Uberschrifften zu einer Grufft

[37] Von der einen Seiten:


Ein Stammbaum mit 14. Zweigen/ an deren jeden ein Schild/ die zwey Haubt-Schilde an dem Stamme/ darunter eine eingehauene Axt.

[37] Stemmata quid faciunt?

Den alt-erworbnen Ritter-Stand.


Ein junger Adler der in die Sonne siehet/ aber unten von einem Pfeile geschossen wird:

Ante Diem.

Die Zier der angebohrnen Tugend.


Eine vollblühende Rose/ deren der Wind etliche Blätter abwirfft:

Exspirat Odorem.

Den Preiß der wohl-gerathnen Jugend.


Zwey Hertzen an Schnüren hangend/ die oben mit einem Zweiffels-Knoten zusammen gefüget/ und ein solchen Knoten entzwey hauender Säbel.

Sic dulcia fœdera rumpo.

Der treu-verknüpfften Seelen Band.


Ein Püschel mit fettem Klee/ an den eine Sichel oder Sense ihn abzumeyen geleget.

Succidit in herba.

Fällt/ bricht/ verwischt und trennt des Todes Hand.


Von der andern Seiten.


Eine goldene Feder die ins Wasser schreibet:

In spem futuræ oblivionis.

Der hohen Wissenschafften Pfand.


Eine fallende Sternputze:

Ascendi ut descendam.

Der Ehre Glantz/ damit wir prangen.


Eine Trompete mit schönen Quasten:

Tenues in auras.

Der Ruhm durch alle Welt gegangen.[38]


Ein eingesponnener Seiten-Wurm:

Aliis Sericum mihi sepulcrum.

Die Dienst erzeigt vor Freund und Land.


Eine Hand die Staub ausstreuet/ welcher theils in die Lufft flieget/ theils zur Erden fällt:

Ludibria temporis.

Verfliegen in die Lufft/ versallen in den Sand.


Im Mittel.


Ein prächtiges Grabmahl/ dessen Statuen theils abgeschlagen/ theils zerstümmelt/ im Mittel eine zurissene Fahne/ darinne geschrieben:

Perituris condimur.

Auch das Grabmahl so wir haben/

Wird in Asch' und Staub vergraben.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 37-39.
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