Backenstreich versetzt, daß er den Trippel mit den Füßen und Kopf die Stiegen hinuntergesungen, nit ohne erbärmliches Geschrei und Wehklagen, welches alles im Geschloß, und nit weniger den Edelmann aus[185] seinem Zimmer bewegt, so sich nit genug über das vermessene Stuck des Menschen verwundern thäten, und war schon an dem, daß man ihm die eisernen Bande soll anwerfen. Es hat aber gedachter Gesell die ganze Begebenheit und Ursach beigebracht, wie daß er habe müssen dem Kammerdiener zuvor versprechen den halben Theil dessen, was er werde bekommen, sonst wäre er nit angesagt worden, demnach dann der gnädige Herr ihm, jedoch auf Bitten und Ersuchen, zwei Goschen geben; also habe er nit weniger thun können, und die Hälfte ihm lassen zukommen, begehre auch hierauf ein Recepisse, und gebräuchlich quittirt zu seyn.

Dergleichen Bitt wird man so leicht nit hören, sagst du, wie dieser abgedankte Soldat gethan hat, dann wer wird so albern und thorrecht seyn, und um harte Stöß bitten? wer will das Maul aufthun um eine Maultaschen? wer will suppliciren, daß ihn einer soll abschmieren? wer ist der unverständige Tropf, der eins begehrt an Kopf? seynd doch die Holzäpfel süsser, als die Ohrfeigen; der Mensch bitt meistens, ja allzeit nur um etwas guts, rogat ea, quae pacis sunt, sagst du, ich sag aber anders, daß nämlich die bethörten Adams-Kinder gar oft und vielfältig um etwas übels bei Gott dem allmächtigen anhalten und bitten, und begehren mehrmalen mit weinigen Augen, mit aufgehebten Händen, mit inbrünstigem Gebet etwas, was ihnen nicht gedeihen thäte, ja sogar verhinderlich wäre an dero Seelen Seeligkeit, dahero kein Wunder, daß der allwissende Gott solche Gebet nit erhört, wie es gar deutlich bezeugt der h. Jakobus in seiner vierten Epistel: »Ihr bittet, und erlanget[186] nichts; dieweil ihr übel bittet, nämlich daß ihrs in eueren Wollüsten verzehrt

Um Gottes Willen, Herodes! was bist du für ein Phantast gewest, indem du der jungen Tänzerinn Bitt und Anbringen so bald erhört hast! wie sie um das Haupt Joannis Baptistä angehalten, hat der König hierauf alsobald geantwortet: ja, ja, du verfluchtes ja! Es hätte sollen Herodes ihr einen rechten Verweis geben, still mit dergleichen Reden und Anbringen, du junge Läppin, gehe viel lieber wieder zum Tanz, dergleichen Gaißen steht der Kapriol besser an, als mit solchen Dingen anzuziehen; sollst du begehren von dem Haupt des ganzen Reichs das Haupt eines tugendreichen Manns? daß, wer nit allein den Joannem köpft, sondern auch zugleich meine Reputation abkürzt? Das stund rühmlich, wann ein König den Kopf eines Heiligen zu den Füßen einer heillosen Etcaetera legen thäte, ich müßte nur kein Hirn im Kopf haben, wann ich dem Joanni soll den Kopf nehmen, du unverschamtes Wisperl, schau, daß du durch dein Tanzen nicht thust fallen, und zwar in meine Ungnad, aber dir sey es verziehen, und schreibe es deinem kindischen Unverstand zu, aber mich wundert sehr deine Mutter, daß sie eine solche Närrinn ist, und dir hat solches mögen befehlen, sag du ihr, sie soll den Kopf mit Ruhe lassen, oder ich werd meinen Kopf aufsetzen, und etwas zeigen, daß sie wird im Kopf kratzen; mit dergleichen und andern scharfen Worten hätte der König Herodes diesen Schleppsack sollen von sich wegweisen, aber die Mutter war eine arge Huesten, welche der Tochter befohlen, sie solle diese Bitt[187] und Anbringen thun, wann der König bei der Tafel sitzt, und bereits schon ziemlich bezecht ist; also sagt Herodes, wann ich nit hätt einen so starken Rausch gehabt, und wär recht beim Verstand gewest, ich hätte wohl nit gethan, noch zugelassen, was sie gebeten.

Glaubst und meinst du, daß Gott der allmächtige gleich also beschaffen sey, wie der berauschte Herodes, und deine unverschamte Bitt werde erhören? wann du bittest um zeitlichen Wohlstand, welcher dir dienen würde zu allem Uebermuth? um zeitliche Ehr, welche dir das Gemüth in allem Hochmuth würde aufblähen? um zeitliche Gesundheit, so dich anspornen thäte zu allen Wollüsten? Gott erhört auf solche Weis deine Bitt nit, wann du auch schreien sollest, wie der David: Raucae sunt factae fauces meae, »ich hab mich ganz müd gerufen, mein Schlund ist heiser worden

Es heißt, wau, wau, pfui, das Ding beißt.

Eine Mutter hat ein kleins, ein schöns, ein liebs Kind, mit Namen Franzl, dieses sieht auf den Tisch, worauf der Vater pflegt zu notiren, concipiren, protocolliren, ein Federmesserl liegen; sobald es nun darnach mit seinen zarten Brätzlen tappen will, alsobald räumts das Kinds-Weib auf die Seite, und sagt, wau, wau, pfui, es beißt, und gibt ihm anstatt dessen ein Feigen. Gott eignet ihm selbst öfters zu den Titel und Namen einer Mutter, liebt uns wie eine Mutter, labt uns wie eine Mutter, tragt uns wie eine Mutter, tränkt uns wie eine Mutter; mittelst kommt ein läppisch Kind, oder kindischer Lapp und Tidltapp, schreit, weint, bitt, begehrt, ruft und seufzt[188] um die Gesundheit, Gott aber der weigert ihm dies Begehren, erhört seine Stimm nicht, er mag schreien, wie Jonas im Wallfisch, dessen Stimm gar bis in Himmel gehört worden, wau, wau, es beißt, sondern gib ihm anstatt der Gesundheit dieses scharfen Messers eine Feigen, eine gute Ohrfeigen, schlagt ihn mit einem Zustand, dann er siehet seiner göttlichen Allwissenheit vor, wann er sollte des Supplikanten Bitt erhören, den krummen Weg des Verderbens würde gehen; derentwegen kann ein solcher kranker und mißlsüchtiger Mensch von sich selbst sagen, was die zwei Schwestern Martha und Magdalena von ihrem Bruder ausgesprochen: Ecce, quem amas infirmatur, »Herr siehe, den du lieb hast, der liegt krank

Wie der Heiland der Welt von der zartesten Jungfrau Maria, mit Frohlockung der Engel, mit Zittern der Teufel, mit Trost der Menschen, mit Jubel des Himmels, mit Freuden der Erde, geboren, wie diese Sonn aufgangen, wie dieser Gnadenthau gefallen in Mitte des Winters, wie diese Liebsflammen ausgebrochen in Mitte der Kälte, wie Gott hinter der Wand der Menschheit das erstemal sich sehen lassen, wie Gott seine Unmäßigkeit in ein Spann langes Kindel eingeschränkt, wie der allerreichiste Gott zu Bethlehem auf Bettelart geboren, wo ist er das erstemal zu finden gewest? wo? sagt her, ihr wachtsamen Schafhirten auf den bethlehemitischen Feldern? wo? in praesepio, beim Krippel, ja im Krippel. Gut, gut, ein armer, kranker und presthafter Mensch, dessen fast alle Glieder mit besondern Krankheiten behaft seynd, ist[189] ein lauteres Krippel, aber glaub du mir, daß bei diesem Krippel Gott gefunden wird, er ist fromm und andächtig, er lebt in der Geduld und Gottesfurcht, er betracht das Obere und das Ewige, er acht sich nit viel des zeitlichen Gespäß, er ist darum sanctus, weil er nit sanus ist; wann er aber frisch und gesund wär, so wär er er ein Bruder und Luder, wie andere, ein Saufer und Raufer, wie andere, wär ein Schuler und Buhler, wie andere, wär ein Schlemmer und Demmer, wie andere, wär ein Presser und Fresser, wie andere, wär ein Penzer und Schlenzer, wie andere, wär ein Klauber und Rauber, wie andere, wär ein Fetter und Fretter, wie andere, und viel ärger; weil er aber krank am Leib, so ist er gesund an der Seel, weil er einen Zustand in Gliedern, so hat er einen Wohlstand im Gewissen. Ist also kein Wunder mehr, daß Gott sein Gebet nit erhört, wann er schreit und ruft um die Gesundheit, wau, wau, es beißt, da ist Gott gnädig, wann er ungnädig ist, da gibt Gott viel, wann er dieß nit gibt.

