II.

[151] Helgi entkam und fuhr auf Kriegsschiffen. Er fällte König Hunding und hieß nun Helgi der Hundingstödter. Er lag mit seinem Heere in Brunawagir, ließ am Strand das Vieh zusammen treiben und aß rohes Fleisch mit den Helden. Högni hieß ein König; dessen Tochter war Sigrun. Sie war Walküre und ritt Luft und Meer. Sie war die wiedergeborene Swawa. Sigrun ritt zu Helgis Schiffen und sprach:


Wer läßt die Flotte fließen zum Strande?

Wo habt ihr Helden eure Heimat?

Worauf wartet ihr in Brunawagir?

Wohin gelüstet euch die Fahrt zu lenken?


Helgi.

Hamal läßt die Flotte fließen zum Strande;

In Hlesey haben wir unsre Heimat.

Fahrwind erwarten wir in Brunawagir;

Oestlich gelüstet uns die Fahrt zu lenken.


Sigrun.

Wo hast du, König, Kampf erweckt,

Wo die Vögel der Kriegsschwestern gefüttert?

Wie ist dir mit Blut die Brünne bespritzt!

Unter Helmen eßt ihr ungesottnes Fleisch.


Helgi.

Das übt' ich zujüngst, ein Uelfingensohn,

Westlich dem Meer, wenn dichs zu wißen lüstet,[151]

Daß ich Bären jagte in Bragalundr

Und mit Spießen sättigte der Aare Geschlecht.

Nun weist du, Maid, warum es geschieht:

Drum ist selten gekochte Kost hier am Meer.


Sigrun.

Du zielst auf Kampf; von Helgi bezwungen

Sank Hunding im Kampf auch, der König, aufs Feld.

Ein Kampf auch wars, da ihr Verwandte rächtet,

Und die Schneiden bespritztet der Schwerter mit Blut.


Helgi.

Wie magst du wißen, daß die es waren,

Vielkluge Frau, die ihre Freunde rächten?

Tapfer im Kampf sind der Krieger viel,

Der Feindschaft voll auch unsern Freunden.


Sigrun.

Ich war nicht fern, Führer des Schlachtkeils,

Da mancher Held durch Mich dir hinsank.

Doch nenn ich dich schlau, Sigmunds Erbe,

Daß du in Kampfrunen kündest die Schlacht.


Ich sah dich fahren vorn auf dem Langschiff,

Da du standest auf dem blutigen Steven

Von urkalten Wellen umspielt.

Nun will sich hehlen der Held vor mir;

Aber Högnis Maid kennt ihren Mann.

Quelle:
Die Edda. Stuttgart 1878, S. 151-152.
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