CCXLIIII.

[352] 1. Es ist viel wunders in der welt,

gros ubermuth und falsches geld

hat uberhand genommen,[352]

Christliche lieb ist fast dahin,

ein jeder lebt nach seinem sinn,

der glaub ist gar nah verschwunden.


2. Es wechst nit so viel laub und gras,

als jetzt regieret neid und haß

bey reichen und bey armen,

Kein scham ist jetzt mehr in der welt,

man trachtet nur nach gut und geld,

das möcht wol Gott erbarmen.


3. Ach last euch doch zu hertzen gahn

die wunderzeichen so Gott hat gethan,

biß her ein lange zeite,

Wol an des himmels firmament,

last ab von ewrer sünde behend,

thut buß jr christen leute.


4. Ihr lieben christen schawet an

den himmel, stern, sonn und mond,

wie sich diese verkehren,

Ir wunderliche zeichen frey,

solches zeiget das nicht weit sey

der letzte tag des herren.


5. Trewer heyland Jesu Christ,

der du herr aller herren bist,

die straff gnedig abwende,

Verzeih uns unser missethat,

die dich schwerlich erzürnet hat,

dein göttlich gnad uns sende.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 352-353.
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