Die Durchsuchung der Brandstätte.

[181] Von Hof kehrte Kaare mit Hjalte Skjeggesohn heim. Bald nachher bat er Hjalte, mit ihm nach der Brandstätte auf Bergthorshvol zu reiten, um nach den Todten zu suchen. Sie ritten dahin in einer Schaar von funfzehn Mann, und unterwegs stießen viele zu ihnen, so daß mit den Nachbarn von Bergthorshvol hundert Mann zur Stelle waren. Kaare führte Hjalte dahin, wo Nial's Gebeine sich finden mußten. Sie mußten zuerst eine große Menge Asche wegräumen. Unter derselben fanden sie die Ochsenhaut, welche von der Hitze stark eingeschrumpft war. Als sie dieselbe entfernten, lagen Nial und Bergthora da und waren gar nicht versengt. Das erschien allen als ein großes Wunder, und sie priesen Gott dafür. An dem Knaben Thord aber, welcher zwischen ihnen lag, war ein Finger verbrannt, den er unter der Ochsenhaut hervorgesteckt hatte. Die Leichen wurden ins Freie getragen, und alle traten heran, um sie anzuschauen. Man fragte Hjalte, was er von ihnen sage. »Darüber komme ich leicht ins reine,« versetzte er; »Bergthora's Leiche erscheint mir von einem Aussehen, wie es zu erwarten war, aber immerhin noch ziemlich unbeschädigt; Nial's Leiche und Angesicht aber erscheint so ungewöhnlich, daß ich niemals bei einem todten Mann einen so hellen und verklärten Ausdruck sah.« Alle gaben ihm Recht. Darauf suchte man nach Skarphedin's Leiche und fand sie. Er stand da an den Giebel gelehnt, und seine Beine waren ihm bis zu den Knien verbrannt, sein übriger Körper aber war unversehrt, sogar die Kleider. Er hatte sich in die Lippen gebissen und seine Augen standen offen, waren aber nicht gebrochen. Er hatte seine Hände, die rechte zu oberst, über der Brust gekreuzt. Als man ihn entkleidete, fand man, daß ein Kreuz in die Haut zwischen den Schultern und ein andres auf der Brust eingebrannt war; und man war der Meinung, daß er es selbst gethan habe. Alle äußerten, es sehe besser bei dem todten Skarphedin aus, als sie[182] erwartet hätten, und keiner schrak vor ihm zurück. Die Axt Rimegyge hatte er so kräftig in den Giebel hineingetrieben, daß sie bis zur Mitte des Eisens eingedrungen war und sie war deshalb nicht weich geworden durch das Feuer. Hjalte sprach. »Dies ist eine seltene Waffe, und wenige werden geschickt sein, sie zu führen.« »Ich kenne indessen einen Mann, der sie führen soll,« sagte Kaare. »Wen meinst Du?« fragte Hjalte. Kaare nannte Thorgejr Skoragejr und versetzte: »Ihn halte ich nunmehr für den besten Mann in diesem Geschlecht.« Grim's Gebeine fand man in der Mitte des Wohnraumes, sowie man auch das alte Weib Säun und vier andre fand. Alle Leichen wurden nach der Kirche übergeführt und bestattet, worauf Hjalte von Kaare begleitet heimkehrte.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 181-183.
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