Fünfter Tag.

[75] Die Nacht war fürvber, vnnd der liebe erwündschte [Rand: läßt sich / früh / herumführen] Tag angebrochen, da macht ich mich flux auß dem Bett, mehr begierig zuerfahren, was doch geschehen möchte, dann das ich geschlaffen gnug hätte. Nach dem ich mich nun angezogen, vnd meiner gewonheit nach die Stiegen hinab begeben, war es noch zu frühe, vnnd fande niemand anders in dem Saal, bat deßwegen meinen Knaben mich ein wenig in dem schloß vmbzuführen, vnd etwas sonderlichs zuzeigen, der war nun wie allweg willig führet mich auch alsbald etliche Stiegen vnter die Erd, zu einer grossen eysenen Thüren, darauff waren nachfolgende wort von Kupfferen grossen Buchstaben angehefftet:[76]


Fünfter Tag

Diß hab ich also abgemahlt, vnnd in mein Schreibtäfelein auffgezeichnet: Nach dem nun diese Thür er öffnet, führet mich der Knab bey der Hand durch einen gantz finstern Gang, biß wir wider zu einem kleinen Thürlein kamen, das war nun zugeleinet, dann wie mich der Knab berichtet, hatte man solches erst gestern eröffnet, vnnd die Sarch darauß genommen, wäre also noch nit beschlossen worden, wie wir nun hinein getretten, ersahe ich das allerköstlichste ding, so jemal die Natur erschaffen. Dann solch Gewelb hatte sonst kein ander Liecht, denn von etlicher vbergrossen Carbunckel, vnd diß war (wie ich berichtet wurde) deß Königes Schatz. Das [Rand: Verf. sieht /des Königs / Schatz] herrlichst vnd fürnembst aber so ich hierinnen gesehen, daß war ein Grab, so in der mitten stund von solcher köstligkeit, daß mich wundert, daß solches nit besser versorget würde. Darauff antwortet mir der Knab: Ich hätte mich billich gegen meinen Planeten zu bedancken, auß welches Influentz mir nun mehr etliche Stuck zusehen worden, so keines Menschen Aug sonsten jemalen gesehen, ausser deß Königs Gesinde. Diß Grab war dreyecket, hatte in der mitten einen Polierten Kupfferin Kessel, daß ander war von lauter Gold vnnd Edelgestein. In dem Kessel stund ein Engel, der hielt in Armen [Rand: Beschreibung eines / kostbaren / Grabes] einen vnbekandten Baum, von dem tropffnet es stetigs in den Kessel, auch so offt die Frucht abfiel in den Kessel, wurde sie auch zu Wasser, vnnd floß von dannen in drey guldinen neben kesselin. Dieses Altärlin trugen die drey Thier, Ein Adler, Ochs, vnnd Löwe, vnnd stunden auff einem vberauß köstlichem Postament. Ich fraget meinen Knaben, was doch das bedeutten möchte: hie ligt begraben (sagt er) Venus, die schöne Fraw, so manchen hohen Mann, vmb Glück, Ehr, Segen vnd Wolfart gebracht hatt. Hierauff zeiget er mir ein kupfferne Thür auff dem boden. Hie können wir (sprach er) so es euch [Rand: steigt in / ein Gewölbe] beliebet, weiter hinab gehen: Ich gehe jmmer mit antwortet ich, hiemit kam ich die Stiegen hinab, da war[77] es gantz finster, der Knab aber eröffnet flux ein klein Kästlin, darinnen stundt auch ein jmmer mehrendes Liechtlein, von dem zündt er ein beyligende Fackel, deren viel waren, an. Ich erschrack hefftig, vnd fraget ernstlich, ob er diß thun dörffte? Er gab mir zur antwort: weil die Königliche Personen jetzund ruhen, habe ich mich nichts zubefahren. Hiemit ersihe ich ein zubereit köstlich Bett, mit schönen Vmbhängen vmbzogen, deren einen [Rand: sieht die / Venus / schlaffen] er öffnet. Da sahe ich Fraw Venerem gantz bloß (dann die Decken hatte er auch auffgehebt) in solcher zierd vnd schöne da ligen, daß ich schier erstarret, auch noch nit weiß, ob es nur also geschnitten, oder ein Mensch todt hie lig, dann sie war gantz unbeweglich, noch dorffte ich sie nit anrühren. Hiemit wurde sie wider bedeckt, vnnd der Fürhang fürgezogen, Mir aber war sie noch als in Augen, doch ersahe ich bald hinder dem Bett ein Tafel, dar auff stund also geschrieben:


Fünfter Tag

Ich fraget meinen Knaben vber die Schrifft, Er aber lachet, mit versprechen, ich solte es noch wol erfahren. Also leschet er die Fackel auß, vnd stiegen wir wider herauff: Da besahe ich alle Thürlein besser, vnd befand erst, das auff jedem Eck, ein Piretes Liechtlein brante, deren ich zuvor nit war genommen, dann daß Fewr[78] war so hell, daß es einem Stein viel gleicher sahe, denn eim Liecht. Von dieser hitz muste der Baum jmmerdar [Rand: Hitze des / Baumes / von den / vielen / Lichtern] schmeltzen, doch bracht er jmmer andere Frücht herfür. Nun secht, sprach der Knab, was ich von Atlante hab hören dem König eröffnen: wan der Baum (sagt er) wirt vollendts verschmeltzen, so wirdt Fraw Venus wider erwachen, vnnd sein ein Mutter eines Königs. Da er noch diß redet, vnd mir villeicht mehr sagen wolt, flog der kleine Cupido daher, der war erstlich ab vnserer gegenwart etwas bewegt, doch wie er sahe, daß wir beede dem Todt gleicher, dann den Lebendigen, must er entlich selbst lachen, fraget mich also, welcher Geist mich daher gebracht hatte? dem antwortet Ich mit zittern, ich wäre in dem Schloß verirret, vnd vngefehr hieher kommen, so hätte mich der Knab allenthalben gesucht, vnd entlich [Rand: Verweiß / wegen / dieser Neugierde] da angetroffen, ich verhoffte er solte mir es nit arg deutten. Nun steht es noch wol, sprach Cupido, mein alter fürwitziger Vatter, Aber leicht hättet jhr mir ein groben Zotten reissen können, so jhr dieser Thüren wargenommen hetten. Nun muß ich es besser versorgen, leget also ein starck Schloß an die Küpfferin Thüren, da wir zuvor hinab gestiegen, Ich dancket Gott, daß er vns nit ehe angetroffen, so war mein Knab noch fröher, daß ich ihm so hindurch geholffen. Ich kan doch sprach Cupido, daß nit ungerochen lassen: daß jr mein liebe Mutter schier hätten vberloffen: Hebet also ein spitz seiner Pfeil in der Liechtlin eines, biß er ein wenig erwarmet, damit stupffet er mich auff die Hand, dessen ich doch dazumal wenig geachtet, sondern war fro, daß vns so wol gelungen, vnnd doch ohne weiter Gefahr so darvon kämen. Hierzwischen hätten sich meine Gesellen auch auß den [Rand: Schertz des / Cupido mit / dem Verf.] Betten gemacht, vnnd in dem Saal eingestelt, zu denen füget ich mich auch, vnd stellet mich, als wer ich erst auffgestanden. Nach dem Cupido alles fleißig verrigelt, kam er auch zu vns, vnnd muste ich ihm die Hand zeigen. Da befand sich dannoch ein tröpflin Bluts, dessen er[79] wol gelacht, auch den andern angezeigt, sie solten meiner [Rand: Verwunderung ob / Cupidinis / Lustigkeit] Acht haben, ich wurde in kurtzem veriaren. Vns wundert alle wie Cupido köndte so lustig sein: Vnd der gesterigen trawrigen geschicht, so gar nichts achtete: Aber da war kein trawren. Nun hette sich vnter deß auch [Rand: seine / führerin / erscheint / in / Trauer] vnser Präsidentin zur wegfart bereitet. Die zog auff in gantz schwartzem Samet: vnd trug doch jhren Lorbeerzweig: So hatten auch jhre Jungfrawen alle Lorbeerzweig. Wie nun alles fertig: Heisset vns die Jungfraw erstlich einen Trunck zu vns nehmen, darnach bald zur Procession fertig machen, deßwegen wir vns nicht lang saumbten, sondern folgeten jhr nach für den Saal hinauß, biß in den Hoff. Im Hoff stunden sechs Sarch, vnnd meineten meine Gesellen anderst nit, dann es legen die sechs Königliche Personen darinnen. Ich aber mercket den bossen wol. Doch wust ich nit, was man mit den anderen thun würde. Bey jedem Sarch waren acht vermumte Männer. So bald nun die Music angieng (daß war so ein trawrig gravitetisch Musicieren, daß ich mich entsetzet) huben die Männer die Särch auff, vnd musten wir, wie wir geordnet wurden, hernach gehen, biß in obgedachten Garten, in dessen mitte war ein hültzen Hauß auffgericht, welches an dem Tach rings vmb ein herrliche Kronen hatte: vnd auff 7. Säulen stunde, darinnen waren sechs gemachte Gräber, vnd bey jedem ein Stein, doch hatte es in der mitten ein runden holen erhabenen Stein. In diese Gräber wurden die Särch still vnnd mit vielen Ceremonien gelegt, die Stein darüber geschoben, vnnd starck verschlossen. Im mitlen aber solte daß kleine Trüchlein liegen. Mit diesem wurden meine Gesellen betrogen, dann sie meineten nit anderst, dann es wären die Todten Leichnam darinnen. Zu obrist war ein grosser Fahn, vnnd stund Phönix darinnen gemahlet, vns villeicht hiemit noch mehr zu äffen. Hie hat ich GOTT viel zu dancken, daß ich mehr als andere gesehen. Nun, nach dem die Begräbnussen geschehen:[80] Hielt die Jungfraw, so sich auff den mittelen [Rand: Die Gäste / werden / auffgefordert, etwas / für das / Leben der / Könige zu / thun] Stein gestellet, Ein kurtze Oration: wir solten an vnserm Versprechen halten, vnd vns künfftige mühe nit bedauren lassen, sondern gegenwertigen begrabenen Königlichen Personen wieder zum Leben helffen, vnnd deßwegen mit jhr unverzogenlich auffsitzen, an Thurn Olympi zufahren, daselbsten hierzu taugentliche vnd notwendige Artzney abzuholen. Deß bewilligten wir bald, vnd folgten jhr durch ein ander Thürlein nach biß an das Gestad. Da stunden obgemelte sieben Schiff alle leer da, dahin steckten alle Jungfrawen jhre Lorberzweig, vnd nach dem sie vns in die sechs Schiff abgetheilet, liessen sie vns also im namen Gottes fahren, vnd sahen [Rand: Die Jungfrawen / bleiben im / Schloß] vns zu so lang sie vns im Gesicht haben kondten: darnach zogen sie mit allen Hütern wider ins Schloß hinein. Vnsere Schiff hat jedes ein grossen Fahnen vnnd sonderliches Zeichen. Die fünff zwar hatten die fünff Corpora Regularia. Jetlichs ein besonders, daß meinig, darinnen auch die Jungfraw saß, führet ein Globum. Wir fuhren also in besonderer ordnung daher, vnnd hatte jetlichs nur zwen Schiffmänner. Erstlich zog vorher das Schifflin a. darinnen meins bedünckens der Mohr lag, in diesem hielten sich zwölff Musicanten, die machten gut Arbeit, sein Zeichen war ein Pyramis.

