I.

[133] Hiörward hieß ein König, der hatte vier Frauen. Eine hieß Alfhild und der beiden Sohn Hedin; die andere hieß Säreid und der beiden Sohn Humlungr; die dritte hieß Sinriöd und der beiden Sohn Hymlingr. Hiörward hatte verheißen, die Frau zu ehelichen, die er die schönste wüste. Da hörte er, daß König Swafnir eine allerschönste Tochter hätte, Sigurlinn geheißen. Idmundr hieß sein Jarl. Atli, dessen Sohn, fuhr dem Könige Sigurlinn zu freien. Er blieb einen Winter lang bei König Swafnir. Franmar hieß da ein Jarl, der Pfleger Sigurlinns, und dessen Tochter Alof. Der Jarl rieth, daß die Maid verweigert würde: da fuhr Atli heim.

Atli Jarlssohn stand eines Tages an einem Walde: da saß ein Vogel oben in den Zweigen über ihm und hatte zugehört, da seine Mannen die Frauen die schönsten nannten, die Hiörward hatte. Der Vogel zwitscherte und Atli lauschte, was er sagte. Er sang:


Sahest du Sigurlinn, Swafnirs Tochter,

Die schönste Maid in Munarheim?

Und hier behagen doch Hiörwards Frauen

Deinen Leuten in Glasislundr.


Atli.

Willst du mit Atli, Idmundurs Sohn,

Vielkluger Vogel, Ferneres reden?


Der Vogel.

Ja, wenn der Edling mir opfern wollte;

Doch wähl ich was ich will aus des Königs Wohnung.


[133] Atli.

Wenn du Hiörward nicht kiesest noch seine Kinder,

Noch des Fürsten schöne Frauen.

Kiese keine von des Königs Bräuten:

Laß uns wohl handeln, das ist Freundes Weise.


Der Vogel.

Einen Hof will ich haben und Heiligtümer,

Goldgehörnte Kühe aus des Königs Stall,

Wenn Sigurlinn ihm schläft im Arm

Und frei dem Fürsten folgt zu Haus.


Dieses geschah eh Atli heimfuhr; als er aber nach Hause kam und der König ihn nach den Zeitungen fragte, sprach er:


Wir hatten Arbeit und übeln Erfolg:

Unsre Rosse keuchten auf dem Kamm des Gebirgs,

Dann muste man durch Moore waten;

Doch ward uns Swafnirs Tochter geweigert,

Die spangengeschmückte, die wir schaffen wollten.


Der König bat, daß sie zum andern Mal hinführen und fuhr er selbst mit. Aber da sie auf den Berg kamen und hinblickten auf Swawaland, sahen sie großen Landbrand und Staub von Rossen. Da ritt der König vom Berge herab ins Land und nahm sein Nachtlager bei einem Fluße. Atli, der die Warte hatte, fuhr über den Fluß und fand da ein Haus. Darin saß ein großer Vogel als Hüter und war entschlafen. Atli schoß mit dem Spieß den Vogel todt. In dem Hause fand er Sigurlinn, die Königstochter und Alof die Jarlstochter. Die nahm er beide mit sich fort. Franmar Jarl hatte sich in Adlergestalt gekleidet und die Jungfrauen durch Zauberei vor dem Heere gehütet. Hrodmar hieß ein König, der Freier Sigurlinns: der hatte den Swawakönig erschlagen und das Land verheert und verwüstet. Da nahm König Hiörward Sigurlinn und Atli nahm Alof zur Ehe.

Quelle:
Die Edda. Stuttgart 1878, S. 133-134.
Lizenz:
Kategorien: