Siebenundsiebzigstes Kapitel.

Zur Königin.

[666] Es war ein seltsames Zusammentreffen. Die Fürstin Gargazin war heute mit einem Gedanken aufgestanden, der sie beim Frühstück beschäftigte. Sie wollte bei der Königin eine Audienz erbitten, um Adelheid zu präsentiren. Vielleicht die Frucht eines Traumes; auch unsere Träume sind nur die Früchte einer Saat, die wir selbst gesäet. Adelheid fing an sie zu geniren. Weshalb? – Das Gesetz ihres Zusammenlebens war ja, daß Keine die Andere geniren durfte! Und doch – zuweilen, wenn ihre Blicke sich begegneten, schlug die Fürstin die Augen nieder. Die Augen des Mädchens leuchteten so hell und klug. Sie erinnerte sich unwillkürlich an das, was Wandel über sie gesagt. Warum blieb er kalt vor dieser Schönheit? Warum empfand er ein Unbehagen in ihrer Gegenwart? – Wandel war ein blasirter Mensch, aber – ein Menschenkenner, es war etwas, worin Beide in ihren Gefühlen stimmten. – Und was sollte das Mädchen noch in ihrem Hause! – Kaiser Alexander war fern, er hatte andere Gedanken; wenn er kam, kam er im Kriegerrock, und dann – dann! Die besten Berechnungen[666] schlagen am ehesten fehl. – Und wenn Krieg ward, was sollte Adelheid in ihrer Begleitung! – Aber was sollte sie bei der Königin? – Das würde Gott am besten fügen. Die Fürstin war heute von einem Gottvertrauen, das durch die Ereignisse bestärkt werden sollte. Denn während sie noch am Frühstückstisch saß, war die Hofdame der Königin, Fräulein von Viereck, vorgefahren und hatte unter andern Dingen von der Verwunderung der Königin gesprochen, daß Erlaucht ihre Pflegetochter Ihrer Majestät noch nicht vorgestellt. Die andern Dinge waren bald bei Seite geschoben, die Viereck war nur darum gekommen. Die Königin durfte es nicht offiziell wünschen, auch war die Façon schwer zu finden, wie die Fürstin das junge Bürgermädchen präsentiren solle. Also sollte ein gelegentliches Zusammentreffen arrangirt werden. Die Kammerfrau der Königin, Mamsell Schadow, war eine Bekannte der Alltagschen Familie. Adelheid konnte die Kammerfrau besuchen, und so wenig dabei etwas Auffälliges war, konnte es sein, wenn Ihre Majestät bei der Gelegenheit das junge Mädchen traf.

Die Fürstin war über den Vorschlag um so mehr erfreut, als sie nicht nöthig hatte Mutterrolle zu spielen. Sie fürchtete nur Widerstand von dem kapriziösen Kopfe ihres Schützlings, eine Befürchtung, die um so größer ward, als sie hörte, daß Herr van Asten sich schon früh am Morgen bei Adelheid melden lassen, daß er angenommen worden und noch jetzt bei ihr sei. Was wollte der abgesetzte Liebhaber bei ihr! Er konnte doch nicht beabsichtigen, seinen Nebenbuhler und Freund wieder aus dem Sattel zu heben? Das Kammermädchen hatte zwar an der Thür gehorcht, aber nichts von Thränen und Betheuerungen. Die Sprache hatte so ernst geklungen, feierlich und – doch auch zärtlich, meinte das Kammermädchen. Sie musste die Sprache, welche drinnen gesprochen ward, nicht verstehen.

Jetzt ging er. Adelheid begleitete ihn bis an die Gartentreppe. Die Fürstin sah durch die Glasthür wenigstens den Abschied. Der junge Mann schien verändert, aber zu seinem Vortheil, seine Haltung war fester, entschlossener, vornehmer. Er ergriff Adelheids Hand, er schien sie an die Lippen bringen zu wollen, aber besann sich. Er hob sie nur bis ungefähr an die Brust und drückte dann seine Hand darauf. Er sah sie dabei nicht zärtlich, aber innig an. Sie musste ihn wieder so ansehen. Sie sprachen noch einige Worte, welche die Gargazin nicht hörte. Dann war es Adelheid, welche ihm kräftig die Hand schüttelte und etwas ihm nachrief. Als er verschwunden, kehrte sie um und trat durch die Glasthür.

Sie war nicht betroffen, als sie der Fürstin hier begegnete. Das Betroffensein war an der Gargazin, als Adelheid ohne Umschweife, bescheiden, aber kurz und entschlossen, mit der Bitte vorrückte,[667] die Fürstin möge ihr vergönnen, die Königin heut um eine Audienz angehn zu dürfen. –

Mamsell Schadow empfing das schöne Mädchen mit Herzlichkeit, obwohl sie wusste, daß der Besuch nicht ihr gelte, und führte sie sogleich in den Garten und in den Gang, wo die Königin ihre Morgenpromenade zu machen pflegte.

»Wir gehen hier an den Gebüschen langsam auf und ab, und wenn sie kommt, thun wir, als sähen wir sie nicht. Wenn sie in Gedanken ist und uns nicht sehen will, was man gleich merkt, treten wir ins Gebüsch zurück. Will sie uns aber sehen, dann thun wir sehr überrascht und etwas erschrocken. Das lieben die hohen Herrschaften und dann encouragiren sie uns.«

Eine Mittheilung der Schadow war aber nicht geeignet, Adelheid zu encouragiren. Ihr Vater, der Geheimrath, hatte vor einigen Tagen eine kurze Unterhaltung mit der Königin gehabt. Adelheids Name war dabei genannt worden. »Das ist schade, das darf nicht sein!« hatte die Königin geäußert. Nachher hatte die Schadow Ihre Majestät zur Viereck sagen gehört: »Ich muß das junge Mädchen einmal sprechen.« Adelheids Vater hatte eine Abneigung gegen ihre Verlobung mit Louis Bovillard. Die Mutter betrachtete sie als ein Glück. Sie wusste von häuslichem Verdruß deshalb. Ueber diesen Kampf war Adelheid hinaus. Beim kindlichsten Gefühl der Dankbarkeit fühlte sie sich frei geworden. Sie hatte es keinen Hehl gegen ihren Vater gehabt: Ihr habt mich hinausgesetzt in eine andere Welt, wo andere Gesetze gelten. Wenn ich mich den Pflichten unterwerfen musste, die sie fordern, so darf ich auch ihre Rechte für mich anrufen So war ungefähr der Sinn eines Gespräches, in dem der Vater unterlegen war. Es war ja nicht eigentlich sein Departement; er fühlte, daß der Geist seiner Tochter auf Fittigen flog, die im Staube des Aktenlebens nicht wachsen. Nun, wenn er in seinem Mißmuth Seufzern und Klagen gegen die erhabene Person Luft gegeben, so fühlte Adelheid eine andere Lebensluft in sich. – Sie fühlte sich nicht decouragirt.

Die Königin kam, aber nicht allein. Ein Kavalier ging an ihrer Seite, mit dem sie in lebhaftem Gespräche schien. Es war ein stattlicher, schöner Mann, von einem gewinnenden Ansehen, jede Bewegung weltmännische Grazie, obwohl sein rechter Arm, früh vom Schlage getroffen, gelähmt an der Seite hing. »Graf Hoym,« flüsterte die Schadow, »der Vicekönig von Schlesien. Wir müssen zurücktreten.« Beide gingen vorüber, und die Königin bemerkte sie in ihrer Aufregung wirklich nicht.

