Unser Herr und Heiland prophezeit vom Juda Iscarioth, daß er bald werde ein öffentlicher Schelm werden.

Nachdem der allerdemüthigste Jesus den Apostlen allen die Füß gewaschen, hat er sich wiederum mit erstgedachten lieben Nachfolgern zu Tisch gesetzt, allwo sie die übrigen Speisen und aufgetragenen Richten verzehrt, zumalen das gebratene Oster-Lämmel nit alle konnte sättigen, unter währendem diesen Abendmahl aber hat sich der Heiland lassen ganz merksam verlauten, wie daß einer in diesem Collegio sey, der ihn werde verrathen: Amen dico vobis, quia unus vestrum me traditurus est: »Wahrlich sag ich euch, einer unter euch wird mich verrathen.« Ob schon der gebenedeite Heiland nit klar hat ausgesprochen, bei wem er werde verrathen werden, so konnten doch die hierüber bestürzten Apostel leicht vermuthen, daß niemand anderer werde seyn, als die Hohenpriester, weil solche des Herrn öffentliche Feind waren, und ihm aller Orten nachstellten; es hat aber der sanftmüthige Jesus des Verräthers[5] Namen derenthalben nit entdeckt, damit dem Iscarioth nicht etwas Böses sollte widerfahren; dann wohl zu glauben, dafern die Apostel in Erfahrenheit hätten gebracht, daß Judas dieser Schelm werde seyn, daß sie ihn hätten lebendig zerrissen: Fortassis eum discerpsissent Apostoli, und so schon die andern Apostel hierinfalls glimpflicher wären umgangen, und etwann den Judam mit ernstlichen Worten abgemahnt, so hätt sich doch der Petrus, der dazumal gar eifrig war (den Malchum um Bericht) nit enthalten können, daß er ihn nit zwischen die Ohren gehaut, ja gar den Rest geben, wie darvor halt der englische Lehrer Thomas; dazumal hat der göttliche Messias sattsam an Tag geben, daß ihm alle künftigen Begebenheiten bekannt und offenbar seynd, und nit dem Menschen, außer seinen göttlichen Offenbarungen; dahero die Wahrsager, Planetensteller, Zigeuner und dergleichen Lumpengesind in allweg zu verwerfen seynd.

Die Wissenschaft künftiger Ding ist allein in dem allwissenden Gott, dem nichts verborgen, nichts verdeckt, nichts verhüllt, nichts vergraben, nichts vermäntlet, nichts versperrt, nichts unbekannt, dieser ist ein Aug, so alles siehet, ist ein Schlüssel, so alles eröffnet, ist eine Uhr, so auf alles zeigt, ist ein Maaß, so alles mässet, ist eine Hand, so alles aufdeckt, dieser hat von Ewigkeit her gesehen, was da gewest ist, was da noch ist, was da noch seyn wird; was, wer, wie, wo, wann; wann es gewest ist, was, wer, wie, wo, wann es ist; was, wer, wie, wo, wann es seyn wird; von diesem allhabenden, allmächtigen, allwissenden Gott seynd etliche im Gesatz der Natur, im Gesatz[6] Mosis, im Gesatz Christi, erleucht worden, daß sie künftige Ding haben vorgesagt, und derenthalben Propheten genennt worden, im Gesatz der Natur war Adam, Enoch, Noe, Abraham, Joseph etc., im Gesatz Mosis waren Isaias, Ezechiel, Jeremias, Daniel, Osea, Joel, Amos, Abdias, Jonas, Michäas, Nahum, Habakuk, Sophonias, Aggäus, Zacharias, Malachias, Samuel, Gad, David, Natan, Semei, Azarias, Jehu, Elias, Elisäus etc., im Gesatz Christi alle Apostel, viel Martyrer, eine unzahlbare Anzahl der Beichtiger, nit wenig heil. Jungfrauen und Auserwählte Gottes, welche aber alle gewest seynd wie ein Amper, der das Wasser von sich selbsten nit hat, sondern aus dem tiefen Brunn, gewest seynd wie eine Orgel, welche von sich selbst nit pfeift, sondern von einer andern Luft angeblasen wird, gewest seynd wie ein Licht, welches von sich selbst nicht ist, sondern von einem andern augezündt wird.

Unweit der Stadt Sichar hat sich der gebenedeite Heiland bei einem Brunn niedergesetzt, weil er sich etwas müd befunden wegen der Reis', kaum daß er allda eine kleine Ruhe geschöpft, da kommt ein samaritanisch Weib, Wasser zu holen; dieses Weib war gar eine saubere et cetera, sobald ihr unser Herr aber die Wahrheit gesagt, und ihr mit wenig Worten die verborgenen Huesten-Stückel entdeckt; holla! sagte sie, Video, quia Propheta es tu, Herr, ich sichs, ich merks, ich glaubs, du seyest ein Prophet. O wie wohl hat dieses Weib, welche nachmals durch die sondere göttliche Gnad aus einem üppigen Schleppsack eine Apostlin worden, und die ganze Stadt[7] Sichar zu dem wahren Licht und Glauben gebracht; wie recht hat sie den Herrn einen Propheten genennt, massen er von Erschaffung der Welt hero immerzu künftige und verborgene Ding hat offenbart, ich will dermalen geschweigen, daß Gott alles und jedes, was im neuen Testament ein- und angestellt worden, im alten Testament durch Figuren schon habe vorgedeutet, sondern allein ein wenig vortragen, wie wunderbarlich Gott mehrmalen künftige gute und böse Begebenheiten habe vorgekündt.

Ehe und bevor Gottes Sohn ist Mensch worden, und aus einer unbefleckten Jungfrau geboren, hat der alte Simeon in der Synagog zu Jerusalem die Schrift ausgelegt, und als er zu diesem Text Isaiä kommen: Ecce Virgo concipiet etc., »Siehe, eine Jungfrau wird empfangen, und gebären einen Sohn« etc., hat er das Wort Jungfrau ausgelegt, und darfür junge Tochter geschrieben, der Meinung, es sey nit möglich, daß eine Jungfrau könne gebären, des andern Tags aber war das Wort Jungfrau wie anvor zu lesen, und nachdem es er etlichmal durchzogen, und doch allemal im vorigen Stand gefunden, hat er endlich das Wort Jungfrau mit guldenen Buchstaben wahrgenommen, worauf ihm von dem h. Geist geoffenbaret worden, daß er nit werde sterben, er sehe dann zuvor den versprochenen Messiam.

Zuvor als Titus die weltkundige Stadt Jerusalem mit Kriegsmacht überzogen, und alles zerstört, daß nit ein Stein auf dem andern geblieben, seynd wunderliche Sachen und Zeichen geschehen, unter andern[8] am vornehmen Fest des ungesäuerten Brodes, bei den Juden im Monat April hat ein Ochs, so zum Schlachtopfer geführt worden, ein Lämmel geworfen. Item, so hat man wahrgenommen in der Luft ganze Armeen miteinander fechten; nachgehends haben bei nächtlicher Weil die Priester im Tempel ein ungewöhnliches Getöß gehört, und anbei diese Wort vernommen, migremus hinc, laßt uns von dannen weichen.

Zuvor als Balduinus von Palleologo dem Kaiser vom Reich und Kron verstoßen worden, hat das gemalte Pferd an der Wand des Pallasts, worauf der h. Ritter Georgius gemalt, bei der Nacht erschrecklich geschrien.

Zuvor als Anno 1269 ein erschreckliches Blutbad in dem Königreich Polen worden. Anno 1510 eine große Kriegs-Empörung in Italia. Anno 1518 eine große Unruh in Sachsen. Anno 1393 eine große Niederlag in Normannia. Anno 930 ein einheimischer Krieg in Frankreich. Anno 1066 in Engelland eine grausame Schlacht unter der Regierung Haraldi. Anno 454 der tyrannische Einfall des Attilä. Anno 603 der grausame Tod des Kaisers Mauritii samt seiner Gemahlinn und Kindern. Anno 745 die grassirende Pest in Syria und Griechenland. Anno 1456 der Kaiser Friedrich zu Wien von seinen eignen Burgern bekriegt. Anno 1530 der harte Bauernkrieg und Aufruhr in Deutschland. Anno 1532 die gefährliche Belagerung der Stadt Wien von Solimann. Anno 1620, 24, 30 der traurige Zustand in ganz Deutschland, ja zuvor, als unser dermal siegreich regierende römische Kaiser Leopoldus schon das zweitemal preiswürdigsten[9] Krieg geführt wider den Erbfeind, hat Gott unterschiedliche Zeichen in Himmel gesetzt, große, feurige Kometen in die Höhe gestellt, gewaffnete Kriegsmänner, blutige Schwerter, feurigen Kriegsmarsch am Himmel, als auf einem Papier oder Schreibtafel entworfen, damit wir gesamte Adamskinder sehen, daß er derjenige Gott sey, der alle künftigen Ding vorweiß, video, Domine, quia Propheta es.

In dem Pallast des Kaisers Valentiniani und Valentis haben von freien Stucken die alten Besen angefangen zu blühen, darauf ist geschehen, daß ganz arme und gemeine Leut zu großen Ehren erhoben worden.

Hildebrandus, ein kleiner Knab und Sohn eines Zimmermanns, hat auf kindische Art die kleinen Scheitlein seines Vaters auf die Erd zusammen gelegt, wie eine Schrift, daß man also aus diesen hölzernen Buchstaben hat lesen können folgende Wort: Dominabitur a mari, usque ad mare, »er wird herrschen vom Meer bis zum Meer etc.,« worauf ist hernach geschehen, daß dieser römischer Papst und Gregorius der Siebente genennt worden.

Kaiser Reonis, des dritten Sohns Konstantinus, wie er von dem Patriarchen ist getauft worden, hat er s.v. mit eigenem Koth das Taufwasser besudlet, woraus der h. Mann abgenommen, daß er ins künftig alles Heiligthum entunehren werde.

Die Mutter des h. Dominici hat einen Traum gehabt, als trag sie im Leib ein Hündel mit einer brennenden Fackel; die Mutter des h. Andreä Corsini hat einen Traum gehabt, als hab sie einen Wolf geboren, der in die Karmeliterkirche geloffen, und daselbst[10] unter der Kirchen-Thür in ein Lämmel verkehrt worden; die Mutter des h. Francisci hat nicht können niederkommen, als in einem Stall; die Mutter des h. Philippi Benezii hat einen Traum gehabt, als trag sie eine große Flamme im Leib; die Mutter des h. Ethelwaldi hat einen Traum gehabt, als ob ihr ein guldener Adler aus dem Maul geflogen, und nachdem er hin und her geschwebt, endlich seinen Flug in Himmel genommen. Wie der h. Julianus geboren, hat er zwei Finger in die Höhe gehebt, als woll er, wie ein Bischof, die Benediktion geben; die Mutter Aeneä Silvii, der nachmalens römischer Papst worden, und Pius Secundus genennt, hat einen Traum gehabt, als gebär sie ein Kind mit einer Bischofs-Infel; Joannes der Täufer hat in Mutterleib einen fröhlichen Sprung gethan; der h. Benedictus, Abt, da er noch in Mutterleib verschlossen, hat gesungen als in einem Chor; der selige Jakobus Picennus hat mit seiner Mutter, da er noch nit geboren, geredt; die Mutter des h. Columbani hat einen Traum gehabt, als gehe aus ihrem Schoos eine glanzende Sonn hervor; der h. Edmundus ist also rein und sauber von Mutterleib kommen, daß er gar kein Bad vonnöthen hatte; der h. Nicetius ist auf die Welt kommen mit einem Kränzel von Haaren auf dem Kopf, wie ein Religios; der selige Franciscus Fabrianensis, wie er geboren, hat nicht, wie alle Menschen pflegen, geweint, sondern gelacht; der selige Eremit Petrus aus Schottland, wie er als ein kleines Kind getauft worden, hat er überlaut gesprochen: Amen; der Ecuperantius, 8 Tag nach seiner Geburt, hat sich mit deutlichen[11] Worten gegen Gott bedankt, daß er ihn hat lassen auf die Welt kommen; der h. Agnellus hat den 20. Tag nach seiner Geburt die Mutter Gottes mit heller Stimm gegrüßt: Ave Maria; Alsatius, Graf in Flandern, den dritten Tag nach seiner Geburt, hat aufgeschrien: vacuate mihi Domum, leeret mir das Haus aus; der h. Rochus, wie er geboren, hat ein rothes Kreuzel auf der Brust mit sich auf die Welt gebracht. Mit allen diesen Zeichen, Vorboten, Gesichtern und Geschichten, wollte Gott der Allmächtige schon vordeuten, was große Leut, apostolische Männer, eifrige Diener ins künftig diese werden seyn, video, quia Propheta es tu. O gütigster Gott, da siehet man ja, daß du alles künftige weißt, und dir nichts verborgen.

Vor dem Tod Ludovici XI., ist ein großer Comet erschienen. Vor dem Tod Ludovici Balbi ist eine solche Finsternuß an der Sonn gewest, daß man um Mittagzeit die Stern am Himmel gesehen. Vor dem Tod des Kaisers Henrici IV. ist ein heller Komet erschienen. Vor dem Tod des Königs Alexandri in Polen ist eine feuerige Kugel zu Krakau ober dem Rath-Haus gesehen worden. Vor dem Tod Matthiä Corvini seynd zu Ofen in Ungarn alle Löwen verreckt. Vor dem Tod Mauritii, des Churfürsten in Sachsen, ist zu Berlin von seiner steinenen Bildnuß das Haupt von freien Stucken abgefallen. Vor dem Tod des Kaisers Andronici hat die Bildnuß des h. Pauli geweint. Vor dem Tod Caroli, Maximiliani, Matthiä, Ferdinandi der römischen Kaiser seynd große Erdbeben, traurige Kometen, und viel andere Wunderding wahrgenommen worden.[12] Vor dem Tod der h. Theresiä ist etlichmal ein strahlender Stern vor ihrem Fenster vermerkt worden. Vor dem Tod Alphonsi VI., Königs in Spanien, haben alle Steine in der Kirche St. Isidori drei Täg häufig Wasser geschwitzt.

Die Stund ihres Todes haben vorhero gewust durch göttliche Offenbarung Arnulphus Bischof zu Suession, mit Arnulpho Dominicus, Stifter des Prediger-Ordens, mit Dominico Francisca Romana, mit Francisca Romana Gertrudis Nivellensis, mit Gertrude Amicus Casliensis, mit Amico Benedictus Abt, mit Benedicto Cäsarius der Bischof, mit Cäsario der Bischof Eligius, mit Eligio der Bischof Eugenius, mit Eugenio der Bischof Gramatius, mit dem Gramatio die polnische Hedwigis, mit Hedwige der Bischof Hubertus, mit Huberto Ignatius Lojola, mit Ignatio Joannes Chrysostomus, mit Chrysostomo Joannes Qualbertus, mit Qualberto Maria Aegyptica, mit Maria der Bischof Oswaldus, mit Oswaldo Petrus de Worano oder Celestinus der Fünfte, mit Celestino Philippus Nereus, mit Nereo der Erz-Bischof Rembertus, mit Remberto der Bischof Richardus, mit Richardo der Bischof Salvius, mit Salvio der Abt Severinus, mit Severino der Erz-Bischof Spiridion, mit Spiridione Thomas Aquinas, mit Aquinate Thomas de Villanova, mit Villanovano der Priester Trudo, mit Trudone der Kardinal Matthäus, Bischof zu Cluniac, mit Cluniacensi der Bischof Andreas Corsinus, mit Corsino der Abt Aichardus, mit Aichardo die Aebtissinn Aldegundis, mit Aldegunde der Bischof Eucharius, mit Euchario der Trierische Maternus, mit Materno viel tausend andere[13] unter welchen die vornehmste die seeligste Mutter Gottes Maria, alle diese haben durch göttliche Offenbarung ihren Tod vorgewußt, ja es gibt noch etliche Ort und Freundschaften, welche gewiße Vorboten ihres Todes haben. Zu Vallisolet ist eine Begräbnuß eines Ritters von Kastilien, welcher im Chor der h. Clarä liegt, so oft einer aus dessen Freundschaft mit Tod abgeht, pflegt zuvor ein gewisses Getöß in dem Grab gehört zu werden. In Italia ist ein Geschloß, mit Namen Montauri, allwo ein adeliches Haus ist, und so oft jemand aus demselben soll sterben, so erscheint allemal eine große Flamme ober dem Geschloß, dieses große Privilegium soll ihnen der h. Franciscus Assias bei Gott zu wegen gebracht haben, um weil sie ihn oftermal beherberget haben. Drei vornehme Geschlechter in Italia, in der Landschaft Insubria, haben noch auf heutigen Tag diese Gnad von Gott, benanntlich das Torellische, Plische und Gonzagische Haus, so oft jemand aus besagtem hohem Geschlecht mit Tod abgehe, so erscheint allemal etliche Tag vorhero in dem Zimmer, wo die Leich soll liegen, eine Frau ganz schneeweiß bekleidet, und glaubt man, daß eine aus diesem Haus eines Ehebruchs sey falsch beschuldiget und derentwegen in weisser Leinwath eingewicklet, von dem hohen Geschloß gestürzt worden. Zu Messana haben die Kloster-Jungfrauen ein Maria-Bildnuß, welches sie nennen de Malfino, solches ist immerzu in einem Tabernackel eingesperrt, dessen Schlüssel die Aebtissin bei sich tragt, so oft sich aber besagter Tabernackel freiwillig eröffnet, ist es ein unfehlbares Zeichen, daß eine aus ihnen werde von der Welt scheiden. In dem Kloster Mauritii in[14] Sabaudia seynd in einem Wasser-Teich so viel Fisch, als Geistliche gezählt werden im Convent, so oft auch ein todter Fisch auf dem Wasser obenher schwimmet, ist es ein unfehlbares Zeichen, daß ein Geistlicher daselbst das zeitliche Leben enden werde. Zu Venedig in der Kirche St. Danielis bei den Kloster-Frauen, ist begraben der Leib des h. Martyrers Joannis, woselbst ein ewiges Wunderwerk zu sehen, dann so oft eine aus besagten geistlichen Töchtern soll mit Tod abgehen, so pflegt allemal ein Monat oder Wochen vorhero das eiserne Gätter bei dem Grab sich von freien Stucken ungewöhnlich zu erschüttlen, und ein großes Getöß zu verursachen, worauf sich eine jede selbigen Convents zu dem Tod bereitet. Zu Spoleti in Umbria, ruhet der unversehrte Leib der heiligmässigen Mutter Marinä. Ord. Canon. Regular. Lateranensium, wobei dieß ewige Wunder geschieht, so bald jemand daselbst in der Gegend erkrankt, laßt er bei gedachtem Grab ein Licht aufstecken, sofern der Kranke soll wieder zu voriger Gesundheit gelangen, so brennt die Kerze völlig aus, soll er aber sterben, sodann löschet die Kerze allezeit aus, wann sie auch öfters angezündt wird. In dem Clarisser-Kloster zu Hesdin, weil allda die h. Coleta viel Jahr einen h. Wandel geführt, ist auf den heutigen Tag zu beobachten, daß allemal ein gar lieblicher Geruch das ganze Kloster durchstreiche, so oft eine 14 Tag hernach das Zeitliche endet. In Böhmen ist ein sehr hoch-adeliches Grafen-Geschlecht, so oft jemand aus demselben stirbt, wird jederzeit zuvor in dem Geschloß und Stamm-Haus eine alte und betagte Frau gesehen, und soll sie auch öfter beim hell-lichten[15] Tag erscheinen: alle diese Ding rühren her von dem allmächtigen, allwissenden Gott, welcher dergleichen Vorboten aus seiner grundlosen Güte schicket, damit der Mensch recht und vollkommen sich könne zu diesem letzten Kampf präpariren. O auserlesenister Jesu! so können wir allesamt nit anderst reden, als was da gesagt hat die reuevolle Samaritaninn: »Videmus, quia Propheta es tu, wir bekennen es gar gern, daß du alles weißt, das Vergangene, das Gegenwärtige und das Künftige, du allein, und kein anderer, außer deiner göttlichen Offenbarung und Eingebung, Propheta es tu, tu, du bist ein Prophet aller Propheten, quia Propheta magnus surrexit etc., du, du allein kannst vorsehen, was ins künftig Böses oder Gutes, Glück oder Unglück, Freud oder Leid werde kommen.«

Es haben zwar viel andere große Diener Gottes manche Wunderding vorgesagt und prophezeit, aber mein Jesu, durch dein Licht, durch deine Hülf, durch deine Unterweisung, unter so viel tausend ist gewest der h. Joannes Evangelist, welcher in der Insel Patmos sein Apocalypsin, worinnen viel künftige Sachen werden vorgesagt, beschrieben. Der h. Franciscus von Assis ist einsmals von dem vornehmen Kavalier Matthäo de Rubeis, aus dem Haus Ursini, bittlich ersucht worden, er wolle doch seinem Kind, dem jungen Herrl die Benediction und h. Segen ertheilen, Franciscus hat das holdselige Kind auf seine Arm genommen, und ihm den verlangten Segen geben, beinebens aber auch dem Vater prophezeit, daß dieses Kind werde zu höchsten Ehren kommen, und römischer Papst werden, auch seinem Orden viel Guts erweisen, welches der Ausgang[16] bekräftiget, und ist er auf dem Sitz Petri Nicolaus der Dritte genennt worden. Zur Zeit des wunderthätigen Antonii Paduani war ein Notarius, ein Ausbrut von einem Schelmen, dem der lateinische Freitag vor allen Dingen angenehm war, so oft der h. Mann diesem begegnet, hat er allemal seine Kappe abgezogen, und mit den Knien Reverenz gemacht bis auf die Erd, das thät diesem Welt-Bürschel nit ein wenig in die Nasen rauchen, weil er der Meinung war, als werde er hierdurch nur geschimpft, derenthalben den h. Mann einsmal mit tausend Saprament-Worten angetast, warum er ihm so große und ungewöhnliche Reverenz mache? dem Antonius mit dieser Antwort begegnet: lieber Mensch, ich habe vielmal mir gewunschen, daß ich möcht ein Martyrer werden, aber Gott hat es nicht haben wollen, dir aber prophezeie ich, daß du werdest ein streitbarer Blutzeug Christi werden, welches alles bei dem Notario nichts anderes, als ein Gelächter verdient; es ist aber nit lang angestanden, so ist erstgedachter Notarius mit dem podiensischen Bischof nach Jerusalem abgereißt, und daselbst wegen des wahren Glauben Jesu Christi die Marter-Kron erlanget. Solche Gnad der Prophezeiung haben meistens alle Heilige und großen Diener Gottes gehabt, welches man sattsam in dero Legenden und Lebens-Verfassung allenthalben finden kann; und ist wohl zu glauben (salva S. Romanae Ecclesiae authoritate) daß dergleichen Gab von Gott habe gehabt der gottselige Mann und eiferige Religios Pater Stredonius, aus der Soc. Jesu, welcher schon längst, und vor viel Jahren solche Wunderding vorgesagt von unserem allergnädigsten Kaiser Leopold, und dessen[17] Regierung, welche alle dermalen ganz handgreiflich wahr zu seyn, jedermann bekennen muß, ich will dermalen nit beifügen die Prophezeihung wegen der vergangenen Eroberung Neuhäusl und Ofen, so zu Rom von dem h. Cajetano durch einen unseren frommen Religiosen ergangen, zumalen dieß bei dem Päpstlichen und Kaiserlichen Hof gar zu wohl bekannt, allein laß ich der römischen Kirche hierinfalls das rechte Urtheil und Meinung.

Ich gib mich für keinen Propheten aus, sonst möcht man mir vorwerfen: Num et Saul inter Prophetas? ob zwar das donum prophetiae auch bei einem schlimmen Menschen kann gefunden werden, dergleichen Saul und Kaiphas etc., allein wird man mich nit einer Frechheit beschuldigen, wann ich mit Isaia unserm allergnädigsten Kaiser Leopold werde eben dasjenige prophezeihen, was gedachter Prophet dem König Achaz vorgesagt, als solcher von zweien Haupt-Feinden, die zwar weit von einander entlegen, mit Kriegs-Waffen überfallen worden: Egredere in occursum Achaz et dices ad eum noli timere et cor tuum ne formidet, a duabus caudis titionum fumigantium istorum in ira furoris Rasin regis Syriae et filii Romeliae etc. Gehe hinaus dem Achaz entgegen, und sprich zu ihm: fürcht dir nicht, und dein Herz sey unerschrocken vor den zweien am End rauchenden Lösch-Branden, im grimmigen Zorn Rasin, des Königs in Syrien, und des Sohns Romeliä. Es ist unnöthig, mit Fingern darauf zu deuten, wer diese beide am End rauchende Lösch-Brand seyn, die in allem Grimmen das Durchleuchtigste[18] Haus Oesterreich antasten und dasselbige zu Boden zu stoßen gesinnet seynd, non erit sic; sagt Gott durch den Propheten, es wird nit also seyn, daß Achaz soll verlieren, also sag ich ebenmäßig, non erit sic, auf den Lilien-Blättern wachst ein Würmel, das will den Reichs-Apfel an- wo nit gar abbeißen, es wird nit also seyn, einer am End rauchender Lösch-Brand der ottomanische Erbfeind ist bereits schon dämpft, raucht nit mehr stark, welcher Rauch uns vor diesem ziemlich in die Augen gebissen.

Ob schon Gott der Allmächtige der einige ist, dem alles Künftige bewußt und offen stehet, nach ihm aber sehr viel Heilige und Diener Gottes, welche aus göttlicher Offenbarung viel Sachen prophezeihen, so seynd doch unter den frechen Adams-Kindern nit wenig anzutreffen, welche sich gottlos unterfangen, Propheten und Wahrsager abzugeben; aber so man die Wahrheit will bekennen, so gibt es wenig rechte Propheten, Brodfretter aber genug, unter denen nit die geringste seynd die Astrologi, dießfalls aber werden diejenigen nit beschimpft, welche aus sonderer Wissenschaft wegen Lauf der Planeten, Beschaffenheit der Stern, Conjunctur der Himmels-Gestirn künftiger Zeiten, Sonnenschein, Finsternuß, Hitz, Kälten, Feuchtigkeiten, Suchten, und andere dergleichen natürliche Ding vorkünden, zumalen dieß eine sehr löbliche Scienz und Wissenschaft, welche auch gehabt haben Adam, Abraham, Enoch, David, Salomon, Job, und viel andere große, heilige Männer, im alten und neuen Testament, sondern es werden allhier diejenigen wahnwitzigen Phantasten und superbescheidenen Maulaffen verstanden, welche aus der Konjunctur[19] der Konstellation dem Menschen die Nativität stellen, und weiß nicht was für künftige Ding prophezeien; in dem Mond suchen sie alle Schublädl aus, ob er doch fünfzehn tausend, sieben hundert und fünfzig Meil hoch stehet, und in 28 Tägen den Himmel durchjagt, gleichwohl kehren sie ihn um und um, und finden allerlei Menschen-Händel darin. Ueber dem Mond stehet der geflüglete Mercurius sieben tausend acht hundert und sieben und siebenzig Meil, welcher in drei hundert Täg den Himmel ummarschirt, dem suchen sie alle Falten aus, wo etwann ein Laus oder Lob steckt einer sondern Wissenheit und Doctrin; über diesen stehet die Venus, just so weit, wie Mercurius vom Mond, hat ihr Losament nit weit von der Sonne, umgeht den Himmel in drei hundert und dreißig Tägen, bei dieser suchen sie unter allem Aschen die Kohlen, und wissen auch unter den Eiszäpfen ein Feuer zu erwecken. Ueber die Venus stehet die Sonn acht und zwanzig tausend, vier hundert und fünfzehn Meil, diese gehet immer fort auf der Ordinari-Post, gleichwohlen zählen ihr die Astrologi alle Strahlen, welche sie zusammen fassen und wie einen Besen zusammen binden, wormit sie alle Ehren und Hochheiten zusammen kehren. Ueber diese ist der Planet Mars fünfzehn tausend sieben hundert und fünfzig Meil, welcher fast in anderthalb Jahr den Himmel umlauft, dem zerklopfen die Astrologi sein eisenes Wammes und Hosen, daß alle Guraschi durchfallt, und sie nachmals sehen können, wo Fried und Krieg sich ereignen. Jupiter voller Manier stehet ober dem Mars sieben tausend acht hundert und fünf und siebenzig Meil, desen streichen die Astrologi, wie einen[20] Katzenbalg, und wissen mit ihm also die Karten zu mischen, daß er fast allemal Herz wirft. Ober dem Jupiter stehet Saturnus so hoch, daß mans schier nit wissen kann, sonst in dreißig Jahren erfüllt er seinen Lauf, ist ein Futteral über alle Holzschlegel, mit dem sich die Herren Sterngucker gar nicht können vergleichen, weil er ihnen die Scheiten von seinen subtilen Geberden immerzu ins Gesicht wirft, mit dem Saturno, als mit einer Latern suchen die Astrologi alles Uebel in der Welt. Ober diesem Planeten stehet der Leut-Stern drei und zwanzig tausend fünf hundert und ein und zwanzig Meil, verdienen also die Astrologi ein ehrliches Trinkgeld, wann sie so oft auf- und absteigen. Weil nun alle Stunden einem gewissen Planeten unterworfen, diese aber bei den zwölf Zeichen des Himmels ihre Einkehr nehmen, also pflegen aus solchen die Astrologi oder Sternseher wahrsagen, und vorkünden den ganzen Lauf des künftigen Lebens.

Ein Kind geboren in der Saturnus-Stund, sagen sie, wird hochtrapend und stolz, wie da gewest Antonius Leva, ein General bei dem Kaiser Carl dem Fünften, als solchen einmal mit seinen podagraischen Füssen bei diesem Monarchen gestanden, hat der Kaiser ein herzliches Mitleiden gehabt, daß er so hart stehe, er aber gab die Antwort, daß er weit größere Wehtage leide an dem Kopf, als an den Füßen, wollt hierdurch zu verstehen geben, daß er auch gern möchte, wie andere Grandes die Ehr haben, daß er dürfte mit bedecktem Haupt vor dem König stehen.

Ein Kind geboren in Jupiters-Stund, sagen sie, wird sehr weis' und vernünftig, wie da gewest jener[21] geheime Minister eines vornehmen Fürsten, welcher in allem seinem eigenen Kopf folgte, und der andern Räth ihr Gutachten fast nichts geschätzt, als solcher große Fürst auf eine Zeit ausgeritten, fragte er den geheimen Minister, ob er nit ein gutes Pferd reite? ja, ja, antwortet der Minister, Euer Majestät reiten ein sehr stattliches und überaus starkes Pferd, dann es tragt den König samt allen Räthen, wollt hierdurch andeuten, als sey er Fürst und ganzer geheimer Rath zugleich.

Ein Kind geboren in Martis-Stund, bekommt rothe und krauste Haar, sagen sie, und wird sehr blutbegierig und mörderisch, wie da gewest die bömischen Weiber unter der Valascha, so in einer Nacht alle ihre Väter, Männer, Brüder und Söhn umgebracht und ermordet.

Ein Kind geboren in der Stund Solis, sagen sie, wird schön von Angesicht, und wird zu großen Ehren kommen, wie da kommen ist Lechus, welcher aus einem Bauern ein König worden, und Scepter und Kron in Polen gehalten, aber sein Bauern-Küttl hat er lassen in Mitte des Pallasts aufhängen, damit er nit vergesse, wer er einmal gewesen sey.

Ein Kind geboren in der Venus-Stund, sagen sie, wird freundlich im Angesicht, aber sehr gail und unzüchtig, wie da gewest Athenarius ein gothischer König, welcher sich also vernarrt in seine saubere Pynthia, daß, wann sie ihm die Haar auskämpelt, er unterdessen ihr die Schuh ausputzt.

Ein Kind geboren in der Mercuri-Stund, wird sehr fröhlich und leutselig, sagen sie, und wird die Studien überaus lieben, wie da gewest Aristoteles, von[22] dem Alexander Magnus bekennt und aussagt, daß er dem Aristoteli, als seinem vorigen Präceptor, mehrer schuldig sey zu danken um die gegebene Wissenschaft, als seinem Vater Philippo um das Leben.

Ein Kind geboren in des Monds Stund, sagen sie, wird gemeiniglich schiecklen in den Augen, und fast jedermann betrügen, und durch List übervortlen, ein solcher ist gewest der Laban, welcher dem Jakob die gewisse Parola geben, er wolle ihm die schöne Rachel in die Kammer führen, hat indessen die garstige Lia hinein practicirt.

Es haben nit weniger Wirkung, sprechen die Astrologi, auch die zwölf Himmels-Zeichen in dem Menschen, benanntlich Widder, Stier, Zwilling, Krebs, Löw, Jungfrau, Waag, Scorpion, Schütz, Steinbock, Wassermann, Fisch.

Der unter dem Fisch geboren, der wird ein böses Weib bekommen, die wird er alle Tag brüglen, am Samstag aber zweimal, damit sie weiß, wann die Wochen aus ist.

Der unter dem Wassermann geboren, der wird ein redliches Gemüth tragen, bei dem wird die Zung vom Herzen nit weiter seyn, als Bisanz von Constantinopel, der wird in Noth und Tod ein guter Freund bleiben.

Der unter dem Steinbock geboren, der wird mit der Wahrheit umgehen, wie der Meßner mit dem Palm-Esel, diesen braucht er das Jahr nur einmal, er wird die Wort vergulden, wie die Apothecker ihre Pillulen, sein Maul wird vor Lugen riechen, wie des Lazari Grab.[23]

Der unter dem Schütz geboren, der wird viel Feind bekommen, die ihm allerseits nachstellen und verfolgen, er wird seyn wie eine Taube unter den Raben, wie ein Pelz unter den Schaben, wie ein Käs unter den Ratzen, wie eine Maus unter den Katzen.

Der im Scorpion geboren, der wird zornig werden, der wird seyn wie eine Orgel, wann man diese nur anrührt, so schreit sie; er wird seyn wie ein Kriegsstuck, wann man dieses nur ein wenig dupft, so kracht's; er wird seyn wie ein Spiegel, wann man diesen nur ein wenig anhaucht, so macht er ein finsteres Gesicht; er wird seyn wie eine Juden-Kersche, wann man diese nur ein wenig anrührt, so wirds bitter.

Ein Kind geboren in der Waag, wird nicht gar alte Jahr erreichen, sondern im 49. Jahr gehängt werden, so es in dem Zeichen des Stiers wird stehen; wann besagtes Zeichen eine Schnöllwaag wäre, so möcht er wohl an einem Schnöllgalgen ersticken.

Ein Kind geboren in der Jungfrau, wird eines sehr hübschen und wohlgeschaffenen Gesichts seyn; aber in dem Löwen wird es allezeit Nachstellungen leiden von seinen nächsten Befreundten, und wird vermuthlich ein Frater an ihm ein Verräther, ein Vetter ein Fretter, ein Bruder ein Luder, eine Bas' ein Aas, ein Schwager ein Schlager, ein Nachbauer, ein Nachhauer werden.

Ein Kind geboren im Löwen, wird einer saubern Gestalt seyn, und wird absonderliches Glück zu hoffen haben; wird viel seyn, wann ihm die Ochsen nit Kälber tragen, wann sich die Hasen nit selber jagen,[24] wann sich der Acker nit selber baut, und der Speck freiwillig schlieft in das Kraut.

Ein Kind geboren im Krebsen, wird eines guten und vollkommenen Leibs seyn, aber sehr vielen Krankheiten unterworfen, wird den Leib stets müssen flicken, wie Petrus und Andreas ihre Fischernetz.

Ein Kind geboren im Zwilling, wird einen Zutritt bei großen Herren haben, durch eine reiche Heirath zu großen Mittlen gelangen, aber wegen Untreu seines Weibs wird er eine so harte Stirn bekommen, wie der große Hammer, in der Schmiede, der heißt Jackel.

Ein Kind geboren im Stier, wird Leib halber nicht zu klagen haben, aber wann es eine Tochter ist, wird sie gar hart zu einer Heirath kommen, in ihrem eigenen Vaterland nit sterben, sondern an einem Ort, mit einem Wort, wo da und dort viel seynd ermordt.

Ein Kind geboren im Widder, wird eines frischen und fröhlichen Angesichts seyn, es soll sich aber sonderlich hüten von einem rothen Bart, denn es dürfte ihm einer den Rest geben, dem die Fuchsschweif zum Maul auswachsen.

Dergleichen After-Reden, phantastische Gedicht und freundliche Lugen bringen die nasenwitzigen Sterngucker ganz buttenweis auf den Markt, füllen ganze Bücher an, drohen den Ländern, schrecken große Städt, verargwohnen große Ministros, kitzlen große Häupter, versprechen viel Victori, verkünden viel große Todfäll, erzählen viel Unruhen, schwätzen viel von geheimen Rathschlägen, ermahnen und warnen vor dem Unglück etc., und da hört man bisweilen reden, der und[25] der (er muß doch ein stattlicher Astrologus seyn) trifft meistentheils ganz natürlich zu, ja es muß keine leere Sach seyn, indem schon so viel hochverständige und berühmte Astrologi auf ein Punktum haben zugetroffen. Agrippina, eine Mutter des Kaisers Neronis, König Herodes, Vespasianus, Domitianus, Nerva, Severus, Leo, Justinianus, Constans, Theophilus, Theodosius, Heraclius, lauter römische Kaiser, haben in der Wahrheit alles erlebt, was ihnen von den Astrologis ist vorgesagt worden.

