Der Bruch des Vergleichs.

[111] Sogleich nach der Heimkehr vom Alting dingten sich Gunnar und Kulskjäg einen Platz auf einem Schiffe von der Bucht (dem jetzigen Christianafjord) und ließen ihre Waaren an Bord schaffen. Als dies geschehen und das Schiff segelfertig war, ritt Gunnar nach Bergthorshvol und anderen Höfen und dankte allen seinen Freunden für die Hülfe, die sie ihm gewährt hatten. Seinen Dienstleuten ging es sehr nahe, daß sie ihn verlieren sollten; an dem Tage, wo er zu Schiffe gehen wollte, trat er zu jedem einzelnen und sagte ihm Lebewohl, sie aber begleiteten ihn aus dem Hofe. Er stemmte die Hellebarde gegen die Erde, schwang sich in den Sattel und ritt fort mit Kulskjäg. Sie ritten den Markarfluß entlang. Unterwegs stolperte Gunnar's Pferd, so daß er herabsprang. Dabei sah er zufällig zum Berghang und zu dem Hofe am Ende des Berghanges hinauf. »Schön ist der Berghang,« rief er aus, »und nie sah ich ihn so herrlich, gelb werden die Saatenfelder und zur Ernte reif, und gemäht ist das Heu auf der Fenz. Ich reite heim.« »Mache doch nicht Deinen Feinden die Freude, daß Du[111] den Vergleich brichst,« rief Kulskjäg, »das wird niemand Dir zu trauen, und bedenke auch, daß dann alles in Erfüllung gehen wird, was Nial vorausgesagt hat.« »Ich ziehe nicht fort,« erwiderte Gunnar, »und gern sähe ich, wenn Du thätest wie ich.« Kulskjäg aber sprach: »Nimmermehr, mein Wort will ich nicht brechen, weder jetzt noch jemals, wenn Menschen auf mich bauen. Wir müssen scheiden. Doch sage meiner Sippe und meiner Mutter, daß ich Island nie wiedersehen werde. Du selbst wirst bald Deinen Tod finden, und ohne Dich will ich hier nicht leben.« Damit trennten sie sich, und Kulskjäg bestieg das Schiff und fuhr ins Ausland, Gunnar aber kehrte nach Hlidarende zurück. Halgjerde empfing ihn voll Freude, seine Mutter aber wurde nicht froh. Während des Herbstes und des Winters verweilte er auf Hlidarende, ohne viele Männer um sich zu haben. Als der Frühling kam, bot Olaf Paa ihm und Halgjerde eine Zuflucht bei sich an, damit er vor seinen Feinden sicher sei; die Haushaltung und den Betrieb sollte dann Ranvejg im Verein mit seinem ältesten Sohn Högne leiten. Derselbe war nämlich jetzt erwachsen eben so wie sein jüngerer Bruder Grane; aber diese beiden Brüder waren sehr verschieden an Sinnesart, denn Högne war brav, Grane jedoch hatte im Wesen viele Aehnlichkeit mit seiner Mutter. Gunnar war erfreut über das Anerbieten Olaf's und sagte, er wolle es annehmen; als es aber zum Treffen kam, konnte er es doch nicht über's Herz bringen, sein Heim zu verlassen.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 111-112.
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