»Palm! Palm! lieber Hoym, das bleibt doch das Abscheulichste. – So unschuldig, in der Nacht fortgerissen von Frau und[668] Kindern – um – o mein Gott, ich glaube oft seinen Schatten zu sehen, wenn ich unter diesen Bäumen gehe.« – »Die Hunderttausende, gnädige Frau, die auf den Schlachtfeldern auch die Kugel traf –« »Nein, Hoym, das ist nicht das. Er schreitet über Leichen, das ist der Weg des Grässlichen. Aber der Mord an einem schuldlosen Familienvater –« Das Säuseln der Bäume und die größere Entfernung nahmen die andern Worte fort.

»Wie fühlen Sie sich, meine Liebe?« fragte die Schadow, um ihr Muth zu machen. »Nur Geduld es wird Alles ganz gut gehen.« – »Mich dünkt, die arme Königin ist in großer Aufregung. Ist denn Graf Hoym jetzt ihr Vertrauter?« – »Die arme Königin! Sie haben Recht, sie so zu nennen. Ach, unter uns, sie hat Niemand, dem sie ihr Herz ausschütten könnte.« »Ihr Herz?« Das war ein kluger Blick, welcher der Kammerfrau Muth machte, mehr zu sagen, als Kammerfrauen eigentlich dürfen.

»Ja, wenn sie ganz ihrem Herzen leben dürfte! Dafür hat sie ihre Kinder, ihren Gemahl, sich selbst; aber die großen Staatsangelegenhriten müssen fürchterlich stehen. Das, ich möchte sagen, zersprengt ihr oft das Herz. Liebe Demoiselle Alltag, ich möchte Manchen, der die Könige beneidet, einen Blick da hinein thun lassen, und sie würden Gott danken, daß sie so glücklich in ihrem Hause sind.«

Die Spaziergänger hatten sich umgewendet und gingen wieder vorüber. Die Königin schien noch immer in derselben Stimmung: »Er sieht die ganze Gefahr, klar und deutlich. Er könnte retten, und diesen einzigen Mann, der retten könnte, ihn lässt man brach liegen.« Aus Hoyms Antwort konnte man nur die Worte hören: »Aber der Freiherr von Stein –«

Die Schadow hatte Adelheid tiefer ins Gebüsch gezogen.

»Das ist ihr Hauptkummer jetzt. Unsereins darf freilich nichts davon wissen, und noch weniger sich darum kümmern, aber man müsste ja nicht Ohren und Augen haben. Je mehr es eine hohe Person schmerzt, um so heftiger bricht es unwillkürlich heraus, und uns beachten sie doch eigentlich nicht als Geschöpfe, die es angeht und die es verstehen.« – »Ihre Majestät wünscht den Freiherrn von Stein zum Rathgeber des Königs?« Die Kammerfrau sah Adelheid verwundert an: »Das wissen Sie auch! – Man mag im Publikum freilich Manches wissen, von dem die hohen Herrschaften glauben, daß sie es allein besitzen. Es ist so. Der Herr hat sich bei Hofe nicht beliebt gemacht; er hat viel Feinde. Das geht bis zu den Lakaien hinunter, Sie wissen nicht, wie das bei uns ist. Wen sie oben von Einfluß sehen, dessen Worte sprechen sie nach.«

»Aber wenn die Königin –«[669]

»Es ist das Schlimme, liebe Demoiselle, daß der König selbst den Herrn nicht liebt – er ist ihm unbequem. Ganz unter uns, er fühlt oft, daß es besser wäre, wenn die Andern, gegen die jetzt das Geschrei ist, fort wären, er möchte sie auch zuweilen los sein, denn er ist der edelste, beste Herr von der Welt, aber sie sind ihm bequem, er hat sich an sie gewöhnt. Er entlässt ja keinen seiner alten Diener.«

Die Spaziergänger waren abermals zurückgekehrt.

»In den Provinzen theilt man Ihro Majestät Entrüstung,« sagte Hoym, »Allen ist es ein Räthsel: Friedrichs Staat in den eines französischen Roturiers!« Die Königin blieb stehen: »Sagen Sie lieber, eines charakterlosen Libertins, der mit den höchsten Gütern, den Tugenden, der Ehre des schönsten Reiches leichtsinnig spielt wie mit den Geldrollen, die er alle Abend am Pharotisch verliert.« – »Jammerschade, daß unser Haugwitz sich von ihm leiten lässt. Sonst ein so liebenswürdiger heller Geist.« – »Mich dünkt, es ist der höchste Grad des Unverstandes, das Werkzeug der Verworfenheit And rer zu werden.«

Auf einen solchen Ausspruch aus dem Munde einer Königin muß der Unterthan in Ehrfurcht schweigen. Hoym schwieg; auch die Königin schwieg einen Augenblick, wie im Gefühl, mehr gesagt zu haben, als die Etikette einer Königin zu sagen erlaubt. Die leichte Röthe war wieder von ihrem huldstrahlenden Gesicht verschwunden, als sie fortfuhr: »Ihm, ihm allein verdanken wir es, daß das Ungeheuer mit kaltem Hohn auf uns herabblickt. Er verachtet unsre Machthaber, weil wir solchen an ihn bevollmächtigten. Ich sage nichts davon, wie er in Brünn sich fortschicken, in Wien behandeln, in Schönbrunn dupiren ließ; ich zerdrücke meinen Schmerz, daß er es war, der Hannover uns schenken ließ, der Brocken, an dem unser Adler ersticken sollte. Daß er aber nach dieser Erfahrung, belastet von den Verwünschungen einer ganzen edlen Nation, jetzt in Paris wieder dieselbe Rolle der Insouciance spielen konnte!« – »Er war vielleicht, wie Lombard in Brüssel, von der Grandeur der neuen Majestät eblouirt. Il est un peu phantaste, Mystiker, er glaubt zuweilen an Geistererscheinungen.« – »Nein, Hoym. Er glaubt nur an sich. Er schrieb damals her: ›Sobald ich ihn gesehen, ist Alles abgemacht; ich weiß ja, was er in Wien zu mir gesagt hat.‹« Solcher naive Glaube wäre rührend, wenn er nicht ein Staatsminister des Königs wäre, wenn nicht Seine Majestät das Wohl seines Volkes und seiner Krone in seine Hand gelegt hätte. Da, in der schrecklichen Audienz, die er am siebenten Tage auf vieles Bitten und Dringen erhielt, musste er sich von Bonaparte die Schmeichelei in's Gesicht sagen lassen: »Sie sind ehrlich, ich weiß es, aber Sie haben keinen Kredit mehr[670] in Berlin; Hardenberg und ein paar andre hirnkranke Narren wühlen das Volk auf und beherrschen Ihren König.« Das musste er hören, der Abgesandte Preußens, aus dem Munde des Corsen, und – schwieg – musste schweigen – und – und –

