Todes-Post zu dreyen Stimmen

[152] Bass


1.

Beschicke dein Hauß/ die Boten erscheinen/

Welche dir nach und nach kündigen an/

Daß dein Abscheiden nicht ferne seyn kan:

Bestelle dein Grab/ versorge die Deinen.


2.

Beschicke dein Hauß! die bleichenden Haare/

Die streichenden Jahre sind Leiter zur Bahre/

Schwindel im Haubte/ Beklemmung und Schmertzen

Drohen mit tödlichen Stössen dem Hertzen.


3.

Bestelle dein Hauß/ berathe die Seele!

Stunden entführen/ verlieren die Zeit:

Wer sich zur Reise nicht weißlich bereit/

Geht irre/ verfällt zur höllischen Höle.


4.

Bethräne mit Sehnen was Ubels verübet/

Fall deme zu Füssen der Sünde vergiebet!

Eyfriges Ruffen und gläubiges Hoffen

Hält dir die Pforte der Himmels-Burg offen.


Tenor


1.

Traurige Stimme/ bekümmerte Post/

Die zagende Seele vom Leibe zu scheiden/

Behagende Freuden und Freunde vermeiden/

Würmern im Grabe gedeyhen zur Kost!


2.

Sollen die Glieder so zeitlich erkalten?

Zeigt sich kein Mittel die Seele zu halten?

Wissen denn keine geübte Chymisten/

Länger den fliehenden Athem zu fristen.[153]


3.

Begeben das Leben/ verlassen das Gutt/

Aechzen und lechzen nach Labsal und Trost/

Wenn sich die Wellen der Höllen erbost/

Verblassen/ erstarren betrübet den Mutt.


4.

Man dencket bekräncket was Jugend begangen/

Wie reiffere Jahre mit Schulden umfangen!

Find sich kein Retter/ kein Bürge zu zahlen/

Bleibet nichts übrig als Kercker und Qualen.


Discant


1.

Fröliche Zeitung/ erfreuende Post/

Von Leyden und Hertze - durch schneiden sich scheiden/

Beschwerden der Erden in Ruhe vermeiden/

Ewig geniessen die Englische Kost!


2.

Lasset die siechenden Glieder erkalten/

Weiß sich die Seele nur sicher zu halten!

Wenn Erd und Himmel zerschmeltzen in Flammen/

Kommen sie beyderseits wieder zusammen.


3.

Wohl sterben giebt Erben zum himmlischen Gutt/

Unser Erlöser geht selber voran/

Machet uns eben die stachlichte Bahn:

Drum folget demselben mit freudigem Mutt.


4.

Wie will uns verübete Missethat drücken?

Sie lieget auff Jesu geduldigem Rücken.

Sünden verschwinden und bleiben dahinden/

Wenn wir uns feste mit diesem verbinden.


[154] Alle drey Stimmen


O Jesu/ verleyhe bey Schmertzen Geduld/

Verzeyhe/ befreye von schwärtzender Schuld!

Zeige zu lezteren Stunden die Wunden/

Drinnen wir Leben und Labsal gefunden!

Hilff mir wohl schliessen den irrdischen Lauff!

Vater/ am Ende nimm meinen Geist auff!

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 2, S. 152-155.
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