Mörd Valgardsohn's Schlauheit.

[79] Als die Leute auf Kirkeböj am Morgen, nachdem Melkolf dort gewesen war, aus dem Hause traten, sahen sie, daß der Speicher niedergebrannt war. Sie sandten die Nachricht an Otkel auf dem Ting, er aber nahm es auf die leichte Achsel und meinte, es sei[79] wohl daher gekommen, daß der Speicher zu nahe am Backhaus gelegen habe. Nachdem er aber heimgekehrt war, ritt Skamkel eines Morgens aus, um nach einigen Schafen zu sehen. Während er an der Rangau entlang ritt, sah er etwas blinken auf dem Wege; er nahm es auf und sah, daß es ein Messer und ein Gürtel sei. Diese Dinge gehörten Melkolf; er hatte sie auf dem Rückwege von Kirkeböj verloren, war seinen Verlust aber erst gewahr geworden, als er nach Hlidarende gelangt war und hatte nun nicht gewagt, umzukehren, um darnach zu suchen. Skamkel erkannte die Gegenstände sofort wieder und zeigte sie Otkel; dieser erkannte sie gleichfalls und sagte, daß sie Melkolf zugehörten und das Gleiche sagten viele andere, denen sie sie zeigten. Nun aber wußte weder Otkel noch Skamkel, wie sie es anfangen sollten, um in der Sache klar zu sehen. »Wir müssen bei Mörd Vagardsohn uns Rath holen,« meinte Otkel endlich. Dieser Mörd Valgardsohn wohnte auf dem Hofe Hof an der Ostrangau und von ihm hätte man übrigens am allerwenigsten erwarten sollen, daß er Gunnar Schaden bringe. Denn er war ein Sohn von Unne Mördstochter, welcher Gunnar zu ihrer Mitgift verholfen hatte, als sie ihren Mann Rut Herjulfsohn verlassen hatte. Damals hatte sie selbst erklärt, daß sie und ihre Sippe jetzt vor allen andern dem Gunnar zum Beistand verpflichtet sei. Jedoch sie hatte sich später mit einem reichen, aber argen und falschen Bauern namens Valgard der Falsche verheiratet. Sie hatte sich vorher nicht mit Gunnar oder sonst jemand aus ihrer Sippe darüber berathen, und Gunnar und Nial waren daher auch übel zufrieden mit ihrer Wahl. Noch ärger aber machte es ihr Sohn Mörd, den sie mit Valgard hatte, denn er war hinterlistig und arg gegen jedermann, am meisten aber gegen Gunnar, dem er den größten Haß zeigte. So suchten denn Otkel und Skamkel mit gutem Grunde Rath bei ihm, wie sie Gunnar an den Kragen wollten. Mörd erkannte gleichfalls sowohl das Messer als auch den Gürtel. »Was habt Ihr aber vor?« fragte er, »glaubt Ihr vielleicht, daß Ihr auf Hildarende etwas zu fordern habt?« »Schwer ist es für uns,« entgegnete Skamkel, »mit so[80] mächtigen Leuten anzubinden. Indessen soll es Dein Schade nicht sein, wenn Du unsere Sache übernehmen willst.« »Euer Geld könnte mir theuer zu stehen kommen,« meinte Mörd. Sie aber gaben ihm drei Mark Silber. Da gab er ihnen den Rath, sie sollten einige Weiber mit Kurzwaaren in dem Gau herumschicken und den Hausfrauen davon mittheilen, und was sie dafür als Entgelt empfingen, sollten sie zu ihm bringen. »Denn,« sagte er, »birgt jemand gestohlenes Gut, so ist dies das erste, was er fortgiebt, wenn die Gelegenheit da ist. Habe ich aber ans Licht gebracht, was Ihr zu wissen wünscht, dann will ich nichts mehr mit der Sache zu thun haben.« – Die Weiber blieben einen halben Monat aus und als sie zurückkamen, hatten sie schwer zu tragen an dem, was sie empfangen hatten. Mörd fragte sie, wo sie das meiste empfangen hätten, und sie erwiderten, auf Hlidarende. Halgjerde sei am großmüthigsten gegen sie gewesen, denn sie hätte ihnen viele Scheiben Käse gegeben. Diese ließ Mörd sich geben und verwahrte sie, und bald nachher ritt er zu Otkel und bat um seiner Frau Käseform. Er legte die Scheiben hinein und dieser paßten genau, und es fand sich, daß die Weiber einen ganzen Käse empfangen hatten. »Jetzt ist es klar,« sprach Mörd, »daß Halgjerde Käse bei Euch gestohlen hat.« Zugleich erklärte er, er wolle mit der Sache nichts weiter zu thun haben und ritt heim.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 79-81.
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