Als sie wieder vorüber waren, meinte Adelheid, die Königin sei jetzt wohl schwerlich gestimmt, ein unbedeutendes Mädchen zu empfangen; ob es nicht schicklicher wäre, wenn sie sich zurückzöge? Die Schadow verneinte es: »Das geht bald vorüber. Sie kann nicht lange zürnen, das ist ihr himmlisches Gemüth. Es ist, wie wenn ein Gewittersturm vorüberzog und dann die Abendsonne scheint. Dann athmet sie auf, sie kann sich an einer Feldblume freuen, und gerade dann wird sie erst recht gütig, wenn sie aufgebracht war, und möchte es an Allen, denen sie begegnet, wieder gut machen.«

Aber das Gewitter war noch nicht ganz vorüber. Es war nur auf dem Rückzuge. Die Königin wandte in kürzeren Absätzen um. Diesmal schien Hoym der Ankläger gewesen zu sein. Die Fürstin schüttelte den Kopf: »Ich hielt ihn für ehrlich. Er hat ein so angenehmes Wesen.« – »Leider ist es in Paris so bekannt wie hier, daß Lucchesini nach Berlin nur das berichtet, was uns schmeichelt. Die Hauptsachen hat er verschwiegen.« – »Er ist ein Italiener. Ich will zugeben, daß seine Lust das Intriguiren ist, aber, Graf, er sieht sehr scharf die Dinge, wie sie sind.« – »Das streitet ihm Niemand ab, Ihre Majestät, aber sein Gesandtenposten in der französischen Hauptstadt gefiel ihm so außerordentlich, daß er das geschickt cachirt hat, was unser Kabinet genöthigt hätte, ihn auf der Stelle zurückzurufen. Noch weniger als er hatte seine Frau Lust Paris zu verlassen.« – »Muß auch das in unser Unglück hineinspielen!« – »Madame la Marquise haßt ihre Schwester, die Bischofswerder, auf Tod und Blut. Sie hat ihrem Gemahl erkärt, daß sie an Krämpfen verginge, wenn sie mit ihr unter dem Himmel einer Stadt leben müsste. Unser Ambassadeur ist ein so guter Ehemann! Ich kann ihn nicht entschuldigen; in milderem Lichte aber darf ich Haugwitz's Versehen betrachten. Ward er nicht immerfort, durch falsche Berichte getäuscht?« – »Ich möchte so ungern auch diesen Mann aufgeben! Ist sein Eifer jetzt für den Krieg auch Verstellung?« – »Nein, nur aufrichtige Erbitterung gegen Napoleon, der ihn nie leiden mochte und ihn endlich aus Paris fortschaffte.« – »O, lieber Hoym –« fuhr die Fürstin mit der Hand an die Stirn, »Menschen, wie sie sein sollten! – Sind denn die Könige verdammt, daß ihr Glanz nur die an sich zieht, die nicht sind, wie sie sein sollen!«

»Jetzt entlässt sie ihn bald,« flüsterte die Schadow. »Geben Sie Acht, sie wenden noch kürzer.« Adelheids Herz schlug lebhafter.[671] Eine angenehme Wärme durchdrang sie, sie fühlte eine Lust, dieser Königin Angesicht gegen Angesicht zu stehen. Es waren wirklich die Abschiedsworte, als sie zum letzten Mal vorüber gingen.

»– Und diese Mäntelgeschichte, welche das Land in Aufruhr bringt, wird man es künftig glauben, daß man erst jetzt, im letzten Augenblick daran denkt! Eine Sottise, bedürfte es noch der Epigramme, es giebt kein schlagenderes auf die Unfähigkeit unserer Verwalter. Und statt als wirklich treue Diener ihres Herrn die Schuld auf sich zu nehmen, lassen sie Seine Majestät den König in kläglichen Lauten zum Publikum sprechen, sie legen meinem Gemahl Worte in den Mund, über die ich mich in der Seele schäme. Sie haben nicht daran gedacht, und ihre Pflicht war es. Ist das Loyalität? – Auch im Kriegswesen sagte mir Rüchel Unbegreifliches. Für das Nöthigste nicht gesorgt! Unsre Festungen zu armiren, dazu schickt man sich jetzt erst an. Es ist unerhört, man wird es künftig nicht glauben. Wozu bezogen sie die großen Besoldungen, wozu wurden ihnen Güter über Güter geschenkt! – Nein, lieber Graf, das Kabinet, was diesen gräßlichen Zustand möglich machte – es kann, darf nicht bleiben – oder –«

Die Worte verhallten. Am Ende der Allee war der Vicekönig von Schlesien entlassen. Louise stand eine Weile sinnend. Ihre schöne, anmuthige Gestalt im weißen einfachen Morgenkleide ward noch vortheilhafter gehoben durch den grünen Rasenfleck, gegen den sie wie eine Marmorstatue abschnitt. Ein Sonnenstrahl, der durch die Baumwipfel auf ihren Scheitel fiel, setzte ihr eine goldene Krone auf, aber er goß zugleich ein wunderbares Leben auf das schöne Gesicht. Es war keine Bildsäule; die Königin schwebte die Allee wieder herab. Auf ihrem Gesicht schien jede Spur der Agitation verschwunden, als sie näher kam. Sie ging auf Beide zu.

»Ihre Majestät entschuldigen,« wollte die Schadow anfangen, »es ist zufällig eine liebe gute Freundin –«

»Es ist eine alte Bekannte und ein lieber Besuch,« unterbrach die Fürstin. »Wir sind ja hier unter uns, wozu die Komödie! – Es freut mich, Sie wieder zu sehen, liebes Kind, so wie Sie sind. Ich meine,« setzte sie lächelnd hinzn, »wie Sie bei Gottes schönem Sonnenlicht aussehen. Das Lampenlicht täuscht immer, und es ist mir lieb, daß ich mich nicht getäuscht habe.«

Eine gebietende, aber graziöse Bewegung forderte Adelheid auf, an ihrer Seite weiter zu gehen. Der Schadow schien es zweifelhaft, ob sie nach diesem Empfange respektvoll unter dem Baume stehen bleiben, oder in ebenso respektvoller Entfernung folgen solle. Da wandte sich die Fürstin freundlich um: »Ach, liebe Schadow, da fällt mir ein, ich vergaß, als Hoym sich vorhin melden ließ, daß meine Lieblingsbücher auf dem Nähtisch liegen[672] geblieben sind. Sehen Sie doch nach, damit die Kinder nicht darüber kommen.«

Der Etikettenzweifel der Kammerfrau war gelöst, sie verneigte sich und die Königin und Adelheid waren allein. Es war ein wunderschöner Herbstmorgen, kein Wölkchen am sonnendurchglühten Himmel, die laue Luft spielte durch die angegelbten Baumwipfel, Sperlinge zwitscherten in den Büschen, weiße Herbstfäden flogen umher. Es war kein gezwungener Anfang des Gespräches, wie von selbst kamen die Worte von den Lippen der Königin: »Sind Sie auch eine Freundin der Natur?«

»Sie streicht Balsam auf die Wunden der Leidenden und wessen Herz vor Freude jauchzt, wo findet er Laute dafür, als in ihrer stummen Sprache!«

Das war zu starke Farbe für die Stimmung, sagen wir für die Poesie der Königin, aufgetragen. Sie blieb einen Augenblick stumm. Dann sprach sie Worte, die auch Andere behorcht haben müssen, denn wir finden sie schon verzeichnet.