Galeatius Maria, Herzog zu Mailand, hat aus einem sehr gelehrten Astrologo vernommen, daß ihn werde sein eigener Vasall ermorden; der Herzog fragt hierüber den Astrologum, was dann er für ein End werde nehmen, ich, sagt dieser, werde von einem Holz, so von oben herab fallt, erschlagen werden; damit du, versetzte hinwieder der Herzog, selbst erfahrest, daß deine Scienz grundlos sey, also sollst du noch heut durch das Schwert den Kopf verlieren; wie nun dieser durch die Schörgen zum Pallast hinaus geführt worden auf den Richtplatz, und gleich zum Thor wollte hinaus gehen, da ist der Thurm, worin der armen Sünder Glocken geläut worden, eingefallen, und den Astrologum ein großer Träm samt vielen andern erschlagen, daß also seine Prophezeihung den wahren Ausgang genommen, der Herzog aber ist am Fest des h. Stephani in öffentlicher Kirche, in Gegenwart des ganzen Hofstaats von einem seiner Vasallen erstochen worden.

Joannes de Lignamo hat seinem eingebornen Sohn die Nativität gestellt, und aus der unglückseligen Constellation[26] wahrgenommen, daß sein Sohn solle gehängt werden; damit er dann diesem Spott möcht entgehen, hat er den Sohn zu dem Studiren, und folgsam zum Priesterthum gebracht, und also vor solchem Unglück schon vermeint, in Sicherheit zu stehen; nachdem aber erstgedachter vornehme Geistliche von der Gesandtschaft bei dem Papst Martinum dem Fünften, wohin er von dem Magistrat zu Bononien geschickt war, unverrichteter Sach zuruck kommen, ist er durch andere Mitbürger bei nächtlicher Weil gehängt worden, daß er also auch mit der Kutte der Konstellation nit entwichen.

Bei dem Hof des Kaisers Friedrich des Anderten hat ein Astrologus allemal einem Grafen daselbst, mit Namen Rudolph von Habsburg, die größte Reverenz gemacht, und als dessen Ursach der Kaiser befragt, gab der Astrologus zur Antwort, nach deinem und deiner Söhne Tod, deren noch 10 im Leben seynd, wird dieser und seine Nachkömmling das Kaiserthum besitzen.

Marselius Ficinus, ein berühmter Astrologus, hat Julio dem anderten römischen Papst aus der Constellation seiner Genitur, als er noch ein Knab war, vorgesagt, daß er werde als Statthalter Christi auf dem Stuhl Petri zu Rom sitzen.

Carolus Quintus, weil er den Steinbock in seiner Nativität bekommen, ist von allen Astrologis als glückselig erkennt worden, weil auch der Kaiser Augustus in diesem Zeichen geboren; der Ausgang hat es gezeigt, daß er eben an demselben Tag ist Kaiser worden, eben am selben Tag den König Franciscum aus Frankreich gefangen, eben demselben Tag den[27] Sieg erhalten, daß also der Constellation nit wenig zuzuschreiben.

Weilen Venedig den Anfang genommen hat unter der Constellation des Jupiters Anno 421 im April, also ist damal von den Astrologis vorgesagt worden, diese Stadt und Regierung werde eine aus den vornehmsten der ganzen Welt seyn, und solle bei dero hohen Räthen und Republik der Scepter bleiben bis Anno 1888.

Wegen dieser und andern wenigen prahlen die Astrologi, daß sie haben zugetroffen; aber sagt her, ihr Gestirn-Gaffer, ihr Planeten-Ploderer, ihr Firmaments-Bären, verzeiht mir, daß ich so unhöflich rede, es ist die Ursach, weil ich in meiner Nativität eine Constellation gehabt, die mich zum Feind aller solchen Astrologen gemacht, ihr Sterngucker, ihr Himmels-Pfleger, ihr Licht-Putzer, sagt her, wie oft habt ihr nit zugetroffen? so oft 1000000000000000000000000000000000000000000 0000000000 etc. so oft, und noch hundert tausendmal so oft.

Herbei Astrologe, sag her die Ursach, warum Jakob und Esau, die doch in einer Constellation geboren, so unterschiedliche Sitten gehabt, indem der eine fromm, der andere aber ein Erzschelm worden?

Mach das Maul auf, Astrologe, und beantwort dich, ob diejenigen alle, so zu Wien Anno 1679 an der Pest gestorben, deren über 80,000 gewesen, in ihrer Genitur, (welches in Ewigkeit nit wahr) und Constellation gleich gewest? indem doch der Tod gleich war.

Wehr dich, hast ein Herz? Astrologe, und widerlegs, warum Alexander der 6te, Julius der 2te,[28] Clemens der 7te, Honorius der 4te, Leo der 10te, Calixtus der 2te, seynd zu den höchsten Ehren gelangt, indem doch der Aspekt dero Geburtsstern nichts absonderlich von ihnen vorgedeut?

Laß dich hören, Astrologe, und sag die Ursach, warum der Bequius, der Joannes von der Wehrt, der Aegidius von Hose, seynd aus gemeinen Bauern-Söhnen und Handwerks-Bürschlen vornehme General und Kriegshelden worden; andere aber, die eben in demselben Punkto und Augenblick wie sie geboren, seynd Hasenherz und Lethfeigen geblieben?

Mach mir den Kopf auf, Astrologe, warum so viel tausend Türken in der eroberten Festung Griechischweissenburg seynd durch der Christen Faust erlegt worden, und eines gleichen Tods gestorben, dero Constellation und Geburts-Aspecten ganz unterschieden war.

Setz dich nieder, so wirst nit müd, mein Astrologe, und sag mir, was wird aus diesem Kind werden, mit welchem die Frau Anna Pollixena noch groß Leibs geht, weil es in diesem und diesem Augenblick empfangen worden, und also folgsam der Influenz der Constellation schon unterworfen, du getraust ihm gar gewiß das Thema nit zu stellen, weil du noch nit vergwist, ob es werde auf die Welt kommen; zum anderten konntest du hierinfalls leicht einen harten Fehler begehen, und etwann sagen, er werde ein vornehmer Doktor werden, und drei Weiber zur Ehe nehmen, daß es doch unterdessen ein Mädl. Es geht in einem hin, mein Astrologe, red nur dießmal, weil du noch nit weißt, was dieses Kind werde handlen, weil es noch nit geboren; wie kannst du dann so frech[29] aussprechen, was Paulus und Petrus ins künftig werden thun, indem sie doch mit diesen Gedanken noch schwanger gehen?

Ich gib euch, meine Herrn Astrologi, einen guten und heilsamen Rath, damit ihr möcht am jüngsten Tag bei demjenigen bestehen, der da richten wird die Lebendigen und die Todten, so nehmt euere Stern mit euch, setz sich einer auf den Fisch, und schwimm dahin, setz sich ein anderer auf den Steinbock, und spring dahin, reit einer auf dem Löwen, und eil dahin, laß sich ein anderer von dem Zwilling auf dem Buckel tragen dahin, hock einer dem Stier zwischen die Hörner, und lauf dahin, halt sich ein anderer dem Widder am Schweif, und laß sich schleppen dahin, spann einer den Krebs und Scorpion in Wagen, und laß sich führen dahin, der Wassermann wird einen Fuhrmann abgeben, nehm jemand die Jungfrau an der Hand, und gehe dahin, und so euch der göttliche Richter befragen wird, warum ihr dieß und dieß gethan? dieß und dieß unterlassen? sodann habt ihr die Entschuldigung gleich an der Hand, und sagt, der Stern, das Gestirn sey die Ursach, als welche über euern Willen prädominirt und geherrscht, ob aber dazumal ihr den Heiland Jesum in einem guten Stern werd finden, zweifle ich stark, ja ich sag rund heraus, nein, nein, dann sofern die Stern Ursach seyn des Bösen, so müssen sie selbst in Abgrund steigen, da kann der Fisch und Krebs gesotten werden, und der Stier und Widder gebraten; seynd sie aber Ursach des Guten, so steigen sie in Himmel zu der ewigen Belohnung, gib aber Acht, Astrologe, daß dich der Scorpion[30] alldort nit zwicke, seynd aber alle diese Himmels-Gestirn nur also beschaffen, daß sie den Menschen, forderist den menschlichen Leib nur incliniren und neigen, so bleibt doch unser Will' in seinem Freiherrn-Stand, und folgsam kann der Astrologus nicht wissen, künftige Ding vorzudeuten und zu prophezeihen, sondern dieß ist von dem allwissenden Gott allein vorbehalten, laßt euch also eine Witzigung und eine Lehr seyn, ihr solchergestalten wahrsuchende und wahrsagende Adams-Kinder, was da schon längst Gott durch den Propheten Isaiam gesagt hat: »Laß dir jetzt helfen, die aus dem Lauf des Himmels wahrsagen, und nach den Sternen gucken, und rechnen die Monate, daß sie daraus weissagen, was dir begegnen soll; siehe, sie seynd worden wir Stopplen, das Feuer hat sie verbrennet, sie werden ihre Seel nit retten von der Gewalt der Flammen.«


