Die Psyche verlangt eine Perle-Mutter der Perle Jesu zu sein

[288] 1

Perl aller keuschen Seelen,

Vor tausenden erkorn,

Jns heilgen Geistes Höhlen

Gezeuget und geborn,

Ach, laß doch meines Herzens Schrein

Auch deine Perle-Mutter sein!


2

Laß mich dein Feur ausglühen

Mit seiner starken Glut,

Mach lilienförmig blühen

Geist, Seele, Fleisch und Blut,

Damit nur meines Herzens Schrein

Kann deine Perle-Mutter sein.


3

Ich will mich fest verschließen

Vor allm, was du nicht bist,

Will sonst von niemand wissen

Als nur von Jesu Christ,

Auf daß nur meines Herzens Schrein

Mag deine Perle-Mutter sein.


4

Ich will sonst nichts empfangen

Als nur den Himmelstau,

Den Tau, durch den du gangen

In deiner Mutter Au,

Damit nur meines Herzens Schrein

Auch möge deine Mutter sein.
[289]

5

So träufle denn herunter,

Du Geist der Ewigkeit,

Daß fruchtbar werd und munter

Meins Geistes Innigkeit,

Damit auch meines Herzens Schrein

Mag Jesu Perle-Mutter sein.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 288-290.
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