I.

[150] König Sigmund, Wölsungs Sohn, hatte Borghilden von Bralundr zur Frau. Sie nannten ihren Sohn Helgi und zwar nach Helgi, Hiörwards Sohne. Den Helgi erzog Hagal. Hunding hieß ein mächtiger König; nach ihm ist Hundland genannt. Er war ein großer Kriegsmann und hatte viel Söhne, die bei der Heerfahrt waren. Unfriede und Feindschaft war zwischen den Königen Hunding und Sigmund: sie erschlugen einander die Freunde. König Sigmund und seine Nachkommen hießen Wölsungen und Uelfinge (Wölfinge). Helgi fuhr aus und spähte insgeheim an Hundings Hofe. Häming, König Hundings Sohn, war daheim. Als aber Helgi fortzog, begegnete er einem Hirtenbuben und sprach:


Sag du dem Häming, daß es Helgi war,

Den in das Eisenhemd Männer hüllten,

Den ihr im Hause wolfsgrau hattet,

Als ihn für Hamal Hunding ansah.


Hamal hieß der Sohn Hagals. König Hunding sandte Männer zu Hagal, den Helgi zu suchen, und Helgi, da er nicht anders entrinnen konnte, zog die Kleider einer Magd an und ging in die Mühle. Sie suchten den Helgi und fanden ihn nicht. Da sprach Blindr, der unheilvolle:


»Scharf sind die Augen der Schaffnerin Hagals,

Nicht gemeinen Mannes Kind steht an der Mühle:

Die Steine bersten, die Mühle zerspringt.

Ein hartes Looß hat der Held ergriffen,

Da hier ein König Gerste malen muß.

Beßer stünde so starker Hand wohl

Des Schwertes Griff als die Mandelstange.«[150]


Hagal antwortete und sprach:


Das muß nicht wundern wenn die Mühle dröhnt,

Da eine Königsmaid die Mandel rührt.

Höher schwebte sie sonst als Wolken,

Die gleich Wikingen wagte des Kampfs zu walten

Bevor sie Helgi geführt zur Haft.

Die Schwester ist sie Sigars und Högnis:

Drum hat scharfe Augen der Uelfinge Magd.

Quelle:
Die Edda. Stuttgart 1878, S. 150-151.
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