Der h. Leo schreibt, daß eine Frau zu Amsterdam immerdar krank, und meistens liegerhaft war, welche dann unaufhörlich geseufzt nach der Gesundheit, und derenthalben sich verlobt zu dem allerheiligisten Sakrament, welches in selbiger Stadt sehr miraculos, auch, in Abwesenheit ihres Manns, sich tragen lassen in die Kirche zum Altar, wo sie so inbrünstig um die Gesundheit gebeten, daß sie endlich von Gott dem Allmächtigen erhört worden, auch frisch und gesund, nit ohne sonders Frohlocken nach Haus, und folgsam zu ihrem Mann geloffen; o guldener Mann, sprach[190] sie, siehe, Gott hat mich von meiner so langwierigen Krankheit frisch und gesund gemacht, Gott sey Dank, Lob, Ehr und Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit, Gott sey gebenedeit und gelobt zu tausend und tausend und hundert tausendmal, daß er mich erhört hat, jetzt, mein Mann, kann ich mit dir stehen und gehen, wie du willst, wo du willst, wann du willst, wohin du willst. Der Mann erfreute sich nit wenig hierüber, allein thät er die Sach etwas reifer bei sich erwägen, und fragt endlich, mein Weib, hör mich ein wenig, hast du aber Gott den Allmächtigen gebeten um die Gesundheit mit diesem Beding, sofern es deiner Seligkeit nit soll verhinderlich seyn? nein, sagte sie, mein Mann, das hab ich weiter nit hierzu gesetzt; so gehe dann hin, schafft er, und bitte unsern Herrn also. Die folgt, geht, bitt, mein Herr, ich hab es schändlich vergessen, ich hätt dich sollen anrufen um die Gesundheit, jedoch daß es meinem Seelenheil nicht schädlich sey; kaum aber, daß sie solche Wort ausgesprochen, ist sie wieder an Händ und Füß erkrummt, woraus leicht abzunehmen war, daß ihr die Gesundheit sehr schädlich wär gewest, und der allmächtige Gott vorgesehen hat, daß sie mit gesundem Leib hätte viel Sünden begangen, wäre stolz und hoffärtig in Kleidern aufgezogen, und allen Uebermuth gezeigt hätte, dahero Gott ihr solches Messer wieder aus den Händen gerissen, wau, wau, hats geheißen, es beißt.

Bittet, so wird euch gegeben, klopfet, so wird euch aufgethan, schreit, so werdet ihr erhört; das Gebet tritt kecker ein bei Gott, als der arimathäische Joseph bei Pilato; das Gebet dringt stärker durch die[191] Wolken zu Gott, als das blutflüßige Weib durch das Volk zu Christo; das Gebet findet ehender der Hacken einen Stiel, als der Elisäus dem Eisen; das Gebet ist mächtig und allmächtig, wie kommts dann, daß diese nit erhört wird? sie verlobt sich auf alle Kirchfahrten, sie besucht alle Kapellen, sie ziert alle Altär, sie nimmt zu Vorsprecher alle Heilige, und bitt um einen Erben, kann aber gleichwohl nichts erhalten. Gott sey's geklagt, bin ich doch armseliger, als der Feigenbaum auf dem Weg, den unser lieber Herr wegen der Unfruchtbarkeit exkommunizirt hat! wau, wau, sagt Gott, es beißt.

Unser Herr ist wie ein Medikus oder Arzt, wann ein Kranker im Bett liegt voller Hitz, und lauft ihm der Puls, wie ein Has' bergauf, die Zung ist ihm so trucken, wie der Paß durchs rothe Meer, das Geblüt ist ihm erhitzt, wie die Zeit in Hundstägen, er bitt und bitt nur, nur um ein einiges Gläsel Wein; es kann nit seyn, sagt der Medikus, bei Leib nit, ein gesottenes Wasser dafür; o das ist wohl abgeschmack, spricht der Patient, er bitt und bitt um einen Trunk Bier; es soll nit seyn, sagt der Medikus, das gar nit, ein gesottenes Wasser dafür; o das mag ich nicht, spricht der Kranke. Auf gleichem Schwung und Art macht es der allmächtige Gott, diese bittet ihn, bittet ihn mit aufgehebten Händen, bittet ihn mit gebogenen Knien, bittet ihn mit weinenden Augen, bittet ihn einig und alleinig um einen Erben, und Gott erhört ihre Bitt nit, schlagt ihr alles rund ab, weil er siehet, daß es ihr höchst schädlich wäre. Der David hat mit allen seinen Weibern[192] Kinder erzogen, allein mit der Michol nicht, mit der Tochter des Königs Saul nit, und darum, diese war gar eine stolze und übermüthige Frau, wie man es sattsam hat können abnehmen; da sie ihren Herrn und König ausgelacht, und für einen Narren gehalten, als er vor der Arche des Herrn getanzt hat, dessenthalben hat ihr Gott auch auf vieles Bitten und Beten keine Kinder geben, weil er hat vorgesehen, daß sie solche in allen Untugenden würde auferziehen.

Es melden sich zwei Supplikanten bei Gott an, unter denen wohl ein großer Unterschied, einer heißt Paulus, der andere heißt Teufel, was ist das nit für ein Unterschied? Paulus ein Bekehrer, der Teufel ein Verkehrer, Paulus ein Führer, der Teufel ein Verführer, Paulus ein Engel, der Teufel ein Bengel, Paulus ein Schutzherr, der Teufel ein Schmutzherr, Paulus ein Hüter, der Teufel ein Heuter, Paulus eine Fackel, der Teufel eine Mackel, Paulus ein Schatz, der Teufel ein Fratz, Paulus ein Posaunenklang, der Teufel eine böse Schlang, Paulus ein Apostel, der Teufel ein Apostata, Paulus ein Lämmel, der Teufel ein Trämmel, Paulus ein Rösel, der Teufel ein Esel, Paulus gebenedeit, der Teufel vermaledeit, und dannoch, und dannoch hat Gott die Bitt des Teufels erhört, und die Bitt des Pauli nit erhört, wie der Satan begehrt von Christo, in die Heerd Schwein mit den Seinigen zu fahren, fiat, das hat er erhalten; wie Paulus gebeten, und öfter als einmal, daß ihn doch Gott möcht befreien von dem Geist der Versuchung, und hat es nit erhalten, so hör ich wohl[193] kann der Teufel besser beten, als Paulus? das nit, sondern die Abschlagung der Bitt ist dem Paulo über alle Massen nutzlich gewest, dann so ihm Gott hätte den Geist der Versuchung hinweg genommen, alsdann hätte er sich übernommen, und wäre in eine eitle Ehr gerathen; Exauditus est Daemon ad damnationem, non exauditus est Paulus ad saluationem. S.P. Augustin.