»Ich muß den Saiten meines Gemüthes jeden Tag einige Stunden Ruhe gönnen, und sie dadurch gleichsam immer wieder aufziehen, damit sie den rechten Ton und Anklang behalten. Das gelingt mir am besten in der Einsamkeit, aber nicht im Zimmer, ich muß hinaus in die freie Luft, in die stillen Schatten der Bäume. Unterlasse ich es, dann tritt gewöhnlich Verstimmung bei mir ein, und je geräuschvoller es um mich wird, um so ärger wird sie. Ach, es liegt ein ungemeiner Segen in dem abgeschlossenen Umgange mit uns selbst.«

Das war viel von einer Fürstin gegen ein junges Mädchen, welches keine Ansprüche an ihre Vertraulichkeit hatte, welches sie zum zweiten Mal sah. Adelheid fühlte das Viele, es drückte sie indeß weder nieder, noch erhob es sie. Jene hatte wohl Recht: die auf den isolirten Höhen thronen, fühlen auch das Bedürfniß, ihre Gefühle mitzutheilen. Wenn sie keine Herzen, Seelen, Geister finden, die sie verstehen, klagen sie's der sternbesäeten Nacht. Sie schütten in der Verzweiflung ihr Herz auch aus vor den glatten Marmorwänden, lieber als vor marmorkalten und glatten Menschengesichtern. Adelheid gestand sich, sie war in diesem Augenblick nur eine Wand, ein Baum, an den die Fürstin ihr Herz ausschüttete. In der Art lag aber zugleich eine Korrektion. Die Königin hatte die Saiten auf den Ton gestimmt, der im Gespräche durchklingen sollte, es war ein elegisch-sentimentaler. Er passte nicht zu der Stimmung, welche Adelheid mitgebracht, und die in dem belauschten Gespräche neue Nahrung erhalten hatte. Weil Adelheids Saiten zu hoch gestimmt gewesen, schwieg sie, in Erwartung, daß der Einklang mit der Fürstin sich herstellen werde.[673]

»Sie sind eines von den glücklichen Wesen,« hub die Königin an, »an deren Wiege, wie die Dichter sagen, gütige Feen standen.« Adelheid öffnete die Lippen, aber verschluckte das Wort. Die Fürstin hatte den fragenden Blick aufgefangen und verstanden: »Wäre ich nicht die – stände ich Ihnen nicht so fern und fremd, so würden Sie mich gefragt haben: Was ist denn Glück?« – »An Ihre Maiestät erlaube ich mir nicht die Frage, aber an mich selbst: Was macht das Glück dieses Lebens aus?« – »Mich dünkt, der Stempel, den der Schöpfer seinen Geschöpfen aufgedrückt hat, ist die beste Antwort. Sie brauchen sich nicht im Spiegel zu sehen. Sehen Sie nur die Miene der Leute, denen Sie begegnen. Die schöne Adelheid Alltag ist überall willkommen.« – »Und doch verdankte ich neulich nur der Huld einer höheren Zauberin, daß ich dem Spotte und der Kränkung entging.« – »O das waren Unarten. Neidische und böse Menschen können den Frieden der Glücklichen nicht verkümmern. Dieser Friede ist ein Gut, was tiefer liegt. Ihre hässlichen Hände reichen da nicht hin.« – »Gnädigste Königin, ich preise allerdings mein Glück, weil ich früh einen Lehrer fand, der mich auf das Wahre hinwies.« – »Ich kenne Ihren Vater; er ist ein trefflicher Mann und treuer Staatsdiener, der nichts Höheres kennt, als die Erfüllung seiner Pflichten.« – »Mein Lehrer lehrte mich,« fuhr Adelheid rasch fort, »daß Leiden unsere besten Erzieher sind. Aus der Schule großen Unglücks entwickelt sich die Seele zur Freiheit und Selbstständigkeit.« – »Haben Sie auch diese Schule durchgemacht! – Doch das ist ja nun vorüber.« – »Wer kann sagen, daß er aus der Schule entlassen ist, so lange er lebt! Und wer sieht unter dem fröhlichen Gesicht die Schmerzen in der Brust!« Das war ein Ton, welcher anschlug, er vibrirte durch die Seele der Königin: »Und wer sieht heute, was morgen kommt!«

Ein Seufzer machte sich aus ihrer Brust Luft. Da flog, von einem leisen Luftzug getragen, einer jener weißen flockigen Herbstfäden, wo die Allee sich bog, von der Wiese ihnen entgegen und legte sich um Beider Brust, indem er, von ihrer Bewegung festgehalten, sie umschlang. Beide waren durch ein Spiel der Natur an einander gefesselt. Adelheid hob den Arm, um den Faden vom Hals der Fürstin los zu machen, aber – es war die Wirkung und die That des Momentes, jene Einwirkung unsichtbarer Geister, die wir umsonst erklären, und, wenn erklärt, so wäre es nichts – die Thränen stürzten aus den Augen der Königin und sie drückte Adelheid an ihre Brust. Niemand sah es, es war weite sonntägliche Einsamkeit im Park. Die Sonne, obgleich sie Alles sieht, ist eine schweigende Zeugin, die Käfer schwirrten, die Frösche ächzten ihr monotones Lied in den feuchten Wiesen; vom Kirchthurm läuteten[674] die gedämpften Glocken zum Begräbniß einer alten Frau. Die Lippen der Fürstin berührten Adelheids Wangen: »Ach, liebes Mädchen, wer weiß, was morgen kommt!« Es war da in dem Augenblick mehr zwischen ihnen vorgegangen, als Worte aussprechen. Die Königin sprach: »Sie schickte mir der allgütige Vater im Himmel zu einer Stunde, wo ich Trost bedurfte. Was man so gefunden, lässt man so leicht nicht wieder von sich.«

Die Emotionen haben ihr ewiges, unverjährbares Recht, unter den goldenen Decken der Schlösser wie unter den Schilfdächern der Hütten; aber hier dürfen sie austoben bis zur Erschöpfung, dort ist ihnen ein Maß gesteckt. Luise war wieder die Königin geworden, als sie weiter gingen, aber von einer Huld, welche die Majestät überstrahlte. Sie zeigte nach dem Pavillon mit chinesischem Dach, auf einer kleinen Höhe vor ihnen: »Dort wollen wir einen Augenblick ausruhen.« Ihr Gespräch, bis sie den Punkt erreicht, war lebhaft, aber es floß ruhig hin. Adelheids Aeußerungen mussten die ganze Aufmerksamkeit der Fürstin erregt haben. Sie hatte sie oft forschend angeblickt. Als sie auf der ländlichen, von Blüthenästen geflochtenen Bank Platz genommen, sagte Luise: »Sie sind noch so jung, und schon solche Erfahrungen!«

Adelheid erröthete.

