Der Pferdekampf.

[94] Oberhalb des Flußthales gen Westen nach der Rangau zu liegt eine in drei Zacken auslaufende Hochebene, welche Trehörning genannt wird. Das Land in ihrer Umgebung gehörte einem Bauern, der Starkad Börksohn hieß. Seine Schwester Stenvör war mit einem Bauer namens Egil Kolsohn verheiratet, welcher in der Nähe auf dem Hofe Sandgil wohnte. Jeder dieser Männer hatte drei Söhne; die drei Starkadsöhne und die drei Egilsöhne hielten stets zusammen und waren alle übermüthige und streitsüchtige Männer, die sich nicht vor Gewaltthat und Aneignung fremden Gutes scheuten. Einst saßen sie alle sechs zusammen mit mehreren andern Männern auf dem Hofe unterhalb des Trehörning und sprachen über die Bauern im Flußthale, und es kam dabei zur Sprache, ob wohl einer derselben einen Pferdekampf mit ihnen wagen würde. Starkad besaß nämlich ein treffliches, rothes Pferd, gegen das, wie sie meinten, kein andres bestehen könne. Die fremden Männer wollten ihnen nach dem Munde reden und meinten, es sei niemand, der ein so gutes Pferd habe oder einen Kampf mit[94] ihnen wage. Da sagte Starkad's Tochter Hildegunne, daß Gunnar Hamundsohn mit seinem braunen Pferde schon einen Pferdekampf mit ihnen oder jedem andern wagen würde. Sie zürnten, daß sie Gunnar auf ihre Kosten rühmte und erwiderten, wenn auch Gissur Hvide und Gejr Gode ruhmlos vor Gunnar hätten weichen müssen, so sei doch noch nicht bewiesen, daß es ihnen in gleicher Weise ergehen würde. »Euch wird es am allerärgsten gehen,« versetzte Hildegunne. Auch Starkad sagte, Gunnar sei ein Mann, mit dem sie sich am wenigsten einlassen sollten, denn es würde ihnen schwer fallen, seinem Glück die Spitze zu bieten. Als sie ihn aber baten, daß es ihnen gestattet sein möge, Gunnar einen Pferdekampf anzutragen, erlaubte er es ihnen dennoch. »Doch dürft ihr ihn nicht reizen oder auf irgend eine Weise hintergehen,« setzte er hinzu. Das versprachen sie und ritten nun bald darauf nach Hlidarende und boten Gunnar den Pferdekampf an. Gunnar wollte nicht gleich darauf eingehen, gab aber schließlich nach. »Indessen will ich Euch bitten, dafür Sorge zu tragen,« sagte er, »daß wir Freude daran haben können und nicht Unheil, denn verfahret Ihr gegen mich wie gegen andere, dann vergelte ich gleiches mit gleichem.« Als die Starkadsöhne heim kamen, trugen sie die Nase hoch, weil Gunnar so ungern auf ihren Vorschlag eingegangen sei. »Er suchte Ausflüchte,« sagten sie, »und es war leicht zu erkennen, daß er fürchtete, er werde gegen uns den kürzeren ziehen.« »Oft wird man finden,« entgegnete Hildegunne, »daß Gunnar sich nur schwer zu dem bewegen läßt, was zu Zwist und Streit führt, aber ein harter Widersacher ist er, wenn er gedrängt wird.« Gunnar aber ritt zu Nial und fragte ihn, wozu der Kampf nach seiner Meinung führen werde. »Du wirst das längste Loos ziehen,« antwortete Nial, »aber manchem Manne wird es den Tod bringen.« »Ist auch mir der Tod beschieden?« fragte Gunnar. »Nicht das,« versetzte Nial, »aber wachsen wird die Zahl Deiner Feinde und endlich wird auch Dich das Geschick ereilen.« Als der Tag erschien, auf den der Pferdekampf festgesetzt war, versammelte sich eine große Menge auf dem bestimmten[95] Platze. Dort waren Gunnar, sein Bruder Kulskjäg und ein jüngerer Bruder, den er hatte, namens Hjort, außerdem Nial und alle seine Söhne, sowie alle Sigfussöhne, und endlich Starkad und Egil mit ihren Söhnen. Skarphedin erbot sich, Gunnar's Pferd während des Kampfes vorzutreiben. »Dann sind heißblütige Männer auf beiden Seiten,« sagte er, »und es ist am besten gleiches gegen gleiches zu stellen.« »Nein,« antwortete Gunnar, »sonst wird es nicht lange dauern, bis der Zwist da ist; so schnell soll es doch nicht gehen, wenn auch alles auf dasselbe Ende hinausführt.« So blieb Skarphedin nur die Obliegenheit, das Pferd vorzuführen, Gunnar aber trat selbst vor, um es zu reizen. Er trug einen rothen Rock und hatte sich mit einem breiten Gürtel gegürtet, in der Hand aber führte er den langen Stab, der dazu diente, die Pferde vorwärts zu treiben. Die Pferde stürmten auf einander ein und bissen sich lange, so daß es des Antriebs nicht bedurfte und das Schauspiel lustig war. Da machten Thorgejr Starkadsohn und Kol Egilsohn mit einander ab, wenn die Pferde das nächste Mal auf einander lossprengten, wollten sie ihr Pferd so leiten, daß Gunnar dabei zu Fall komme. In demselben Augenblick rannten die Pferde wieder aufeinander zu. Thorgejr und Kol liefen daher ihrem Pferde zur Seite, zugleich aber trieb auch Gunnar sein Pferd vorwärts. Die Thiere prallten an einander und zwar so gewaltsam, daß Thorgejr's und Kol's Pferd sich überschlug, sie selbst umriß und auf sie fiel. Sie sprangen sogleich empor und drangen auf Gunnar ein, dieser aber erfaßte Kol und schleuderte ihn zur Erde, so daß er besinnungslos dalag. Thorgejr schlug nach Gunnar's Pferd und schlug ihm ein Auge aus, Gunnar aber versetzte ihm einen Streich mit dem Stabe, so daß es ihm erging wie Kol. Darauf hieß er Kulskjäg das Pferd tödten, denn verstümmelt solle es nicht leben, und so hieb Kulskjäg ihm den Kopf herunter. Inzwischen war Thorgejr wieder auf die Beine gekommen, hatte seine Waffen ergriffen und wollte sich auf Gunnar stürzen. Daran wurde er freilich gehindert, aber es erhob sich ein großes Gedränge. »Ich bin dieses Getümmels müde,« sagte Skarphedin,[96] »mit Waffen sollten Männer sich schlagen.« Gunnar aber stand ganz ruhig da, so daß ein einziger Mann ihn halten konnte, und sagte kein böses Wort. Nial suchte eine Versöhnung zu Stande zu bringen. »Weder will ich Frieden geben, noch nehmen,« rief Thorgejr; »Gunnar's Blut will ich sehen ob des Schlages, den er mir versetzte.« »Bis jetzt stand Gunnar zu fest, als daß er durch ein Wort fallen sollte,« erwiderte Kulskjäg, »und so wird es auch künftig sein.« Schließlich ritt jeder nach Hause und der Winter verging, ohne daß ein Ueberfall auf Gunnar gemacht wurde.

Quelle:
Die Njalssaga. Leipzig 1878, S. 94-97.
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