CXXII.

[138] 1. Der reiff und auch der kalte schnee,

der thut uns armen reutern wehe,

was sollen wir nun beginnen,

Wenn wir denn die strassen nicht reiten können,

was haben wir denn zu verzehren.


2. So treiben wir aus die lämmer und auch die schaff,

so folgen uns die wacker megdlein nach,

mein grawes roß thut mich zwingen,

So reiten wir den grünen wald auff und ab,

da höret man die kleinen waldvögelein singen.


3. Wir kamen für eines wirths haus,

da sach das fein megdlein zum fenster aus,

das megdlein auf hoher zinnen,

So hab ich alle die reuter lieb,

umb meines bulen willen.


4. Man helt den reuter für ein held,

er fürt das wacker megdlein aus der welt,

und denckt darbey zu bleiben,

Wer uns den winter aus nöten hilfft,

den sommer scheint uns die sonne,

ja sonne.


5. Der uns das new liedlein sang,

ein freyer reuter ist ers genandt,

er hats gar wol gesungen,

Er hat ein megdlein in dem hertzen lieb,

zu der liebsten kan er noch wol kommen,

ja kommen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 138-139.
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