Das Gastmahl auf Bergthorshvol.

[55] Gunnar und Nial hatten die Sitte, einander wechselweise Winter um Winter zu einem Gastmahl einzuladen, und im ersten Winter nach Gunnar's Vermählung mit Halgjerde war an ihn das Gastgebot von Nial ergangen. Er zog dahin mit ihr und Nial nahm sie beide freundlich auf. Bei ihrer Ankunft waren Helge Nialsohn und seine Gattin Thorhalle nicht zu Hause; sie erschienen aber bald nachher. Da faßte Bergthora Thorhalle an der Hand und führte sie zur Querbank, wo die Frauen ihren Sitz hatten. »Du wirst vor dieser Frau zur Seite rücken,« sagte Bergthora zu Halgjerde. »Nicht weiche ich von der Stelle,« erwiderte Halgjerde, »ich will nicht ein Aschenbrödel sein, das man in die Ecke jagt.« »Hier habe ich zu bestimmen,« sagte Bergthora, und Thorhalle ließ sich nieder. Nach dem Mahle ging Bergthora um den Tisch herum mit Wasser, um die Hände zu netzen. Als sie zu Halgjerde kam, ergriff diese ihre Hand und sprach: »Du und Nial seid ganz für einander geschaffen, Du hast knotige Nägel und er ist bartlos.« »Wahr ist es,« versetzte Bergthora, »aber keiner von uns legt es dem andern zur Last. Dein Eheherr Thorvald war nicht bartlos und dennoch fiel er durch Deine Ränke.« Halgjerde wandte sich nach der Seite, wo Gunnar saß und rief: »Nur wenig frommt es mir, dem trefflichsten Mann auf Island anzugehören, wenn Du solche Worte ungerächt lässest, Gunnar.« Da sprang Gunnar auf vom Tisch und sagte: »Ich will heim; wenn Du zanken willst, magst Du es mit Deinen Hausgenossen thun und nicht im Hause des fremden Mannes. Viel Ehre habe ich Nial zu danken und will nicht Deinen Launen ein Spielball sein.« Sie rüsteten sich sogleich zur Heimfahrt. Beim Abschied sagte Halgjerde: »Erinnere Dich, Bergthora, daß wir hiermit nicht geschieden sind.« »Am schlimmsten wird es für Dich sein,« entgegnete Bergthora. Gunnar mischte sich nicht hinein; er zog heim mit Halgjerde und hielt sich den ganzen Winter zu Hause.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 55-56.
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