»Sie kamen, wie Sie mir sagten, nie aus der Residenz, Sie lebten nur in guten Häusern, unter respektabeln Familien, und zuweilen blitzt es aus Ihren Reden, als wüssten oder ahnten Sie die Verworfenheit der schlechten Menschen. Ich glaubte, das wäre uns nur aufgespart, die wir von oben so Vieles sehen, was Ihnen unten verborgen bleibt. Wie die Motten nach dem Licht, so flattern uns Die zu, welche für ihre ungeordneten Begierden unten keinen Platz fänden. Wir müssen sie dulden, weil – ach, aus vielen Gründen! während die stillen, sittlichen, bürgerlichen Kreise ihnen die Thür verschließen dürfen. Man thut daher sehr Unrecht, uns zu beneiden, liebe Mamsell. Wir, die wir andern Pflichten zu gehorchen haben, könnten die Niederen beneiden, welche diese Rücksichten nicht kennen. Sie dürfen nach ihrem Penchant leben und ihre Freunde sich unter den Rechtschaffenen und Guten nach ihrem Gefallen aussuchen.« – »Ihre Majestät, ich meine, es giebt Rücksichten und Pflichten in jedem Lebenskreise.« – »Ganz gewiß, aber es ist leichter, in den Hütten ein stilles Glück sich zu bereiten und doch keine Pflicht zu vergessen, als wenn unsre Wiege dem Throne nahe stand.«

Die Fürstin sprach es mit dem bewegt feierlichen Tone, der keinen Widerspruch zulässt. Ihr Auge sah dabei wie verklärt in die Ferne. Wo ihre Gedanken waren, ließ sie die Zuhörerin nicht lange errathen: »Auch ich habe einen Blick in dieses Glück gethan.[675] Es waren die schönsten, glänzendsten Stunden meines Lebens. Damals, liebes Kind, hielt ich es auch für das höchste Glück, was das höchste Wesen unterm Sternenzelt einer Sterblichen gewähren könne, Königin zu sein über ein glückliches Volk.«

Die Gedanken der Königin verfolgten die berühmte Huldigungsreise, welche sie nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms III. mit ihrem Gemahl gemacht. Luise letzte sich an der Erinnerung. Sie malte einzelne jener schönen Züge, von denen uns die Zeitgenossen berichten. Die Erscheinung des Königs und der Königin, einer jungen, von Liebreiz und Güte umflossenen, in Provinzen, wo auch die ältesten Greise sich nicht erinnern können, je eine Königin gesehen zu haben, glich der Erscheinung von Schutzgöttern des Vaterlandes, von erhabenen Genien der Gerechtigkeit und Milde, die überall wo sie sich zeigen, unüberwindliche Eroberer, jedes Herz gewinnen. Eine Reise war es gewesen fortwährender Triumphe, nein, eine ununterbrochene Reihe von Familienfesten. Da brannte die Sonne herab, daß man die Augen nicht aufthun konnte, und doch wich Keiner vom Platze, bis er seine Königin mit Augen gesehen. Da waren neunzehn weißgekleidete Mädchen an ihren Wagen gesprungen. Eines hatte der Königin zugeflüstert: Wir sind eigentlich zwanzig, aber die Eine ist nach Haus geschickt. Warum denn, liebes Kind? – Weil sie so hässlich ausgesehen. Da hatte Luise nach der armen Hässlichen geschickt und sprach am längsten und freundlichsten mit ihr. – Und jener alte Bauer, der sie so gern sehen wollen, und immer wieder von den Andern und den Gensd'armen zurückgedrängt war, die Königin hatte ihn wohl gesehen und heranrufen lassen, und noch sah sie ihn, wie der Greis sein Haupt entblößte und stumm, aber unverwandten Blickes, die Landesmutter anschaute. In dessen Herzen, wusste sie, lebte ihr Bild ewig fort! Und wie in einem andern Dorfe in Pommern die Bauernschaft den Wagen umringt hatte, und die Bauern in ihrem Plattdeutsch durchaus darauf bestanden, daß sie aussteigen müsse und sich »traktiren« lasse, damit die Städter nicht dächten, sie hätten das Vorrecht allein. Und die Königin war lächelnd ausgestiegen und in das Bauernhaus getreten, und hatte von dem großen ihr aufgetragenen Eierkuchen ein Stück gegessen, und versichert, daß er sehr schmackhaft sei. Und wie der König im Zelt an der Weichsel wo er als Gast der Elbinger tafelte, zu dem Landmann, der mit einer Bittschrift sich auf die Knie geworfen, in edlem Unwillen gerufen; »Nur vor Gott knien! Ein Mensch muß nicht vor einem andern Menschen knien!«

»Da habe ich Blicke gethan auf den Herd meines Volkes,« schloß die Königin, »und weiß, wo die Zufriedenheit und Seelenruhe wohnt. – Sie frösteln, liebes Kind, Sie schaudern sogar –«[676] »Ach, Ihre Majestät, es waren Gedanken –« Die Fürstin hatte sie gelesen: »Freilich weiß ich, nicht überall stehen Hütten von Philemon und Baucis, aber die Immoralität hat da keinen dauernden Wohnsitz, wo bewährte Tugenden, Patriotismus und Menschenliebe die Seelen umschlingen. Wenn wir wieder Ruhe und Frieden nach Außen haben, dann hoffe ich, soll es in den höheren – Gott gebe auch in den höchsten Kreisen besser werden. Aber Sie, liebes Mädchen, können doch nicht klagen, Ihr guter Genius führte Sie nur unter edle Menschen –«

»Erlauchte Frau! ich meine, die Menschen sind in allen Kreisen Menschen, und verzeihe mir der Allgütige, wenn es Sünde ist, sie kommen mir oft wie ein Knäuel von Schlangen vor. Wenn Eine mich recht liebevoll anblickt, denke ich an den Tiger, der den Kopf auf die Krallen drückt, zum Satz auf sein Opfer.« – »Was sind das für Phantasieen!« – »Ich weiß es nicht. Aber ich sehe überall Larven und dahinter Verbrecher.« – »Calmiren Sie sich.« – »Es ist nun einmal mein Schicksal, ich ward von ihm herumgeschleudert, ich bin keine, ich will keine Clairvoyante sein, aber wie Vieles musste ich wider Willen belauschen, und da ist mir, wenn ich einen stillen Teich sehe, den kein Lüftchen kräuselt, als werde er plötzlich gähren, sich heben, toben und Ungeheures zu Tage kommen. Wo wir's am wenigsten erwartet, in den friedlichen Kreisen, die wir die glücklichen nennen, als braue unter der Ruhe Entsetzliches. Die Luft drückt mich, und zu weilen wünsche ich, daß der Sturm komme, die Elemente toben; ein Krieg erscheint mir nicht mehr so schreckenvoll, wenn diese brütende Stille nur aufhört.«