Ein Burger ist zu Alexandria gewest, welcher den heiligen Erzbischof Joannem inständig ersucht, er wolle doch für seinen Sohn bitten, damit er möge durch Gottes Hilfe wieder frisch und gesund zu Land seglen; gut, der Mann betet Tag und Nacht, und nachdem er lang gebeten, da kommt die Nachricht, der Sohn sey vor einer halben Stund ersoffen; der Vater wollte schier über eine so traurige Zeitung ihm selbst das Leben nehmen, und klagte nicht wenig, wie daß Gott doch so wunderlich sey, und sogar auch das Gebet eines Heiligen nicht erhöre, worauf aber der heilige Erzbischof die Antwort geben: dein Sohn, sprach er, ist ein Kind der Seligkeit, sofern er aber länger hätte gelebt, wäre er Sünden halber in das ewige Verderben gerathen. Geschieht also gar oft, daß Gott dir und mir eine Bitt abschlagt aus Barmherzigkeit, die er sonst aus gerechtem Zorn erhören thät.

Oro heißt auf Lateinisch: ich bete, und oro heißt auf Wälsch ein Gold, und sonst in der Wahrheit ist das Gebet, wie das Geld oder Gold, bete, fangt von dem Buchstaben an G G, und bete nach Laut dieses Buchstaben, G G machen große Wunder,[194] und wirken große Wunder, ja man kann nichts stärkeres finden, als das Gebet, zumal mit demselben der heilige Gregorius Thaumaturgus gar einen großen Berg von einer Seite zu der andern geschoben. Das Gebet ist mächtig und allmächtig, und gleichwohl wird mancher nit erhört, der um Gut und Habschaften bittet, ja zuweil das Vater unser also betet: »Vater unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein Nam, zukommeunsdeinReichthum;« ja es betet manche alleweil, es betet immerdar, es betet unaufhörlich, sie ruft für einen Vorsprecher an den heiligen Christoph, der tragt unsern Herrn auf der Achsel, den heiligen Antonium Paduanum, der tragt unsern Herrn auf einem Buch, den heiligen Joseph, der führt unsern Herrn an der Hand, die heilige Gertraud, die tragt unsern Herrn im Herzen, sie bitt und bitt, daß ihr Mann doch möcht ein bessers und einträglicheres Amt und Dienst bekommen etc., und erhalt dannoch nichts, gar nichts, warum? wau, wau, sagt Gott, das Ding beißt.

Gott der Allmächtige ist wie ein Baum, wann dieser noch unzeitige Früchte tragt, so man ihn schon schüttlet, so laßt er die Aepfel oder Birn so leicht nicht herunter fallen, und thut er gar weislich hierin, dann er gedenkt, das unzeitige Obst ist nicht gesund, ja sehr schädlich. Gott wird von dieser N. auf alle Weis', durch alle Weis' ersucht, gebeten, geplagt, er soll doch ihrem Mann weiter hinauf helfen, und ihm, wie jenem Gast bei der Mahlzeit, mit dem ascende superius gnädig seyn, kann aber gleichwohl nichts erbitten, dann Gott sieht, daß solches ihren Seelen[195] werde schädlich fallen; der heil. Hieronymus schreibt in Regul. Mon., daß ein junger Mönch zu einem alten heiligen Vater kommen um einen heilsamen Rath, ob er soll ein Bisthum annehmen; der gute alte Tättl schafft ihm, er soll sich auf den Tisch legen, und etlichmal hin und her walzen, der vollzieht diesen Befehl; nachmals sagt ihm der Alte, er soll sich gleichfalls also auf der Erd hin und her walzen, das thut er auch; endlich fragt ihn der heilige Vater, wo er sicherer gewest sey? auf der Erd (antwort der andere), dann auf dem Tisch, bekennte er, wär ich bei einem Haar hinunter gefallen, und der Nase eine Ader gelassen; also auch, setzt hinwieder der Alte, ist viel leichter und sicherer, in einem niedern Stand selig zu werden, als in einem hohen. Wie dann solcher Geistliche nach dem Tod dem Alten noch erschienen, und bekennt hat, scito Pater, quia nunc essem de numero damnatorum, si fuissem de numero Episcoporum, wisse, mein heiliger Vater, daß ich jetzo wäre verdammt, so ich wär kommen zu diesem Amt. Gott erhört darum ihr Gebet nit, weil er, vermög seiner Allwissenheit, wohl weiß, daß es ihm und ihr eine Gelegenheit wär zur ewigen Verdammnuß, er sieht vor, daß er würde bei solchem Amt schädliche Partiten einbrocken, er sieht vor, daß sie würde in Uebermuth und Kleiderpracht wachsen; dann jetzt die Weiber beschaffen seynd, wie des egyptischen Königs Pharao seine Zauberer, von welchen gnugsam bekannt ist, daß sie dem Mosi und Aaron sehr viel nach gethan, der Aaron schlagt mit der Wunderruthe in das Wasser, und verkehrt alles Wasser in pures[196] Blut. Dieses Element ist gar blutroth worden, und hat sich geschamt, daß der Pharao Gott dem Herrn nit den Gehorsam geleist hat; des Königs Zauberer und Teufels-Künstler seynd gleich da gewest, welche mit ihrem fix fax, halli malli, pambra dambra, auch nach gethan, und das pure Wasser in Blut verkehrt; viel Lehrer wissen nicht, woher die Zauberer dieses Wasser genommen, zumal Aaron vorhero alles Wasser in Flüssen, Brunnen in Bächen, zu Blut gemacht? etliche seynd der Aussag, als haben sie von freien Stucken frische Brünn graben, andere seynd der Meinung, als habe ihnen der böse Feind, durch dessen Beihilf sie diese Künste getrieben, solches Wasser anderwärts hero gebracht. Sey ihm, wie ihm wolle, was der Aaron gethan, das haben die Zauberer viel müssen nachmachen, der Aaron Wasser in Blut, die Zauberer auch Wasser in Blut. Dergleichen siehet man noch heutiges Tags gar oft und viel, tragt eine einen schönen neuen Zeug, so thuts die andere nach, tragt eine neue Modispitz, so thuts die andere nach, und will ihre Ehr auch auf den Spitz setzen; tragt eine einen neuen geblümten Procat, so thuts die andere nach, und will auch, daß auf ihrem Mistbettel sollen Blumen wachsen. Der Mantel des Eliä ist mit einem doppelten Geist gefüttert gewest, unter dem Weiberkleid steckt noch ein höherer Geist, der gute Mann muß allerlei, auch ungerechte Regalien, suchen, damit er nur der Regerl ihre Hoffart versehe etc., jetzt weißt du, warum du Gott so vielfältig, so mannigfältig, so tausendfältig gebeten, er woll dir eine Leiter, wie dem Jakob halten, damit[197] du könntest höher steigen, und bist gleichwohl nie erhört worden, da sich doch ein Felsen von dem Mosi hat lassen erweichen, er siehet vor, daß es bei dir nit anderst würde gehen, so er deine Bitt thäte gewähr machen; wir beten gar oft, wie der König Midas, welcher, nach Aussag der Poeten, bei den Göttern inständig angehalten, und um aller Elementen Will gebeten um die einige Gnad, das, was er möchte anrühren, alles zu Gold würde; Midas wird erhört, aber zu seinem höchsten Nachtheil und Schaden, welches er zu spat bereuet, als er seine thorrechte Bitt erkennt, dann was er angerühret, war augenblicklich in pures Gold verwandlet, Hut und Kappen, Strümpf und Schuh, Stühl und Bänk, das wär aber noch hingangen, aber wie auch die Speisen, ein jedes Brod, Stuck Fleisch, und eine Bratwurst zu Gold worden, ja er konnte sogar nit die Nasen schneizen, hat er wollen, daß solche nit in einen Gold-Klotzen verkehrt werde, wessenthalben er nothwendig hat müssen vor Hunger sterben; wir bitten auch gar oft, schreien zu Gott, seufzen gen Himmel um die Gesundheit, um Reich thum, um Ehr etc., unterdessen ist dieses uns zum höchsten Verderben. Wann Absalon nit wäre schön gewest, so wär er niemal im Hochmuth also gewachsen; wann Nabuchodonosor nicht wäre reich gewest, so wäre er niemal in solchen Uebermuth gerathen; wann David nicht wäre gesund gewest, so hätt er niemal den Ehebruch begangen; ist also das zeitliche Glück gar oft ein Riegel, welcher uns den Himmel versperrt, kann also mancher beten und bitten:
[198]

Gott Vater vom Himmel, erbarm dich nit unser.

Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarm dich nit unser.

Gott heiliger Geist, erbarm dich nit unser.

Heiligste Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarm dich nit unser.

Heilige Gottesgebärerin, bitt Gott nit für uns.


Wann wir etwas werden bitten, um etwas schreien, etwas suchen, was unserer Seel soll schädlich seyn, sondern o Gott! du willst uns das Zeitliche also geben, daß wir dadurch das Ewige nit verlieren.

Oremus, laßt uns beten den heiligen Rosenkranz! Habt ihr Bäume, nach laut göttlicher Schrift, können einen Reichstag ausschreiben, und seyd zusammen kommen, du hochmüthiger Cederbaum, du sanftmüthiger Oelbaum, du hartnäckiger Nußbaum, du prahlender Palmbaum, du gelbzipfeter Citronibaum, du scharfer Birkenbaum, du grober Eichbaum, du fauler Nespelbaum, du fruchtbarer Kerschenbaum, du geiler Feigenbaum, du nasenwitziger Maulbeerbaum, du spitzfindiger Kestenbaum, du verführlicher Aepfelbaum, du gleisnerischer Pfersichbaum, du melancholischer Kittenbaum, du ehrsüchtiger Lorbeerbaum, du furchtsamer Espenbaum, du heiklicher Lindenbaum, du verleffelter Buchsbaum, du schmarotzischer Tannenbaum, ihr alle insgesamt, vom groben und subtilen Holz, habt ihr können einen König aus euch erwählen: Ierunt ligna, ut ungerent super se Regem. Warum nit auch die schönen Blumen, dieses edelste Gewächs des Erdbodens, warum sollen diese nicht ebenfalls auch einen Reichstag halten, und einen König unter ihnen[199] erwählen? Wohlan dann ihr edlen Blumen, ihr schönen Blumen, ihr rothen Blumen, ihr blauen Blumen, ihr weißen Blumen, ihr gelben Blumen, ihr vielfärbigen Blumen, ihr hohen Blumen, ihr niederen Blumen, ihr Gartenblumen, ihr Feldblumen, wohlan, sagt eure Meinung, gebt eure Stimm, fällt euer Urthel, wer soll unter euch König seyn? wer? Dich Schlüsselblum befrage ich im Anfang, weil du die erste im Frühling, und von den Lateinern primula veris genennt wirst, wem gibst du deine Stimm? ich, antwortet diese, erwähle die Rose. O wie recht, durch die Schlüssel-Blum wird verstanden der päpstliche Stuhl, dem die Schlüssel des Himmels eingehändiget worden.

Wie der gebenedeite Jesus gefangen worden in dem Garten, haben sich zwei Wunder ereignet; das erste: als sie den Heiland befragt, wen sie suchen? Jesum von Nazareth, worauf er bekennt, ego sum, ich bins; kaum daß er diese zwei Wort ausgesprochen, seynd die Soldaten, Schörgen, Henkersknecht und Lottersgesind, deren etlich 100 an der Zahl, alle und allsamt zu Boden gefallen, als hätte sie ein gäher Donnerkeul getroffen; die heiligen Lehrer wollen, daß derentwegen diese losen Bursch seyen also niedergeplatscht, weil ihnen dazumal der Herr Jesus das erschreckliche Gesicht hat gezeigt, welches er einmal am jüngsten Tag zeigen wird allen Verdammten. O Gott! das andere Wunder war nicht weniger, wie Petrus aus allen die Guraschi gefaßt, und ganz alleinig wider ein so großes Volk vom Leder gezogen, dem Malcho ein Ohr abgehaut, hat er nit allein dessenthalben[200] kein Lob darvon getragen, wie er etwann verhofft, sondern gar einen Verweis bekommen, und hat der Herr Jesus alsobald durch ein Wunderwerk das Ohr wieder angeheilet; es ist wohl zu glauben, wann Petrus einen andern hätte zwischen die Ohren gehaut, daß unser lieber Herr etwann nit viel gesagt hätte, aber dem Malcho wollt er nichts Böses lassen widerfahren, erat servus summi Pontificis, weil er ein Bedienter des Hohenpriesters, wodurch der Heiland wollte sattsam lehren und andeuten, wie man den Hohenpriester verehren solle. Dieser Hohepriester war eine Figur des römischen Papstes, welcher dann auch Summus Pontifex genennt wird, welcher in allweg als ein wahrer Vicari und Statthalter Christi soll verehrt, und was er befiehlt und ausspricht, für heilig und heilsam gehalten werden. Was hat aber dieser sichtbare Vice-Gott und Haupt der christlichen Kirche von dem h. Rosenkranz ausgesprochen? Antwort, samt dem römischen Papst Honorio dem Dritten, welcher den Orden des h. Dominici vollmächtigst bestätiget und eingesetzt, werden gezählt 66 römische Päpst, benanntlich: Gregorius 9, Cälestinus 4, Innocentius 4, Alexander 4, Urbanus 4, Clemens 4, Gregorius 10, Innocentius 5, Hadrianus 5, Joannes 20, Nicolaus 3, Martinus 2, Honorius 4, Nicolaus 4, Cälestinus 5, Bonifacius 8, Benedictus 11, Clemens 5, Joannes 21, Benedictus 12, Clemens 6, Innocentius 6, Urbanus 5, Gregorius 11, Urbanus 6, Bonifacius 9, Innocentius 7, Gregorius 12, Alexander 5, Joannes 22, Martinus 3, Eugenius 4, Nicolaus 5, Callistus 3, Pius 2, Paulus 2, Sixtus[201] 4, Innocentius 8, Alexander 6, Pius 3, Julius 2, Leo 10, Hadrianus 6, Clemens 7, Paulus 3, Julius 3, Marcellus 2, Paulus 4, Pius 4, Pius 5, Gregorius 13, Sixtus 5, Gregorius 14, Innocentius 9, Clemens 8, Leo 11, Paulus 5, Gregorius 15, Urbanus 8, Innocentius 10, Alexander 7, Clemens 9, Clemens 10, und der annoch regierende, heiligste und preiswürdigste Vater der Christenheit, Innocentius der 11, alle diese haben den heiligen Rosenkranz für einen Schatz der Kirche, für einen Schutz der Menschen, für eine Schanz der ganzen Christenheit gehalten, auch viele aus ihnen den h. Rosenkranz mit schönsten Preisnamen und stattlichen Ehrentiteln schriftlich erhoben. Daß zwar David habe gehabt eine Schlinge, mit der er den Goliath überwunden, nicht weniger sey uns der h. Rosenkranz eine Schlinge, mit welcher wir wider den höllischen Goliath victorisiren; daß zwar die Israeliter haben genossen ein Manna, in dem sie alles gefunden und empfunden, nicht weniger sey uns der h. Rosenkranz ein Manna, in dem wir alles, in allem, für alles finden; daß zwar Jesus Christus mit wenig Strickel eine große Anzahl der wucherischen Rabbiner aus dem Tempel gejagt, nicht weniger sey der h. Rosenkranz uns eine Geißel, vor der sich alle höllischen Larven förchten, ja es ist dem h. Papst Pio dem V. von dem Allmächtigen offenbart worden, die ansehnliche Victori, so unsere christliche Armada wider den Erbfeind Anno 1571 erhalten, als dazumal über die dreißig tausend der ottomannischen Erbfeind geblieben. Wem gibst du die Stimm, du schöne Königs-Kron? diese Blum wird von den[202] Lateinern genennt Corona Imperialis oder Lilium Imperiale; ich, sagt diese, gib meine Stimm der schönen Rose, Impera nobis, durch diese Blum werden verstanden die gekrönten König und Monarchen, welche ebenfalls mit größtem Nutzen den h. Rosenkranz verehren.

Im 3. Buch der Königinn Cap. 10 wird mit allen Umständen ganz ausführlich beschrieben der prächtige Thron des Königs Salomon, dergleichen Werk in der ganzen Welt, in allen Königreichen niemal gesehen worden. Der Thron war von dem edlesten Helfenbein, und mit lauter purem Gold überzogen, auf diesem Thron sah man 6 Staffeln, worauf beederseits 6 Löwen vom reinsten Gold stunden, und welches ja wunderlich, auf einer Seite waren zwei Händ, auch von Gold, diese hielten das Kiß oder Sitz des Thrones. O wie recht! ihr König und gekrönte Monarchen sollt wissen, daß euere Kron und Thron nit besser kann erhalten werden, als durch die zwei Händ, eine Hand ist, welche den Degen führt, die andere Hand ist, welche den h. Rosenkranz haltet, das ist wohl eine guldene Hand. Vespasianus, Domitianus, Trajanus, Adrianus, Gordianus, Valentinianus, Aurelianus, Florianus, Numerianus, Diocletianus, Maximinianus, Julianus, Jovinianus, Martianus etc., römische Kaiser, haben zwar in einer Hand den Degen getragen, aber weil ihnen die andere Hand abgangen mit dem Rosenkranz, also hat ihre Kron müssen fallen, ihr Glück müssen wurmstichig werden, und ihre Majestät müssen spöttlich zu Boden sinken, hinken und stinken; wann aber da der Degen und der[203] Segen, da die Lanz und da der Rosenkranz, da die Kanonen und da die Canones, da das Salve und da das Ave Maria, da die Schanz und da der Rosenkranz, erhalten dem König seine Substanz. Das hat betracht Friedericus der Dritte, römischer Kaiser, wie die Stadt Cöln Anno 1475 von den gefährlichen Kriegs-Empörungen wunderbarlich durch den heiligen Rosenkranz ist erlöst worden, hat dieser Kaiser eine sehr schöne Procession mit 4 Churfürsten angestellt in die Dominikaner- oder Predigerkirche allda, und mit höchster Auferbaulichkeit den h. Rosenkranz gebetet, auch sich in die Erzbruderschaft einverleibt, mit dem kräftigen Vorhaben, hinfüran wider seine Feind, sowohl die Globos als auch Globulos zu brauchen; dem ist mit höchstem Trost und Nutzen nachgefolgt Ferdinandus der Erste, der Anderte, der Dritte, der Vierte; dem ist nachgefolgt der annoch höchst regierende römische Kaiser Leopoldus, welcher in währender Belagerung der Hauptstadt Wien von dem ottomannischen Erbfeind, nit allein alle gehörige Anstalt gemacht zu einer. Gegenwehr, sondern auch seine Armee unter den Schutz der übergebenedeiten Mutter Gottes zu Passau eiferigst befohlen, und wer weiß, ob ihm nicht schon dazumal sein marianisches Herz zu Passau den Paß über die Sau nach Griechischweissenburg hatte prophezeiht.

Wem gibst du deine Stimm, du schönes Blümel Tag und Nacht? diese Blum wird genennt von den Lateinern Parietaria; ich, sagt diese, gib meine Stimm der schönen Rosen, Impera nobis. Durch diese Blum werden angedeut die Geistlichen und Religiosen beedes Geschlechts, als die Tag und Nacht[204] im Chor Gott loben und preisen, diese verehren forderst den h. Rosenkranz.

Dem großen Patriarchen Abraham kommt von Gott ein scharfes Dekret, er solle und wolle, wolle und solle unverzüglich seinen Sohn, den einigen, den liebsten, ihm aufopfern auf dem Berg Moria; dieser Berg hätt dem heiligen Patriarchen wohl sollen seyn ein Jammerthal, aber gleichwohl hat er sich alsobald dem Willen Gottes ergeben, so sey's, sagte er, es ist billig, daß ein Geschöpf seinem Erschöpfer soll einen willfährigen Gehorsam leisten, nimmt demnach den Sohn mit sich auf benannten Berg, und als er bereits den Säbel gezuckt, Willens, den Kopf in einem Streich dem Isaak herunter zu hauen, damit also der Kopf ein Hauptopfer würde, da ist ihm ein Engel in die Hand gefallen, mit dem ernstlichen Befehl, er soll nit darein schlagen, sondern anstatt seiner den Widder aufopfern, so hinter seiner in der Hecke hange, worauf der eifrige Mann Gottes wieder eingesteckt, und gedachten Widder dem Allmächtigen mit fröhlichem Herzen geschlachtet; daß diese Dornstaude habe zugleich auch Rosen gehabt, ist wohl zu glauben, ist also der Widder nit allein unter den Dörnern gewest, sondern auch unter den Rosen. Dieser Widder ist eine Figur gewest aller Geistlichen und Religiosen, als welche auch ein Opfer Gottes seynd unter den Dörnern der strengen Observanz und steter Kasteiungen, es seynd aber auch diese zugleich unter den Rosen, zumal kein einiger Orden, der den heiligen Rosenkranz nie liebet, dann von der Zeit an, da der h. Dominicus über die hundert tausend Ketzer durch den h. Rosenkranz[205] bekehrt hat, da sich alle Glocken zu Tolosa von freien Stucken selbst geläutet haben, wie er das erstemal den h. Rosenkranz geprediget; von derselben Zeit an, da der selige Alanus nit hat können genug aufzeichnen und schreiben nur die Wunder, welche durch den h. Rosenkranz seynd gewirkt worden, hat diese marianische Andacht bei allen Geistlichen dergestalten zugenommen, daß nit ein einiger Orden ist, welcher nit ein oder das andere Wunderwerk zählet, so da seine Ordensleut durch den h. Rosenkranz gewirkt hätten; und weil deren fast alle Bücher gedenken, scheinet unnöthig, selbige beizufügen. Der berühmte Liebhaber Mariä, Antonius de Probes, St. Francisci-Ordens, hat es wohl angriffen, als dieser aus Gehorsam nach der Stadt Vicenz gereist, unterwegs aber ein so unerhörtes Wetter entstanden, daß der häufige Platzregen fast dem ganzen Land und Gegend daselbst den Untergang gedrohet, er aber, der gottselige Mann, unter dem freien Himmel sich befunden; damit er aber gleichwohl ein Dach habe, und nit also in das Bad komme, hat er seinen hölzernen Rosenkranz auf den Kopf gelegt, zugleich sich der übergebenedeiten Mutter Gottes befohlen, wodurch dann geschehen ist, daß er in Mitte des Platzregens von allem Wasser befreit, und nicht von einem einigen Tropfen berührt worden.

Wem gibst du deine Stimm, du schöne Ringelblum? diese Blum wird von den Lateinern genennt Caltha oder Calendula etc.; ich, sagt diese, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen, Impera nobis etc., durch diese Blum können verstanden werden die Eheleut, massen der Ring ein[206] Sinnbild ist des Ehestands, welche noch allemal handgreiflich erfahren, was Nutz und Schutz ihnen der heil. Rosenkranz gebracht habe.

Bekannt ist jene Geschicht, von welcher die h. Schrift im Buch Josue registriret; dieser berühmte Kriegsfürst wollte mit aller Gewalt die feste Stadt Jericho einnehmen, schickte aber zuvor 2 wohlerfahrne Männer aus, welche gedachten Ort wohl und genau sollen besichtigen und ausspähen; nachdem aber solches der König dieser Stadt in Erfahrenheit gebracht hat, schaffte er alsobald ernstlich, man solle besagte Männer aufsuchen, dann sie sollen unfehlbar des Tods seyn; die armen Tropfen reterirten sich hierüber unverzüglich in das Haus der Rahab, welche zwar ein Weib war eines gar schlechten Wandels, ja eine öffentliche Madam etc., gleichwohl aber zeigte sie den guten Leuten alle Lieb, und verbarg sie, verhüllte sie, verdeckte sie, vertuschte sie dergestalten, daß sie nit ertappt, noch gefunden, sondern beim Leben erhalten worden; solche Gutthat mußte ja vergolten werden, dahero ihr befohlen worden, sie solle ein rothes Strickel vom Fenster herab hängen, zum Zeichen der Salva Quardia, worauf der ganzen Armee ernstlich vorgetragen worden, sie sollen nach Eroberung der Stadt bei Leib und großer Straf demjenigen Haus kein Leid anthun, allwo sie werden sehen ein rothes Strickel vom Fenster herab hangen. Wie nun nachgehends die Stadt Jericho eingenommen, und alles von des Josue seinen Soldaten verbrennt, versengt, verhergt, verzehrt worden, ist allein unverletzt geblieben das Haus der Rahab, wo dieses Strickel herunter gehangen.[207]

Wie oft ist der Ehestand ein solches Jericho, wo alles über und über gehet, wie oft ist der Ehestand ein Garten, wo nichts anders wachst, als Trübnuß; wie oft ist der Ehestand ein Jubelier-Laden, wo nichts anders seynd, als Schlaguhren; wie oft ist der Ehestand ein Tisch, worauf man nichts anders setzt, als Krüg und Flaschen; wie oft ist der Ehestand eine Mahlzeit, wo man mit nichts anders traktirt, als mit Gestössens; wie oft ist der Ehestand ein Ofen, wo man mit nichts anders einheizt, als mit Prügel; wie oft ist der Ehestand eine Karten, wo man nichts anders spielt, als Bastoni; wie oft ist der Ehestand eine Erzgrube, woraus man nichts anders grabt, als Zank-Eisen, wie oft ist der Ehestand ein ABC, worin der größte Buchstab das W; wie oft ist der Ehestand ein Spital, worin die größte Sucht die Eifer-Sucht; wie oft ist der Ehestand ein Himmel, worin nichts anders gesehen wird, als Unstern; wie oft ist der Ehestand eine Jagd, allwo man zum öftesten fangt die Elend-Thier; wie oft ist der Ehestand eine Prozession, wo allzeit das Kreuz voran geht; wie oft ist der Ehestand ein Tempel, worin nur St. Nothburga und nicht St. Felicitas verehret wird; wie oft ist der Ehestand ein Wald, in welchem alles Holz wachst, außer der Segenbaum nit; wie oft ist der Ehestand ein Ort, ein Jericho, wo alles über und über geht, aber allein dasjenige Haus ist frei, in dasjenige Haus darf weder Feindschaft noch Unglück einfallen, wo das rothe Strickel herunter hangt, wo der h. Rosenkranz unter den Eheleuten fleißig gebetet wird. Zu Barcelona in Spanien[208] wird man in der Kirche der PP. Dominikaner bei dem Rosenkranz-Altar einen scharfen Dolch sehen hangen, fragst du dessen die Ursach, so wird man dir umständig erzählen, wie daß allda ein Mann von der Eifersucht dahin getrieben, sein Weib mit einem scharfen Dolch hat wollen er morden, und als er bereits den Stich gethan auf die Brust, die unschuldige Tröpfinn aber um Hülf angeruft die Königinn des h. Rosenkranz, den sie mehrmal eifrigst gebetet, sodann hat sich der scharfe Dolch also zusammen gebogen, als wär er zu einem linden Wachs worden, welches eine Ursach geben, daß sie nachmals in größter Einigkeit gelebt. Auf der ersten Hochzeit zu Cana Galliläa ist schon ein Mangel bei diesen neuangehenden Eheleuten gewest, nemlich der Mangel des Weins; o wie oft ist in einem Ehestand nit allein dieser Mangel, sondern ein Mangel der Einigkeit, ein Mangel des Segens, ein Mangel des Glücks, ein Mangel der Kinder, ein Mangel der Lebensmittel etc. Gleichwie nun die seligste Mutter Gottes den Mangel des Weins ersetzt hat auf der Hochzeit zu Cana, mit ihrer Vorbitt, also ersetzt sie noch alle Mängel im Ehestand, dafern ihr nur, liebe Eheleut, diese Himmelsköniginn verehrt mit dem Rosenkranz.

Wem gibst du deine Stimm, du schöner Wildling? diese Blum wird von den Lateinern genennt Volubilis oder funis arborum; ich, sagt diese, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen, durch diese Blum können gar füglich verstanden werden die armen Wittiben, massen diese Blum sich hin und her wind, und sucht, wo sie etwann eine Staude[209] oder einen Baum kann finden, woran sie sich erhalt, damit sie nicht auf der Erd bleibe, und gar mit Füßen getreten werde, wohl ein rechtes Sinnbild und Ebenbild einer Wittib; aber getröst, wann ihr vermeint, verlassen zu seyn von männiglich, und sich fast Niemand euerer annimmt, so wendt und windt euch um Rosenstauden, ihr Windling, verstehe den h. Rosenkranz, alsdann werdet ihr nit verlassen werden.

Gedenkt an jene Wittib, welche ganz armselig zu Sarepta wohnte; dahero, wie sie der Prophet Elias befragt, wie es ihr gehe? sagte sie, gar schlecht, dann sie gehe bereits um ein Holz, sodann woll sie ein Feuer aufmachen, ein Brod backen, und nachmals sterben. Diese Wittib ist hernach durch ein großes Wunderwerk erhalten worden.

Es ist zu glauben, daß diese drei Stuck haben bedeut den ganzen heil. Rosenkranz, massen das Holz weiß, das Feuer roth, das Brod gelb, fast die drei Farben des heiligsten Psalters haben vorgekündt; gewiß ist es doch, daß eine Wittib mit diesen drei Stucken nit kann verlassen werden. Liest man doch von der arragonischen Wittib Elisabeth, wo dieselbe einen schönen Tempel erbaut, daß sie den Tagwerkern und Bauleuten das erstemal, anstatt ihres Lohns, lauter Rosen in die Händ geben, welche Rosen aber in das schönste Gold verändert worden, in die schönsten guldenen Pfenning. Und geschieht wohl öfter, daß Rosen in Geld, will sagen, Rosenkränz in Geld-Mittel verkehrt werden. Also schreibt Joan. Bonifacius in Histor. von einer sehr armen Wittib, welche ein langes Recht führte mit einem sehr reichen Vogel,[210] weil sie aber nicht zu spendiren hatte, der Reiche entgegen dem Richter große Schmiralien zuschickte, also hat dieser gewissenlose Richter die Sentenz wider die arme Wittib gefällt, und hat sie müssen mit der langen Armuth das Kürzere ziehen. Indem sie nun keine Zuflucht bei den Menschen gefunden, hat sie ihr höchstes Vertrauen gesetzt in die allerseligste Himmels-Königinn Maria, als eine allgemeine Schützerinn und Schirmerinn der Wittib und Waisen, auch ihr einen Rosenkranz sehr andächtig aufgeopfert, worüber es sich hat zugetragen, daß, wie besagter Richter das ungerechte Urthel wider sie wollte ablesen, er dreimal nacheinander, wider seinen Willen und Jung, das Recht auf ihre Seite ausgesprochen, und den reichen Gesellen zur Abstattung aller Anforderung gezwungen.

Die Gärtner pflegen die kleinen Blumen-Zwiebel, so an und um den großen Zwiebel stehen, Kindl zu nennen, aus welchen nachmals auch schöne Blumen erwachsen; sagt dann an, meine Kindl, wem gebt ihr die Stimm? wir, antworten diese, geben unsere Stimm einhellig der schönen Rosen. O wie recht!

Durch solche Blumen-Kindl können gar wohl verstanden werden die Kinder und liebe Jugend, die man vor allem zu dem h. Rosenkranz erziehen soll. O wie schön wäre es, wenn Vater und Mutter das thäten, was der himmlische Vater bei Erschaffung der Welt gethan! den ersten Tag, als am Sonntag, hat er erschaffen Himmel und Erde; den Himmel, als einen Ort seiner göttlichen Residenz, welcher so groß, nach Aussag der Scribenten und Lehrer, daß, wann Gott die himmlische Wohnung sollte gleich austheilen[211] unter seine Auserwählten und Heiligen, so konnte einem jeden so viel eingeraumet werden, als da der ganze Erdboden groß ist, indem doch der Heiligen fast eine unzahlbare Anzahl, massen allein Martyrer und Blutzeugen in die 11 Millionen gezählt werden; so hoch aber ist dieser Himmel, daß ein Mensch inner acht tausend Jahren kaum dahin möcht gelangen, so er auch alle Tag hundert deutsche Meil verrichten thät.

Den andern Tag, als am Montag, hat der allmächtige Gott erschaffen das Firmament samt den andern Himmeln, deren, nach laut der Weltweisen, 10 seyn sollen; darein hat er unterschiedliche Stern und Gestirn und Planeten gesetzt; das Firmament aber ist so weit von dem Erdboden entfernt, daß, wann ein Mühlstein sollt von dannen herunter fallen, derselbe inner 92 Jahr nit würde die Erd erreichen, so er auch alle Stund 200 Meilen thät messen.

Den dritten Tag, als am Erchtag (Dienstag), hat der himmlische Vater erschaffen alle Bäume, Pflanzen und Kräuter, welche wegen dero Menge und Unterschied sehr zu verwundern seynd, gestalten in dem neuen Hispaniola Bäum angetroffen werden, so groß, daß die Leut darauf wohnen, und Hütten bauen, auch bisweilen auf einem Baum über die zwei hundert Personen gefunden werden.

Den vierten Tag, als am Mittwoch, hat Gott erschaffen Sonn, Mond etc., die Sonn im Zeichen des Widders, den Mond zum allerersten im Zeichen der Waag, dahero die Welt im Frühling soll erschaffen seyn. Die Sonn ist hundert und sechs und sechzigmal größer, als der Erdboden; in einer Meil lauft[212] und postirt sie zehenmal hundert tausend, hundert und vierzig tausend Meil, nach Aussag Clavii. Der Mond aber ist neun und dreißigmal kleiner als die Erd; die Stern aber, auch die winzigsten, seynd achtzehenmal größer, als die Erd.

Den fünften Tag, als am Pfingsttag oder Donnerstag, hat der Allmächtige erschaffen Fisch und Vögel, deren beede Geschlechter höchst zu verwundern seynd, dann Elianus bei dem Majolum vorgibt, daß in dem inländischen Meer so große Wallfisch angetroffen werden, daß zuweilen eine Grätte zwanzig Klafter lang, so dick aber, daß sie kaum drei Männer umfassen können, dahero ganze Häuser davon erbaut werden.

Den sechsten Tag, als am Freitag, hat der Allmächtige alle Thier auf Erden erschaffen, auch das Kunststuck, das Meisterstuck, das Hauptstuck, nemlich den Menschen, und wie er diesen aus einem Leimschrollen kreuzweis auf der Erde erschaffen, hat er ihm das Leben eingeblasen und einkaucht, inspiravit ei spiraculum vitae, es ist aber wohl zu merken, wann man pflegt zu keuchen, so sagt man nichts anders, als den Buchstaben H H. Also sollen die Eltern ihren Kindern vor allem andern einkauchen den Buchstaben H H, was bedeut aber dieser? schaut nur ein wenig in die Betbücher, daselbst in die Litanei der Heiligen, da werdet ihr vor einem jeden Namen den Buchstaben H finden, welches so viel heißt als Heilig; gleich vom Anfang, ihr Eltern, muß man die Kinder nit zu dem Zeitlichen und Irdischen, wie meistens pflegt leider zu geschehen, ziehen und gewöhnen,[213] sondern zu den heiligen Sachen, heiligen Andachten, unter welchen den Vorzug hat der heilige Rosenkranz; habt ihr dann nie gehört, was die h. Schrift sagt von der Thamar? als solche groß Leibs war mit zwei Knäbeln, welche zur Zeit der Niederkunft mit einander gestritten, und wollte ein jedes den Vorgang haben, endlich streckt der Zara sein Händel aus Mutterleib, dem alsobald die arge Hebamm ein rothes Bändel um den Arm gebunden, worauf er sich wiederum in Mutterleib retirirt, und ist nachmals der Phares, sein Bruder, zum ersten geboren; rathet nun, wer aus diesen ist vorgangen? wer hat das Glück und Majorat erhalten? etwann der Phares, weil er der Erstgeborne? o nein, sondern der Zara mit dem Bändel an der Hand. Also könnt ihr leicht errathen, welches Kind werde zum besten fortkommen, welches Kind aus den eurigen werde zum besten gerathen, und vor Gott und der Welt zum besten stehen, dasjenige nemlich, welches ein Bändel an der Hand, einen Rosenkranz in Händen, welches zum eifrigsten ist in dieser marianischen Andacht.

Es ist sich höchst zu verwundern über die hochberühmte Klosterfrau Anna Almaida, von dero glaubwürdig geschrieben wird, daß, wie sie noch als ein kleines Töchterl mit dem Rosenkranz gespielt hat unter dem Fenster, und aus Unachtsamkeit des Kindsweibs in die Löwengrube hinunter gefallen, allwo dem guten Töchterl nit allein der geringste Schaden nit geschehen, sondern es hat auch noch dem Löwen, einer ungeheuren Größe, den Rosenkranz an Hals geworfen, und ihm mit diesen Worten zugesprochen: »Mein [214] Löw, friß mich nit, dann ich werde zu Castell eine Klosterfrau werden;« worüber das grimmige Thier wie ein zahmes Lämmel vor ihr gestanden, und sie nachmals die Zeit ihres Lebens, forderist in dem Kloster, eine sondere Liebhaberin ist gewest des h. Rosenkranz.

Wem gebt ihr die Stimm, ihr schönen, rothen, weißen und vielfärbigen Magenblumen? diese wird von den Lateinern genennt Papaver; ich, sagt eine jede aus ihnen, gib meine Stimm, und erwähle die schöne Rosen; durch diese können fügsam verstanden werden die Sünder, als Saumagen, die nur nach dem Irdischen trachten.

Es kommt einmal ein reicher Gesell zu unserm Herrn, und fragt ihn, mein Herr, was muß ich doch thun, damit ich das ewige Leben erlange? quid faciendo etc., gehe hin, antwortet der Heiland, verkauf all dein Hab und Gut, gibs den Armen, und folg mir nach; vor fünfthalb hundert Jahren hat man dem sündigen Menschen schon eine andere Antwort geben können, dann, wofern einer dazumal den h. Dominikum hätte gefragt, was er thun müsse, damit er ein Kind der Seligkeit werde, so hat ihm ungezweifelt der h. Vater geantwortet, er soll den h. Rosenkranz eifrig beten, dann wer sich in diesem alldächtigst übet, wird nit verloren werden; dahero die seligste Mutter Gottes dem seligen Alano geoffenbaret, daß die Andacht zum heiligen Rosenkranz ein sehr großes Zeichen sey der Prädestination und ewigen Auserwählung. Es hat zwar Gott der Herr dem Mosi befohlen, er soll die Schuh ausziehen, und fein hübsch in[215] die Dörner treten, wann er woll zu ihm in den Dornbusch kommen, uns Menschen zu einer Unterweisung, daß Niemand zu Gott gelange, er trete dann zuvor in die Dörner, und wandere den harten Weg; aber seithero der h. Rosenkranz ist aufkommen, geht man nit mehr in Himmel auf Dörnern, sondern auf Rosen, weil die Andacht zum Rosenkranz ein rechter Weg in Himmel. Man hat den 12jährigen Jesum verloren zu Jerusalem, und nach drei Tägen ist er wieder gefunden worden; habt ihr Sünder Jesum verloren, so habt ihr Gott verloren, habt ihr Gott verloren, so habt ihr Gottes Gnad verloren, habt ihr die Gottesgnad verloren, so habt ihr den Himmel verloren, habt ihr den Himmel bald verloren, so habt ihr alles verloren; aber getröst ihr gebrechlichen Adamskinder, nach drei Tagen ist Jesus wieder gefunden worden, nach dem Rosenkranz, so da dreifach ist, werdet ihr auch wieder durch sondere Vorbitt der Mutter Gottes den Heiland finden.