[Rand:

Fünfter Tag

]

Darauff drey neben einander, b. c. vnd d, Darinnen wir außgetheilt wurden, Ich saß im c. im mitten fuhren die zwey schönsten vnnd stattlichsten Schiff e. vnnd f. darinnen fuhr kein Mensch, mit vielen Lorbeerzweigen besteckt, ihr Fahnen waren Sonn vnd Mond. Zu letst aber ein Schiff g. In diesem waren 40. jungfrawen. Wie [Rand: 40 Jungfr. / begleiten / den Verf.] wir nun also den See vberfahren, kamen wir durch einen engen Arm erst auff das rechte Meer, da hatten vnser alle Sirenen, Nymphen, vnnd Mörgöttin gewartet, fertigten [Rand: werden von / Nymphen / erwartet] derowegen bald ein Meerfräwlein zu vns ab, Ihr geschenck vnnd Hochzeit verehrung zu vberlieffern. Daß war ein köstlich groß angefast Perlin: Dergleichen weder[81] in vnser, noch newen Welt jemalen gesehen worden, Rund vnd glantzend. Da nun solches die Jungfraw freundlich angenommen, bat die Nympha weiter, man wollte jhren Gespielen Audientz geben, vnnd ein wenig still halten, dessen war die Jungfraw auch zufrieden. Hieß beyde grosse Schiff in der mitte halten, vnnd mit den andern ein Pentagonum darumb machen.

[Rand:

Fünfter Tag

]

Darauff machten sich die Nymphen rings herumb, vnd fiengen mit lieblicher Stimm an also zusingen:


I.


Nichts besser ist auff Erden,

Dann die schön edel Lieb,

Damit wir Gott gleich werden,

Daß keins das ander trüb.

Darumb last dem König singen,

Daß gantz Meer thu erklingen,

Wir fragen, Antwort jhr.


II.


Was hat vns bracht das Leben?

Die Lieb.

Was hat Gnad widergeben?

Die Lieb.

Waher seind wir gebohren?

Auß Lieb.

Wie wären wir verlohren?

Ohn Lieb.


III.


Wer hat vns dann gezeuget?

Die Lieb.

Warumb hat man vns geseüget?

Auß Lieb.[82]

Was seind wir den Eltern schuldig?

Die Lieb.

Warumb sein sie so Dultig?

Auß Lieb.


IV.


Was thut diß vberwinden?

Die Lieb.

Kan man auch Liebe finden?

Durch Lieb.

Wa lest man gut Werck scheinen?

In Lieb.

Wer kan noch zwey vereinen?

Die Lieb.


V.


So singt nun alle.

Mit grossem Schalle,

Der Lieb zu ehren,

Die wöll sich mehren,

Bey unserm Herrn König vnd Königin,

Ihr Leib sein hier, die Seel ist hin.


VI.


So wir noch leben,

So wird GOtt geben,

Daß wir die Lieb vnd groß Huldschafft,

Sie theilet hat mit grosser Krafft,

Also wir auch durch Liebes Flamm,

Mit Glück sie wider bringen zusamm.


VII.


Da soll diß Leyd,

In grosse Frewd,

Wens noch viel tausent Junge geit,

Verkert werden in Ewigkeit.


[83] [Rand: so dem / Verf. / gefallen] Wie sie diß Lied mit herrlichem Content vnd Melodey zu End gebracht, nam mich nimmer wunder, warumb Vlysses seinen Gesellen die Ohren verstopfft, dann ich dauchte mich den Vnglückhafftigsten Menschen zu sein, das mich die Natur nit auch ein so holdselige Creatur erschaffen hätte. Die Jungfraw aber macht jhren Abscheid bald, vnnd hieß von dannen fahren. Deßwegen sich auch die Nymphen, nach dem jhnen ein lang roht Band zu lohn verehret wurde, zertrent, vnd im Meer außgetheilt (dißmals empfandt ich das Cupido auch bei mir anfieng zu operieren, welches mir doch zu schlechten ehren gereichet, weil auch sonsten dem Leser mein Schwindel nichts nutzet, wil ichs also bey diesem beruhen lassen, Es war aber eben die Wund, so ich im ersten buch im Kopff im Traum empfangen hätte, wolte sich aber einer von mir warnen lassen: Der gehe Veneris Bett müssig, dann Cupido kan solches nicht leiden. Nach etlichen stunden, als wir in freundtlichem Gespräch, ein guten weg gefahren, [Rand: Der Thurn / Olympus] werden wir deß Thurns Olympi ansichtig, deßwegen die Jungfraw befohlen, mit etlichen stucken ein zeichen vnserer ankunfft zu geben, welches auch beschehen. Alsbald ersahen wir einen grossen weissen Fahnen außstecken, vnd mit einem kleinen verguldten Schifflein entgegen zuziehen. Wie nun diß zu vns kommen, war es ein alter Mann, deß Thurns Wächter, mit etlichen Trabanten in weiß bekleydet, von dem wurden wir freundlich [Rand: dessen / wächter / vnd Bevestigung] empfangen, vnd also dem Thurn zugeführt. Dieser Thurn stund auff einer gantz vierecketen Insul, die war mit einem so festen vnnd dicken Wahl umbgeben, das ich selbsten 260. Schritt hindurch gezählet. Nach dem Wahl war eine feine Wiese, mit etlichen Gärtlin, darinnen seltzame vnd mir vnbekandte Früchten wuchsen, vnd dann aber eine Mawr vmb den Thurn. Der Thurn an jhm selbst war eben, als hette man sieben runder Thürn an einander gebawt, doch war der mittel etwas höhers, vnnd giengen auch inwendig alle ineinander, vnd sieben Stöck auffeinander.[84]