»Das sind Imaginationen, vielleicht aus den neuen Büchern. Diese Schlegel, Tieck, Novalis sind aber eine excentrische Lektüre, welche das Blut erhitzt; keine für ein junges Mädchen, das Herz und Geist zum Umgang mit rechtschaffenen Menschen ausbilden will.« – »Mich dünkt, Ihre Majestät, die Zeit ist auch zu ernst, und fordert von uns andere Pflichten, als in der Märchenwelt zu lustwandeln.« – »Das ist verständig von Ihnen. Man eifert auch gegen das Lesen von Romanen und Schauspielen, aber man thut Unrecht. Unser Iffland führt uns doch immer rührende Beispiele vor, wie wir uns glücklich finden können in beschränkten Verhältnissen. Sie wollen es tadeln, daß er die bösen Menschen immer aus der vornehmen Welt nimmt. Aber hat Iffland Unrecht? Ich wenigstens und der König sehen uns immer mit Befriedigung an. Sie sollen sich nur ein Exempel dran nehmen, die es trifft, sagte neulich mein Gemahl. – Den Lafontaine möchten sie uns auch verleiden, aber wie viele herzliche und frohe Stunden verdanken wir ihm, wie vielen Trost, wenn wir Abends nach einem verdrießlichen Tage uns mit ihm auf dem Sopha vom Gewühl zurückzogen.[677] O es giebt solche Tage, wo Fürsten nichts hören als Klagen, Gegenanschuldigungen, wo uns die Welt wie ganz verderbt erscheint, ein Knäuel von Schlangen, sagten Sie, wir wollen es nur ein Durcheinander von bösen Menschen nennen. Da, wenn wir uns fürchten mussten vor Allem, was uns nahe kam, da erquickte uns Lafontaine mit der rührenden Einfalt seiner Person, wir sahen uns an, und wenn wir uns nicht aussprachen, dachten wir es: es giebt doch noch gute Menschen. Warum sind die es nicht, welche die Vorsehung uns in den Weg führt. Zuweilen erhört dann der Himmel unsern Wunsch, und wenn wir es am wenigsten erwarten.« Der gütigste Blick ruhte auf Adelheid. »Was sind denn Ihre Lieblingscharaktere in Lafontaine?« fragte die Fürstin, um sie in ihrer sichtbaren Verlegenheit aufzumuntern. Die Gütige sah wohl die Wirkung, aber nicht die Ursache. Adelheid hatte an den Romanen nie Geschmack finden können: sie hatte die wenigsten durchgelesen. Sollte sie lügen vor einer Monarchin, die allen Schmuck der Hoheit vor ihr abgelegt, und nur in ihrem edelsten Selbst sich gab! Adelheid hätte in diesem Augenblick aufstehen und ihr zu Füßen stürzen können, um die Wahrheit in ihr zu verehren, die nicht in schönerer Gestalt sich verkörpern konnte, aber die Unwahrheit sprechen konnte sie nicht.

Es floß von ihrem Munde, was sie dachte, mit einer kleinen Einfassung von Schmeichelei, die darum nicht Unwahrheit war: »Mich dünkt, des Dichters Aufgabe ist, die Menschen zu schildern, wie sie sind. Weil er Dichter ist, darf er das Schöne und Erhabene in seinem wunderbar geschliffenen Spiegel vergrößern und verschönern, und es mag ihm auch vielleicht erlaubt sein, das Hässliche und Schlechte noch etwas hässlicher zu machen. Doch das verstehe ich nicht und bescheide mich deshalb. Das Große und Schöne soll er indeß nicht hässlich und niedrig malen, sonst widersteht er unserm Gefühl, denn von der Dichtung verlangen wir Frauen wenigstens, daß sie unsre Gefühle erheben und uns die ewige Schönheit ahnen lassen soll. Aber wenn er umgekehrt das Kleinliche und Hässliche ausschmückt, und dem Gemeinen den Schein der Tugend und des Edelmuthes umhängt, damit uns das gefalle, was wir meiden und verabscheuen sollen, dann kommt es mir vor, als versündigte er sich an seinem hohen Beruf. Wenn ich durch die Wimpern einer edlen Fürstin eine Thräne sich drängen sehe, weil sie bang einer schweren Zukunft entgegen sieht, für ihre Familie, ihr Volk, ihr Land, oder ist's eine der Freude, daß ihr Gemahl siegreich aus dem Felde zurückkehrt, ihre Kinder ihr Freude bereiten, ihr Erstgeborner einen ersten Zug entfaltet, der an den Edelmuth und die Tapferkeit seiner Ahnen erinnert – das, dünkt mich, ist eine Thräne, die der Dichter auffassen muß[678] wie ein Juwel im Sonnen schein. Aber entweiht er die schöne Thräne nicht, wenn er auch alle seine unbedeutenden Personen bei jeder Gelegenheit gerührt sein und weinen lässt, um Kleines und Geringfügiges, und wenn er dann die Thräne so schön ausmalt, daß die armen Leser mitweinen müssen! Sie wissen am Ende nicht recht, warum, aber er erhält die weinerliche Stimmung, weil er darauf rechnet, daß wir Alle schwach sind und es uns am Ende an ihn fesselt. So kommt mir Lafontaine vor, erlauchte Frau, er weiß, wo wir Alle schwach sind, und da versucht er uns zu streicheln, er drückt wehmüthig die Hand, schlägt verführerische Akkorde an, bis wir fortgerissen sind, und wenn wir wieder zu uns kommen, schämen wir uns darüber, denn er hat uns weich gemacht, wo wir stark sein sollten, und wo haben wir dann noch Gefühl, Stimmung, die unentweihte Thräne für das große Schicksal wirklicher großer Menschen«

Die Königin hatte mit Aufmerksamkeit zugehört. Von Spöttern waren ihr ähnliche Urtheile über ihren frühern Lieblingsdichter schon zugedrungen. Dieser Ton war anders. Sie stimmte nicht bei, sie widersprach nicht, sie schien die Sache zur weitern Ueberlegung zurückzulegen, als sie sich seitwärts wandte.

»Dann ist wohl Jean Paul Ihr Dichter? Dieser Liebling der Museu erhebt uns in die Höhen, wo unsre Adelheid sich wohl befindet. Ich liebe ihn auch, aber mir schwindelt zuweilen in seinen lichten Räumen, mitten in meiner Begeisterung und Bewunderung für ihn fühle ich mich beklommen. Daß ich es gerade heraussage, die Luft dieser erhabenen Wesen ist mir zu rein, meine Neigungen sind doch noch zu irdisch, ich fühle daß ich unter diesen Natalien und Lianen eine schlechte Rolle spielen würde. Es ist vielleicht die Eitelkeit« – setzte sie lächelnd hinzu – »die Königin möchte nicht gern die Magd spielen in der überirdischen Gesellschaft des edlen Dichters.«

»Ihre Majestät verzeihen, wenn ein schlichtes Bürgermädchen diesen Stolz auch empfindet. Jean Pauls Frauen kommen mir oft vor wie aus Mondenschein und Sonnenstrahlen gewebt. Wenn man sich an sie hielte, zerflössen sie –«

»Das dürfen Sie in Berlin nicht laut aussprechen, sonst verketzern sie uns,« fiel die Fürstin noch im selben Ton ein. – »Nein, alle Admiration dem herrlichen Manne, aber Sie haben wohl Recht, unsere Zeit fordert Männer, auch Frauen, welche den Dingen und Verhältnissen ins Gesicht zu sehen verstehen, und vor einer rauhen Berührung nicht zurückschrecken. Sie fordert, daß wir unsere Empfindungen beherrschen. Es ist schwer, mein liebes Kind, schwer für einen Jeden, die schlechten Menschen nicht merken zu lassen, daß man sie hasst, verachtet, was mehr für uns Fürsten! Das ist unsere gepriesene hohe Freiheit, wir müssen sogar freundlich scheinen[679] gegen unsere Feinde, denen die Hand drücken, von denen wir wissen, daß sie in der Tasche den Dolch gegen uns versteckt halten. Das kostet etwas – eine Resignation, die oft unsere schwache Kraft übersteigt. – Wir träumen zu viel von dem Guten und Bessern. Das ist schön, aber wir dürfen nicht mehr träumen, wir Alle nicht. Jede muß ihre ganze Kraft anrufen, um gerüstet dem gegenüber zu stehen, was Gott zu unserer Prüfung schickt. Wir müssen uns bezwingen, entsagen zu können, auch dem, was uns das Theuerste, Liebste ist!«

Der Ton ihrer Sprache hatte sich mit ihrer Stimmung plötzlich verwandelt. Es war auch um sie her anders geworden; die Sonne war hinter heraufziehende Wolken getreten, die Vorläufer des Windes hatten schon länger die gelben Blätter über die Füße der beiden Frauen getrieben, jetzt fing er an in den Büschen das Gezweig zu rütteln, in raschen Stößen rüttelte er von den entfernten Baumwipfeln das Laub. Die laue Luft hatte, wie auf einen Zauberhauch, einer empfindlichen, scharfen Kälte Platz gemacht, daß die Damen die Tücher enger um den Hals zogen.

