Der Vergleich.

[201] Am Tage nach dem Kampfe ging man zum Gesetzberge. Hald von Sida trat auf und bat um Gehör, und es wurde ihm sogleich bewilligt, was er begehrte. »Schweres Unglück ist hier geschehen,« sprach er, »und viel Blutvergießen, woraus der Klagen[201] viele hervorgehen können. Aber ich will nun zeigen, daß ich kein vorschneller Mann bin und Asgrim und die übrigen, die in dieser Sache die Anführer sind, bitten, daß sie uns einen ehrlichen Vergleich vergönnen.« Und er redete dafür viele schöne Worte. Kaare Sölmundsohn aber antwortete: »Wenn auch alle anderen auf den Vergleich eingehen, so will ich ihn doch nicht; denn Ihr erwartet nun, daß Eure Verluste die Brandstiftung aufwiegen sollen, das will ich aber nicht dulden.« Da trat Skapte Thorodsohn auf und sagte: »Du hättest Deine Schwäger nicht verlassen sollen, dann würdest Du Dich diesem Vergleich nicht entziehen.« Kaare aber sang ein Lied, worin er über den Antheil spottete, den Skapte am vorigen Tage am Kampfe genommen hatte: es sei nur aus Angst gewesen, sagte er, daß Skapte sich von seinen Leuten hätte fortbringen und nach des elenden Pelzhändlers Hütte schleifen lassen. Skapte wurde dadurch zum Gelächter und zum Spott für alle Umstehenden. Da rief Hald von Sida: »Jedermann weiß, wie großes Leid mir widerfahren ist durch meines Sohnes Liot Tod, und viele werden meinen, er sei der theuerste von allen, die hier ihr Leben gelassen haben. Dennoch erbiete ich mich, ihn ungebüßt zu lassen, sofern dann der Vergleich zu Stande kommen kann. Ich werde sogar hingehen und denjenigen Frieden und Sicherheit versprechen, die mir entgegenstehen. Und Dich, Snorre, und die übrigen edelsten Männer will ich bitten, das Eurige zu thun, damit ein Vergleich zwischen uns zu Stande kommen möge.« Der Gode Snorre stand auf und hielt eine lange und listige Rede, in welcher er Asgrim und die anderen Anführer bat, nach Hald's Bitte zu handeln. »Um Deiner Worte willen, Snorre, will ich es thun,« entgegnete Asgrim, »obwohl ich damals, als Flose sich selbst bei mir zu Gaste lud, gelobte, ich würde mich niemals mit ihm versöhnen.« Thorlejf Kraak und Thorgrim der Große willigten ebenfalls in den Vergleich und baten ihren Bruder Thorgejr, dasselbe zu thun. Er aber weigerte sich und gelobte, er wolle Kaare niemals verlassen. Gissar Hvide bestand nun darauf, Flose möge erklären, ob er zum Vergleiche willig sei, obwohl einige sich davon ausgeschlossen[202] hätten. Flose erklärte sich bereit und versetzte: »Es ist mir nur um so lieber, je weniger gute Männer mir entgegenstehen.« Gudmund der Mächtige sagte, er wolle für seinen Theil sich dazu herbeilassen, Buße für die Erschlagenen zu zahlen, die auf dem Ting gefallen seien, damit diese Sache und die Sache der Brandstiftung auseinander gehalten werden könnten. Ihm pflichteten bei Gissur Hvide, Hjalte Skjeggesohn, Asgrim Ellidagrimsohn und Mörd Valgardsohn. So kam der Vergleich zu Stande, und man gelobte sich durch Handschlag, man wolle zwölf Männer das Urtheil fällen lassen und der Gode Snorre solle den Vorsitz führen. Zuerst legten die Schiedsrichter alle Sachen bei, die sich auf die Erschlagenen bezogen, welche am vorhergehenden Tage auf dem Ting starben; man glich sie gegen einander aus und für diejenigen, welche übrig blieben, wurden entsprechende Bußen festgesetzt; indessen sollte keine Buße erlegt werden für Eyjolf Bölverksohn wegen seines hinterlistigen und unrechtmäßigen Vorgehens; Skapte empfing Buße für seine Wunde, als man aber Flose fragte, ob er für die seinige Buße verlange, erwiderte er, er wolle kein Geld nehmen für Schaden an seinem eignen Leibe. Darnach nahm man die Sache der Brandstiftung vor. Nial sollte mit dreifacher, Bergthora sowie Grim und Helge mit doppelter Mannbuße gebüßt werden; Skarphedin's Tod sollte sich ausgleichen gegen Höskuld's des Goden von Hvidenes Ermordung, und für die übrigen, welche im Feuer umgekommen waren, sollte einfache Mannbuße erlegt werden. Ueber Thord Kaaresohn wurde indessen keine Bestimmung getroffen, da sein Vater nicht in den Vergleich willigte. Schließlich wurde auch die Entscheidung gefällt, daß Flose und alle Brandstifter ins Ausland gehen sollten; Flose sollte drei Winter hindurch in der Fremde weilen, die übrigen aber durften niemals zurückkehren; indessen sollte keiner von ihnen gehalten sein, noch in diesem Sommer abzufahren; wenn sie aber nach Verlauf dreier Winter nicht abgefahren seien, dann sollten sie alle vogelfreie Waldgänger sein. Dieser Vergleich wurde durch Handschlag bekräftigt und auch ehrlich gehalten. Asgrim und seine Freunde gaben dem Goden Snorre beträchtliche[203] Gaben und dieser hatte viel Ehre von seinem Vorgehen in dieser Sache. Auch empfing Gudmund viel Lob wegen seines Verhaltens, und Kaare und Thorgejr schenkten ihm kostbare Gaben. Als man alles in dieser Weise geordnet hatte, war Hald von Sida's Sohn Liot der einzige, für den keine Buße gezahlt war; Hald hatte sich ja selbst erboten, ihn ungebüßt zu lassen, um den Vergleich zu fördern. Aber nun vereinigten sich alle Männer auf dem Ting dahin, Hald Buße zu geben, und zwar empfing er nicht weniger als vierfache Mannbuße.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 201-204.
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