Sie jauchzt über ihn

[212] 1

Mein König und mein Gott, dir jauchzet meine Seele,

Dir musiziert mein Herz, dir tanzt mein Leib, die Höhle.

Dich rühmt und lobt mein Mund,

Dir springt vor Freuden hin und wieder

Das Leben aller meiner Glieder,

Dich preis ich alle Stund.


2

Dir opfr ich auf das Mark der Kräften und der Sinnen,

Dir eign ich zu allein mein Wirken und Beginnen.

Dir bin ich stets bedacht,

Wie ich dich herrlich möge preisen

Mit neuen Liedern, neuen Weisen,

Bei Tag und auch bei Nacht.


3

Du Freude meines Geists, du mein geliebtes Leben,

Du Zucker meines Munds, wie soll ich dich erheben?

Du bist mein Ruhm und Preis,

Mein Trost, mein Ehr und alle Wonne,

Mein Augenlicht und ewge Sonne,

Mein süßes Paradeis.


4

Du gibest mir in dir ganz seliglich zu wohnen,

Du setzest mich in Ruh wie deine Himmelsthronen.

Du hast das schöne Licht

Deins Angesichts auf mich geschrieben.

Du liebst und willst mich ewig lieben

Mit bräutgamlicher Pflicht.
[213]

5

Ich danke dir, du Brunn und Ausfluß alles Guten,

Daß du so milde bist auch über mein Vermuten.

Ich danke dir, mein Gott,

Ich will dich lieben und verehren

Und deines Namens Lob vermehren

Ganz treulich bis in Tod.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 212-214.
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