Ob der Teufel ein Prophet sey?


Das Wahrsagen hat dem Teufel das erstemal nit gerathen, indem er im Paradeis den ersten zweien Menschen prophezeihet, eritis sicut Dii ihr werd wie die Götter seyn, auf dieß eritis ist erratis kommen, und seynd solche wackere Götter aus ihnen worden, daß sie auch von Flöhen nachmals seynd getrutzt gewesen. Von selbiger Zeit an will der Satan noch allemal einen Propheten abgeben, dessen Waaren doch meistens seynd die Unwarheiten, und ist er beschaffen, wie eine blinde Henn, die bisweilen, und gar selten ein Haber-Körnl findt. Ob schon die höllischen Geister nach ihrem[31] spöttlichen Abfall, und begangenem Frevel die natürliche Wissenschaft, welche eine sondere Gab der Englen, nit verloren, so können sie doch ohne göttliche Offenbarungen künftige Ding und Begebenheiten, welche von dem freien Willen abhangen, nit unfehlbar wissen, und wann sie schon bisweilen welches doch gar selten geschieht, etwas prophezeihen und vorsagen, so den wahren Ausgang nimmt, ist doch solche Vorsagung und Vordeutung nit auf eine gründige Wahrheit gesteift, sondern viel mehr auf eine Muthmaßung, wegen vieler bishero gehabter Erfahrenheit gebaut, dann dieser Geister subtilester Verstand weit schärfer und genauer alle Sachen durchdringet, als der Menschen Witz, so von den leiblichen Dämpfen und Hinternussen verduncklet, aller Ding Umständ und Ursach nit so gut durchgrüblet; daß also morgen Nachmittag soll ein trübes Wetter einfallen, kann ein böser und verdammter Geist leicht wissen, in suis causis, und derentwegen mit Wahrheit solches vorkünden. Daß aber Paulus über drei Täg sich werde beim blauen Mond Sternvoll trinken, und nachmals einer halb verwittibten Dienstmagd die Ehe versprechen, weiß kein Teufel aus allen, ob schon in allweg der Satan durch innerliche Versuchung den Paulum dahin leitet, auch den verliebten Gegentheil hierzu anreizt, so kann er doch nit für gewiß prophezeihen, Paulus werde, dieses thun, zumalen alles noch von dem freien Willen Pauli abhanget, wormit er kann wählen, oder nit wählen, und dieses allein ist dem Allerhöchsten bewust, welcher den Schlüßl zu dem menschlichen Herzen hat, und vermög seiner göttlichen Allwissenheit von Ewigkeit her vorgekennt, Paulus werde dieß thun, und[32] dieses lassen. Es hat aber mehrmalen gar oft auf eine Nadelspitz zugetroffen, was der Teufel durch die Oracula oder Götzenbilder in der blinden Heidenschaft prophezeiht und vorgesagt, wie aus wenig hier beigefügten Geschichten und seltsamen Begebenheiten zu ersehen.

Aeschylus, von Athen gebürtig, wollte kurzum wissen, was für einen Tod er werde nehmen, wessenthalben er das Oraculum um Rath gefragt, woraus er die Antwort erhalten, daß er durch etwas von obenherab werde umkommen; welche Antwort den guten Gesellen also behutsam gemacht hat, daß er in Sicilia, wo er dazumal sich aufgehalten, sich niemal unter ein Dach begeben, sondern jederzeit unter dem freien Himmel sich aufgehalten, wie er dann auf eine Zeit bei heller Mittag-Sonne auf einem niedern Felsen gesessen, und dazumal ein Adler mit einer Schildkrote in der Höhe geflogen, welcher den Glatzkopf des Aeschyli vor einen Stein angesehen, und derentwegen die harte Schildkrot darauf herunter geworfen (auf solche Weis' wissen die Vögel die Nuß aufzubeißen) durch welches der gute Aeschylus hat müssen das Leben lassen, wie ihm der Teufel hat prophezeiht.

Dem schottländischen König Machabäo hat der Teufel durch ein altes Klappermaul wahrgesagt und prophezeiht, daß er werde umkommen durch die Hand eines Menschen, der nit geboren worden, auch werde er eh und bevor nit überwunden werden, bis der Wald Birene zu dem Geschloß Dorus, worvon er ziemlich weit entlegen, kommen werde, welches alles dem aberglaubigen Machabäo einen solchen Trost gemacht, daß er ihm eingebildt, er werde unsterblich und unüberwindlich[33] seyn, es ist aber eine kleine Zeit angestanden, da hat ihn der Feind belagert in besagtem Geschloß, und ein jeder Soldat aus dem birenischen Wald einen dicken Ast mit sich getragen, den Graben des Geschloß darmit zu füllen, worvon der ganze Wald aus und abgehauen worden; Machabäus aber ist nachgehends umgebracht worden von Magdulpho, welcher nit geboren, sondern von Mutterleib geschnitten worden.

Philippus, König der Macedonier, hat aus dem delphischen Oraculo vernommen, er werde das Leben verlieren durch einen Wagen, wessenthalben er in dem ganzen Königreich die Wägen abgeschafft, auch niemalen in die Stadt, so den Namen Wagen hatte, ob sie schon mit aller Lustbarkeit versehen, ziehen wollen; endlich ist er von Pausania umgebracht worden, welcher auf dem Degengefäß durch saubere Arbeit einen Wagen gestochen tragte.

In Gotia siehet man noch auf den heutigen Tag zwei Gräber mit großen und hohen Felsen, worunter zwei leibliche Brüder liegen, denen in ihrer Jugend von einem Teufels-Künstler vorgesagt worden, daß einer den andern werde ermorden; solchem Uebel zu entgehen, haben sich beede von einander abgesondert, und einer gegen Aufgang, der andere gegen Niedergang der Sonne, in weit und entfernte Länder verreis't, zuletzt in dem betagten Alter seynd beede wieder nach Haus in ihr Vaterland gekehrt, weil ein jeder der Meinung, sein Bruder sey schon mit Tod abgangen; wie die nun bei der Stadt Jonac einander begegnet, und einer den andern, als unbekannte Fremdling, höflich gegrüßt, haben sie sich nach kurzer[34] Ansprach, wie die Reisenden pflegen zu thun, beede unter einem grünen und schattenreichen Baum niedergesetzt; unterdessen fangen dero Hund an zu raufen, welches verursachte, daß auch sie anfangs in harte Wort und Zank, nachmals auch zum Fechten gerathen, daß einer den andern tödtlich verwundt, und endlich, nachdem sie sich beede erkennt, einander ganz freundlich umfangen, und also wegen der Wunden ein Bruder in des andern seinen Armen die Seel aufgeben.