Zu Noe Zeiten hat Gott der Herr das Venus-Feuer mit Wasser gelöschet, und den ganzen Erdboden mit dem Sündfluß überschwemmt; so lang die Welt steht, ist keine größere Stockfischbrühe gewest, als diese, dann was waren die Menschen dazumal anderst, als solche Fisch ohne Köpf, ja gar ohne Sinn und Verstand, indem sie die zeitliche Freud der ewigen vorgesetzt; wann hat aber dazumal der Zorn Gottes nachgelassen? wann hat sich Gott wieder lassen erbarmen? wann? nach hundert und fünfzig Tagen hat das Wasser angefangen abzunehmen, nach hundert und fünfzig Tagen ist Gott dem Herrn der grimmige[216] und gerechte Zorn vergangen: Coeperunt minui post centum et quinquaginta dies. Wer weiß, ob nit diese hundert und fünfzig Täg haben bedeut die hundert und fünfzig englische Grüß, so da seynd in dem ganzen h. Rosenkranz und Psalter? gewiß ist es doch, daß sich nach solchen der Zorn legt, und er sich des Sünders wieder erbarmt, dann hat die Esther den Grimm des großen Königs Assueri besänftiget, wie sie ihn gebeten mit ganz röslichtem Angesicht, so wird nicht weniger der arme Sünder den Zorn des allmächtigen Gottes wenden, wann er mit dem h. Rosenkranz wird aufziehen.

Gewiß ist es, daß ein Jüngling in einer Tod-Sünd gestorben, weil er aber täglich den h. Rosenkranz gebetet, sodann hat ihn Gott nit lassen verdammt werden, sondern durch Vorbitt seiner übergebenedeiten Mutter ihn wieder zum Leben erweckt, bis er eine reuvolle Beicht abgelegt. Cantiprat.

Gewiß ist es, daß ein Mann bei nächtlicher Weil öftermal aufgestanden, und sich in die nächste Kammer begeben; als aber die Frau ihn dessenthalben befragt, wo er hingehe? er ihr zur Antwort geben, daß er eine schöne Jungfrau heimsuche, er verstund aber die Bildnuß der seligsten Jungfrau, vor welcher er pflegte den h. Rosenkranz zu beten; ist hierüber die Frau in eine solche Eifersucht gerathen, daß sie ihr selbst die Gurgel abgeschnitten; weil sich aber dessen der bekümmerte Mann bei der Mutter Gottes beklagt, daß solches Elend ihrenthalben geschehen sey, also ist durch Hülf und Beistand Mariä, der Himmelsköniginn, diese wieder zum Leben kommen, und[217] bekennet, daß die Errettung von der ewigen Verdammnuß, so sie durch eigene Mordthat verdient, sey dem h. Rosenkranz zuzumessen.

Gewiß ist es, daß eine romanische Katharina, eine engelländische Helena, und viel tausend andere große Sünder und Sünderinnen durch den h. Rosenkranz seynd bekehrt worden, und folgsam durch den Bußweg in das ewige Vaterland gelangt.

Man muß auch der Knöpf nit vergessen, deren so große Anzahl in dem Garten; so sagt dann her, es möcht euch sonst verschmähen, so man euerer wohl umgehen sollt, sagt her, wem gebt ihr eure Stimm? es ist uns anjetzo nit recht gelegen, sagen diese, und warum sollen wir gleich die letzten seyn in der Wahl? ihr seyd halt grobe Knöpf, daß man die Phantasten nit solle vor den Blumen setzen? ihr müßt doch wider euern Willen bekennen, daß die Rosen die würdigste sey zu der Kron.

Durch die Knöpf können verstanden werden die bösen Feind, welche noch zur Zeit des h. Dominici haben müssen aus einer besessenen Person gezwungener Weis' aussagen, daß Niemand könne verdammt werden, welcher in Uebung des h. Rosenkranz verharret, auch sey die höllische Herrschung nach dem h. Kreuz durch nichts also geschwächt worden, als durch den h. Rosenkranz; dahero so gut, als David mit fünf Steinen in seiner Tasche ist ausgangen wider den Großschädel Goliath, also kann nit weniger ein marianischer Christ sich vor dem höllischen Goliath wehren mit den 5 Gesetzlen des h. Rosenkranz, und hat dieser jeffeische Psalmist können den Teufel mit seiner[218] Laute verjagen aus dem Saal, wie viel mehr werden die höllischen Larven vertrieben durch den heil. Rosenkranz. Noch zur Zeit des h. Dominici hat ein Herr dem Teufel, so in sichtbarer Gestalt ihm nachgestellt, einen hölzernen Rosenkranz an den Hals geworfen, damit diesen schwarzen Prahler zu Boden gezogen, mit Füßen getreten, und ihm solche gute Püff und Stöß versetzt, daß dem Teufel allemal hernach gegraust, und sich nicht mehr blicken lassen; nachdem auch gedachter Kavalier diese seine eigene Geschicht an die Mauer eines sehr herrlichen Geschloß, so wegen Ungestüm der höllischen Gespenster nie konnte bewohnt werden, mit Farben auf allen vier Ecken hat lassen entwerfen, hat solches die verdammten Gäste und Geister dermassen verdrossen, daß sie mit großem Getös und Heulen besagten Platz geraumt haben.

Also ist durch einhelliges Stimmen der Blumen, sogar auch der groben Knöpf, die schöne Rosen zu einer Königinn der Blumen erwählt und erkiesen wor den. Impera nobis. Sobald eine königliche Wahl vorbei gangen, pflegt man alsobald durch unterschiedene Kurier solche der ganzen Welt kundbar zu machen. Die lieben Engel seynd diese schnellen Boten, welche der ganzen Welt solche fröhliche Post bringen; neue Zeitung, ihr großen Monarchen! die Rosen ist Königinn worden, eure Kron wird sich hoffentlich untergeben dem Kranz, nemlich dem h. Rosenkranz; neue Zeitung, ihr Geistliche, die Rosen ist Königinn worden, in eueren Versuchungen kann nichts bessers stärken euch, als der Rosenbalsam des h. Rosenkranz; neue Zeitung, ihr Beängstigte, die Rosen ist Königinn[219] worden, euch kann nichts besser kühlen und erfrischen, als die Rosenblätter des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Kranke, die Rosen ist Königinn worden, euch kann keine bessere Kraft geben, als der Rosen-Syrup des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Sünder, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euere Stückel nit besser verblümlen, als mit den Rosen des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr armen Wittib und Waisen, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euern Gewinn und Unterhaltung nit besser suchen, als beim Rosenwasser des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr Bauern und Ackersleut, die Rosen ist Königinn worden, ihr könnt euere Aecker nicht besser umzäunen, als mit den Rosenstauden des h. Rosenkranz; neue Zeitung ihr gesammten Adamskinder, die Rosen ist Königinn worden, euch kann Niemand besser in das Paradeis wieder bringen, als die umgekehrte Eva, das ist so viel, als Ave des heiligen Rosenkranz.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 4, S. 144-220.
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