Wie wir nun also biß zur Thüren deß Thurns kommen, führet man vns auff den Mawren ein wenig beseits, damit wie ich wol mercket, man die Sarch kondte ohn vnser wissen in den Thurn bringen, hiervon wusten die andern nichts. So bald nun solches geschehen, führet man vns zu vnderst in den Thurn, der war gleichwol schön gemahlet, aber wir hatten hie wenig Kurtzweil, dann diß war anderst nichts dann ein Laboratorium. [Rand: Die Gäste / kommen in / ein Laboratorium] Da musten wir Kräuter, Edelgestein, vnd allerley stossen, wäschen, den Safft vnd Essentiam herauß bringen: dieselbige in Gläßlin thun, vnd auffzubehalten geben, vns zwar war vnser Jungfraw so geschäfftig, vnd anrichtig, das sie jedem wust Arbeit gnug zugeben, da musten wir vns recht in dieser Insel dummeln, biß wir alles zu wegen brachten, was zu widerbringung der enthaupten Leiber vonnöten. Vnter deß (wie ich [Rand: dergleichen / auch die / Jungfrawen] nachmalen vernommen) waren die drey Jungfrawen im ersten Zimmer, vnd wäscheten die Leichnam auffs fleissigst. Endlich wie wir nun mit solchem zubereiten fast fertig, bracht man vns mehr nit als ein Suppe, mit [Rand: erhalten /dafür / schlechte / Kost]eim Trüncklin Weins, dabey ich wol mercket, daß wir vmb Wollusts willen nit hier: dann auch da wir vnser Tagwerck verrichtet, wurde jedem nur ein Kolter auff die Erden gelegt, damit wir solten für gut nemmen. [Rand: und ein / schlechtes / Bett] Mich zwar fachte der Schlaff so viel nicht an, Spatziert deßwegen hinauß in die Gärten, kam auch endlich biß an den Wahl vnd weil der Himmel dazumal sehr hell, kondte ich mir die weil mit Contemplierung der Sternen [Rand: Verf. betrachtet / statt dessen / den / Himmel] wol vertreiben. Vngefehr kam ich zu grossen Steinenen Stafflen, die führeten auff den Wahl. Vnd weil der Mon gar hell schiene, war ich desto kecker, gieng hinauff vnd ersahe mich auch ein wenig auff dem Meer, daß war nun gantz stille, vnd weil ich also gute gelegenheit hette der Astronomi besser nach zu dencken, befand ich, daß auff gegenwertige Nacht ein solche Conjunction der Planeten geschehe, dergleichen nicht bald sonsten zu observieren.[85] Wie ich nun also ein gute weil vber daß Meer hinein sihe, vnd es eben vmb mitternacht war, so bald es zwölff Vhr schlug, sahe ich von fernem die sieben Flammen vber das Meer daher fahren, vnd sich zu obrist auff die spitz deß Thurns zubegeben, daß brachte mir etwas forcht, dann so bald sich die Flammen gesetzt, fiengen die Wind an, daß Meer gar vngestümm zumachen. So wurde auch der Mond von Wolcken bedecket, vnnd mein frewd mit solcher forcht geendet, das ich kaum zeit gnug hatte die Stafflen wider zu treffen, vnnd mich in den Thurn wider zubegeben. Ob nun die Flammen lenger geblieben oder wider weg gefahren, kan ich nit sagen, dann ich mich in solcher finstere nimmer hinauß wagen dörffen, leget mich also auff meinen Kolter, vnd weil ohne das der Brunn in vnserm Laboratorio lieblich vnnd still rauschet, entschlieff ich desto eher, vnd war also diser fünffte Tag auch mit Wunder beschlossen.

Quelle:
Johann Valentin Andreae: Chymnische Hochzeit: Christiani Rosenkreutz. Berlin 1913, S. 75-86.
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