»Sie müssen Alle entsagen,« sprach die Königin feierlich, »auch Sie, Adelheid werden die Kraft haben. Ich habe das schöne Vertrauen, nachdem ich Ihre schöne Seele kennen gelernt.«

Da war auch ein schöner Vorhang plötzlich gefallen, ein Vorhang gewebt aus Sonnenstäubchen, die in anmuthigem Spiel hin und her geschaukelt, und die bleierne graue Wahrheit lag vor ihnen, das, warum die Fürstin Adelheid zu sich beschieden; auch das blickte schon verrätherisch hervor, warum Adelheid gekommen war.

Es giebt im Seelenleben Augenblicke, wo der Klügste sich keine Rechenschaft zu geben weiß, woher ein Gedanke aufquillt, dem er plötzlich zu folgen sich gedrungen fühlt, auch wenn er entgegen der Strömung ist, der all sein Fühlen und Denken sich hinneigt. Bei großen Mänern ist es ein Kitzel, mitten in Plänen, welche die Welt verrücken sollen, sich starr auf einen einzelnen Punkt zu setzen, der damit nichts zu thun hat, sorglos, ob die Emsigkeit, welche sie der Bagatelle widmen, sie an ihrem größern Schaffen hindert. Cäsar, mit dem Plan die Welt zu erobern im Kopfe, beschrieb, wie ein Liebender die Augen der Geliebten, die Konstruktion der hölzernen Rheinbrücke, die er erfunden. Es ist die ewige Mahnung an die großen Geister, daß all unser ernstes Thun vor einem höhern Auge Spielwerk ist. An Frauen es zu rügen, ist keinem Billigen eingekommen. Wenn sie gar nicht mehr spielen sollten, was wären sie sich – uns! Auf Königin Luisens Seele lastete Ungeheures. Seit der vorjährigen Gruftscene in Potsdam schien sie Vielen ihrer Umgebung wie ausgetauscht. Sie las nicht mehr Lafontaines Romane, daß sie heute sie gerühmt, war nur pietätvolle[680] Erinnerung gewesen, sie lebte der ernsten Sorge vor der Gefahr, die über dem Hause ihres Gatten, dem Lande ihrer Liebe und Wahl schwebte. Keine Frau, vielleicht wenig Männer fühlten so schwer, innig, zuweilen klar die Bedeutung der Zeit, und doch hatte sie ein Etwas, was ganz außer diesem Kreise lag, mit Eifer aufgefasst. Sie hatte sich für das schöne Mädchen interessirt, von dem der Ruf so viel sprach, die erste Begegnung hatte dies Interesse erhöht. Sie wollte Adelheid, nach dem gelegentlichen Gespräch mit ihrem Vater, vor einer Verbindung bewahren, welche dieser beklagt, welche ihr als Unglück erschien. Wie ihre Phantasie plötzlich sich dieses Gegenstandes so bemächtigen können, bleibt uns ungesagt, aber es war so, es war nicht unnatürlich, und die Königin sprach wie eine lebende, zärtlich besorgte Mutter zu ihrem Kinde.

Luisens Beredtsamkeit ward von ihren Zeitgenossen als so bezaubernd gerühmt. Jedes Wort aus ihrem Munde sei ein Schlag des Herzens, ein Klang der Seele gewesen, da wo eben das Wort nur die wahrhafte Aeußerung des wahrhaft im Innern Lebenden war. Der Zauber dieser Beredtsamkeit sei gewesen, daß sie nicht eine Kunst war, sondern eine Tugend. Wie ihre Briefe ein voller unverkümmerter Herzenserguß waren, so folgten in ihrer Rede, wenn das Herz sie diktirt, die Sprachfertigkeit dem raschen Schwunge ihrer Gedanken.

So hatte die Königin zu Adelheid gesprochen. »Sein Sie, zeigen Sie sich jetzt stark. Drücken Sie Ihre Hand an das blutende Herz – ich weiß, daß es blutet, ich kenne auch diesen Schmerz – aber man kann ihn überwinden! Reichen Sie mir die andere, dann sehen Sie mich mit Ihren klaren Augen, die nicht lügen können, an und sprechen: Ja, ich will entsagen.« So schloß die Königin und hatte vielleicht erwartet, daß Adelheid auf die Kniee sinken, ihre Hand an die Lippen pressen, das Gesicht in ihrem Schooß verbergen würde. Gerührt von so vieler Güte und Theilnahme, musste sie das Gelöbniß stammeln, und Luise hätte sie dann in ihre Arme geschlossen und vielleicht gesprochen: »Nun sind Sie mir doppelt gewonnen!«

Aber Adelheid sank nicht auf die Kniee, sie presste nicht die königliche Hand an die Lippen und verbarg auch nicht ihr Gesicht. Sie blickte so klar und ohne Trug, wie die Fürstin es verlangt, diese an und sprach:

»Gegen wen, erlauchte Frau, wäre es Pflicht, dem schönsten Traume meines Lebens zu entsagen?« – »Gegen sich selbst! Können Sie keinen noch schöneren sich denken, das Bewusstsein, Ihre Tugend und ihr besseres Sein vor Ihren Affekten gerettet zu haben?« – »Ich fühle in mir nicht den Beruf eine Heilige zu werden,« erwiderte Adelheid. »Ich bin was ich bin, und will nicht mehr sein, ein Mädchen wie andere, von nicht zu heißem und nicht zu kaltem[681] Blute. Ich glaube mich überwinden zu können, wenn ich muß, wo ich aber die Nothwendigkeit nicht absehe, glaube ich ein Recht zu haben, wie jedes lebende Wesen, wo Gottes Sonne auf mich scheint, mich zu freuen in ihrem Strahl.«

»O mein armes Kind,« fiel die Fürstin ein, »ich sehe die Gluth Ihrer Leidenschaft, aber täuschen Sie sich nicht. Ich sehe mehr, Ihre tugendhafte Seele empfindet mit dem Verlorenen Mitleid, Sie wollen sich ihm opfern, um ihn glücklich zu machen, Sie fühlen den Drang schöner Seelen, eine Märtyrerin zu werden. Kennen Sie ihn ganz? Fragen Sie sich, ob er es werth ist, der Mann, der – wie viele, so unschuldig als Sie, mag er auf seinem Gewissen haben! Danach fragt die Welt freilich nicht, und die vornehmen jungen Wüstlinge machen sich daraus kein Gewissen. Aber Sie beobachten doch wenigstens den äußeren Anstand. Was man vom jungen Bovillard erzählt, o mich schaudert, ihn an Ihrer Seite zu sehen!« – »Ist er darum schlechter, weil er keinen Schleier um seine wüste Jugend gebreitet! Mich schaudert vor Denen, die die Welt lobt, weil die Welt nur das feine Kleid und die feine Miene sieht, hinter denen ihr verwüsteter Geist sich ver birgt.« – »Man spricht ihm kein langes Leben zu, die Frucht seiner Ausgelassenheit.« – »Rechnet die Liebe nach Jahren?« – »Doch soll die Ehe ein Bund der Seelen, eine Harmonie gleichgestimmter Geister sein.« – »Ist sie's denn immer?« – »Aber der Mann muß wenigstens die Gefühle einer edlen Frau zu würdigen wissen, wenn er auch dem kühnern Schwunge ihres Geistes nicht folgt.«

Adelheid lächelte; »Sein Geist, gnädige Frau – O könnte ich Ihnen diesen edlen Geist malen, der rein blieb wie der Aether über dem aufgewühlten Schlamm, könnte ich Ihnen sein Herz öffnen, wie es mächtig pulst, für die Leiden, die Ehre des Vaterlandes, wie nur die Schmach, die er ansehen musste, Gift in die Adern spritzte –« »Lassen wir die Poesie, liebes Mädchen, es handelt sich von ernsten Dingen. Ich will Ihnen glauben, daß ein besserer Keim in ihm ist, daß große Talente in ihm schlummerten, daß Charakterstärke ihm von Gott gegeben war, ich will zu Ihrem Besten Alles zu seinen Gunsten glauben, aber warum gab er sich keiner geordneten Thätigkeit hin, warum zersplitterte er und vergeudete er diese Gaben. Bei seiner Geburt, dem Einfluß seines Vaters wäre ihm ein Wirkungskreis leicht geworden.«

Adelheid sah die Königin mit einem eigenthümlichen Blicke an, es lag Frage, Bitte, ein Forschen darin. »Darf ich?« Sie hielt die Hände auf der Brust. Der Augenschlag der Königin winkte Gewährung. »Ich kenne Jemand, den die Geburt hoch gestellt, höher steht nur Einer. Sein Herz schlägt für das Vaterland, sein Blut glüht für seine Ehre. Mit dem ritterlichen Feuermuth[682] der alten Zeit, schlägt doch dies Herz weich für das Edle, Schöne, Große, das alle Zeiten schmückte. Er möchte, er könnte ein Volk erheben, es glücklich machen, denn seine Gaben befähigten ihn zu dem Höchsten. Und klar liegt vor seinem Gesichte die Vergangenheit, sein Auge blickt in die Zukunft. Warum ist dies Auge trüb? – Weil der Horizont trüb ist. Warum sank dieser Feuergeist, dessen Flügel der Sturm durchschnitt, der der Sonne entgegenblickte, ohne zu zucken, in den Schlamm zurück? Weil die Atmosphäre zu schwer ist, sein Feuerathmen sie nicht durchdringt, seine beredte Lippe umsonst redet, seine kühnen Vorstellungen an der Macht der Menschen, an der Zähheit, der Gewöhnung, an der Macht der grauen Alltäglichkeit abglitten. Da ward er muthlos, er verzweifelte. Erhabene Königin, wie sollte ich es wissen! Ich spreche nur, was die Stimmen der Tausende, die Lüfte mir zutragen, aber sie flüstern und rufen es laut: Das ist unser Loos. Dies Firmament erdrückt Die, die zum Besseren aufwallen. Es ist einmal so in diesem Reiche. Wer daran Schuld, sagten sie nicht, aber sie zählen viele, viele edle Geister, die im fruchtlosen Kampf verkamen, untergingen. Wenn der edelste Prinz, der tapferste Held, dessen Lob auf allen Zungen, den die Armee vergöttert, diesem Loose nicht entging, dürfen wir Die verdammen, die dasselbe gewollt, und auch ihre Flügel verbrannten, sie sanken, tief, tief – Dürfen wir sie versinken lassen.«

Luise hatte den Kopf halb abgewandt sinken lassen.

»Meine Königin ist nicht die grausame Richterin, welche die Edlen büßen lässt, was Elende verbrachen! Man sagt –« fuhr Adelheid mit gedämpftem Tone fort – »der Prinz wäre zu retten gewesen, wenn er ein edles Weib gefunden, das seine Gedanken und seine Sorgen getheilt, wenn eine seiner würdige Gattin, seinem Geiste nahe, seiner Liebe werth, ihn aufgerichtet. Er suchte, und – fand sie nicht. Man sagt, man flüstert es wenigstens, daß er Eine gesehen, und er wäre gerettet, er wäre geworden, sie sagen ein Gott. Aber er verschloß, entsagend, die brennenden Wünsche in der Brust denn – die Eine gehörte schon einem Andern!«

Adelheid fühlte, was sie gewagt, aber es war eine Macht über sie gekommen, der sie nicht widerstand, Auf Eine Karte war Alles gesetzt – Tod und Leben hieß die Krisis, es gab kein Mittel. Fieberhitze durchglühte sie, und sie schüttelte vor Frost, als sie aufgestanden. Auch die Königin stand auf. Noch wandte sie ihr Gesicht ab. Es war etwas – war's ein Kampf? – was sie vor sich selbst verbarg. Wenn sie sich jetzt umwandte, ein zürnender Blick, eine Handbewegung Adelheid zurückwies, wenn sie ohne eine Silbe den Hügel hinabschritt, Adelheid jetzt allein ließ, verstoßen verloren – Nein, sie wandte sich um, und im nächsten Augenblick[683] drückte sie das verlassene Mädchen an ihre Brust. Worte sprach sie nicht, nur eine Thräne fühlte Adelheid über ihre Wangen rinnen. Als sie schweigend die Allee zurückgingen, hatte das Sterbegeläute vom Kirchthurm aufgehört; dafür schmetterten Trompeten, und ein kriegerischer Marsch der Garnison des Städtchens tönte über die Baumwipfel. »Gott sei Dank!« sprach die Königin. »Das erleichtert das Herz.« Am Schlosse beim Scheiden reichte sie Adelheid die Hand zum Kusse. Dabei flüsterte sie ihr zu: »Wir sehen uns bald wieder.«

In ihren Appartements befahl die Königin ihrem Kammerherrn, zum Minister Stein zu fahren. Sie wünsche ihn zu sprechen.

Darauf hatte sie eine längere Unterhaltung mit der Viereck. Die Hofdame erklärte nachher den Hofleuten, daß Ihre Majestät endlich so huldreich gewesen, in den Wunsch einzugehen, den sie schon längst gehegt, nämlich bei ihrem geschwächten Gesundheitszustande eine Gesellschafterin zu nehmen, welche in ihren Appartements wohnen dürfe. Sie denke die Tochter des Geheimraths Alltag, die sich dazu anstellig zeige, zu acquiriren.

Quelle:
Willibald Alexis: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Vaterländische Romane, Berlin: Otto Janke, 4[1881], Band 7, S. 666-684.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Ruhe ist die erste Bürgerpflicht
Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!

Buchempfehlung

Paoli, Betty

Gedichte

Gedichte

Diese Ausgabe fasst die vier lyrischen Sammelausgaben zu Lebzeiten, »Gedichte« (1841), »Neue Gedichte« (1850), »Lyrisches und Episches« (1855) und »Neueste Gedichte« (1870) zusammen. »Letzte Gedichte« (1895) aus dem Nachlaß vervollständigen diese Sammlung.

278 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon