CCXI.

[269] 1. O Venus dein art, hat mich umbfangen hart,

mein gemüth und hertz, mit solchem schmertz,

gegen eim bild so schöne,

Die hat mich bracht, mit jhrer macht,

in jhrem gewalt, mit solcher gestalt,

für alle welt ich sie kröne.

Die reine außerwehlt, die mir gefelt,

ein schatz ob allen schätzen,

ja wags mit mir, du bist mein einige zier,

las alle falsche kleffer schwetzen.


2. Richt dich darnach, mach mir kein ungemach,

mach mich nit los, an mein ehren blos[269]

kein mensch mir helffen mag auf erden,

Nur du allein, du bist mein einiges ein,

du bist die recht ohn alles gesprech,

die mir mein lieb thut mehren.

Daran schöns lieb gedenck, dich freundlich zu mir senck,

die zeit mit mir zu vertreiben,

so wil auch ich, gantz stetiglich,

dein eigen sein, und allzeit bleiben.


3. Was wiltu mehr, ich freundlich zu dir kehr,

gentzlich zu dir, das ich schier

kein zeit nit mag emperen.

Und stets betracht, bey tag und nacht,

wie ich dir feins lieb möcht gefallen wol,

und ich dein möcht mehren.

Kein andere zeit, die mich erfrewt,

wenn das ich dich feins lieb sol sehen.

auff dieser erdt, kein mensch mir lieber werd,

ich thu dirs für die warheit verjehen.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 269-270.
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