Der Kampf bei Knafahole.

[97] Helge Nialsohn's Schwiegervater Asgrim Ellidagrimsohn auf Tunge war unter den Bauern gewesen, die auf Otkel's Seite standen in seinem Rechtsstreit mit Gunnar. Im Sommer nach dem Pferdekampf, von dem eben erzählt ist, hatte er eine Tingsache mit einem Bauer namens Ulf Uggesohn. Asgrim war sonst gesetzeskundig, aber diesmal machte er einen Fehler in der Führung der Sache, so daß Ulf einen Einwand machen konnte, wodurch er die Sache gewann. Da forderte Gunnar Ulf zum Holmgang, falls er sich des erlangten Vortheils bedienen wolle und so endete die Sache damit, daß Ulf an Asgrim das Geld auszahlte, welches dieser forderte. Dafür gelobte Asgrim, er wolle hinfort in allen Rechtssachen Gunnar beistehen und lud ihn während desselben Sommers zu sich ein. Im Herbst wollte Gunnar der Einladung folgen. »Hüte Dich wohl,« sagte Nial zu ihm, »ziehe nicht ohne Waffen oder Gefolge aus und lasse niemand zuvor wissen, wie lange Du fortbleiben willst.« Zugleich bot er ihm seine Söhne als Begleiter an. Gunnar wollte nicht leiden, daß die Nialsöhne seinetwegen in Mißhelligkeiten gerathen sollten und ritt[97] daher, nur von seinen Brüdern Kulskjäg und Hjort gefolgt, westwärts nach Tunge. Als er zurückkehren wollte, erbot sich Asgrim, mit ihm zu reiten, aber auch dieses schlug Gunnar aus und zog wieder ab mit seinen Brüdern. Er kam über die Hvidau und Thjorsau; als er aber darnach eine Strecke zurückgelegt hatte, wurde er schläfrig. Sie lagerten sich und Gunnar legte sich schlafen. Er geberdete sich sonderbar im Schlafe, und Hjort wollte ihn wecken. »Nein,« sagte Kulskjäg, »laß ihn seinen Traum genießen.« Er schlief nun lange, wurde sehr heiß und warf seinen Mantel von sich. Als er erwachte, fragte ihn Kulskjäg, was er geträumt habe. »Ich träumte so,« sprach Gunnar, »daß ich ein größeres Gefolge mit mir genommen hätte, wenn dieser Traum vor meinem Abschied von Tunge gekommen wäre.« Er hatte geträumt, es käme ihnen ein Rudel Wölfe bei Knafahole, so hießen einige Höhen, an denen ihr Weg vorüber führte, entgegen; er selbst und Kulskjäg erlegten viele der Wölfe, Hort aber wurde zerrissen und einer der Wölfe hatte Hjort's Herz im Rachen gehabt. »Drum ist es jetzt mein Rath, Bruder Hjort,« sagte Gunnar, »daß Du nach Tunge zurückreitest.« »Mit nichten,« erwiderte Hjort, »Dir will ich folgen, wenn ich gleich meinen gewissen Tod vor Augen sehe.« Sie ritten nun weiter über die Westrangau; als sie sich aber Knafahole näherten, erblickten sie dort eine große Schaar von bewaffneten Männern. Es waren Starkad von Trehörning und seine drei Söhne, Egil von Sandgil und seine drei Söhnen und außer ihnen noch zweiundzwanzig andere Männer. Starkad hatte nämlich von Gunnar's Fahrt erfahren und Egil davon benachrichtigt; sie hatten aber nicht weniger als dreißig Mann stark gegen Gunnar und seine beiden Brüder zu ziehen gewagt. Als Gunnar sie sah, sprengte er zur Rangau, denn es befand sich dort eine Landzunge, die sich zur Vertheidigung eignete. Starkad aber ermunterte seine Mannen und sie gingen alle zugleich auf der Landzunge gegen Gunnar vor. Voran ging der Mann, den Starkad verwendet hatte, um Gunnar's Weg zu erspähen; Sigurd