Damit aber der Leser an dergleichen alten Geschichten nit einen Eckel oder Grausen fasse, so will ich aus vielen Tausenden, dergleichen ihm selbst viel bekannt, nur etliche beitragen, welche vor kurzen Jahren sich haben zugetragen, ob zwar mit solchen, die noch täglich, forderist bei den aberglauberischen Deutschen im Schwung gehen, ganze Bücher könnten angefüllt werden.

In dem Herzogthum Bayren, der Ort wird verschwiegen, hat sich eine junge Tochter von andern Mägden überreden und anführen lassen, daß sie acht Tag vor der h. Weihnacht, auch bei nächtlicher Weil, hat geleßlet, also pflegen sie solches aberglaubische Werk zu nennen; neben andern teuflischen Ceremonien hat sie auch in einen Spiegel geschaut, damit sie sehen möchte ihren künftigen Bräutigam, und siehe, da hat sie in demselben augenscheinlich wahrgenommen, daß einer in einer schwarzen Kutte und weißem Chorrock sie angelacht, worüber solche also erschrocken, daß sie ganz ohnmächtig zu Boden gesunken, auch drei ganze Wochen schier bis in den Tod im Bett zugebracht, dann sie war der bethörten Meinung, als würd' sie[35] müssen einen Geistlichen heirathen; o wohl eine boshafte Einfalt! erst nach verflossenen zwei Jahren hat sie den Pfarr-Meßner selbigen Markts genommen, welcher nach Brauch des Orts, fast wie ein Geistlicher mit einer Kutte und Chorrock pflegt daher zu gehen, hat also dasjenige zugetroffen, welches ihr der Teufel durch den Spiegel vorgedeut.

In Schwaben, nächst Allgey, ist dergleichen vorwitziges Mensch gewest, welche doch kurzum wissen wollte, was ihr für ein Mann beschaffen sey, zu solchem End hat sie an dem Abend des h. Apostels Thomä sich ganz allein in die Kammer versperrt, dieselbige ganz ohne Kleidung, doch zuruckwärts ausgekehrt; sodann ist ihr der Teufel erschienen wie ein Schmied, derselben aber einen solchen Zwicker mit der Beißzang versetzt, daß sie viele Wochen nicht sitzen konnte; in anderthalb Jahren hernach, wider alles Verhoffen, hat sie einen Schmied-Gesellen geheirath, mit welchem sie in stetem Zank und Hader ihr Leben müheselig zugebracht.

In Ober-Oesterreich ist ungefähr vor 10 Jahren ein junges Mädel von einer alten Megera unterricht worden, dafern sie zu wissen begehre, was für ein Mann ihr zu Theil werde, so sollte sie ein Wachs nehmen, selbiges über einen ausgebreiteten Kalender halten, und wo das Wachs kreuzweis werde hintropfen, dort soll der Name stehen ihres künftigen Bräutigams, auch anbei erfahren durch Einschauen eines Wasserschaffs, wie ihr Liebster aussehe; indem allem diesen das unbehutsame Mädel nachkommen, hat sie wahrgenommen, daß der kreuzweise Wachs-Traf gefallen[36] auf den Namen Leonhard; in dem Wasserschaff aber hat sie, ihres Gedunken nach, das Gesicht vermerkt eines rothkopfeten Schreibers, von dem sie doch nichts wissen noch hören wollte; gleichwohl nach etlichen Jahren ist ihr solcher wunderbarlicher Weis' zu Theil worden, dessen Namen auch war Leonhard.

Hundert und über hundert könnten dergleichen beigefügt werden, welche, so sie nit den Anhang göttlicher Beleidigung in sich hätten, wohl des Lachens werth wären, woraus jemand gar leicht glauben kann, daß die Teufel künftige Begebenheiten wissen, und derentwegen wahrsagen und prophezeihen können, hierauf ist die Antwort, daß die Teufel bisweilen zutreffen, aus zweierlei Ursachen; erstlich haben diese höllischen Gesellen eine langwierige Experienz und Erfahrenheit, kraft dero sie vermuthlich, nit gewiß, künftige Zufäll und Begebenheiten wissen; dann aus dieser und jener Inclination und Neigung, aus solchen und solchen Umständen, aus der und der Gelegenheit, ist schon mehrmalen das und das geschehen, also glauben und hoffen sie, daß bei angeregten Ursachen, welche sie gar leicht können zusammen bringen, könne und werde wiederum dieß und dieß geschehen, ob sie zwar aus tausend kaum einmal die Wahrheit treffen.

Die andere Ursach ist, daß auch der Allerhöchste bisweilen durch seine unerforschlichen Urthel dem Teufel einige künftige Ding, so auch von freiem Willen ihr Wesen nehmen, entdecket und offenbart, dem Satan nit zu einer Gnad, sondern dem sündigen Menschen zu einer Verhängnuß; dieses tausend sechs hundert acht und achtzigste Jahr ist dem römischen Kaiser [37] Leopoldo und der gesamten Christenheit ut octo glückselig gefallen; dem ottomannischen Erbfeind aber hat das acht und acht nichts als Ach und Ach verursacht, indem ihm durch die heroischen christlichen Waffen der vornehme Hauptsitz Griechischweissenburg aus den Klauen gerissen worden; bei erstgedachter glücklicher Eroberung hat sich neben anderen denkwürdigen Dingen auch eine türkische Wahrsagerinn eingefunden, welche wegen der fliegenden Haare und wilden Gestalt eine Copei einer Höll-Furie scheinte zu seyn, diese wurde dannoch bei den Muselmännern für eine h. Frau gehalten, zumalen sie viel Wunderding vorgesagt; wann sie von jemand wurde ersucht und wegen gewissen Sachen befragt, schaute sie allemal in eine krystallene Kugel, woraus sie nachmals ihre prophetischen Sprüch geschöpft; dann wohl zu glauben, daß durch gewissen Pact der Teufel in benanntem Krystall seinen Sitz hat gehabt, sehr viel heimliche Ding hat sie entdeckt, und manchem nach der Schnur seinen ganzen Lebenslauf, auch die verborgensten Gedanken geoffenbart; allein von künftigen Sachen wollte sie nit viel merken lassen, und so schon etwas weniges aus ihr erpreßt worden, hat sie doch allemal eine Sach mit sehr dunklen und nit mit klaren Worten vorgetragen, woraus leicht zu schöpfen war, daß der Teufel nit viel wisse, was da geschehen werde, wohl aber, was da geschehen ist; diese saubere Sybilla hat Ihr Gnaden Herr Obrister Kisel durch einen Dragoner lassen abreviren und in die Donau werfen, auf einen solchen Kopf gehört eine solche Lauge.

Der König Saul hat dergestalten die Hexen und[38] Zauberer in seinem Reich ausgerottet, daß nur ein einiges altes Weib, die eine Zauberinn und Wahrsagerinn gewest war, übergeblieben, und zwar zu Endor. Bei diesen unseren Zeiten seynd dergleichen Fettel nit zu Endor, sondern an allen Enden anzutreffen, welche sich unterfangen, wahrzusagen; und wo rühren her so unzahlbar viel Aberglauben, mit denen sie allerlei künftige Sachen vorschmecken, als eben von diesen abgeschabenen Feh-Hauben, ehrbare und tugendliebende Matronen werden hierinfalls nicht getroffen, sondern nur diejenigen altgebackenen und tiefaugigen Nachtgrillen, welche in allem ihren Thun und Lassen einen prophetischen Aberwitz spüren lassen, worvon die zarte Jugend mehrmal nit wenig Schaden leidet.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 4, S. 0,39.
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