Svinehoved (Schweinskopf) hieß er. Gunnar entsandte einen Pfeil auf ihn. Sigurd sah ihn kommen und erhob[98] den Schild, um sich zu decken, aber der Pfeil drang durch den Schild, ihm ins Auge und kam am Nacken wieder zum Vorschein. Das war der erste Todte. Ein zweiter Pfeil streckte einen anderen Mann zur Erde und einer, der hinter ihm her lief, stürzte über ihn und erhob sich nicht wieder, denn ein Stein, von Kulskjäg geschleudert, zerbrach ihm den Schädel. »Es taugt nicht, ihn den Bogen gebrauchen zu lassen,« rief Starkad und so stürmten denn alle näher auf ihn ein. Gunnar mußte den Bogen von sich werfen und das Schwert und die Hellebarde gebrauchen, jedes in einer Hand. »Ich versprach Hildegunne, Dein Haupt ihr zu bringen,« sprach Thorgejr. »Darauf zählt sie wohl nicht sicher,« antwortete Gunnar, »doch gedenkst Du Dein Versprechen zu halten, so magst Du wenigstens näher kommen.« Da drangen Thorgejr und seine Brüder Thorkel und Börk auf ihn ein, Gunnar hieb jedoch mit der Hellebarde Börk das Schwert aus der Hand, mit dem Schwert aber Thorkel den Kopf ab. Thorgejr selbst kam nicht nahe genug heran. Inzwischen lief Kol Egilsohn gegen Kulskjäg an mit dem Rufe: »Mit dem glaube ich mich messen zu können.« »Versuch's!« sprach Kulskjäg und schlug ihn mit seiner Sax über den Schenkel, so daß das Bein abflog. Kol stand einen Augenblick auf dem anderen Fuß und starrte auf den Stumpf. »Du brauchst nicht erst nachzusehen,« sagte Kulskjäg, »das Bein ist ab!« Kol aber sank todt nieder. Egil wollte seinen Sohn rächen und sprang auf Gunnar zu, jedoch dieser stieß ihm die Hellebarde in den Leib, hob ihn hoch empor und schleuderte ihn in die Rangau. Da ermahnte Starkad den Ostmann Thore, der in Egil's Hause sich aufhielt, er solle seinen Herrn rächen und Thore drang auf Hjort ein. Dieser hatte zwei Männer niedergestreckt, nun aber hieb Thore ihm in die Brust, so daß er sogleich starb. Gunnar sah es und versetzte Thore einen Streich in die Weichen, der ihn in zwei Hälften theilte und im nächsten Augenblick durchstieß er Börk Starkadsohn mit der Hellebarde, so daß diese in den Erdboden drang. Kulskjäg schlug noch Hauk Egilsohn das Haupt von den Schultern und seinem Bruder Ottar den Arm im Ellenbogengelenk ab. Da schrie Starkad: »Laßt uns[99] fliehen, denn nicht gegen Menschenmacht kämpfen wir hier.« »Es würde Euch doch verdrießen, wenn es heißen sollte, man könne euch nicht ansehen, daß Ihr in der Schlacht gewesen seid,« versetzte Gunnar, lief auf Starkad und dessen Sohn Thorgejr zu und verwundete sie. Damit schieden sie von einander. Vierzehn Mann waren gefallen, Hjort war der fünfzehnte, aber fast alle, die da flohen, waren verwundet. Gunnar ließ Hjort auf seinem Schilde heimführen und warf einen Grabhügel über seiner Leiche auf. Viele betrauerten seinen Tod, denn er war vielgeliebt. Starkad kam auch nach Hause und Hildgunne heilte seine und Thorgejr's Wunden, denn heilkundig war sie. »Viel würdet Ihr darum geben, wenn Ihr niemals Feindschaft gegen Gunnar gezeigt hättet,« sprach sie. »Leider thaten wir es,« erwiderte Starkad.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 97-100.
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